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Hauptteil: Index

I. Primäre Bezeichnung: brú Belege

brú (f-n) ‘abdomen, belly; bowels, entrails; womb’ (DIL, S. 87; vgl. LEIA, B-99).

Z.B. TheS. II, S. 304, Z.5 (Hy. i): amal sóeras Ionas fáith / a brú míl móir ‘wie er den Propheten Jonas befreite / aus dem Bauch eines großen Tieres’.

Etymologie

1.1 Interne Rekonstruktion innerhalb des Altirischen Nom. brú < proto-goidel. *brusÇ

Gen. bronn < proto-goidel. *brusnos1

Ein alter s-Stamm läßt sich aus dem Adjektiv brúach ‘ventriosus’2 < *brus-~ko-s erschließen (STOKES, BB 29 (1950), S. 170 f.).

1.2 Vergleich mit anderen keltischen Sprachen air. brú = kymr. bru ‘Schoß, Gebärmutter’3

Vgl. kymr. bron, mcorn. bron, bret. bronn ‘Brust’ < *brusn~ (LEIA ebd.; vgl. die Ausführungen unten s.v. ‘breast’), vgl. air. bruinne (m-io) ‘Brust’ < proto-kelt. *brunno- (ebd.). Zu möglichen Entsprechungen in gall. ONn vgl. DELAMARRE 2003, S. 92.

2. Die o.g. Belege aus dem Keltischen werden meist zu einer proto-idg. Wurzel *bhreu-s- ‘schwellen, sprießen’ (IEW, S. 170 f.) gestellt (ebd.). Formen mit -n-Erweiterung finden sich jedoch nur im Keltischen. Semantisch vergleichbar sind:

− die germanischen Bezeichnungen für ‘Brust’, z.B. got. brusts (f. Pl.), ahd. brust, ae. br‘ost (Pl.) etc., mit -t-Erweiterung;

− russ. brjúcho ‘Unterleib, Bauch, Wanst’, alt-tschech. bÍuch, bÍucho ‘Bauch’ < *bhreuso- (Belege und Rekonstrukte nach IEW ebd.).

II. Synonyme

tairr Belege

tarr, tairr (m-u/i ?) ‘stomach, belly’4 (DIL, S. 579; vgl. LEIA, T-33 f.). Bezeichnet den ‘Bauch’ von Tieren (meist Schweinen), z.B. Laws ii, 238.13: tarr loigi meich ‘a [pig’s] belly worth a sack’ (DIL ebd.).5

1 GOI, S. 209; vgl. IEW, S. 170 f. - Zur Bildung vgl. DE BERNARDO STEMPEL 1999a, S. 104.

2 DIL, S. 87: ‘having a belly, large-bellied’

3 Möglicherweise ist kymr. bru aus dem Goidel. entlehnt (so LEIA ebd. nach GPC s.v.).

4 Zur Bedeutung heißt es in DIL ebd.: “... somet. translated ‘back’, etc., but this does not seem justified by the exx. ... ”. In einigen Redewendungen wird air. tairr allerdings scheinbar gleichbedeutend mit druim ‘Rücken’

verwendet, z.B. for tairr = for druim (DIL ebd.); vgl. nir. ar a tharr ‘on his back’ (Ó DÓNAILL s.v. tarr).

Ausschlaggebend ist jedoch, daß tairr als einzelstehendes Substantiv in konkreter Verwendung stets in der Bedeutung ‘Bauch’ erscheint.

5 DIL ebd. nennt auch Belege, in denen tairr den ‘Bauch’ von Menschen bezeichnen soll. Diese sind jedoch m.E. durchweg in ihrer Semantik nicht klar zu deuten. Entweder wird dabei tairr in Kombination mit einer Präposition verwendet und ist somit im Rahmen der in der vorangehenden Fußnote erwähnten Redewendungen zu betrachten (z.B. TBC2 891: ossé cona lic fora thairr), oder es erscheint – ebenfalls in Form einer

Redewendung – in Kombination mit dem Attribut fáen ‘auf dem Rücken liegend’, wobei eine klare Bedeutungszuordnung auch nicht möglich scheint.

’belly’

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Etymologie

Innerhalb des Kelt. vgl. akymr. torr gl. palma, nkymr. tor ‘Bauch’6, corn. tor ‘Bauch’, abret. tar gl.

ventrem, nbret. tor, teur ‘Bauch’; außerdem air. torrach adj. (o/~) ‘schwanger’, nkymr. torrog ‘trächtig’

(US, S. 123; VG I, S. 83; IEW 1023 f.; LEIA, ebd.; vgl. ELSIE 1979, S. 81). Problematisch ist hierbei der zwischen -o- und -a- schwankende Vokalismus (vgl. die Erklärungen von HAMP und DE BERNARDO STEMPEL, s. weiter unten).7 Angesichts der einheitlichen Semantik, die sich bis auf idiomatische Wendungen erstreckt, ist jedoch eine gemeinsame Herkunft sehr wahrscheinlich.

Nach LEIA ebd. sind die keltischen Belege auf proto-kelt. *tortsV- zurückzuführen (dazu Variante mit Wurzelvokal -c-).8 Innerhalb des Idg. wurden sie bisher meist zu einer Wurzel *(s)ter(c)- ‘starr, steif sein’ (IEW, S. 1022 ff.) gestellt (nach ZUPITZA, BB 25 (1899), S. 97; VG ebd.; IEW ebd.; LEIA ebd.).

Dentalerweiterungen der Bedeutung ‘Schwanz, Spitze’ gibt es auch im Germanischen, Baltischen und Griechischen: ahd. sterz u.a. < *ster-to-, lit. tursóti ‘mit ausgestrecktem Hintern dastehen’ < *tor-t-s-; gr.

στ`ρϑηHes., στ`ρϑυνξ ‘Spitze’ < *stor-dh- (Belege nach IEW ebd.).

Anders DE BERNARDO STEMPEL 1987, S. 145, die einen Doppelansatz *torso- (für die kelt. Formen mit -o-Vokalismus) neben *tso- (für die kelt. Formen mit -a-Vokalismus) vorzieht und im übrigen die Zugehörigkeit zur Wurzel *(s)ter(c)- bezweifelt (vgl. 1999a, S. 262: air. tarr < *tor-su-; für eine Inter-pretation als -s-Ableitung hatte zuvor bereits SPECHT 1944, S. 238 plädiert; nach PEDERSEN, VG II, S. 18). – Ähnlich HAMP, EC 32 (1996), S: 88 f., der jedoch von einer proto-idg. Wurzel *ters- (Homo-nym zu *ters- ’trocken’) ausgeht und für das Proto-Idg. einen Doppelansatz *ts-u- (= ursprüngliche Nominalbildung) vs. *tors-o- (= deverbale Ableitung) postuliert, wobei die -i-stämmige Flexion von air.

tairr eine späte analogische Neuerung darstellt. Diese Erklärung ist den bisherigen vorzuziehen.

Wegen der Schwierigkeit einer idg. Etymlogie vermutet ELSIE 1990, S. 316 Herkunft aus einem nicht-idg. Substrat.

bolg Belege

bolg (m-o/f-~) ‘bag, satchel, sack’ (DIL, S. 78; vgl. LEIA, B-66 s.v. “1 bolg”: m. ‘sac, soufflet, ventre, enflure, bouton sur la peau’, f. ‘ampoule, baie [de plante]’), z.B. Ml. 132c7: bolg gl. uter. Neben der Hauptbedeutung ‘Beutel, Sack, Balg, Blase’ werden in DIL ebd. auch einige mir. Belege der Bedeutung

‘belly, stomach’ angeführt, z.B. Aisl. Tund. 99 vii § 3: i mbulcc na péisti ‘im Bauch der Bestie’. Im Nir.

wird dieses Wort als unmarkierte Bezeichnung des Konzepts ‘belly’ verwendet – dies scheint jedoch für die Periode des Air. noch nicht in gleichem Maße zu gelten.

Etymologie

air. bolg < proto-goidel. *bolgo- bzw. *bolg~

Innerhalb des Kelt. vgl. mkymr. boly, bola, nkymr. bol (Nord-Wales), bola (Süd-Wales), alle der Bedeutung ‘Bauch’; bret. bolc’h ‘cosse de lin’ < proto-brit. *bolgo- (US, S. 177; VG I, S. 105; IEW, S. 125 f.; LEIA, B-66; SCHRIJVER 1995, S. 63). Vgl. ferner gall. bulga (= *bolga?; P.Fest. 31.25:

“bulgas Galli sacculos scorteos appellant”) > vlat. bulga > frz. bouge, ahd. bulga ‘Ledertasche’ (ebd.;

vgl. LAMBERT 2003, S. 192; SCHRIJVER ebd.).

Die keltischen Belge werden zur proto-idg. Wurzel *bhelh- ‘schwellen, Balg’ (IEW, S. 125 f.; LIV2, S. 73 f.) gestellt (US ebd.; VG ebd.; IEW ebd.; LEIA ebd.; SCHRIJVER ebd., S. 67, 352), wobei proto-kelt. *bolgo-, *bolg~ < proto-idg. *bholh-o-, *bholh-~, vgl.:

6 Auch in den Redewendungen tor llaw ‘paume de la main’, tor y mynydd ‘flanc de la montagne’ (LEIA, T-33 s.v. tarr).

7 JACKSON 1967, S. 810 führte diesen Wechsel auf c/o-Alternanz in den proto-idg. Vorstufen zurück. Eine solche Alternanz ist allerdings im Rahmen des Ablauts nicht zu erklären.

8 STOKES, US, S. 123 und FOY, IF 6 (1896), S. 338 hatten Verwandtschaft mit lat. tergum vermutet. – Bojan

OP, KZ 85 (1971), S. 30 nennt heth. tarr~, luw. tara-i ‘abattre’ als mögliche Verwandte (zitiert nach LEIA ebd.).

− ai. barhí- n. ‘Opferstreu’ = av. barbziÓ- n. ‘Polster, Kissen’;

− got. balgs ‘Schlauch’, aisl. belgr (m.) ‘abgestreifte Tierhaut, Balg, Bauch’, ahd., mhd. balg ‘Balg, Schlauch’, nhd. Balg (auch ‘Bauch’), agS. bielg, byl(i)g ‘Balg, Beutel’, engl. belly ‘Bauch’;

− apr. balsinis ‘Kissen’ u.a.;

− sloven. blazína ‘Kissen’ u.a.

(Belege nach IEW ebd.; vgl. EWA II, S. 213 f.). Formale Gleichungen mit dem Keltischen liegen hierbei allerdings nicht vor, da es sich bei den Belegen aus anderen idg. Sprachen um i-Stämme bzw.

Ableitungen von i-Stämmen handelt. Zu beachten ist die parallele semantische Entwicklung ‘Balg’ >

‘Bauch’ im Germanischen und Keltischen. Ob diese als gemeinsames Erbe aus dem Proto-Idg., als Ergebnis kultureller Kontakte in einzelsprachlicher Zeit oder aber als unabhängige, parallele Entwicklung zu werten ist, kann derzeit nicht entschieden werden.

III. Proto-idg. *udero- im Keltischen

Für das Proto-Idg. kann man *udero- / *wedero- (IEW, S. 1104 f.; vgl. WATKINS 2000, S. 94) als eine primäre, unmarkierte Bezeichnung des Konzepts ‘belly’ rekonstruieren (BUCK 1949, S. 252 ff.); vgl.

z.B.:

ai. udára-m ‘Bauch’, avest. udara- ‘ds.’;

− gr. Ó*gD@Hq ("FJZD (Hes.) (wohl für *à*gD@H);

lat. uterus ‘Unterleib, Bauch; Gebärmutter’, venter ‘Bauch’;9

apr. weders ‘Bauch, Magen’, lit. vdaras ‘Eingeweide’, lett. vêders, vêdars ‘Bauch, Magen’

(Belege nach IEW ebd.; vgl. EWA I, S. 216). Dieses Wort ist im Keltischen nicht (mehr?) belegt, sondern ersetzt durch sekundäre Bezeichnungen wie einerseits *bholho- (eigentlich ‘Balg’, s. oben), deren nächste Verwandte im Germanischen eine ähnliche semantische Entwicklung durchlaufen haben und deren Fortsetzer sowohl im Nir. als auch im Brit. die unmarkierte Bezeichnung dieses Konzepts stellen, bzw. andererseits air. brú < *bhrus-(n)-... (eigentlich ‘Gebärmutter’

< *‘Anschwellendes’).

IV. Übersicht

Altirisch Neuirisch Britannisch Festlandkelt. Proto-Idg. Isoglossen brú (f-n) broinn (f.)

‘womb’

kymr. bru ‘Schoß, Gebärmutter’

-- Wurzel *bhreus-

‘sprießen’

(IEW, S. 170 f.) --

tarr / tairr (m.) tarr (m.) nkymr. tor, corn. tor, 10 bret. tor, teur ‘Bauch’

-- ? *ts-u-

bolg / bolc / balg (m-o / f-~)

bolg (m.) mkymr. boly, bola;

nkymr. bol, bola11

‘Bauch’;

bret. bolc’h

‘cosse de lin’

[Vgl. gall.

bulga ‘Beutel’]

*bho lh-o-, Wurzel *bhel

h-‘schwellen, Balg’

(IEW, S. 125 f.)

[Vgl. aisl. belgr, ahd., mhd. balg

‘Balg, Bauch’, engl. belly]

medón (m-o)12 meán (m.)13

9 Beide mit nicht lautgesetzlichem -t- für *-d-. Nach BUCK ebd. ist dieser Lautwandel durch Einfluß des Suffixes *-tero-, welches ansonsten zur Nominalderivation von Ortsadverbien verwendet wird, eingetreten; vgl.

gr. §<JgD" ‘Eingeweide’ (ebd.; vgl. WH II, S. 846 s.v. uterus). Lat. venter wird nach WH II, S. 751 s.v.

lautgesetzlich erklärt < *wend-tro-.

10 Unmarkierte Bezeichnung nach ELSIE 1983/84, S. 112.

11 Unmarkierte Bezeichnung (ebd.).

12 DIL, S. 456: Eigentlich ‘Mitte’; es gibt aber einige Belege für eine Nebenbedeutung ‘the middle part of the body, the abdomen’, z.B.: Gild. Lor. 207: don medon gl. ventrem.

13 Auch im Nir. ist neben ‘Mitte’ die Nebenbedeutung ‘waist’ belegt.

’belly’

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Altirisch Neuirisch Britannisch Festlandkelt. Proto-Idg. Isoglossen kymr. coff

‘Hohlraum, Bauch’;

bret. kof ‘Bauch’14

*udero-/*wedero-(IEW, S. 1104 f.)

14 Unmarkierte Bezeichnung im Bret. nach ELSIE 1983/84, S. 112; kymr. coff ist nicht in GPC verzeichnet. – Die Etymologie ist unklar. Zunächst wurde das Wort als Entlehnung aus lat. cophinus ‘Korb’ interpretiert; dies ist jedoch – wie LOTH 1892, S. 151 gezeigt hat – aus formalen Gründen nicht möglich. ERNAULT 1895 vergleicht frz. dial. coffer ‘aufblasen, einen Hohlraum bilden’; die ursprüngliche Bedeutung des Wortes scheint daher ‘Hohlraum’ gewesen zu sein.

‘big’

I. Primäre Bezeichnung: mór