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2. Theoretische Grundlagen

2.4. Pharmakotherapie

Psychopharmaka werden zu den Substanzen gezählt, die durch Veränderungen des Neurotransmitterhaushaltes sowie Steuerung der Aktivität bestimmter Rezeptoren zentralnervöse Funktionen selektiv hemmen oder erregen. Sie besitzen außerdem differenzierte psychotrope Effekte und können einen therapeutischen Nutzen vorweisen.

Eingeteilt in verschiedene Klassen werden sie aufgrund der neurophysiologischen Wirkmechanismen und anhand ihrer positiven Beeinflussung der unterschiedlichen Störungsbilder. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass manche dieser Substanzen nur bei Vorliegen psychopathologischer Symptome ihre Wirkung entfalten können.

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Für die psychopharmakologische Behandlung der GAS stehen mittlerweile mehrere Substanzklassen mit anxiolytischem Wirkprofil zur Verfügung. Diesbezüglich werden die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) als Therapieoption der ersten Wahl angesehen (STEIN

2006). Sie besitzen eine geringe Nebenwirkungsrate, werden allgemein gut toleriert und verursachen keine Abhängigkeit. Unterstützt wird diese Empfehlung aufgrund der Tendenz der GAS, einen chronischen Verlauf zu nehmen und zu einem hohen Grade mit der Major Depression (>40 % - 62 %) als Komorbidität einherzugehen (GOODMAN 2004).

Die Benzodiazepine als Substanzgruppe innerhalb der Anxiolytika (Tranquilizer) gehören zu den ältesten medikamentösen Therapieansätzen hinsichtlich der GAS. Sie beeinflussen allosterisch den GABAA-Rezeptor. Dadurch kann der inhibitorische Transmitter GABA eine verstärkte Wirkung an der postsynaptischen Membran entfalten. Verschiedene Studien zum Einsatz von Benzodiazepinen belegen ihre Effektivität und schnellen Wirkungseintritt (BALDWIN und POLKINGHORN 2005). Sie scheinen vor allem kurzfristig imstande zu sein, die somatischen und autonomen Symptome der GAS zu lindern. Als Argument gegen eine langfristige Einnahme sprechen einerseits die zahlreichen Nebenwirkungen. Es besteht die Gefahr einer Medikamentenabhängigkeit. Außerdem verursachen sie einen sedativen sowie hypnotischen Effekt, und können zu psychomotorischen Beeinträchtigungen führen.

Andererseits konnte festgestellt werden, dass bei zahlreichen Patienten keine Remission der Erkrankung erreicht werden konnte (>33 % - >50 %), und die Benzodiazepine ferner keine zusätzliche antidepressive Wirkung besitzen (GOODMAN 2004). Diesen Erkenntnissen Rechnung tragend wird diese Substanzgruppe eher als Behandlung zweiter Wahl angesehen.

Die Wirkung der Antidepressiva (Thymoleptika) liegt vor allem im Bereich der Stimmungsaufhellung und der Antriebsnormalisierung. Die einzelnen Medikamente innerhalb der Klasse weisen chemische Unterschiede auf und besitzen unterschiedliche Wirkprofile, ohne aber ein Abhängigkeitsrisiko in sich zu bergen. Ihr Einfluss manifestiert sich erst mit einer gewissen Latenz (nach ca. 2 bis 4 Wochen) und nur bei psychisch Erkrankten (LÜLLMANN et al. 2006). Zentraler Ansatzpunkt sind hierbei die biogenen Amine wie Noradrenalin und Serotonin, deren Konzentration im synaptischen Spalt erhöht wird. Was die Therapie betrifft, so sollte zur Realisierung eines antidepressiven Effekts die Behandlung mindestens drei Wochen andauern und eine einschleichende Dosierung gewählt werden.

Im Folgenden soll nun noch ausführlicher auf die wichtigsten Substanzgruppen der Antidepressiva eingegangen werden.

Die Selektiven Serotonin- und / oder Noradrenalin-Rückaufnahme-Hemmer (SSRI, SNRI) bilden eine neuentwickelte Substanzklasse der Antidepressiva. Zu den wichtigsten Vertretern gehören die Leitsubstanz Fluoxetin, sowie Venlafaxin, Duloxetin, Citalopram, Escitalopram, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin. SSRI und SNRI verhindern, dass die Neurotransmitter

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Serotonin bzw. Noradrenalin über die präsynaptische Membran wieder aufgenommen werden und führen auf diesem Weg mit einer gewissen Latenz zu einer antidepressiven, stimmungsaufhellenden Gemütslage (LÜLLMANN et al. 2006). Die Anzahl der mit trizyklischen Antidepressiva assoziierten Nebenwirkungen ist bei diesen Medikamenten relativ limitiert, da die muskarinischen Rezeptoren, die Histamin-Rezeptoren und α -Rezeptoren in unerheblichen Masse beeinträchtigt werden. Vielmehr können diesbezüglich Symptome wie Appetitlosigkeit, Nausea, Krämpfe, Schlaflosigkeit, sexuelle Funktionsstörungen und eine erhöhte Blutungsgefahr durch Beeinflussung der Thrombozytenfunktion auftreten. Deshalb sollte bei einer zusätzlichen Therapie mit Antikoagulanzien vorsichtig vorgegangen werden. Auch muss erwähnt werden, dass eine Begleitbehandlung mit MAO-Hemmstoffen kontraindiziert ist, da es hierbei zu dem gefährlichen Serotonin-Syndrom kommen kann. Die Beendigung der Therapie mit diesen Medikamenten sollte ausschleichend erfolgen, da sich sonst Entzugssymptome manifestieren können.

Eine weitere Gruppe innerhalb der Antidepressiva bilden die MAO-Hemmstoffe. Sie hemmen das Enzym Monoaminoxidase vom Typ A. Dieses ist für den Abbau von biogenen Aminen verantwortlich. Unter Einsatz dieser Substanzen ergibt sich folglich ein Anstieg der Transmitter Noradrenalin und Serotonin im Extrazellulärraum des zentralen Nervensystems.

Die Leitsubstanz der MAO-Inhibitoren ist Moclobemid.

Leitsubstanz der trizyklischen Antidepressiva stellt Imipramin dar, mit ihrem aktiven metabolischen Abbauprodukt Desipramin, sowie der Wirkstoff Amitriptylin. Allen gemeinsam ist eine vermeintliche, im Vordergrund stehende eher unselektive Wiederaufnahmehemmung von Serotonin, sowie in geringerem Ausmaß von Noradrenalin (LÜLLMANN et al. 2006). Als Nebenwirkungen blockieren diese Medikamente zusätzlich muskarinische Acetylcholin-Rezeptoren, α- und Histamin-1-Rezeptoren. Dies kann zu Symptomen wie einer orthostatischen Hypotension, Arrhythmien, einer verminderten Erregungsleitung im Herzen, einer verstärkten Müdigkeit und im Extrem zu einem anticholinergen Delir sowie Halluzinationen führen. Zu Beginn einer Therapie mit diesen Wirkstoffen stellt sich eine zentralnervöse Dämpfung ein. Die körperliche und geistige Aktivität ist reduziert und die Patienten befinden sich in einem sedierten Zustand. Nach einem längeren Zeitraum geht dieser Effekt aber in eine antidepressive und antriebssteigernde Wirkung über.

Unter die Wirkstoffgruppe der tetrazyklischen Antidepressiva werden die Hauptsubstanzen Maprotilin, Mianserin und Mirtazapin gefasst. Ihr chemischer Aufbau besteht teilweise aus vier Kohlenstoffringen, oder aus einem zusätzlichen Piperidin-Ring. Die Medikamente Mianserin und Mirtazapin blockieren vornehmlich die zerebralen α2-Rezeptoren und bewirken so eine verstärkte Freisetzung von Noradrenalin, und in schwächerer Form von

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Serotonin. Eine sedative Wirkkomponente wird zusätzlich durch die Blockade von H-1-Rezeptoren verursacht. Vegetative, anticholinerge Nebenwirkungen werden in diesem Fall aber nur in leichtem Ausmaß hervorgerufen, da die muskarinischen Adrenorezeptoren kaum beeinflusst werden (LÜLLMANN et al. 2006).