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Philosophierrunden, inhaltliche Vorbereitung

Wie vorangehend ausführlich erörtert, ist das Philosophieren besonders fruchtbar, wenn bereits eine gesunde Gesprächskultur vorhanden ist und die Gruppe regelmäßig derartiges Diskutieren durchführt. Hinweise zur organisatorischen Vorbereitung, der Bedeutung von Ritualen, der Ver-wendung der „Redekiste“ und der Gesprächsführung wurden eingehend beschrieben. Sie bieten den Rahmen für das gemeinsame Nachdenken.

Nach diesen für alle Themen gleichermaßen geltenden Überlegungen soll nun darauf eingegangen werden, wie man sich auf ein konkretes Thema inhaltlich vorbereiten kann. Abschließend werden daher in diesem Kapitel einige allgemeine, erprobte Einstiegsmöglichkeiten für Diskussionen bzw.

philosophische Gesprächsrunden aufgeführt.

Inhaltlich bereitet sich der Pädagoge auf die Philosophierrunden schon durch die Auswahl und Planung der begleitenden umweltpädagogischen Maßnahmen vor. Diese bieten den fachlichen und sachlichen Hintergrund für die Diskussion. Allerdings kann das Philosophieren auch für sich stehen und muss nicht zwingend mit derartigen Maßnahmen begleitet werden. In jedem Falle wird aber als Einstieg in eine jeweils ein geeigneter Impuls benötigt.

Am Beginn sollte immer etwas stehen, was bei den Kindern Fragen aufwirft oder sie in irgendeiner Weise irritiert. Das kann eine zuvor gestellte Kinder-frage sein, ein Gegenstand, ein Bild, ein Erlebnisbericht, ein besonderes Lied, eine Geschichte oder auch mal ein toter Käfer. Es sollen an dieser Stelle keine Vorschriften gemacht, sondern nur Anregungen gegeben werden.

Eine Irritation, die zum Nachdenken anregt und ein philosophierendes Gespräch nach sich ziehen kann, begegnet Kindern auch im Alltag immer wieder. Neugierige Fragen der Kinder, hervorgerufen durch ein Bild in der Zeitung, einen Fund beim Spaziergang, einen Film, einen Radiobericht usw.

können spontan zu tiefgreifenden philosophischen Diskussionen führen.

Leider ist dies im Schulalltag zumeist nicht durchführbar. Leichter fällt es Erziehern im Hort oder im Kindergarten und auch religionspädagogischen Gruppenleitern, die nicht an einen bestimmten Lehr- und Zeitplan

gebunden sind.

Ein großer Vorteil des spontanen Philosophierens ist die vorhandene

Motivation der Kinder. Eine „natürlich“ entstandene Denkerrunde ist oft viel

lebhafter und „weniger gestelzt“ als geplante, vom Gesprächsleiter vorbereitete Runden. Voraussetzung hierfür ist eine Offenheit des

Pädagogen, hilfreich eine bereits vorhandene Gesprächskultur. Allerdings sind es aber gerade diese Situationen, in denen das Philosophieren sehr gut geübt werden kann.

Nicht vergessen werden sollte, dass es Konstellationen gibt, in denen Kinder sich aus der Situation heraus ganz intensiv über Dinge, die sie bewegen, unterhalten. Das kann zum Beispiel beim Auffädeln von Laub-blättern auf eine lange Schnur, beim Malen von Bildern oder bei diversen Handarbeiten passieren. Leider sind derartige Situationen im Zeitalter der modernen Medien nicht mehr sehr häufig anzutreffen. Der betreuende Pädagoge kann unter Umständen derartige Gespräche behutsam mit

Unterstützung des „Philo-so-Vier – Prinzips“ (siehe in P 3) in ein spontanes Philosophieren „umwandeln“ und geeignete Situationen auch ganz bewusst zustande kommen lassen und fördern.

In der Regel soll jedoch zu einem bestimmten Thema und geplant

philosophiert werden. Der Pädagoge hat sich für ein Thema entschieden, geeignete begleitende Maßnahmen ausgewählt und einige davon evtl.

schon durchgeführt. Er wird gemeinsam mit den Kindern die Runde

vorbereitet. Dazu gehören der Aufbau des Sitzkreises, das Hervorholen und Auspacken der „Redekiste“, die leicht gespannte Erwartung.

Wie beginnt man nun das Gespräch, wie ruft man eine Irritation hervor oder wirft eine Frage auf? Als Impuls eignen sich ein mitgebrachter Gegenstand, der zum Thema hinführen soll, ein Bild, eine Geschichte, vielleicht auch ein gemeinsames Erlebnis wie ein Theaterbesuch oder eine Schulhofsituation, ein Rollenspiel – der Gesprächsleiter stellt den Anlass vor und stellt in der Regel auch gleich die erste Frage, die die Kinder dazu

ermuntern soll, sich am Gespräch zu beteiligen: „Was ist denn das? Kennt ihr das?“ oder auch nur „Wer möchte dazu etwas sagen?“ …

Gut geeignet und einfach zu handhaben sind Bilder4. Sie erlauben häufig einen schnellen und unmittelbaren Einstieg in das Thema.

Das ausgewählte Bild kann in die Mitte des Gesprächskreises gelegt,

herumgereicht oder auch mit dem Beamer an die Wand geworfen werden.

4Im Rahmen des Projektes Warum? – Darum! wurde eine Auswahl von zur Diskussionsanregung geeigneten Bildern gedruckt. Sie können kostenlos unter

www.lanu.de bestellt werden und sind auch als Download verfügbar. Zu jedem Bild wurde eine Reihe von passenden Impulsfragen formuliert.

Es empfiehlt sich, nach dem „Philo-so-Vier – Prinzip“ vorzugehen und zunächst mit einer Beschreibung der Darstellung und Beobachtungen zu beginnen: Was ist zu sehen? Anschließend können eigene Erfahrungen mit der dargestellten Situation / dem Bildinhalt abgefragt werden: Kennst du das auch so? Ist das überall/immer so? und dann Überlegungen angestellt werden, ob es auch anders sein könnte oder sollte: Muss das so sein?

Warum, – Warum nicht? Abschließend sollte über Konsequenzen für das eigene Handeln nachgedacht werden: Stört mich etwas an dem Bild? – an der dargestellten Situation? Was möchte ich ändern? Was könnte ich tun?

Geschichten begegnen uns jeden Tag und immer wieder bieten sich Gelegenheiten, sie in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Bei den Geschichten muss es sich nicht unbedingt um einen Text oder ein (Kinder-)Buch handeln. Oft beinhaltet auch die Erzählung eines Kindes, ein Film oder ein Theaterstück ein Geschehnis, über das es sich zu reden loht.

Gut eignen sich die drei Kinderbroschüren5 mit Geschichten zum Nach-denken, die im Rahmen des Projektes entwickelt wurden. In den

Broschüren finden sich begleitende Fragen, die die Kinder einerseits bei der Stange halten sollen und ihnen die Möglichkeit geben, sich aktiv

einzubringen. Dazu gehören sowohl Verständnis- als auch weiterführende Sachfragen und natürlich immer auch ethische Fragen.

Das gemeinsame Lesen der Geschichten benötigt an sich schon eine gewisse Zeit, die natürlich extra eingeplant werden sollte. Geschichten

müssen auch nicht zwingend beim ersten Mal bis zum Ende gelesen werden.

Wichtig ist, sich zuvor gut zu überlegen, über welchen Aspekt der

Geschichte man nachdenken will. um dann mit geeigneten Impulsen das Gespräch behutsam zu lenken, z.B. unter Berücksichtigung des „Philo-so-Vier – Prinzips“.

Eine zusätzliche weiterführende Methode, die zum Nachdenken anregt, sind kleine Rollenspiele, wie das Darstellen von Situationen, in denen

Entscheidungen getroffen werden müssen, oft verbunden mit einem willkommenen Perspektivenwechsel. Passend zu den Geschichten der soeben vorgestellten Kinderbroschüren bietet sich z.B. das Nachspielen folgender Situationen an:

- eine Stadtratssitzung, in der Entscheidungen getroffen werden müssen (z.B. die der Möpfel in: Die Rollmöpfel auf neuen Wegen, Energie – aber wie?)

5Die drei Warum? – Darum! Kinderbroschüren können jeweils kostenlos unter www.lanu.de bestellt werden. Leicht vereinfachte und etwas spärlicher bebilderte Versionen finden sich auch im Materialteil dieses Buches.

- die Beratung einer Familie / eines Freundeskreises mit

unter-schiedlichen Interessen oder Problemen (wie z.B. Bauer Bienle und seine Familie in: Bauer Bienle, Essen mit Spaß – aber was? bzw.

Wilma Wildbiene und ihre Freunde in Wilma Wildbiene, Mein Recht – echt?)

- mehrere Vorbereitungskreise mit unterschiedlichen Aufgaben und Zielen z.B. für die Teilnahme an einer Demonstration (beispielsweise eine Gruppe von Bauern, eine Gruppe von Kunden, eine Gruppe von Bienen, … ), wie in der Mitte des Wendebuches Bauer Bienle / Wilma Wildbiene vorgeschlagen

- die Mitarbeiterbesprechung eines Unternehmens mit Problemen oder neuen Herausforderungen (z.B. die der Recycling Firma von Meister Rudi, dem Regenwurm in: RW & Co, Recycling GmbH, Müll und Dreck – einfach weg?)

Eine philosophische Runde im Anschluss an diese Rollenspiele könnte dann in etwa so ablaufen: Wie war die Ausgangssituation, wo lag das Problem?

Zu welcher Lösung sind die diskutierenden Personen oder Tiere gekommen?

War dies die einzige Lösung? Warum – warum nicht? Gibt es vergleichbare Situationen in unserem Leben? Wie sehen hier die möglichen Lösungen aus?

Sind sie die einzigen Wege? Warum – warum nicht? Welche Verantwortung tragen wir als Einzelpersonen? Was ist das überhaupt, Verantwortung?

Eine schöne Feder, ein Ei, ein toter Käfer, eine (kaputte) Steckdose, ein Apfel mit Wurmloch, ein Einkaufsbon, ein im Park gefundenes Stück Müll, viele kleine Gegenstände können Fragen und Nachdenken auslösen und sind als Einstieg in einen Philosophierkreis geeignet. Mitunter laufen sie uns im Alltag durch Zufall über den Weg, z.B. bei einem Spaziergang im Park oder in der Pause auf dem Schulhof. Manchmal wird vom Pädagogen ein derartiger Fund aber auch geplant und der „zufällige“ Müllfund im Park oder auf dem Schulhof dann als Anlass für eine Philosophierrunde genommen, die zum Thema einer Projektwoche und den vorbereiteten Aktionen passt.

Der Gegenstand kann in die Mitte gelegt oder aber auch herumgereicht werden und sogar als „Erzählstein“ fungieren.

Auch ein in die Mitte gelegter Haufen von kleineren Dingen, die scheinbar wahllos zusammengestellt wurden, eignet sich als Einstieg. Dabei empfiehlt es sich oft, diese zuvor (auf ein Tablett) hinzulegen und zunächst mit

einem Tuch abzudecken, das erst gelüftet wird, wenn alle bequem sitzen und ruhig geworden sind. Es kann auch ein blickdichter Beutel

herumgereicht werden, aus dem sich jedes Kind einen Gegenstand herausnehmen darf.

Bei der Auswahl der Gegenstände sollte immer darauf geachtet werden, dass auch Dinge dabei sind, die Gegensätze aufzeigen, z.B. ein großer und

ein kleiner, schrumpeliger Apfel, ein natürlicher (Kiesel-) Stein, ein geschnittener Stein und ein Stück Ziegelstein, ein Plastikei und ein

Hühnerei (Schale), eine elektrische und eine normale Zahnbürste, Honig, Bonbons und Zuckerstücke usw.

Matchboxautos, Puppenmöbel, kleine Holzhäuschen, Spielzeugfiguren und ähnliches können dabei auch gut als Stellvertreter für große Gegenstände (Autos, Möbel, Häuser und sogar Menschen) eingesetzt werden.

Um das Gespräch in Gang zu bringen empfiehlt es sich oft, die

Gegenstände irgendwie sortieren oder einordnen zu lassen. Dabei ist es am besten, die Kinder selber darüber nachdenken zu lassen, welche und wie viele Kategorien sie einführen wollen. Was sind das für Kategorien? Warum wurden sie gewählt? Kann man auch anders sortieren? Warum, – Warum nicht? Was passt zusammen? Was sind Gegensätze? Was verbinde ich mit diesen Gegenständen?

Eine Zusammenstellung von konkreten Materialien zu umweltethischen Themen einschließlich Vorschlägen zum passenden Einstieg für

Gesprächsrunden bietet diese Handreichung.

Literaturangaben

Internetseiten, zuletzt gesichtet am 17.09.2015:

www.bne-portal.de

www.bne-portal.de/un-dekade/un-dekade-deutschland

www.bne-portal.de/index.php?id=55 (BNE, Gestaltungskompetenz) www.de.wikipedia.org/wiki/Gestaltungskompetenz

de Haan, G. (2002): Was ist Bildung für Nachhaltigkeit? in: Brickwedde, F.; Peters, U.: Umweltkommunikation. Vom Wissen zum Handeln, Berlin, S.

259-267

Eberhard von Kuenheim Stiftung, Akademie Kinder Philosophieren (Hrsg.,2012): Wie wollen wir leben? Kinder philosophieren über Nachhaltigkeit, München, oekom Verlag

Harenberg, D. (2001): Bildung für nachhaltige Entwicklung-

Entdeckungen im schulischen Alltag und gemeinsames Reformbestreben, in:

Gärtner, H.; Hellberg- Rode, G.(Hrsg.): Umweltbildung & nachhaltige Entwicklung. Band 1: Grundlagen, Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren

Hauff, V. (Hrsg., 1987): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Eggenkamp Verlag, Greven.

Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg., 2011): Der

Sächsische Bildungsplan – ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Krippen, Kindergärten und Horten sowie für Kindertagespflege, verlag das netz, Weimar - Berlin