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4. DISKUSSION

4.1. MMF zur Behandlung von Abstoßungsreaktionen

4.1.1.1. Literatur

In der Literatur existieren nur wenige Daten über MMF im Einsatz als Rescue-Therapeutikum bei Abstoßungsreaktionen nach Lebertransplantationen.

Klintmalm:

Klintmalm legte 1993 eine Studie vor, in der 23 Patienten mit einer akuten Abstoßungsreaktion mit MMF behandelt wurden. Eingeschlossen wurden nur Patienten, deren Abstoßungsreaktion zuvor mit einer Steroid-Bolus-Therapie und dem Einsatz von OKT3 nicht zu beherrschen gewesen war. Alle 23 Patienten sprachen auf die zusätzliche MMF-Therapie an, wobei sich 14 Patienten vollständig und 7 Patienten teilweise von ihrer Abstoßungsreaktion erholten (75).

Der Mittelwert des Gesamtbilirubins dieser Patienten betrug vor Beginn der MMF-Therapie

3,9 mg/dl. Nach 28 Tagen war noch kein Abfall dieses Wertes zu verzeichnen, und der Bilirubinmittelwert blieb mit 4,0 mg/dl hoch. Nach 56 Tagen aber war ein deutlicher Abfall auf im Mittel 2,7 mg/dl Gesamtbilirubin im Blut der Patienten zu verzeichnen.

Deutlicher wird diese Entwicklung bei dem Leberfunktionsparameter GOT gezeigt. Vor MMF-Therapie betrug der Mittelwert der Enzymaktivität des GOT der Patienten 120 U/l.

Dieser Wert fiel nach Beginn der MMF-Therapie auf 59 U/l nach 28 Tagen und 53 U/l nach 56 Tagen. Leider wurden keine weiteren Leberfunktionsparameter bestimmt (75).

Klupp:

In einer 1997 von Klupp vorgelegten Studie wird über 20 Patienten berichtet, welche MMF nach Lebertransplantation erhalten haben (76). Bei 8 von diesen 20 Patienten war die Indikation zum Einsatz von MMF eine primäre Rescue-Therapie nach frustranem Einsatz von Steroid Boli oder OKT3.

5 dieser 8 Patienten zeigten primär innerhalb von 4 Wochen eine Reaktion auf die MMF-Therapie in Form eines Rückganges ihrer erhöhten Bilirubinwerte. Der Ausgangsbilirubinwert aller 8 aufgrund einer Abstoßungsreaktion mit MMF behandelten Patienten betrug im Mittel 12,0 mg/dl. 14 Tage nach Erstmedikation mit MMF war dieser Wert auf im Mittel 8,1 mg/dl gefallen, nach 28 Tagen betrug der Mittelwert 3,3 mg/dl.

Nach 100 Tagen hatten sich bei allen Patienten sowohl die Bilirubinwerte, als auch die Transaminasen GOT und GPT normalisiert. Lediglich zwei Patienten hatten weiterhin erhöhte Cholestaseparameter GGT und AP (76).

Gavlik:

Gavlik untersuchte 1997 an 22 Patienten die Einsetzbarkeit von MMF auf dem Feld des primary rescue (52). In dieser Studie kam MMF primär ohne einen vorangegangen Versuch durch Steroid-Boli oder andere Medikamente zum Einsatz.

Die mittleren Bilirubinwerte gingen in dieser Studie nicht zurück. Die mittleren Werte für die Transaminasen reduzierten sich von 149 U/L auf 81 U/L für das GOT und für das GPT ebenso von 149 U/L auf 81 U/L. Eine Aussage über die Signifikanz dieser Zahlen wird von Gavlik nicht angegeben. Bei 4 Patienten wurde MMF nach dem Überwinden der Abstoßungsreaktion abgesetzt, bei 8 Patienten musste MMF aufgrund von Nebenwirkungen abgesetzt werden.

4.1.1.2. Vergleich mit der vorliegenden Studie

Epidemiologie Klintmalm:

Leider werden in Klintmalms Studie von 1993 keinerlei Angaben zu epidemiologischen Daten seiner Studienpatienten gemacht (75).

Klupp:

Das Durchschnittsalter von Klupps Patienten beträgt 45 Jahre im Vergleich zu 58 Jahren bei unseren Studienpatienten. Die Geschlechtsverteilung war bei Klupps Patienten mit 55 männlichen zu 45 weiblichen Patienten fast ausgeglichen. In unserer Studie war der überwiegende Anteil der Patienten männlich (77%), 23% der Patienten waren Frauen.

Die häufigste Grunderkrankung bei Klupps Patienten war die exotoxisch begründete Leberzirrhose (25 % der Studienpatienten). Der größte Anteil unserer Studienpatienten (45%) wurden auf dem Boden einer durch den Hepatitis C-Virus verursachten Leberzirrhose einer Lebertransplantation zugeführt. Die durchschnittliche Dauer von Lebertransplantation bis zur Erstmedikation mit MMF betrug in der Klupp Studie 25 Tage, in unserer Studie 9,19 Monate.

Klupps Patienten erhielten zwischen 1,5g und 3g MMF pro Tage, unsere MMF Dosis hingegen bewegte sich zwischen 1g und 2g MMF pro Tag. Es ergeben sich Unterschiede sowohl in der Geschlechtsverteilung, der am häufigsten zur Transplantation führenden Grunderkrankung, als auch in der mittleren Dauer von Transplantation bis zum Ersteinsatz von MMF. Nicht zuletzt ist auch die Dosierung leicht oberhalb der in unserer Studie verwendeten Tagesdosis anzusiedeln (76). Insgesamt muss man sagen, dass Klupps Patienten nicht ohne weiteres mit unseren Studienpatienten vergleichbar sind.

Gavlik:

Gavliks Patienten sind im Durchschnitt 43 Jahre alt, also im Mittel 15 Jahre jünger als unsere Studienpatienten. Sowohl bei Gavlik (39% der Patienten) als auch in unserer Studie (45% der Patienten) ist die Hepatitis C-Zirrhose die häufigste Grunderkrankung der Patienten welche, zur Lebertransplantation führte. Die Tagesdosierungen sind mit 1-2g MMF pro Tag in beiden Studien identisch. Die durchschnittliche Dauer von Lebertransplantation bis zur Erstmedikation mit MMF beträgt bei Gavliks Patienten 52 Tage, in unserer Studie beträgt diese Dauer durchschnittlich 9,19 Monate. Gavliks Studie gibt keinen Aufschluss über die Geschlechtsverteilung seiner Patienten. Alter, die häufigste zu Transplantation führende Grunderkrankung und Dosierung sind durchaus vergleichbar mit dem Patientengut unserer Studie. Der Ersteinsatz von MMF erfolgte bei Gavlik allerdings deutlich früher als bei unseren Patienten.

Laborparameter

Wie schon im Ergebnisteil erwähnt, sprachen alle unsere Patienten auf die Rescue-Therapie mit MMF an. Bei allen kam es zu einer Verbesserung der die akute Abstoßungsreaktion anzeigenden Laborparameter.

Die Bilirubinwerte unserer Patienten fiel von im Mittel 1,74 mg/dl vor Beginn der MMF-Therapie auf 1,61 mg/dl nach einem Monat, 1,66 mg/dl nach drei Monaten, 1,42 mg/dl nach 6 Monaten und 1,30 mg/dl nach 12 Monaten.

Die durchschnittliche Aktivität des Enzyms GOT verringerte sich nach Beginn der MMF Therapie von 44,43 U/l auf 27,50 U/l nach einem Monat, 34,41 U/l nach drei Monaten, 19,44 U/l nach 6 Monaten und 18,73 U/l nach 12 Monaten.

Vor Beginn der MMF-Therapie betrug die durchschnittliche Aktivität des Leberenzyms GPT 96,62 U/l. Nach einem Monat MMF-Therapie war dieser Wert auf 61,44 U/l gefallen, nach drei Monaten auf 66,59 U/l, nach 6 Monaten auf 27,56 U/l und nach 12 Monaten auf 24,82 U/l. Nicht immer ließ sich eine Signifikanz der Verringerungen zum Ausgangswert vor MMF-Medikation zeigen, es war aber immer eine deutliche Tendenz zur Verbesserung erkennbar.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass es sich bei den Abstoßungsreaktionen unserer Patienten vorwiegend um gering- bis mittelgradige Abstoßungsreaktionen handelt.

Als Einteilungsschema wurde hier das Banff-Graduierungssystem der akuten Transplantatabstoßung herangezogen (1).

Dies wird durch die niedrigeren Ausgangslaborparameter zu Therapiebeginn im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Ausgangslaborparametern deutlich.

Ausgangslaborparameter bei Therapiebginn in unserer Studie:

Bilirubin 1,74 mg/dl, GOT 44,43 U/l und GPT 96,62 U/l.

Ausgangslaborparameter bei Therapiebeginn in der Literatur:

Klintmalm: Bilirubin 3,9 mg/dl, GOT 120 U/l (75).

Klupp: Bilirubin 12,0 mg/dl (76).

Gavlik: GOT 149 U/l, GPT 149 U/l (52).

Dennoch lässt sich eine grundsätzliche Übereinstimmung mit den in der Literatur ermittelten Daten feststellen. In allen Studien kann gezeigt werden, dass sich der Einsatz von MMF in einer Verbesserung bis hin zu einer Normalisierung der die akute Abstoßungsreaktion anzeigenden Laborparameter auswirkt.

4.1.1.3. Bewertung

Allen drei aus der Literatur vorgestellten Studien ist gemein, dass sie mit geringen Fallzahlen arbeiten. Auch unsere vorliegende Studie kann nicht mit einer ausreichend hohen Fallzahl aufwarten, um in allen Punkten eine Signifikanz aufweisen zu können.

Die Studien von Klupp und Klintmalm sind mit unserer Studie nur begrenzt vergleichbar, da sie MMF erst nach einem Therapieversuch mit einem Steroid-Bolus zum Einsatz brachten und somit von vorneherein eine Vorselektion der Patienten durchführten (75; 76). Der überwiegende Anteil unserer Patienten (20 von 22) wurde ausschließlich mit MMF als Abstoßungstherapeutikum behandelt. Es ergaben sich weiterhin deutliche Unterschiede bezüglich der Epidemiologie der Studienpatienten. Auch die Zahl und Art der ausgewerteten Laborparameter ist in den aus der Literatur zitierten Studien eher gering und inhomogen.

Allerdings bleibt allen Studien gemein, dass sich eines deutlich abzeichnet: MMF ist in der Lage eine akute Abstoßungsreaktion zu kontrollieren.

Unsere Studie zeigt zusätzlich, dass dies, insbesondere bei Vorliegen einer nur gering- mittelgradigen Abstoßungsreaktion, durchaus auch mit Verzicht auf eine Steroid-Bolus Therapie möglich ist, was insbesondere unter dem Hintergrund der Nebenwirkungen einer Steroid-Therapie von Bedeutung ist.

4.1.2. Chronische Abstoßung

In der Literatur gibt es nur sehr vereinzelt Daten zu MMF im Einsatz als Immunsuppressivum bei chronischer Abstoßung.

Klupp berichtet über 4 Patienten, die MMF zur Behandlung ihrer chronischen Abstoßungsreaktion erhalten haben. Einer dieser 4 Patienten verbesserte seine Cholestaseparameter, einer verstarb während der Therapie an Meningitis und 2 Patienten zeigten keine Veränderung ihrer Cholestaseparameter (76).

Klintmalm berichtet auch über 4 Patienten, bei denen MMF zur Therapie einer chronischen Abstoßungsreaktion zum Einsatz kam. Er konnte bei keinem der 4 Patienten eine Verbesserung ihrer die Cholestase anzeigenden Laborparameter beobachten, bei zwei Patienten verschlechterten sich hingegen die Cholestaseparameter. Einer dieser 4 Patienten wurde im weiteren Verlauf erneut lebertransplantiert (75).

Auch in der Studie von Gavlik wird über MMF zum Einsatz bei chronischer Abstoßung berichtet. Seine Gruppe ist mit n=6 Patienten ähnlich klein wie die Gruppen der oben zitierten Arbeiten. Bei einem Patienten musste MMF frühzeitig aufgrund von anhaltender Diarrhoe abgesetzt werden. Keiner der verbleibenden 5 Patienten konnte seine Cholestase Parameter

unter der MMF Therapie verbessern, jedoch musste sich auch kein Patient einer erneuten Lebertransplantation unterziehen (52).

In unserer Studie wurden 4 Patienten mit MMF aufgrund von chronischer Abstoßungsreaktionen behandelt. Unsere Patienten zeigten zwar eine leichte Verbesserung ihrer Cholestaseparameter, jedoch konnte hier keine Signifikanz nachgewiesen werden, und es trat auch keine völlige Normalisierung der Parameter ein. Keiner unserer Patienten musste re-transplantiert werden.

Festzuhalten ist, dass es zwar keine eindeutigen Verbesserungen unter der Therapie von chronischen Abstoßungen mit MMF gegeben hat, aber die Patienten zumindest stabilisiert werden konnten. Die Therapie der chronischen Abstoßung gilt ohnehin als nur sehr eingeschränkt möglich, so dass auch kleine Erfolge als positive Fingerzeige gedeutet werden müssen. Als eindeutig positiv muss in diesem Zusammenhang gelten, dass bei allen vier Patienten die erneute Lebertransplantation vermieden werden konnte.

Unsere Daten gehen auch mit den Daten in der Literatur weitgehend konform. Allerdings muss man natürlich einschränkend beachten, dass bei allen Daten in der Literatur wie auch bei unserer Studie, die Fallzahlen mit n=4 beziehungsweise n=6 Patienten sehr klein sind, die Ergebnisse allenfalls eine Tendenz andeuten und Anlass zu größeren Studien geben sollten.