• Keine Ergebnisse gefunden

Die Pry-Proteine Rbe1p und Rbt4p besitzen keine proteolytische Aktivität

Die evolutiven Verwandtschaftsverhältnisse der Superfamilie der CAP-Proteine lassen auf einen frühen gemeinsamen Vorgänger schließen. Dies und der Grad der Sequenz- und Strukturhomologien dieser Proteine deutet auf einen ähnlichen Wirkmechanismus hin (Szyperski et al., 1998).

Strukturell weisen die Pry-Proteine in C. albicans unter den CAP-Proteinen die größte Ähnlichkeit zu den Proteinen der PR-1-Familie in Pflanzen auf, die durch Infektionen mit Pathogenen induziert werden (Abb. 10). Die Mitglieder der PR-1-Familie stellen die primitivsten Vertreter der CAP-Proteine dar, deren Sequenz meist kurz nach dem CAP2-Motiv mit einem PY-Dipeptid endet. Dies weist auf eine frühe Entstehung der PR-1-Proteine in der Evolution der CAP-Proteine hin. Andere Mitglieder der Proteinfamilie verfügen über weitere strukturelle Merkmale am C-Terminus, wie eine Cystein-reiche Region von bis zu 60 AS Länge, die den verschiedenen Proteinen multiple Funktionen verleihen (z.B. Regulation von Ionenkanälen durch die CRISP-Proteine aus Reptiliengiften wie Helothermin der Skorpion-Krustenechse (Yamazaki and Morita, 2004)). Die Pry-Proteine in C. albicans enthalten alle 4 CAP-Motive, ihnen fehlen jedoch funktionelle Motive am C-Terminus. Ihre Sequenz endet ebenfalls kurz (zw. 8 und 18 AS) nach der CAP-Domäne und ihnen fehlt das PY-Dipeptid (Abb. 13).

Die Bestimmung der NMR-Struktur von P14a und der Kristallstruktur mehrerer CAP-Proteine (darunter Ves v5 (Antigen V5) aus Vespa vulgaris, GAPR-1 des Menschen,

Na-ASP-2 aus Nematoden sowie zahlreiche CRISP-Proteine aus Schlangengift, z.B. Stecrisp, Natrin; (Asojo et al., 2005; Fernandez et al., 1997; Henriksen et al., 2001; Serrano et al., 2004; Yamazaki and Morita, 2004)) zeigt eine ähnliche Struktur der konservierten CAP-Domäne für alle anaylsierten Proteine. Diese besitzt eine einzigartige α-β-α-Faltung, die durch ein Netzwerk von Wasserstoffbrücken-Bindungen und – außer bei GAPR-1 – mehreren Disulfidbrücken stabilisiert wird. Die Mitglieder der Pry-Familie in C. albicans weisen dabei wie die CRISP-Proteine der Vertebraten in der CAP-Domäne 4 Cysteine auf, während das PR-1-Protein P14a 6 Cysteine in dieser Domäne aufweist. Diese drei-dimensionale Struktur verleiht den CAP-Proteinen die beschriebene Hitze-, pH- und proteolytische Stabilität, die mit den strukturellen Anforderungen extrazellulär wirkender Proteine übereinstimmt (Fernandez et al., 1997) (Abb. 56).

Ein Vergleich der Tertiärstrukturen aller bekannten CAP-Proteine zeigt, dass alle beschriebenen CAP-Domänen konservierte Aminosäuren besitzen, von denen nur sieben über Medium-exponierte Seitenketten verfügen. Diese sind wichtig für die Interaktion mit anderen Proteinen in Lösung. Konservierte Aminosäuren dieser Art könnten für spezifische Interaktionen und enzymatisch aktive Zentren von Bedeutung sein. Einige befinden sich in Medium-exponierten Spalten an der Oberfläche der Proteine, welche mögliche aktive Zentren darstellen. Von besonderer Bedeutung sind dabei 2 konservierte Histidine, die sich im Zentrum der untersuchten Spalten befinden, was auf eine mögliche Beteiligung an einer enzymatischen Funktion hinweist sowie saure Aminosäuren (i.d.R. Glutaminsäure). Die Histidinreste bilden eine Struktur mit Ähnlichkeit zu aktiven Zentren von Proteasen und könnten der Bindung divalenter Kationen dienen. Hinsichtlich ihrer Struktur verfügen die CAP-Proteine über einige Eigenschaften einer Protease, es fehlt ihnen jedoch ein vollständig

Abb. 56: Die α-β-α-Faltung der CAP-Domäne von P14a (Lycopersicon esculentum).

A. Sekundärstrukturen. B. Ribbon-Darstellung des α-β-α-“Sandwichs”. I-IV: α-Helices (rot und gelb),

„A“-„D“: β-Stränge (cyan), grau: weitere Sequenzen des Polypeptids, „Cxx“: konservierte Cysteinreste mit Disulfidbrücken. Abbildung aus (Fernandez et al., 1997).

A B

aktives Zentrum in Form einer Amonisäuren-Triade, wie sie in klassischen Proteasen vorhanden ist (Gibbs et al., 2008; Szyperski et al., 1998).

Die einzige bis jetzt postulierte molekulare Funktion für ein Mitglied der Superfamilie der CAP-Proteine ist eine Proteasefunktion für das Protein Tex31p der räuberischen Meeresschnecke Conus textile (Milne et al., 2003). Die Autoren isolierten Tex31p anhand einer spezifischen Proteaseaktivität aus dem Giftkanal von C. textile als sekretiertes Protein.

Das Gift dieser Schnecken enthält neuroaktive Peptide (sog. Conotoxine), die durch Sequenz-spezifische Spaltung aus Vorläuferstufen (Propeptiden) entstehen. Das sekretierte Protein besitzt eine Länge von 276 AS und zeigt innerhalb der CAP-Superfamilie die nächste Verwandtschaft zu den CRISP-Proteinen (cysteine-rich secretory proteins; darunter z.B.

Helothermin), die sich durch eine Cystein-reiche Region am C-Terminus auszeichnen. In Spaltungsversuchen zeigte das aufgereinigte Tex31p eine spezifische Spaltaktivität für Propeptid-Substrate von Conotoxinen. In einem Homologiemodell, welches mit Hilfe der Kristallstruktur des Antigens 5 aus V. vulgaris und der NMR-Struktur von P14a aus Pflanzen erstellt wurde, zeigt Tex31p eine mögliche Erkennungsstelle für basische Substrate innerhalb einer elektronegativen Spalte, die sich innerhalb der CAP-Domäne befindet. Die Autoren schlagen die dort befindlichen Aminosäuren His130 und Glu115 als zwei Mitglieder einer katalytischen Triade für die Spaltung basischer Peptide vor. Ein möglicher Kandidat für das dritte Mitglied dieser Triade ist dabei ein relativ konserviertes Serin an Position 80 (Milne et al., 2003).

Diese drei vorgeschlagenen katalytischen Aminosäuren sind auch in den CAP-Domänen aller 5 Mitglieder der Pry-Proteinfamilie in C. albicans konserviert (Abb. 41). Aus diesem Grund wurden die beiden Pry-Proteine Rbe1p und Rbt4p in dieser Arbeit heterolog in S. cerevisiae exprimiert und aufgereinigt. Western Blot-Analysen der Überstände der Induktionskulturen für die Expression der entsprechenden Fusionsproteine mittels eines Antikörpers gegen das V5-Epitop dieser Proteine bzw. SDS-PAGE der Fraktionen der Aufreinigung beider Proteine mittels Affinitätschromatographie zeigten dabei für beide Proteine jeweils nur ein spezifisches Signal übereinstimmender Größe (Abb. 43 und 44). Diese sind mit etwa 70 kDa etwa doppelt so groß, wie für das Molekulargewicht beider gereiften Proteine zu erwarten (rRbe1p: etwa 30 kDa, rRbt4p: etwa 40 kDa). Dies ist wahrscheinlich auf Glykosylierungen innerhalb der Serin-/Threonin-reichen Regionen beider Proteine zurückzuführen. Da die betreffenden Proteine jedoch sowohl bei der Western Blot-Analyse als auch der Gelelektrophorese dasselbe apparente Molekulargewicht zeigen, ist davon auszugehen, dass beide Fusionsproteine bis zur Reinheit aufgereinigt werden konnten. Diese wurden anschließend mittels eines Peptid-Arrays aus 360 Oktamerpeptiden, welche 2520 potenzielle Spaltsequenzen enthalten, auf eine mögliche Protease-Aktivität hin untersucht. Obwohl basische Aminosäuren in den Peptiden, die nach Zugabe der aufgereinigten Fusionsproteine zu den Spaltansätzen die größten relativen Fluoreszenzwerte zeigen, vorhanden sind – wie für die katalytische Funktion von Tex31p postuliert (Milne et al., 2003) – ließen sich entsprechende Spaltprodukte in späteren Spaltansätzen massenspektrometrisch unter keiner getesteten Bedingung nachweisen. Diese umfassten auch Bedingungen, bei denen die katalytische Aktivität von Tex31p nachgewiesen

worden war. Dies deutet darauf hin, dass weder Rbe1p noch Rbt4p eine spezifische Proteasefunktion besitzen und es sich bei den zunächst im Peptid-Array gezeigten Aktivitäten vermutlich um Verunreinigungen in den entsprechenden Ansätzen handelt.

Diese Ergebnisse werden durch Untersuchungen an einem homologen Protein von Tex31p aus der verwandten Meeresschnecke Conus marmoreus unterstützt (Hansson et al., 2006;

Qian et al., 2008). Dieses Protein, GlaCrisp bzw. Mr30, weist mit 65% Sequenzidentität auf der Aminosäureebene eine signifikante Homologie zu Tex31p auf. Beide Gruppen reinigten das betreffende Protein bis zur Reinheit auf. In Protease-Assays zeigte dieses jedoch entweder keine nachweisbare proteolytische Aktivität für das Substrat von Tex31p, welches von Milne et al. verwendet wurde (Ac-KLNKRWAbuKQSG-NH2 (Hansson et al., 2006)), bzw. eine im Vergleich zu Trypsin vergleichbar geringe proteolytische Aktivität für ein basisches Fluoreszenzsubstrat (pERTKR-Methylcoumarinamid), welche durch einen immobilisierten Serinprotease-Inhibitor (Aprotinin) vollständig aus der Proteinpräparation entfernt werden konnte, ohne die Konzentration des Tex31p-Homologs signifikant zu verändern (Qian et al., 2008). Dieselben Autoren konnten ferner zeigen, dass der irreversible Serinprotease-Inhibitor RVKR-Chloromethylketon, der die proteolytische Aktivität der Proteinaufreinigung vollständig inhibiert, zwar an Trypsin nicht aber kovalent an das Tex31p-Homolog bindet.

Die von Hansson et al. verwendete Methode zur Aufreinigung des betreffenden Proteins beinhaltet ebenso, wie die in dieser Arbeitet verwendete Methode eine Affinitätsaufreinigung, welche mögliche Proteasekontaminationen wahrscheinlich entfernt, weshalb in beiden Fällen keine spezifische Proteaseaktivität nachgewiesen werden konnte. Zusammen genommen sprechen diese Ergebnisse eher für eine Protease-Kontamination der Proteinaufreinigung von Tex31p und dessen Homologs als für eine tatsächliche proteolytische Aktivität der aufgereinigten Proteine. In ähnlichen Versuchen konnte für die CRISP-Proteine Stecrisp aus dem Schlangengift von Trimeresurus stejnegeri (chin. Baumviper) sowie das humane GAPR-1 ebenfalls keine Protease-Funktion für das Substrat von Tex3GAPR-1p sowie einiger chromogener Peptide nachgewiesen werden (Guo et al., 2005; Serrano et al., 2004).

Eine Protease-Funktion der CAP-Proteine erscheint unter diesen Gesichtspunkten eher unwahrscheinlich. Es ist aber möglich, dass die CAP-Proteine über ein sehr hohes Maß an Substratspezifität verfügen, die durch die in dieser Arbeit verwendeten 2520 potenziellen Spaltsequenzen nicht erfasst wurde bzw. die gewählten Bedingungen für den Nachweis der katalytischen Aktivität nicht geeignet waren. Daher muß eine mögliche Proteasefunktion dieser Proteine für spezifische Substratsequenzen unter der Verwendung entsprechender Kontrollen (u.a. Entfernung möglicher Protease-Kontaminationen) unter verschiedenen Reaktionsbedingungen weiter systematisch untersucht werden.

Einige PR-1-Proteine der Pflanzen wurden auf eine Funktion als Protease-Inhibitor getestet, eine derartige Funktion wurde jedoch noch nicht berichtet, obwohl für das humane PI15-Protein, das von Glioblastomzellen sekretiert wird, eine solche Funktion beschrieben wurde (Gibbs et al., 2008; Koshikawa et al., 1996). Ebenso konnte eine mögliche RNase-Funktion für P14a nicht bestätigt werden (Szyperski et al., 1998). Für die PR-1-Proteine der Pflanzen wurde eine fungizide Wirkung beschrieben (Niderman et al., 1995), die möglicherweise durch

eine Hemmung extrazellulärer pflanzlicher β-1,3-Glukanase-Aktivität vermittelt wird (Riviere et al., 2008). Eine derartige Funktion der Pry-Proteine Rbe1p und Rbt4p, die für die Ausbildung der vollen Virulenz von C albicans im systemischen Mausmodell erforderlich sind (s. Abb. 54), könnte bei einer Infektion des Wirtes die Freisetzung von Elicitoren des Immunsystems des Wirtes aus der Zellwand des Pilzes verhindern. β-Glukane stellen neben Mannan die Haupterkennungs-Merkmale von C. albicans durch das Immunsystem des Wirtes dar (Jouault et al., 2009; Poulain and Jouault, 2004). So wird der Hauptrezeptor für β-Glukane, Dectin-1, v.a. von Makrophagen und Neutrophilen exprimiert (Taylor et al., 2002) und eine Immunisierung mit Hilfe von Laminarin, einem β-1,3-Glukan, führt durch die Bildung von Anti-β-1,3-Glukan-Antikörpern zu einem wirksamen Schutz vor Candida-Infektionen (Torosantucci et al., 2005; Torosantucci et al., 2009). Eine Hemmung extrazellulärer β-1,3-Glukanase-Aktivität durch die Pry-Proteine würde so zu einer Verzögerung der Immunantwort des Wirtes beitragen, was dem Erreger einen Vorteil bei der Infektion des Wirtsgewebes verschaffen würde.

Andererseits könnte eine hemmende Funktion der Pry-Proteine auch auf endogene Glukanasen wirken. Diese sind Zellzyklus-spezifisch für die Remodellierung der Zellwand von C. albicans während unterschiedlicher morphogenetischer Prozesse oder für die Abtrennung von Tochterzellen bei der Sprossung erforderlich. Eine Hemmung solcher Glukanasen sollte dann rasch erfolgen, was auf Proteinebene eher gewährleistet werden kann, als auf transkriptioneller Ebene.

Eine solche Funktion der Pry-Proteine liesse sich experimentell möglicherweise mit einer verminderten Resistenz des ∆rbe1/∆rbt4 Doppel-Deletionsstammes gegenüber einer Glukanase-Aktivität im umgebenden Medium bzw. mit einer direkten Hemmung von β-1,3-Glukanase-Aktivität durch Zugabe von heterolog exprimiertem Rbe1p bzw. Rbt4p in entsprechenden Versuchen nachweisen. Die Deletionsstämme zeigten zwar keine erhöhte Sensitivtät gegenüber Kongorot, welches mit dem Glukananteil der Zellwand interagiert und bei einem durch die Aktivität endogener Glukanasen verminderten Glukananteil zu einer Hemmung des Wachstums führen würde (Abb. 49). Dies muß aber nicht gegen eine entsprechende Funktion der Pry-Proteine sprechen, da es in den ∆rbe1/∆rbt4-Deletionsstämmen zur kompensatorischen Repression der Glukanasen kommen kann, wodurch sich ein entsprechender Phänotyp nicht manifestieren würde. Solche kompensatorischen Regulationen würden möglicherweise durch den Vergleich der Transkriptome des Doppel-Deletionsstammes mit dem Reversionsstamm mittels Genom-weiter Microarrays sichtbar. Eine Funktion der Pry-Proteine bei der Hemmung endogener Glukanasen würde weiter für eine Zellzyklus-abhängige Regulation dieser Proteine sprechen, für die es bereits Hinweise gibt (s. Punkt 2).

7. Die Pry-Proteine Rbe1p und Rbt4p sind nicht an der Pheromon-vermittelten