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4. DISKUSSION

4.4. MMF bei HCV-positiven Patienten

Die Hepatitis C-assoziierte Leberzirrhose ist eine der Hauptindikationen zur Lebertransplantation in den meisten Transplantationszentren. In unserer Studie nahmen die Patienten mit einer Hepatitis C-Zirrhose mit 45 Prozent der Patienten den ersten Platz ein.

Bei fast allen Patienten kommt es in der Post-Transplantationsphase zu einer Re-Infektion mit dem Hepatitis C-Virus (46). Die Höhe der Virustiter scheinen hierbei einen entscheidenden Einfluss auf die postoperative Prognose des Patienten zu nehmen (90). Es wurde weiterhin gezeigt, dass die Intensität der Immunsuppression einen deutlichen Einfluss auf die Höhe der postoperativen Virustiter hat, im Sinne von je intensiver die Immunsuppression desto höher die Virustiter (120).

In der Literatur gibt es vielfältige Berichte über antivirale Eigenschaften von MPA, welches ein direktes Stoffwechselprodukt von MMF ist.

Als Wirkmechanismus wird bei allen Studien die Hemmung der

Inosinmonophosphatdehydrogenase (IMPD) und damit eine Verringerung der Produktion der Purinbase Guanosintriphosphat (GTP) angenommen. GTP ist ein unerlässliches Substrat zur Herstellung von DNA. Ein Mangel an GTP ruft somit eine Verlangsamung der Zellproliferation, und damit auch die immunsuppressive Komponente von MMF hervor, bewirkt aber auch eine Verlangsamung des Aufbaus von Virus-DNA, beziehungsweise Virus-RNA und bewirkt damit eine Verringerung der viralen Replikationsrate.

Ichimura stellte diesen Mechanismus 1995 erstmals als Strategie zur Verringerung der Replikationsrate des AIDS-Virus vor (67). Auch Margolis beschreibt die Anti-HIV-Wirkung von MMF in vitro und eine neuere Studie beschreibt erste positive Effekte von MPA auf HIV auch in vivo (28; 81). Eine Hemmung der Replikationsrate in vitro wird außerdem sowohl für das Gelbfiebervirus als auch für das Hepatitis B Virus beschrieben (55; 98).

Sowohl diese Berichte, als auch die enge Verwandtschaft von MMF mit dem für das Hepatitis C-Virus zugelassene Medikament Ribaverin, welches wie MMF ein Hemmstoff der Inosinmonophosphatdehydrogenase ist, lassen vermuten, MMF könnte auch antiproliferative Eigenschaften auf das Hepatitis C-Virus haben.

Platz berichtet in einer Studie von 1998 über 11 Patienten mit Hepatitis C-Re-Infektion nach Lebertransplantation, welche MMF als Ergänzung zu ihrer Basisimmunsuppression erhielten (106). 6 Patienten erhielten MMF alleinig aufgrund ihrer Hepatitis C-Re-Infektion, 5 weitere wegen zusätzlich auftretender akuten oder chronischen Abstoßung. Bei allen Patienten verbesserte sich die Transplantatfunktion und auch der Allgemeinzustand. Platz führte dies in erster Linie auf die Kombination von immunsuppressiven mit antiviralen Eigenschaften von MMF zurück.

Einschränkend bei dieser Studie ist sicherlich der Mangel an objektivierbaren Daten, wie zum Beispiel die Replikationsraten des Hepatitis C-Virus, als auch ihre geringe Fallzahl zu bewerten. Jedoch bleibt die Frage, ob und wie MMF einen positiven Einfluss auf die postoperative Phase von Hepatitis C-positiven Lebertransplantationspatienten nimmt.

Rostaing beschreibt in einer im Jahre 2000 erschienenen Studie wiederum einen gegenteiligen Effekt von MMF (109). In einer Gruppe von n=14 Hepatitis C positiven Nierentransplantationspatienten wurde MMF der bestehenden immunsuppressiven Therapie hinzugefügt oder Azathioprin durch MMF ersetzt. Ein Jahr nach Beginn der MMF-Therapie wurden die Anzahl der HCV Kopien mit den Ausgangswerten vor Beginn der MMF-Therapie verglichen. Es zeigte sich ein statistisch signifikanter Anstieg der Zahl der HCV-Kopien von 5,2±0,7 log Kopien/ml vor Beginn der MMF-Therapie auf 5,8±0,5 log Kopien/ml ein Jahr

nach Beginn der MMF-Therapie. Der Unterschied war mit p≤0,01 signifikant. Dies spricht gegen einen bremsenden Effekt und eine antivirale Potenz von MMF auf das Hepatitis C-Virus. Einschränkend muss allerdings erwähnt werden, dass bei Hepatitis C-infizierten Nierentransplantationspatienten generell ein Anstieg des Hepatitis C-Virustiters verzeichnet wird, so dass der Anstieg der Virustiter nicht unbedingt auf die MMF-Medikation zurückgeführt werden kann (111).

In unserer Studie ermittelten wir bei 20 Hepatitis C-positiven Lebertransplantationspatienten die Anzahl an Viruskopien im Blut vor MMF-Gabe und zu festgelegten Zeitpunkten nach der Erstmedikation. Es gab Virustiterkontrollen zwei Wochen, einen, zwei, drei, sechs und zwölf Monate nach Erstmedikation mit MMF. Vor Beginn der MMF-Therapie lag der Mittelwert der Virustitier bei den HCV-positiven Patienten bei 15,95 Millionen Equivalente (MEq) pro Milliliter Serum. Zwei Wochen nach Beginn der MMF-Therapie lag der Mittelwert bei 17,47 MEq/ml, nach einem Monat bei 19,09 MEq/ml, nach zwei Monaten bei 35,78 MEq/ml, nach drei Monaten bei 33,67 MEq/ml, nach sechs Monaten bei 18,75 MEq/ml und nach zwölf Monaten bei 13,34 MEq/ml. Es kam zwar zu einem leichten Anstieg der Virustiter nach zwei und nach drei Monaten, jedoch war kein Wert statistisch signifikant zum Ausgangswert vor MMF-Medikation. Es konnte also keine Verringerung des Virustiters nachgewiesen werden, aber auch kein Anstieg desselben.

Wenn man nun die Gruppe der Hepatitis C-positiven Patienten betrachtet, welche MMF aufgrund einer akuten Abstossungreaktion erhielten, deren immunsuppressive Medikation als intensiviert und durch MMF ergänzt wurde, lässt sich wiederum feststellen, dass die Anstiege der HCV-RNA-Menge im Serum nur leicht und allesamt nicht statistisch signifikant waren.

Der Ausgangswert vor MMF-Medikation in dieser Gruppe lag im Mittel bei 12,45 MEq/ml HCV-RNA. Mit 13,29 MEq/ml nach 2 Wochen und 11.49 MEq/ml nach einem Monat kam es in diesem Zeitraum zu keinem Anstieg des Virusloads. In Monat zwei und drei nach Beginn der MMF Medikation stieg der Virustiter nun auf 49,02 MEq/ml beziehungsweise auf 36,85 MEq/ml. Beide Anstiege wiesen mit p-Werten von p=0,349 nach zwei Monaten, beziehungsweise p=0,056 nach drei Monaten keine statistische Signifikanz auf. 6 Monate nach Erstmedikation mit MMF sank der Virustiter wiederum auf 14,36 MEq/ml und nach 12 Monaten betrug der Mittelwert der HCV-RNA-Menge im Blut der Patienten 17,31 MEq/ml.

Die beiden letzten Werte zeigen, dass sich der Virustiter faktisch also auf dem Niveau des Ausgangswertes stabilisierte.

Nach Intensivierung der Immunsuppression sollte man allerdings normalerweise erwarten,

dass der Virustiter ansteigt (120). Die Tatsache, dass dies nicht geschah, könnte mit einer antiviralen Aktivität von MMF im Zusammenhang stehen. Besonders wenn man die Alternativbehandlung bei akuter Abstoßungsreaktion nach Lebertransplantation, nämlich die Corticosteroid-Bolus-Therapie bedenkt, bei der es regelhaft zu einem Anstieg der HCV-Virustiter kommt (50), zeigt sich der Vorteil einer Rescue-Therapie mit MMF.

Sicher muss man beachten, dass die Fallzahlen unserer Studie auch hier sehr klein sind und man mögliche Schlussfolgerungen in diesem Zusammenhang nur sehr vorsichtig ziehen sollte, aber dennoch geben unsere Ergebnisse Anlass zu der Vermutung MMF könnte Virustatische Effekte auch auf das Hepatitis C-Virus haben.

Größere und genauere Studien, vor allem unter Einbezug von zusätzlichen klinischen Parametern wie Morbidität und Mortalität der Hepatitis C-positiven mit MMF behandelten Patienten, müssen zur Klärung dieses Sachverhaltes folgen.