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Rahmenbedingungen für eine Unterrichtsreihe in der Oberstufe des Gymnasiums

Im Dokument Verständnis für fremde Kulturen (Seite 44-47)

Verständnis für fremde / andere Kulturen bzw. für deren Verhalten und

3.3. Rahmenbedingungen für eine Unterrichtsreihe in der Oberstufe des Gymnasiums

3.3.1. Der Lehrplan

Im Rahmen des aktuellen Lehrplans für Gymnasien in Bayern (KWMBI, 1991) findet das Thema des interkulturellen Lernens im Sinne von Verständnis für fremde Kulturen in der Oberstufe keine explizite Erwähnung. Eine Ausnahme stellt der Leistungskurs 13 dar.

Während in der Jahrgangsstufe 11 der Schwerpunkt regional auf „Deutschland“ und vor allem dessen wirtschaftsgeographischen Aspekten liegt, werden in der Jahrgangsstufe 12 die Themen „Europa“, „USA/Kanada“, „Sowjetunion/Nachfolgestaaten“ sowie „China“ lediglich im Leistungskurs vertieft. Ansatzweise könnte man den Aspekt des interkulturellen Lernens im Punkt 1.5 „Deutschland in Europa“ der 11. Klasse erkennen. Hier sollen die Schüler „... die Chancen des europäischen Einigungsprozesses für Deutschland erkennen und darüber hinaus die Beiträge und Leistungen der übrigen Staaten in den Bereichen Wirtschaft und Kultur einschätzen lernen“ (KWMBI, S. 1352). In der genaueren Beschreibung geht es dann jedoch in erster Linie um wirtschaftliche Zusammenarbeit.

In der Jahrgangsstufe 12 sollen „... natur- und kulturlandschaftliche Ausprägungen anschaulich erfahren ...“ werden (KWMBI, S. 1354), bzw. im Leistungskurs „... am Beispiel von Nationalitätenkonflikten ein Verständnis der Schwierigkeiten und Chancen innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Integrationsbemühungen entwickelt“ werden (KWMBI, S.1368). Auch hier wird in den weiteren Ausführungen nicht auf ein Verständnis für die Menschen dieser Kulturen eingegangen. Im Leistungskurs wird noch auf „... die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit“... hingewiesen (KWMBI, S. 1371) - reduziert auf eine wirtschaftliche und ökologische Ebene.

Lediglich im Leistungskurs 13 wird ausdrücklich erwähnt, dass die Schüler „... zu einem vertieften Verständnis für andere Völker und Kulturen...“ gelangen sollen (KWMBI, S. 1375).

Erreicht werden soll dieses Ziel, indem sie die kulturräumlichen und soziokulturellen Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Erdräumen und vor allem deren Schwierigkeiten gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Art kennen lernen. Durch den Erwerb der naturräumlichen Gegebenheiten lernen die Schüler „ ... einen wesentlichen Teil des Handlungsspielraums des wirtschaftenden Menschen in den Entwicklungsländern ...“ kennen (KWMBI, S. 1376). Nach WINTER (1988) ist zwar das topographische Grundwissen bzw. die Landeskunde eine der Voraussetzungen für interkulturelles Lernen, erweist sich jedoch bei

weitem nicht als ausreichend. Auch die Vermittlung der „... soziokulturellen Gegebenheiten ..., welche die Entwicklungsräume in den einzelnen Kulturerdteilen in unterschiedlicher Weise prägen ...“ (KWMBI, S. 1376), wie z.B. der Tribalismus, die Plantagenwirtschaft, die Subsistenzwirtschaft oder der Nomadismus sind zwar grundlegende Voraussetzungen für interkulturelles Lernen, lassen die Schüler jedoch auf der ersten Stufe stehen.

3.3.2. Voruntersuchung und Erfahrungen

Kleinere Voruntersuchungen in Form von Gesprächen, Bildern und Rollenspielen in der Oberstufe haben gezeigt, dass die Ziele einer interkulturellen Erziehung keinesfalls zufriedenstellend erreicht sind. Gerade das Afrikabild ist in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler geprägt von Unverständnis und Vorurteilen. Auch REICHART-BURIKUKIYE (zit. nach POENICKE, 2001, S. 9) hat in ihrer Studie festgestellt, dass selbst 13-20-jährige Schüler „...

ihre eigene Kultur in jedem Fall als intellektuell und materiell überlegen ...“ sehen.

Zunächst wurden daher bereits bestehende geographiedidaktischen Konzepte im Unterricht ausprobiert.

Auf die Tatsache, dass ein emotionaler Zugang, im Sinne von Betroffenheit, wie er meist in Primarstufe, Unter- und Mittelstufe gefordert wird, sehr oft auf Ablehnung stößt, wurde bereits hingewiesen. In Gesprächen mit Schülern der Oberstufe wurde dies immer wieder deutlich gemacht, wie folgendes Zitat eines Schülers der Autorin gegenüber zeigt: „Wir hatten schon die Befürchtung, Sie seien so eine Öko-Tussi die wieder mal auf betroffen macht!“.

Auch das Prinzip der Handlungsorientierung soll nicht in seinem vollen Umfang berücksichtigt werden. Zum einen sprechen hier organisatorische Rahmenbedingungen dagegen, die im nächsten Punkt beschrieben werden, allen voran der Faktor Zeit. Hinderlich ist zum anderen auch die Tatsache, dass der Unterricht im Rahmen dieser Arbeit für eine Evaluierung vergleichbar sein soll, was zum Beispiel bei reiner Projektarbeit schwer möglich ist, wenn man davon ausgeht, dass schon die Idee für das Projekt von den Schülern selbst kommen soll. In einigen Pretests wurden dennoch unterschiedliche Projekte zum Thema Afrika durchgeführt. Projekte, die darauf abzielten, möglichst viele Sinne der Schüler anzusprechen, beispielsweise durch Basteln, Kochen, Trommeln, etc. fanden zwar bei den Schülern großen Anklang, in Gesprächen danach konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass bei den Schülern mehr Verständnis für Fremde vorhanden war als vorher. Projekte, die die

Nord-Süd-Problematik aufarbeiteten, ließen zwar das Verständnis für globale Zusammenhänge wachsen, trugen jedoch kaum zu interkultureller Kompetenz bei.

3.3.3. Organisatorische Rahmenbedingungen

Basierend auf diesen Vorüberlegungen und den theoretischen Konzepten wurde eine Unterrichtsreihe entworfen, die von der Autorin in verschiedenen Gymnasien in Bayern durchgeführt werden konnte. Aus organisatorischen Gründen musste die Unterrichtsreihe auf vier Unterrichtsstunden begrenzt werden: Da sich der Unterricht nicht explizit auf den Lehrplan bezieht, war es nicht möglich, in einer Abiturklasse mehr als vier Stunden von dem verantwortlichen Lehrer zu Verfügung gestellt zu bekommen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, innerhalb von vier Stunden den Schülern Verständnis für alles Fremde und alle fremden Völker vermitteln zu können. Deshalb ist der Unterricht so aufgebaut, dass in den ersten beiden Stunden allgemein das Interesse geweckt werden soll, bzw. die Schüler eine Notwendigkeit zum interkulturellen Lernen auch für sich persönlich erkennen können.

Außerdem soll der Denkprozess, zu hinterfragen, warum andere Menschen anders sind oder anders handeln bereits in Gang gesetzt werden. In den darauffolgenden beiden Stunden sollen die erworbenen Erkenntnisse am Beispiel von Afrika umgesetzt werden. Ein längerfristiges Ziel wäre es, derartigen Unterricht auch bei der Behandlung anderer Kulturerdteile zu gestalten. Leider würde dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Das Konzept lehnt sich an die Stufen interkulturellen Lernens nach WINTER an und versucht inhaltlich die Kulturstandards nach THOMAS zu berücksichtigen. Die erste Stufe kann, wie bereits erwähnt, zumindest was das landeskundliche Wissen betrifft, weitgehend als bekannt vorausgesetzt werden. Der Schwerpunkt des Unterrichts in der Oberstufe muss also auf der 2. und 3. Stufe, nämlich der isomorphen Attribution liegen, was im Folgenden genauer dargestellt wird.

Im Dokument Verständnis für fremde Kulturen (Seite 44-47)