• Keine Ergebnisse gefunden

4 Material und Methoden

6.5 Bedeutung von HIF im Muskeltrauma

6.5.1 Post-traumatischer Verlauf im WT

Die ersten 8 h nach der Applikation des Traumas waren geprägt von einer weitreichenden initialen Muskelfaserschädigung. Kennzeichnend hierfür waren um ein Vielfaches erhöhte Blutplasmawerte sarkoplasmatischer Proteine und große Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe. Über die Hälfte der Muskelfasern unterlag einer mehr oder weniger fortgeschrittenen Nekrose. Der Zelluntergang wurde begleitet durch eine starke inflammatorische Reaktion.

Bereits einen Tag später hatten sich die Plasmawerte weitgehend normalisiert und die durch Blutergüsse und Ödematisierung entstandenen extrazellulären Flüssigkeitsansammlungen auf etwa ein Viertel reduziert. Die Zahl der Leukozyten im Gewebe blieb weiterhin hoch, wobei die MØ den Hauptanteil und die Granulozyten den überwiegenden Rest stellten. 48 h post-trauma hatte sich dieser Zustand kaum verändert. Lediglich der Anteil perivaskulärer Leukozyten nahm erkennbar stetig ab.

Dementsprechend waren an Tag 7 bei gleichbleibend hoher Zahl gewebe-infiltrierender Leukozyten nur noch eine geringe Anzahl perivaskulärer Entzündungszellen zu beobachten. Der Flüssigkeitsgehalt des traumatisierten Muskels unterschied sich nicht mehr vom Kontrollmuskel, und der Anteil der nekrotischen Muskelfasern war auf ein Drittel gesunken. An seine Stelle waren Inseln intensiver Faserregeneration und –neubildung getreten.

Begleitet wurde diese Entwicklung von einem steten Anstieg an HIF-1α – mRNA bis zum Tag 2. In Anbetracht der extrem hohen bei aktivierten Peritonealmakrophagen beobachteten Expressionsraten war dieser Anstieg hauptsächlich den infiltrierenden MØ geschuldet. In dieser Hinsicht ist bspw. die von LUNDBY et al. (2006)

beschriebene Hochregulation von Muskel–HIF-1α 6 – 24 h nach intensiver sportlicher Belastung im Hinblick auf die auch hierbei zu erwartende inflammatorische Reaktion (BUTTERFIELD et al., 2006; PYNE, 1994) kritisch zu betrachten. Vor allem in dem beobachteten Zeitraum können aktivierte myeloide Zellen durchaus relevante HIF-1α – Mengen ins Gewebe "mitgebracht" haben. Die höchsten HIF-1α – Werte im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden dementsprechend zeitgleich mit dem Peak der MØ–Infiltration an Tag 2 gemessen.

Demgegenüber erreichten die Anstiegswerte für HIF-2α – mRNA bereits an Tag 1 den höchsten Punkt und blieben anschließend gleichermaßen wie für HIF-1α erhöht.

Die Versuche mit Peritonealmakrophagen hatten gezeigt, dass ihr im Vergleich zum Muskelgewebe äußerst geringer HIF-2α– mRNA– Gehalt durch LPS-Stimulation extrem gesteigert wird. Untersuchungen von TALKS et al. (2000) belegen, dass es auch unter Hypoxie zu einer starken Induktion der HIF-2α – Expression in MØ kommt. Diese ist zumindest bei Tumor-assoziierten Makrophagen teilweise durch eine vermehrte Transkription bedingt. Der zuvor beobachtete LPS-induzierte mRNA – Gehalt entsprach in etwa dem Konzentrationsniveau des traumatisierten Gewebes, so dass die Infiltrate neben dem an HIF-2α–mRNA reichen Muskelgewebe als Quelle dieser Transkripte angesehen werden können.

Bis auf MyoD wurden von allen untersuchten Proteinen nach 3 h, teilweise noch nach 6 h post-trauma deutlich geringere Transkriptmengen als im Kontrollgewebe nachgewiesen. Vermutlich fand die weitreichende Fasernekrose hierin ihren Ausdruck, da der Untergang für die Zellen mit einer Einstellung der transkriptionellen Aktivität einhergeht. Dies wirkt sich insbesondere auf die Nachweisbarkeit verhältnismäßig gering transkribierter Gene oder instabilerer mRNA ungünstig aus.

MyoD hingegen wird nur von aktivierten Vorläuferzellen exprimiert, so dass anstelle einer Reduktion sofort eine allmählich Steigerung der Expression zu beobachten war.

Den zeitlichen Verlauf der Myoblasten – Proliferation markierend wurden die höchsten MyoD-Transkriptmengen zwischen 6 und 48 h detektiert, um nach 7 Tagen bereits deutlich abgefallen zu sein.

Die muskelspezifische Spleißvariante IGF-1 – Eb erreichte nach 24 h ihre höchsten mRNA – Konzentrationen und fiel anschließend wieder leicht ab. Diese auch als Mechano growth factor (MGF) bezeichnete Spleißvariante wird laut den Beobachtungen von HILL und GOLDSPINK (2003) speziell in der frühen Phase der Regeneration exprimiert. Sie vermittelt die proliferationsfördernde Funktion von IGF-1 bei gleichzeitiger Unterdrückung der Differenzierung (YANG und GOLDSPINK, 2002). Nach ihrem Expressions-Peak an Tag 1 tritt zunehmend die alternative Spleißvariante IGF-1–Ea an ihre Stelle. Diese systemische, sog. Leber-Typ – Variante, fördert nicht nur die Mitoserate sondern auch die terminale Differenzierung und ist hauptverantwortlich für den Muskelproteinaufbau.

Der Beginn der Differenzierung zu Myozyten wurde anhand der an Tag 1 bereits deutlich induzierten Myogenin-Expression ersichtlich, welche auch an Tag 7 weiterhin anhielt. Ihr folgte ein zunächst leichter, nach 168 h jedoch immenser Anstieg der IGF-2 – mRNA nach.

Die hier geschilderten zeitlichen Expressionsmuster unterschieden sich teilweise von den Forschungsergebnissen bei toxin-induzierten Traumata (MEHIRI et al., 2005;

YAN et al., 2003), wobei die genannten Autoren selbst z.T. über gegensätzliche Zeitfenster der Genexpression berichten. Die Abweichungen vom hier beobachteten Verlauf sind aller Wahrscheinlichkeit nach in der anders gearteten Schädigung begründet. Dementsprechend stellen HILL und GOLDSPINK (2003) einen deutlich verzögerten Ablauf in toxin-geschädigtem Muskelgewebe verglichen mit durch exzentrische Kontraktionen verletztem Gewebe fest. Der Expressionsverlauf des letztgenannten Modells entspricht weitestgehend den hier gemachten Beobachtungen. Obwohl geringeren Ausmaßes, werden auch damit Muskelfaserschädigungen infolge mechanischer Überbelastung erzeugt. Ein ebenfalls vergleichbarer Verlauf der IGF-1 und -2 – Expression wird außerdem von PAONI et al. (2002) im Rahmen einer ischämischen Muskelschädigung beschrieben.

Da infolge von Gefäßzerreißungen und Thrombosierung auch im mechanisch geschädigten Muskel ischämische Areale zu erwarten sind, wohnt auch dem Ischämie-Modell eine gewisse Ähnlichkeit zum hier angewandten Kontusionsmodell inne.

Übereinstimmend mit den Beobachtungen von MEHIRI et al. (2005) und SUMMAN et al. (2003) wurde an Tag 1 ein deutlicher Anstieg der FGF-2– mRNA festgestellt.

FGF-2 wird sowohl von MØ unter hypoxischen Bedingungen (WHITE et al., 2004) als auch vom Bindegewebe infolge Schädigung freigesetzt (SHI et al., 2005), um u.a.

eine HIF-1–vermittelte Angiogenese zu initialisieren. ANDERSON et al. (1995) diskutieren darüber hinaus eine myogene Wirkung, indem sie die verminderte Regenerationsfähigkeit der Muskulatur von BALB/c– im Vergleich zu SJL/J– Mäusen mit einer verkürzten FGF-2 – Expression korrelieren. Der Anstieg von SDF-1 – und PDK-1 – mRNA spiegelte den Verlauf der HIF-1α – mRNA wider. Dies erlaubt die Vermutung, dass die transkriptionelle Induktion dieser Zielgene zumindest teilweise HIF-1 vermittelt erfolgte. Dieses zeitliche Muster trifft nur in eingeschränktem Maße auch auf Scrgr-2 zu, dessen Transkriptmengen erst nach 48 h zunahmen.