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Projekte zur Wertekommunikation im Rahmen der Regelangebote

3.2 Erfahrungen mit Wertekommunikation

3.2.1. Projekte zur Wertekommunikation im Rahmen der Regelangebote

Dialogisches Lernprinzip - Freiwilligkeit der Teilnahme - Offenheit für Interessen

Nonformale Jugendbildung in der offenen Jugendarbeit und in Gruppenangeboten ist vom dialogischen Lernen und zum großen Teil von der Freiwilligkeit der Teilnahme und der Offenheit für Interessen von Kindern und Jugendlichen gekennzeichnet. Damit sind Implikationen gegeben für die Gestaltung von Bildungsangeboten: Wertekommunikation war nicht als hierarchische Kommunikation oder Einwegkommunikation angelegt. Vielmehr konzipierten Professionelle ihre

Angebote zur Wertekommunikation mit komplexen Themenstellungen und setzten sich damit in dialogischen Prozessen gemeinsam mit Jugendlichen über kürzere oder längere Zeiträume auseinander.

Hinsichtlich der kontinuierlichen Teilnahme stellen Freiwilligkeit und Offenheit ständige Unsicher-heitsfaktoren dar. Bei der Umsetzung der Projekte haben sich die Professionellen immer wieder auf die Wünsche und Interessen aber auch auf die Befindlichkeiten (etwa wegen persönlicher Probleme oder schulischer Anforderungen) der Teilnehmenden einzustellen und die geplanten Interventionen anzupassen. Damit ist für pädagogisches Handeln intensives Sicheinlassen ein wesentliches Merkmal, was auch für gelingende Wertekommunikation gilt. Von der Intensität der dialogischen Interaktionen und des Sicheinlassens hängt unter anderem ab, ob sich die Jugend-lichen kontinuierlich am Projekt beteiligen und bis zum Schluss teilnehmen (vgl. Projektprofile).

In der sozialpädagogischen Arbeit geht es darum, die Jugendlichen bei ihrer Persönlichkeits-bildung zu unterstützen, vor allem mit Freizeitangeboten (und den implizierten informellen Lern- und Interaktionsprozessen) sowie mit Beratung bei Problemen, Schwierigkeiten, Krisen, wenn in den Familien wenig Unterstützungspotentiale vorhanden sind. Diese Angebote werden in hohem Maße von Kindern und Jugendlichen aus Migrationsfamilien angenommen. Der Bedarf wurde von Jugendhausmitarbeitenden folgendermaßen umschrieben:

„MA1: Es ist unterschiedlich, wie deutsche Kinder oder ausländische Kinder ihre Freizeit ver-bringen. Deutsche Kinder sind sehr gut integriert in Vereine. Ausländische Kinder, die sind vielleicht im eigenen türkischen Kulturverein engagiert, oder haben ihren eigenen italienischen Verein. Kinder aus Migrationsfamilien haben oftmals Schwierigkeiten ihre Freizeit sinnvoll zu ge-stalten. MA2: Und zusätzlich kann es halt eben auch sein, dass grad eben diese ausländischen Familien meistens an der Kopfanzahl gesehen größer sind, haben aber vielleicht einen beengten Wohnraum, dann sind die Kinder zwangsläufig draußen auf der Straße“ (TR/MA2/11).

In diesem Kontext greifen SozialpädagogInnen gern die Möglichkeiten für spezifische Bildungs-angebote durch die Projektförderung auf, was allerdings mit einem erhöhten Zeit- und Energie-aufwand verbunden ist. Mehrmals wurde in den Interviews darauf verwiesen, dass der alltägliche Gruppen- oder Jugendhausbetrieb weiter geht, dass das Projekt in den normalen Arbeitszeiten zusätzlich unterzubringen ist, dass aber auch das Interesse der Jugendlichen an dem Projektprogramm wachgehalten werden muss:

„Dazwischen haben wir zwar inhaltlich nichts im Werteprojekt gemacht, weil das zeitlich nicht ging, weil alles an uns hing, wir haben ja auch andere Sachen zu tun, wir haben ja auch einen normalen Alltag, (....). Wir haben einfach die Teamgruppe immer bestellt, damit die sich weiterhin kennen und zusammenbleiben und dieses Gemeinschaftsgefühl bleibt, ohne das kann man nicht arbeiten.

(...). Und dann kam das Seminar und da haben wir inhaltlich viel gemacht. Das war wirklich auch gut“ (TR/MA2/11).

Zum „Mehrwert“ der Angebote zur Wertekommunikation aus der Perspektive von Jugendlichen

Die Neugier an Themen und Werten und das Interesse sich damit zu befassen spielt für die Teil-nehmenden eine wesentliche Rolle. In den Interviews äußerten sich einige Jugendliche zu ihrem Interesse an der Wertekommunikation und stellten Unterschiede zu den gewohnten Aktivitäten fest. Insbesondere für Jugendliche, von denen die Mitarbeitenden geringes Durchhaltevermögen gewohnt waren oder die sie als diejenigen mit „geringen verbalen Fähigkeiten“ erlebt hatten, fügten sie in mehreren Projekten Freizeitbeschäftigungen zur Auflockerung des „schwierigen“

Wertethemas ein.

Zu dem Projekt „Gelebte Werte“ meinten die Mitarbeitenden, sie hätten zwischendurch Einzel-angebote gemacht, um die Gruppe zusammenzuhalten, da der „normale Alltag“ im Jugendhaus weiter geht und es nicht möglich sei, durchgängig am Wertethema zu arbeiten:

„MA: Zwischendurch hat sich die Gruppe getroffen, damit das Team zusammenhält: Man kann bei diesen Jugendlichen nicht drei Wochen nichts machen und dann, die sind halt sehr kurzlebig, die leben hier und jetzt, (...). Da waren wir im Atlantis, also das Erlebnisbad in Neu-Ulm“ (TR/MA2/11).

Aus der Perspektive der Jungen wurden die Angebote folgendermaßen kommentiert:

„J1: Wir haben noch ein paar Aktionen gemacht, aber das war mehr so Spaß.

J2: Zum Beispiel Atlantis.

J1: Mehr Spaß, damit es nicht langweilig wird und das andere, was wir gemacht haben, ist auch richtig Spaß, aber auch genauso viel wie gearbeitet“ (TR/G/19).

Dieser „Mehrwert“ von Wertekommunikation in nonformalen Bildungsangeboten kam des öfteren auch im Zusammenhang mit den Erfahrungen in der Schule zur Sprache:

„I: Habt ihr schon mal in der Schule so über Werte geredet früher oder?

J1: Nein

I: Habt ihr in der Schule so was ähnliches schon gemacht wie Vertrauensspiele oder Rollenspiele, wo es um Vertrauen oder Teamgeist ging?

J1: Wir sind eine Woche nach Südtirol gefahren.

J2: Wir haben nur Turniere gemacht.

J1: Fußballturnier, Basketballturnier, Fußballturnier. Es war halt nicht mit Respekt und Silvia und Matthias (Anm.: die Projektleitenden), sondern mit unseren Klassenlehrern.

I: Wart ihr beide da zusammen?

J1: Ja

I: Gab es da auch so was wie Mutprobe?

J1: Ja.

J2: 2000 m Höhe, das war mutig. Wir sind mit der Seilbahn hochgegangen, dann in 2000 m Höhe sind wir gewandert.

I: Aber war das so eine Mutprobe wie hier?

J1: Nein, das war einfach so wandern“ (TR/G/17).

Die Mädchen aus dem Projekt „Meine Werte, Deine Werte“ meinten:

„M1: Am Hüttenwochenende, da haben wir noch so einen Film geguckt, aber der hat nicht wirklich was mit Werten zu tun gehabt.

M2: Das Bowling, das hat nicht viel mit dem Projekt zu tun gehabt, aber hat Spaß gemacht“

(MW/G/13).

Bemerkenswert ist, dass die Jungen und Mädchen ganz deutlich die besonderen Aspekte der Wertekommunikation benannten und dabei die Auflockerungsangebote als solche erkannten und sehr bestimmt feststellten, dass diese nicht zur eigentlichen Wertekommunikation gehörten, auch wenn sie ihnen Spaß gemacht hatten.

3.2.2. Zeiträume für Wertekommunikation – Zugangswege