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2. LITERATUR

2.1 Das Muskelgewebe

2.1.5 Proteolyse in der lebenden Zelle

Die lebende Muskelzelle passt sich ständig an wechselnde Anforderungen an, weshalb die inneren Strukturkomponenten einer ständig notwendigen Reorganisation unterworfen sind.

Die Vergrößerung der Muskelfaserdurchmesser bei entsprechender Stimulation (PETTE &

STARON, 2000) wurde bereits genannt. Hungern, Fasten oder Krankheiten münden hingegen im Muskelmasseabbau, wobei die Muskulatur als Protein- und Aminosäurelieferant dient, um beispielsweise die Antikörperproduktion zu gewährleisten. Muskelfasern können auch mit Vorstufen der Muskelzellen bzw. Satellitenzellen fusionieren (MOSS &LEBLOND, 1970), was die Anzahl der Zellkerne, nicht jedoch die Kerndichte der Faser erhöht. Zusätzlich können ihre metabolischen Eigenschaften durch den Austausch von Myosinfilamenten von fast- zu slow-twitch und einer Leistungserhöhung der Mitochondrien angepasst werden.

Um diese gravierenden Veränderungen des Zellaufbaus vornehmen und die intrazelluläre Proteinkonzentration regeln zu können, wird ständig Protein synthetisiert und abgebaut. Für den Proteinabbau verfügt die Muskelzelle über ein Arsenal wirkungsvoller Proteinasen, deren Mechanismen durch Inhibitoren, pH-Wert, und/oder Ionenkonzentrationen reguliert werden.

Zu den wichtigsten Gruppen zählen multikatalytische Proteinasen, Calpaine und Kathepsine.

In Abbildung 7 sind erwiesene und vermutete Mechanismen aufgezählt, die dem Remode-ling-Prozeß zugrunde liegen.

Z-Scheibe M-Linie Aktin Filament Nebulin

Myosin Filament Titin

1 2 3 4 5 6

1. Abbau der Z-Scheibe durch m- oder µ-Calpain

2. Abbau/Freisetzung von Nebulin von der Z-Scheibe durch m- oder µ-Calpain 3. Depolymerisation von Aktinfilamenten

4. Abbau der M-Linie durch Titinkinase, MuRF1 oder Calpain 3 5. Abbau von Myosinfilamenten durch Serinprotease

6. möglicher Abbau von Titin durch Calpain 3

Abbildung 7: Mechanismen zur Herauslösung myofilamentären Proteins (LOS &

HAAGSMAN, 2004)

Ein bedeutender Teil des Proteinabbaus erfolgt durch das Ubiquitin-Proteasomsystem mit Hilfe aktivierender Enzyme und ATP. Es ist nicht in der Lage, Myofibrillen zu zerlegen und

wird post mortem inaktiv. Das Polypeptid Ubiquitin markiert das zu zerlegende Protein. Die Spaltung selbst findet in Proteasomen, großen Proteinkomplexen statt. Auf diese Art werden nicht nur fehlerhaft synthetisierte Proteine zerlegt, sondern auch Enzyme oder den Zellzyklus regulierende Proteine. Proteasome nehmen eine wichtige Schlüsselposition innerhalb der Zelle ein und sind bedeutend für das Immunsystem. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen (GLICKMAN &CIECHANOVER,2002).

In der Superfamilie der Calpaine gibt es mehrere teils organ-, teils organismusspezifisch wirksame Proteinasen. Die wichtigsten Komponenten der Calpaine für Säugetiere sind die ubiquitären Enzyme µ-Calpain und m-Calpain, dessen Aktivität durch das proteinasehem-mende Calpastatin gesteuert wird. Sie kommen im Cytoplasma vor. Zu ihrer Aktivierung sind Mindestkonzentrationen von Kalzium im µ- beziehungsweise im m-molaren Bereich notwen-dig, wobei eine Subeinheit vom Enzym abgespalten wird (TOMPA, et al., 1996). M-Calpain ist am Abbau des Intermediärfilaments Desmin während der Fusion der Myoblasten beteiligt.

Aber auch Vimentin, Talin, und Fibronectin sind gegenüber m-Calpain anfällig (DOURDIN

et al., 1999). LAWSON (2004) identifizierte die Zellmembran als eine Bindungsstelle für m-Calpain. Laut DELGADO et al. (2001) ist µ-Calpain teilweise an die Myofibrillen assoziiert und kann ebenfalls Desmin und darüber hinaus Nebulin, Titin und Troponin T spalten.

SCHWÄGELE (1999) fasst zusammen, daß Calpaine bei einem neutralen pH-Wert Bereich (7,0 bis 7,5) optimal arbeiten, aber auch bei unteren pH-Werten, wie sie im Muskel post mortem auftreten oder bei Kühlhaustemperaturen noch arbeiten können. In Hühnerfleisch wurde ein intermediärer µ/m-Calpaintyp identifiziert(SORIMACHI et al., 1997).

Das Enzym p94, auch Calpain 3 oder nCL-1 genannt, kommt nur in Zellen der Skellett-muskulatur vor und scheint die lebende Muskelzelle indirekt vor proteolytischen Prozessen zu schützen. Unabhängig von einer Aktivierung durch Kalziumionen geht möglicherweise eine Signalwirkung von diesem Enzym aus. Es kann im Cytosol, im Kern und im Bereich der M-Linie und der I-Bande lokalisiert sein. In den letzten beiden Fällen ist es dort an Titin gebun-den, aber nicht an dessen Spaltung beteiligt. P94 wird von Calpastatin nicht inhibiert, sondern aufgrund seines strukturellen Aufbaus eher verdaut. Mögliche Spaltungssubstrate sind Myo-tonin, Protein Kinase, Fodrin und andere. Da das Hauptproblem bei einer Halbwertzeit von unter 10 min in vitro in seiner Instabilität begründet liegt, werden Untersuchungen an diesem Enzym erschwert (SORIMACHI et al., 1997; LOS &HAAGSMAN,2004).

In den Lysosomen, membranumschlossene Zellorganellen, in denen hydrolytische Enzyme und Phosphatasen zellfremdes, aber auch zelleigenes Material verdauen, finden die Kathepsi-ne ein optimales Arbeitsmilieu bei pH-Werten um 5,0 vor. Wird eiKathepsi-ne Lysosommembran in

der lebenden Zelle durchlässig, könnten die Kathepsine großen Schaden anrichten. Im Sar-koplasma ist der pH-Wert jedoch bedeutend höher und im Sarkosol lokalisierte Proteaseinhi-bitoren - die Cystatine - inaktivieren die lysosomalen Proteasen. Die Translokation des zu verdauenden Materials in die Lysosome wird durch Endozytose, Mikroautophagie oder Ma-kroautophagie bewerkstelligt. Das gewährleistet einen Abbau beschädigter Muskelzellen, einem langsamen turnover des sarkoplasmatischen Proteins oder ganzer Zellorganellen, wie Mitochondrien. Die Kathepsine B, D, H und L entfalten in Zellen der Skelettmuskulatur große Aktivität(TURK &BODE,1991;LOS &HAAGSMAN,2004).

Es gibt außerdem die Familie der Caspasen, welche bei der Apoptose, dem programmierten Zelltod aktiviert werden. Die Apoptose wird in durch Viren infizierten und geschädigten Zellen ausgelöst, tritt bei der Verjüngung von Gewebe, der Eliminierung entarteter Zellen oder bei der Metamorphose von Insekten und Amphibien auf. Die Aktivierung erfolgt entwe-der über verschiedene Rezeptoren oentwe-der über eine Stimulation seitens entwe-der Mitochondrien.

Zunächst schrumpft die Zelle und schnürt Teilstücke in Form von Vesikel bei intakter Zell-membran ab. Sie werden später von Phagozyten beseitigt (LOS &HAAGSMAN,2004).

Serinproteasen spalten Myofibrillen in vitro, wobei ihre Lokalisation und Regulation in vivo noch unklar ist (HORI et al., 1998).