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1 Einführung Ozon und Dynamik der polaren Stratosphär

1.2 Dynamik der polaren Stratosphär

1.2.2 Polarwirbel

Infolge der fehlenden Sonneneinstrahlung kühle die Luftmassen übe den Polgebieten im Winter stark ab, was zu einem großräumi Absinken der Luftmassen und zur Ausbildung eines kräftige Tiefdruckgebietes in der Stratosphäre dem sogenannten Polarwirbel, führt Die polwärt gerichteten Strömunge führe entsprechend den Bedingungen des geostrophi- sehen Gleichgewichts zu einem ausgeprägte zirkumpolaren Westwindfeld. Diese West- winde erreichen ihre maximale Stärk bei etwa 60' geographischer Breite, wo sie ein Starkwindband, den sogenannten jet stream oder polar night jet, bilden. Diese Zone maxima- ler Windgeschwindigkeiten wird als Polarwirbelrand betrachtet, denn sie ist durch einen star- ken horizontalen PV-Gradienten gekennzeichnet. Da die PV fü adiabatische Prozesse eine Erhaltungsgröà darstellt, wirkt der hohe Gradient am Wirbelrand als Barriere fü den Trans- port von Luftmassen aus dem Wirbel heraus bzw. in den Wirbel hinein. Der Polarwirbel wird daher als isolierte Luftmasse aufgefaßt

Zum Zentrum des Wirbels hin nimmt die potentielle Wirbelstärk monoton zu, so da polare Luftmassen generell durch hohe Werte der PV ausgezeichnet sind. Außerhal des Polarwir- bels schließ sich an die Zone des Wirbelrandes in den mittleren Breiten eine Zone mit sehr flachen PV-Gradienten an, die sogenannte surfzone, in der rasche isentrope Durchmischung stattfindet. Ursache hierfü ist das Brechen der planetarischen Wellen in dieser Zone, die fü eine rasche Umverteilung der Luftmassen in der Horizontalen sorgen. Auf kleinen Skalen fin- det schließlic irreversible Durchmischung statt.

Obwohl der Polarwirbel in der Regel die polaren Breiten umfaßt ist er häufi stark verzerrt, so da seine Form von der zonalen Symmetrie abweicht. Außerde ist insbesondere der Polar- wirbel der Nordhemisphär häufi nicht polzentriert, sondern in Richtung der europäische Arktis verlagert (zum Unterschied zwischen südhemisphärisch und nordhemisphärische Polarwirbel, siehe auch Abschnitt 1.2.3).

In dieser Arbeit wird der Polarwirbelrand definiert als die PV-Isolinie auf der 475K-lsentrope, die den maximalen horizontalen PV-Gradienten aufweist. Zur Bestimmung des Polarwirbel- randes dient die Methode von Nash et al. [I 9961, nach der die Potentielle Vorticity entlang der äquivalente Breite betrachtet wird. Dabei entspricht die äquivalent Breite einer PV-lsoline der geographischen Breite, deren Fläch um den Pol gleich der Fläch ist, die von der PV- Isolinie eingeschlossen wird. Diese von der geographischen auf die äquivalent Breite trans- formierten PV-Isolinien könne als konzentrisch um den Pol und zum Pol hin monoton anstei- gend betrachtet werden. Der Begriff der äquivalente Breite ist ein wichtiges Hilfsmittel, da er eine Analyse des Wirbels unabhängi von seiner Verzerrung und tatsächliche Lage relativ zum Pol erlaubt. Der maximale PV-Gradient liegt nun dort, wo die Differenz der eingeschlos- senen Fläche zweier PV-Isolinien minimal ist. Nash et al. [I9961 definieren den Wirbelrand unter der zusätzliche Bedingung, da sich der maximale PV-Gradient in der Näh des maxi-

1 Einführung Ozon und Dynamik der polaren Stratosphär

malen zonalen Windes, gemittelt entlang der PV-Isolinie, befindet. Ferner bestimmen Nash et al. [I9961 die Wirbelrandzone anhand des lokalen Minimums und Maximums der zweiten Ableitung der PV nach der äquivalente Breite.

1.2.3 Unterschiede in der winterlichen Dynamik der Nord- und Südhemisphar Die stratosphärisch Dynamik der Nord- und Südhemisphä im Winter weist deutliche Unterschiede auf. Ursache hierfü ist die in der Nordhemisphär wesentlich stärke ausge- prägt Meridionalzirkulation, die auf eine stärker Wellenaktivitä in der Nordhemisphär zurückzuführ ist (siehe Abschnitt 1.2.1). Diese wiederum geht auf die unterschiedliche Land-Meer-Verteilung zurück Währen der antarktische Kontinent am Südpo zentriert und ausschließlic von Wassermassen umgeben ist, ist das Nordpolargebiet sowohl von Land- massen

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wie dem eurasischen und amerikanischen Kontinent mit ausgeprägte Gebirszü gen, etwa den Rocky Mountains oder dem Himalaya

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als auch von Wassermassen

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wie dem atlantischen und pazifischen Ozean

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umgeben.

Bereits zu Beginn des Winters werden die Unterschiede deutlich: Die antarktische Strato- sphär kühl sich viel schneller ab und erreicht noch im Frühwinte tiefere Temperaturen als die arktische im Mittwinter. Auch im Laufe des Winters kühl sich die Stratosphär in der Ant- arktis viel stärke ab als in der Arktis, so da im antarktischen Winter niedrigere Temperatu- ren als im arktischen, und zwar im Mittel um etwa 15 ¡C zu beobachten sind [Labitzke, 19991.

Die sehr niedrigen Temperaturen des südpolare Wirbels gehen mit einer extremen Stabilitä

des Wirbels einher: bezogen auf die geopotentielle Höh ist er im Mittel fast doppelt so stark wie der nordpolare [Labitzke, 19991.

Diese hohe Stabilitä äuße sich ferner in der viel geringeren Variabilitä des antarktischen Wirbels, was sowohl die Variabilitä innerhalb eines Winters als auch die Variabilitä von Jahr zu Jahr betrifft. Die hohe Variabilitä in der Arktis zeigt sich in den sogenannten Stratosphä

renerwärmungen die im Mittel zu einem wesentlich wärmere und schwächere Nordpolar- wirbel führen Währen eine sogenannte kleine Stratosphärenerwärmu (minor warming) durch einen plötzliche Temperaturanstieg von mindestens 25 K innerhalb einer Woche gekennzeichnet ist, spricht man von einer große Stratosphärenerwärmu (major warming), wenn neben der Erwärmun des Polargebietes und der Umkehr des horizontalen Tempera- turgradienten zwischen 60 und 90' geographischer Breite im 1OhPa-Niveau oder darunter auch eine Umstellung der Zirkulation von West- auf Ostwind stattfindet. Diese Zirkulations- umstellung kommt einem Zusammenbruch des Polarwirbels gleich, d. h. das Zentrum des Wirbels liegt dann südlic des 65. bis 60. Breitengrades, wobei der Wirbel dabei nur verscho- ben oder auch geteilt sein kann. Solche große Stratosphärenerwärmung sind in antarkti- schen Wintern seit 1958 nicht beobachtet worden, kleinere Stratosphärenerwärmung dagegen schon [Labitzke, 19991. In der Arktis sind groß Erwärmunge immer wieder beo-

Abbildung 1.6: (a) Monatsmittelkarte der geopotentiellen Höh in 30 hPa in Dekametern übe der Nordhemisphär im Januar; (b) analog übe der Südhemisphä im Juli; (C) Monatsmittelkarte der 30hPa-Temperaturen in 'C übe der Nordhemisphär im Januar; (d) analog übe der Südhemi sphare im Juli (aus Labitzke [1999]).

bachtet worden, wobei sie gewöhnlic im Januar oder Februar eines Jahres eintraten [Labitzke, 19991. Kleine Stratosphärenerwärmung hingegen ereignen sich im nordhemi- sphärische Winter sogar häufig wenn auch mit unterschiedlicher Intensität

Die unterschiedliche Stärk und Variabilitä von südhemisphärisch und nordhemisphäri schem polarem Wirbel findet sich unter anderem in der unterschiedlichen Häufigkei lamina- rer Strukturen in den Ozonprofilen wieder. In dieser Hinsicht ist der Unterschied von antarktischem und arktischem Wirbel auch Gegenstand dieser Arbeit und wird in Kapitel 4 noch einmal aufgegriffen.

Ein weiterer markanter Unterschied liegt in der zonalsymmetrischen Form des antarktischen Wirbels und seiner Temperaturverteilung gegenübe der stark asymmetrischen Form des ark- tischen Wirbels. Die Asymmetrie übe der Arktis besteht darin, da der Wirbel sehr häufi entlang der Achse Westgrönland-Mittelsibirie gestreckt und im Mittel vom Nordpol zur euro- päische Arktis hin verschoben ist. Außerde bildet sich ein polares Kältegebie mit Zentrum übe Spitzbergen und ein Wärmegebie mit Zentrum übe Kamtschatka aus. Ursache hierfü

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ist das sogenannte Aleutenhoch, einem übe den Aleuten gelegenen stratosphärische Hochdruckgebiet, das sich im Winter und Frühjah gelegentlich sehr verstärke kann. Ver- stärk sich das Aleutenhoch, wird der Polarwirbel weiter vom Pol weggeschoben und umge- kehrt. Die Verschiebung des Wirbels kann als eine planetarische Welle der Wellenzahl 1 angesehen werden, währen sich die Elongation des Wirbels als eine planetarische Welle der Wellenzahl 2 beschreiben läß Die Form des südliche und nördliche Polarwirbels sowie die jeweilige Temperaturverteilung gehen aus den Abbildungen 1.6 (a) bis (d) hervor:

Fü die Südhemisphä im Juli und die Nordhemisphär im Januar zeigen die Abbildungen (a) und (b) Monatsmittelkarten der geopotentiellen Höh in 30 hPa und die Abbildungen (C) und (d) Monatsmitteikarten der 3OhPa-Temperaturen.

Besonders auffallend sind die Unterschiede in der Ausprägun der Polarwirbel itn Frühjah und Frühsommer Die Umstellung von der winterlichen Westwind- auf die sommerliche Ost- windzirkulation, die den Zusammenbruch des Polarwirbels markiert, auch als final warming bezeichnet, findet auf der Südhemisphä im Mittel zwei Monate späte statt als auf der Nord- hemisphäre So ist der antarktische Wirbel im Mittel im September, bezogen auf die geopo- tentielle Höhe noch mehr als doppelt so stark wie der arktische im Mär und noch zwei Monate späte ist er deutlich ausgeprägt währen übe der Nordhemisphär bereits das sommerliche Hochdruckgebiet ausgebildet ist [Labitzke, 19991.

1.3 Ozon der polaren Stratosphär

Anhand erster Labormessungen des Ozonspektrums schlug Hartley bereits 1881 vor, da die UV-Strahlung unter 300 nm in der Atmosphär durch die Absorption des Ozons blockiert wird. Heute wissen wir, da diese Ozonabsorption der solaren UV-Strahlung zwischen 240 und 320 nm fundamental fü das Leben auf der Erde ist, da sie vor dieser schädigende Strahlung schützt Weiterhin zeigten bereits Beobachtungen von Dobson in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, da das Ozon der Atmosphär auf eine breite Schicht zwischen etwa 20 und 40 km Höh konzentriert ist. Bis zur Entdeckung des antarktischen Ozonlochs 1985 glaubte die wissenschaftliche Gemeinde, die chemischen und dynamischen Prozesse der Stratosphär ausreichend gut beschreiben zu können Die Beobachtungen eines massiven Ozonverlustes in der unteren Stratosphär standen aber in krassem Widerspruch zu den bis dahin allgemein anerkannten Modellergebnissen. Der wissenschaftliche Fortschitt, der in der darauffolgenden Dekade erzielt wurde, ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür wie eine glo- bale Umweltveränderun innerhalb von kurzer Zeit durch internationale Anstrengungen ent- rätsel wurde.

In diesem Abschnitt werden neben der Beschreibung der Meßgröà und der vertikalen Ver- teilung des Ozons die grundlegenden chemischen Reaktionen fü die Bildung und den Abbau des Ozons in der polaren Stratosphär dargelegt.

0 2 4 6 8 0 1 2 3 4 5 6 (a) Teilchenzahldichte [I 0 ~ m - ~ ] (b) Ozonmischungsverhältni [ppmv]

Abbildung 1.7: Mittleres Ozonprofil fü Januar, ermittelt aus 94 Sondenaufstiegen der Jahre 1996 - 2001 aus NY-Alesund: (a) Teilchenzahldichte übe der geometrischen Höhe (b) Mischungsverhältni übe der potentiellen Temperatur.

1.3.1 Meßgröà des Ozons

Die Ozonteilchenzahldichte oder Ozonkonzentration n 0 ist die Anzahl der Ozonmolekül pro Volumeneinheit und wird häufi in der Einheit angegeben.

Der Ozonpartialdruck p 0 berechnet sich aus der Ozonteilchenzahldichte bei gegebener Temperatur T gemäÃ

wobei R die allgemeine Gaskonstante darstellt.

Im Gegensatz zu diesen beiden Größ stellt das Volumenmischungsverhältni po3 bei adia- batischen Zustandsänderunge eine Erhaltungsgröà dar, weshalb fü die Betrachtung von dynamischen Prozessen vorzugsweise das Mischungsverhältni verwendet wird. Es geht aus der Teilchenzahldichte bzw. dem Partialdruck wie folgt hervor:

1 Einführuna Ozon und Dvnarnik der colaren Stratos~här

Hier bezeichnen p die Teilchenzahldichte der Luft und p den Luftdruck. p o ist demnach eine dimensionslose Größ die jedoch häufi mit der Einheit ppmv (parts per million volume) = 1

o " ~

versehen wird.

Als Gesamtozon No3 bezeichnet man schließlic die Säulendicht des Ozons, die in direk- tem Zusammenhang zur UV-Belastung an der Erdoberfläch steht. Sie ergibt sich aus der Konzentration oder dem Mischungsverhältni gemäÃ

wobei z die vertikale Koordinate ist. Das Gesamtozon wird in Dobson-Einheiten DU gemes- sen, wobei 100 DU einer Schichtdicke des Ozons von 1 mm bei einem Normaldruck von 1013 hPa und einer Temperatur von 15 O Centsprechen, also 1 DU = 2,687 . 1016 cm"*. Typische Ozonsäulendichte liegen zwischen 200 und 400 DU.

1.3.2 Vertikale und globale Ozonverteilung

Die Verteilung des Ozons wird, wie die der meisten Spurengase, bestimmt sowohl von chemi- schen als auch von dynamischen Prozessen. Welche relativen Beiträg chemische und dynamische Effekte liefern, häng von der Lebensdauer der jeweiligen Prozesse ab. Dabei lassen sich drei Fäll unterscheiden: Ist die chemische Lebensdauer des Ozons sehr viel niedriger als die dynamische Zeitkonstante, befindet sich das Ozon im photochemischen Gleichgewicht und Transporteffekte spielen eine untergeordnete Rolle. Gradienten in der Ozonverteilung, die durch photochemische Reaktionen hervorgerufen werden, werden dem- nach durch Transportprozesse nicht abgebaut. Dies gilt im allgemeinen in der oberen Strato- sphär oberhalb von ca. 35 km. Ist dagegen die photochemische Zeitskala sehr viel größ als die dynamische, dominieren Transportprozesse die Ozonverteilung. Sie führe zu einer guten Durchmischung des Ozons und zu niedrigen Gradienten in der Verteilung. Solche Bedingungen sind in der unteren Stratosphär bis etwa 25 km zu finden. Zwischen diesen beiden Regimen ist in der mittleren Stratosphär zwischen rund 25 und 35 km ein Regime anzutreffen, in dem chemische und dynamische Prozesse auf etwa den gleichen Zeitskalen ablaufen, so da die Ozonverteilung von beiden Mechanismen beeinfluß wird. Abbildung 1.7 zeigt ein typisches Ozonprofil der polaren Stratosphär fü den Monat Januar, ermittelt aus 94 Sondenaufstiegen der Jahre 1996 bis 2001 aus ~ ~ - A l e s u n d , wobei in (a) die Ozonteil- chenzahldichte übe der geometrischen Höhe in (b) das Ozonmischungsverhältni übe der potentiellen Temperatur aufgetragen ist.

Ozone Column (DU) TOMS Averaae 1979-1 986

J F M A M J J A S O N D

MONTH

Abbildung 1.8: Globaler Jahresgang der Gesarntozonverteilung in DU (aus Brasseur et al. [I 9991).

Betrachtet man den globalen Jahresgang der Gesamtozonverteilung auf beiden Hemisphä

ren in Abbildung 1.8, so ist zunächs auffällig da in hohen Breiten höher Gesamtozon- werte vorliegen als in den Tropen, wo das Ozon aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung hauptsächlic gebildet wird. Ferner sind höchst Säulendichte in den polaren Breiten im Winter und zu Beginn des Frühjahr zu finden mit Ausnahme der hohen Breiten des antarkti- schen Frühjahrs wo Säulendichte infolge des Ozonabbaus stark reduziert sind. Diese brei- tenabhängig und jahreszeitliche Verteilung resultiert aus dem starken polwärtsgerichtete stratosphärische Transport von Ozon währen des Winters im Zusammenhang mit der glo- balen Meridionalzirkulation (Abschnitt 1.2.1 ).

1.3.3 Ozonchemie

Chapman schlug 1930 als erster ein Reaktionsschema fü die photochemische Bildung und Zerstörun von stratosphärische Ozon vor. Demnach entsteht Ozon bei der Photolyse von molekularem Sauerstoff unter dem Einfluà von kurzwelliger UV-Strahlung:

wobei M einen beliebigen Stoßpartne bezeichnet.

1 Einführung Ozon und Dynamik der polaren Stratosphär

Ozon wird photolytisch gespalten gemäÃ

Diese Photolyse findet vor allem im UV-Bereich zwischen etwa 200 und 320 nm, der soge- nannten Hartley-Bande, statt. Unter Berücksichtigun dieser Bildungs- und Abbaureaktionen des Ozons in der Stratosphär läà sich qualitativ die vertikale Verteilung des Ozons gut beschreiben. Quantitative Abschätzunge des Gesamtozons führe allerdings zu einem um den Faktor zwei erhöhte Ozongehalt.

Katalytische Reaktionszyklen auf der Basis von Radikalen als Katalysatoren wurden darauf- hin als weitere Ozonabbaureaktionen identifiziert: Bates und Nicolet schlugen 1950 ein Reak- tionsschema unter der katalytischen Wirkung von HO und HO2, den sogenannten HOx- Zyklus, vor. Außerde beschrieb Crutzen 1970 die katalytische Wirkung von NO und NO2, auch NOx-Zyklus genannt. Beide Abbauzyklen laufen stark vereinfacht nach folgendem Schema ab, wobei X fü das Radikal steht:

1974 wurde mit dem Chlorradikal als Katalysator von Stolarski und Cicerone ein weiterer katalytischer Abbauzyklus, der sogenannte CIOx-Zyklus, vorgestellt. Nachdem von Molina und Rowland die industriell hergestellten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) als primär Quelle fü Chlorradikale in der Stratosphär identifiziert worden sind, war die Bedeutung die- ses Abbauzyklus offensichtlich. Der Reaktionszyklus:

ist vor allem in der oberen Stratosphär entscheidend, da die Konzentration von atomarem Sauerstoff mit der Höh zunimmt.

Molina und Molina beschrieben 1987 einen weiteren Chlor-Abbauzyklus, den sogenannten Dimerzyklus, der ohne atomaren Sauerstoff funktioniert und deshalb in der unteren Strato- sphär eine Rolle spielt:

Diese Reaktionskette stellt bei erhöhte ClO-Konzentrationen im Winter einen der beiden wichtigsten Abbauzyklen in der unteren polaren Stratosphär dar. Sie ist umso effektiver, je niedriger die Temperaturen sind, da sich das Dimer C1202 thermisch zersetzt.

Ein zweiter Reaktionszyklus, der ebenso fü die untere Stratosphär relevant, im Gegensatz zu (Z1.3) aber weniger temperaturabhängi ist, ist der ClOIBrO-Zyklus:

Welcher der beiden Halogenabbauzyklen den höhere Beitrag liefert, häng im wesentlichen von der ClO-Konzentration ab, letztlich also vom Grad der Chloraktivierung: Je höhe die CIO- Konzentration, desto bedeutsamer ist der Zyklus (Z1.3).

In Abhängigkei von der Jahreszeit tragen die drei genannten Gruppen von katalytischen Abbauzyklen, nämlic NOx, HOx und Halogen, unterschiedlich stark zum Ozonabbau in den polaren Breiten bei. Währen im Winter und zu Beginn des Frühjahr der Halogenzyklus dominiert, überwieg im Sommer die Bedeutung des NOx-Zyklus.

1.3.4 Ozonabbau im Winter

Chlor liegt in der Stratosphär ohne besondere Einwirkungen in den stabilen Verbindungen HCI und CiONOo, den sogenannten Reservoirgasen, vor. Das Ausmaà der Ozonzerstörun

1 Einführung Ozon und Dynamik der polaren Stratosphär

häng folglich entscheidend davon ab, wieviel Chlor aus diesen Reservoirgasen freigesetzt wird. Hierfü waren zunächs nur Gasphasenreaktionen bekannt, auf deren Grundlage ein relatives ClO-Maximum in Ca. 40 km Höh bestimmt und daraus ein maximaler Ozonverlust abgeleitet wurde. Damit konnten allerdings die von Farman 1985 entdeckten massiven Ozon- verluste übe der Antarktis im Frühjah noch nicht ausreichend erklär werden, da in dieser Höh die Ozonkonzentration relativ gering und dementsprechend klein der Effekt auf die gesamte Ozonsaule ist.

Die massive Zerstörun des stratosphärische Ozons in den Polarregionen im FrŸhjah wird ausgelös durch heterogene Reaktionen, die an der Oberfläch von Aerosolen stattfinden.

Infolge der sehr tiefen Temperaturen, die im Winter innerhalb der Polarwirbel der Nord- und Südhemisphar auftreten, könne sich sogenannte polare Stratosphärenwolke (polar stratospheric cloud, PSC) bilden. Es gibt mehrere Typen von PSCs, die sich hinsichtlich ihrer Phase und Zusammensetzung voneinander unterscheiden.

Bei Temperaturen unterhalb des Frostpunktes, also unterhalb von etwa 190 K in der unteren Stratosphäre bilden sich PSCs aus Eiskristallen, die als PSC Typ II bezeichnet werden. Wäh rend im antarktischen Polarwirbel die Temperaturen in jedem Winter großfläch und langan- dauernd den Frostpunkt unterschreiten, liegen die synoptischen Temperaturen im arktischen Polarwirbel nur selten unterhalb des Frostpunktes. Hier werden PSC II Partikel vor allem im Lee große Gebirgsketten, z. B. übe Skandinavien, beobachtet, die dadurch zustande kom- men, da sich die an den Gebirgsketten angeregten Schwerewellen in die Stratosphär aus- breiten und dort beträchtlich Temperaturschwankungen hervorrufen. Diese PSCs vom Typ ll sind mit dem bloße Augen sichtbar und bereits seit der zweiten Hälft des 19. Jahrhunderts als Perlmutterwolken bekannt.

Oberhalb des Frostpunktes existieren PSCs, die als Typ l bezeichnet werden, von denen man wiederum zwei Typen unterscheidet: Typ la sind feste Teilchen aus Salpetersauretrihydrat HNOg-3H20 (nitric acid trihydrate, NAT), währen Typ Ib aus flüssige ternäre Lösunge bestehen, die Wasser, Salpetersäur HN03 und Schwefelsäur H2S04 enthalten (super- cooled ternary solution, STS). Partikelradien der PSC l liegen in der Größenordnu von 0,5

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1,O um. Der genaue Bildungsmechanismus von NAT ist noch umstritten. Bei der Bildung von STS dagegen geht man davon aus, da es direkt aus den flüssige Sulfataerosolen ent- steht, das als stratosphärische Hintergrundaerosol, auch Junge-Schicht genannt, zwischen der Tropopause und einer Höh von rund 25 km in allen geographischen Breiten zu finden ist.

Diese Tröpfche verdünnte Schwefelsäur sind ein Oxidationsprodukt natürlicher schwefel- haltiger Substanzen aus vulkanischen und biogenen Emissionen. Typische Radien der Sulfat- aerosole liegen bei 0 , l um. Mit abnehmender Temperatur steigen die Löslichkeite von HN03 und H 2 0 und die Sulfataerosole nehmen immer mehr HN03 und H 2 0 aus der Gas- phase auf (eine ausführlich Behandlung der PSCs ist z. B. in Peter [I 9971 zu finden).

PSCs haben hauptsächlic zwei Effekte auf die Ozonchemie der polaren Stratosphäre Zum einen bilden sie die Oberfläche an der heterogene Reaktionen ablaufen, die das Chlor aus den Reservoirgasen in die aktiven Chlorverbindungen CIO, C1202 und Cl

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zusammengefaß auch als CIOx bezeichnet

-

überführe Die wichtigsten chloraktivierenden Reaktionen sind:

C 1 0 N 0 2 ( g )

+

H C I ( s / a q ) -> H N 0 3 ( s / a q )

+

C12(g) (R1.4)

C I O N 0 2 ( g )

+

H 2 0 ( s / a q ) H N 0 3 ( s / a q )

+

H O C I ( g ) (R1.5)

H O C I ( g )

+

H C I ( s / a q )

-+

H 2 0 ( s / a q )

+

C12(g) (R1.6)

Hier bezeichnen (g) den gasförmigen (s) den festen und (aq) den flüssige Zustand.

Die aktiven Chlorverbindungen werden unter dem Einfluà von Sonnenlicht rasch photolysiert und bilden Chlorradikale, die den Ozonabbau nach den Zyklen (21.3) und (21.4) katalysieren.

Der zweite wichtige Effekt besteht darin, da PSCs Stickoxidverbindungen binden, die fü die Deaktivierung reaktiver Chlorverbindungen von Bedeutung sind. Wieviel Ozon abgebaut wird, häng nicht nur davon ab, wieviel Chlor aus den Reservoirgasen freigesetzt wird, son- dern auch von der Lebensdauer der Chlors. Diese wird durch die Rückführu von Chlor in

Der zweite wichtige Effekt besteht darin, da PSCs Stickoxidverbindungen binden, die fü die Deaktivierung reaktiver Chlorverbindungen von Bedeutung sind. Wieviel Ozon abgebaut wird, häng nicht nur davon ab, wieviel Chlor aus den Reservoirgasen freigesetzt wird, son- dern auch von der Lebensdauer der Chlors. Diese wird durch die Rückführu von Chlor in