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5.2 Diskussion der Ergebnisse

5.2.4 Prädiktion bzw. Varianzaufklärung der körperlichen Aktivität zu T FU

deutlich besser aus. Vor allem die biomechanischen Messungen, die in der vorliegenden Arbeit vor allem die Funktion (ICF) messen, schneiden auch hier (vgl. Korrelationen Kap. 5.2.2) am schlechtesten ab. Zwar beinhaltet das Konstrukt der körperlichen Aktivität auch Aspekte anderer ICF Bereiche, diese beschränken sich jedoch eher auf Aspekte der Kapazität (ICF Aktivität) als auf Aspekte der Funktion (ICF Funktion).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zwar eine einheitliche Testbatterie aus schon bestehenden, angewandten Messverfahren sehr praktisch und hilfreich wäre (auch bezüglich des Zeitaufwandes), dass dies jedoch bei dieser Personengruppe über diese Messverfahren nur teilweise gewährleistet werden kann. Aufgrund der Abbildung unterschiedlicher ICF Bereiche durch die bestehenden Messverfahren kann gleiches auch für andere Fallgruppen der geriatrischen Rehabilitation angenommen werden.

Jedoch müsste dies in weiteren Studien verifiziert werden. Insgesamt ist also zu sagen, dass der Bereich der körperlichen Aktivität über die vorhandenen Parameter eher unzureichend abgedeckt wird. Dies belegt die Notwendigkeit einer eigenständigen Aktivitätsmessung.

5.2.4 Prädiktion bzw. Varianzaufklärung der körperlichen Aktivität zu

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eine Verlängerung der Rehabilitation beantragt oder dem Patienten frühzeitig geeignete Anschlussbehandlungen zugänglich gemacht werden.

Die Prädiktion wurde in der vorliegenden Arbeit über einfache lineare Regressionen errechnet.

Betrachtet man die Ergebnisse aus Kapitel 4.6, so stellt man fest, dass sich die körperliche Aktivität der Gesamtgruppe zum Zeitpunkt TFU nur zu einem geringen Teil durch die körperliche Aktivität zum Zeitpunkt T2

erklären ließ. Eine erklärte Varianz von knapp über 22 % zeigt an, dass fast 80 % der körperlichen Aktivität (Gehkum) durch andere Faktoren determiniert wurden. Ähnlich verhielt es sich auch für die zum Zeitpunkt T1

definierten Subgruppen. Hier konnten knapp 27 % der Varianz der körperlichen Aktivität zu TFU erklärt werden (Gehkum der SG3). Insgesamt fiel die Vorhersage bzw. die Erklärung der körperlichen Aktivität zu TFU

durch die körperliche Aktivität zu T2 also weniger gut aus. Als Ursachen hierfür können mehrere Gründe angeführt werden. Eine gute Regression hängt davon ab, dass sich zwei Parameter in irgendeinem definierten Verhältnis zueinander verändern. Bei der Betrachtung der Gesamtgruppe kann die schlechte Vorhersage bzw. Varianzaufklärung möglicherweise durch eine hohe Heterogenität der Veränderung der körperlichen Aktivität über die Zeit erklärt werden. So verändern sich z. B. mäßig eingeschränkte Personen zwischen T2 und TFU nicht gleichermaßen, sondern teilweise ganz unterschiedlich. Diese Heterogenität würde dazu führen, dass das Verhältnis zwischen der abhängigen und der unabhängigen Variable nicht klar bzw.

exakt definiert ist. Um diese Vermutung (Heterogenität im Verlauf) zu überprüfen wurde nachträglich ein Schaubild zur Veranschaulichung erstellt. Dieses kann im Anhang III-1 eingesehen werden.

Die Heterogenität in der Veränderung der körperlichen Aktivität zwischen T2 und TFU ist hier deutlich zu erkennen. Eine verlässliche, aussagekräftige Vorhersage bzw. Varianzaufklärung ist, wie bereits vermutet, aufgrund der Heterogenität in der Veränderung nur in Teilen möglich. Der Versuch die Heterogenität in der Veränderung der körperlichen Aktivität durch die Bildung von Subgruppen einzudämmen ist mit der Wahl der zu T1

definierten Subgruppen nicht geglückt. Auch hier waren die zu T1

definierten Subgruppen zu T2 selbst und erst recht die Veränderungen in der körperlichen Aktivität zu TFU so heterogen, dass kein ausreichender Prädiktionswert ermittelt werden konnte. In einem zweiten Schritt wurde daher die gleiche Berechnung mit zu T2 neu definierten Subgruppen durchgeführt. In diesen zu T2 neu eingeteilten Subgruppen konnten aufgrund der geringeren internen Verlaufsheterogenität (im Vergleich zu den ursprünglichen Subgruppen) höhere Prädiktionswerte für die SG1 und die SG3 errechnet werden (bis zu 53 % Gehkum SG1). Die SG2 stellte wiederum eine gemischte Gruppe dar, in der die Veränderungen wiederum sehr heterogen waren. Trotz der höheren erklärten Varianz durch die zu T2 neu definierten Subgruppen ist diese trotzdem noch zu gering, um die körperliche Aktivität zu TFU gänzlich durch die körperliche Aktivität zu T2

erklären bzw. vorhersagen zu können.

Bei der Betrachtung der Literatur stellt man fest, dass es kaum Studien gibt, die erstens die körperliche Aktivität als Rehabilitations-Outcome berücksichtigen und zweitens sie auch noch durch in der Rehabilitation aufgenommenen Parameter vorherzusagen oder zu erklären versuchen. Die meisten Studien, die in diesem Zusammenhang gefunden wurden, bezogen sich auf die Identifizierung von Determinanten für Outcome-Parameter wie z. B. den erfolgreiche Abschluss der Rehabilitation, die Mortalität, die Entlassung ins Pflegeheim oder die funktionelle Wiederherstellung (u. a.

Cree et al., 2000; Magaziner, Simonsick, Kashner, Hebel, & Kenzora, 1990;

Marottoli, Berkman, Leo-Summers, & Cooney, Jr., 1994; Parker & Palmer, 1995; van der Sluijs & Walenkamp, 1991). Ein Vergleich mit der vorliegenden Studie ist daher recht schwierig.

Nur wenige Studien suchten bislang nach Prädiktoren der körperlichen Aktivität älterer Menschen. Zu den wenigen gehören z. B. eine Querschnittsstudie von ASHE ET AL. (2007), die Prädiktoren der körperlichen Aktivität bei Patienten mit chronischen Erkrankungen untersuchten, oder z. B. eine Studie von CHIPPERFIELD ET AL. (2008), die zwischen Aktivitätsdeterminanten für Männer und Frauen unterschieden. Im

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Gegensatz zur vorliegenden Studie bestanden die unabhängigen Variablen bei den beiden erwähnten Studien aus anthropometrischen, mobilitätsabbildenden, psycho-sozialen, sozio-ökonomischen und einigen medizinischen Parametern. Eine Prädiktion bzw. eine Erklärung der Varianz aus einer vorangegangen Aktivitätsmessung war hier nicht Inhalt. In der Studie von ASHE ET AL. (2007) konnten z. B. der TUG, der BMI und das Alter 27 % der Varianz der körperlichen Aktivität erklären. In der Studie von CHIPPERFIELD ET AL. (2008) wurde auf die Angabe von Bestimmtheitsmaßen (Varianzaufklärung in Prozent) verzichtet. Jedoch konnten hier der Wohnstatus (allein/nicht allein), das Alter und der aktuelle Gesundheitsstatus als Determinanten ermittelt werden. Da in der vorliegenden Arbeit nur höchsten 53 % der körperlichen Aktivität durch die körperliche Aktivität zu einem früheren Zeitpunkt erklärt werden konnten (für die SG1; für die anderen Subgruppen noch weniger), müssen, wenn man die Ergebnisse von ASHE ET AL. (2007) und CHIPPERFIELD ET AL. (2008) betrachtet, weitere Determinanten zur Erklärung der körperlichen Aktivität zum Zeitpunkt TFU berücksichtigt werden. Dabei sind neben den in den beiden Studien genannten Faktoren auch Faktoren wie Umgebungsfaktoren nicht auszuschließen. Denn eine weitere mögliche Ursache, warum die erklärte Varianz im vorliegenden Kollektiv so gering ausfiel, könnte die Tatsache sein, dass die körperliche Aktivität zu TFU in einem ganz anderen Umfeld bzw. Setting und unter anderen Umständen gemessen wurde als zu T2. Die räumliche Situation (Bauweise des Gebäudes, Ausstattung der Stationen (z. B. Handlauf usw.) sowie der vorgegebene Tagesablauf innerhalb der Rehabilitation lassen sich nur schwer mit der Situation im häuslichen Umfeld vergleichen. Laut BENJAMIN ET AL. (2009) konnten Studien in Seniorenwohnheimen (zur Rehabilitation vergleichbares Setting) einen starken Einfluss der Bauweise, der Größe und Ausstattung des Gebäudes auf die Freizeitgestaltung, die soziale Einbindung und dem Aktivitätsumfang nachweisen. Eine Veränderung des Settings hat zur Folge, dass möglicherweise weitere und andere Faktoren hinzukommen, welche die körperliche Aktivität beeinflussen bzw. determinieren, die jedoch in der vorliegenden Arbeit nicht erhoben wurden. So konnten einige Studien den Einfluss von Umgebungsfaktoren bzw. der sozialen Einbindung

auf die körperliche Aktivität (z. B. Berke, Koepsell, Moudon, Hoskins, &

Larson, 2007; Booth, Owen, Bauman, Clavisi, & Leslie, 2000; Li et al., 2005; Rantakokko et al., 2010; Shumway-Cook et al., 2002; Strath et al., 2007) oder auf die Partizipation nachweisen (Haak, Fange, Horstmann, &

Iwarsson, 2008). Diese Faktoren sollten bei einer künftigen Untersuchung als mögliche Einflussfaktoren bedacht werden, denn laut genannter Literatur wäre neben der Messung der körperlichen Aktivität zu T2 auch eine Erfassung dieser Faktoren (z. B. soziale Einbindung, bebaute Umgebung usw.) sinnvoll, um die körperliche Aktivität zum Zeitpunkt TFU besser vorhersagen bzw. erklären zu können.

Auch das Wissen über weitere, die körperliche Aktivität beeinflussende Faktoren, kann bei einer Verlängerungsentscheidung oder bei einer Rehaanschlussbehandlung zur Therapieplanung genutzt werden. Auch Interventionen mit dem Ziel, die körperliche Aktivität von älteren Menschen zu fördern, können von dem Wissen über solche beeinflussenden Faktoren profitieren (Booth et al., 2000).

Neben der Heterogenität der Veränderung und dem Settingwechsel könnte bei der Regressionsberechnung innerhalb der Subgruppen auch die Gruppengröße einen negativen Einfluss auf das Ergebnis gehabt haben, da bei kleinen Gruppen ein möglicher Ausreißer viel stärker ins Gewicht fällt als bei größeren Gruppen.