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Im Stoppbremsbetrieb bei Raumtemperatur (Bild 7.9) zeigen die drei Beläge die gleiche Tendenz wie unter Dauerbetrieb in Bild 7.7, wo nämlich ebenfalls im vorderen Belastungs-bereich die resultierende Reibkraft sich nach innen hin verschiebt.

im Laufe der weiteren Belastungsdauer zunehmend kleiner werden und am Ende der Mess-reihe nahezu ganz verschwinden. Dort nähern sich auch die beiden vorher stark diver-gierenden Reibkraftkurven wieder an. Beides deutet darauf hin, dass hier auch der Belag B thermisch überlastet ist.

Die thermische Überlastung beider Reibwerkstoffe drückt sich auch in dem überproportio-nalen Anstieg des Verschleißes im Bild 7.6 aus, nicht aber in einem deutlichen Abfall der Reibkräfte FRa und FRi in Bild 7.4 ad und bd. Letzteres ist dem starken Metallgehalt der Reibbeläge zuzuschreiben. Die in der Herstellung beigegebenen Metallpartikel kommen im Gebiet großer Reibflächentemperaturen zur vollen Wirkung, nachdem die Reibschicht ge-schädigt ist. Auf diese Weise wird eine möglichst stabile Reibungszahl auch im Bereich ho-her tho-hermischo-her Belastung in den Bremsen von Kraftfahrzeugen sicho-hergestellt, allerdings auf Kosten eines relativ großen Verschleißes von Belag und Scheibe. Dies ist der Grund da-für, dass sportliche Autofahrer die Reibpaarung ihrer Fahrzeuge relativ früh auswechseln müssen, während die Lebensdauer der gleichen Reibsysteme im gleichen Fahrzeug bei be-dächtigen Fahrern um ein Mehrfaches größer ist.

Die in Bild 7.4 beobachteten Schwingungen besitzen belag- und belastungsspezifische Schwingungsformen. Um diese sichtbar zu machen, sind die Kraftverläufe von FRa und FRi den oberen zwei Laststufen von Bild 7.4 ausschnittsweise in den beiden Bildern 7.10 und 7.11 in einem gedehnten Maßstab dargestellt. Die Bereiche, aus denen die darin gezeig-ten Kraftkurven entnommen sind, sind im Bild 7.4 durch die Bereiche I und II gekenn-zeichnet, wobei der Bereich I den Belastungszeitraum zwischen 1,5 und 2,0 Stunden re-präsentiert, während der Bereich II zwischen 4,5 und 5,0 Stunden und damit am Ende der jeweiligen Messreihe liegt.

In der dritten Laststufe zeigt der Belag A1 in beiden Bereichen I (Bild 7.10 a) und II (Bild 7.10 b) bezüglich der Amplitudenanschläge und der Frequenz nahezu die gleichen Eigen-schaften. In der noch höheren vierten Laststufe (Bilder 7.10 c und d) sind die Schwingun-gen über den Grundkurven der Reibkraftkomponenten nahezu verschwunden, was auf die Überlastung der Reibschicht hinweist.

Bild 7.10: Veränderung der Größe der Reibkraftkomponenten und der überlagerten Schwingungsausschläge zu verschiedenen Zeitpunkten im kontinuierlichen Reibbetrieb.

Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 56 N/cm2; AR= 16 cm2.

Unterschiedlich dazu sind die Schwingungseigenschaften der Reibpaarung mit dem Belag B in Bild 7.11. Dort lässt sich aus dem Vergleich der beiden Bilder 7.11 a und 7.11 b er-kennen, wie sich die Schwingungsform der Kraftkurven in beiden Laststufen im Laufe der Messreihe verändert. Besonders systematisch verhält sich dabei die Reibkraftkomponente FRi im Innenbereich. Im vorderen Bereich I der Messreihe (Bild 7.11 a) entwickeln sich die Schwingungen und nehmen mit fortschreitendem Belastungszeitraum in ihren Amplitu-den zu und gleichzeitig in ihrer Frequenz ab (Bild 7.11 a). In der nächst höheren Belas-tungsstufe 4 (vergl. Bild 7.11 c und d) zeigt sich das umgekehrte Verhalten. Die Amplitu-den von FRi nehmen mit fortschreitender Belastungsdauer ab und die Frequenz steigt an.

1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2,0 200

250 300 350 400 450 500

Bremszeit tR [h]

Reibkraft FR [N]

c) Bereich I, nach Bild 7.4 4. Belastungsstufe

4,5 1,6 1,7 1,8 1,9 5,0 Bremszeit tR [h]

d) Bereich II, nach Bild 7.4 4. Belastungsstufe

FRa

FRi

200 250 300 350 400 450 500

Reibkraft FR [N]

a) Bereich I, nach Bild 7.4 3. Belastungsstufe

b) Bereich II, nach Bild 7.4 3. Belastungsstufe FRa

FRi

FRa

FRi

FRa

FRi

Belag A1 Belag A1

Belag A1 Belag A1

Bild 7.11: Veränderung der Größe der Reibkraftkomponenten und der überlagerten Schwingungsausschläge zu verschiedenen Zeitpunkten im kontinuierlichen Reibbetrieb.

Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 56 N/cm2; AR= 16 cm2.

An der Reibkraftkomponente FRa läßt sich besonders deutlich die Veränderung der Vor-gänge in der Kontaktfläche während des Überlastungsprozesses verfolgen (Bild 7.11d). Sie zeigt die Überlastung des Belages B im Außenbereich. Die relativ große Reibkraft-komponente FRa nimmt mit zunehmender Belastung ab, und gleichzeitig verkleinert sich die Schwingungsamplitude.

An den vier Diagrammen des Bildes 7.11 fällt auf, dass sich je nach Belastungszustand je-weils sehr spezifische Schwingungsformen ausbilden, teilweise mit einem steilen Anstieg der Reibkraftamplitude und mit einem flacheren Abstieg sowie mit dazwischenliegenden Sekundärausschlägen. Diese Schwingungsformen haben Dörsch und Kleinlein in den Ver-läufen lokaler Reibflächentemperaturen in anderen Reibpaarungen und unter anderen

Belas-1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2,0 200

250 300 350 400 450 500

Bremszeit tR [h]

Reibkraft FR [N]

c) Bereich I, nach Bild 7.4 4. Belastungsststufe

4,5 1,6 1,7 1,8 1,9 5,0 Bremszeit tR [h]

d) Bereich II, nach Bild 7.4 4. Belastungsststufe 200

250 300 350 400 450 500

Reibkraft FR [N]

a) Bereich I, nach Bild 7.4 3. Belastungsststufe

b) Bereich II, nach Bild 7.4 3. Belastungsststufe

FRa FRi

FRa

FRi FRa

FRi

FRa

FRi

Belag B Belag B

Belag B Belag B

tungen nachgewiesen. Diese und die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass diesen Schwingungsarten ein systemimmanenter Mechanismus zugrunde liegt, in dem die lokalen Reibflächentemperaturen mit den lokalen Reibkräften verknüpft sind.

Kleinlein [SK03] hat nachgewiesen, dass in Reibbelägen von Kupplungen eine Beziehung besteht zwischen den Schwingungsamplituden und Frequenzen der lokalen Reibflä-chentemperaturen einerseits und dem globalen Verschleiß andererseits. Diese Aussage lässt sich hier auf die Schwingungsamplituden und die Frequenz der lokalen Reibkräfte erwei-tern, denn der in der vierten Laststufe nicht mehr schwingende Belag A1 (Bild 7.10 d) zeigt in Bild 7.6 einen größeren globalen Verschleiß als der Belag B in der gleichen Laststufe (Bild 7.11 d), dessen Kraftkomponenten Schwingungen überlagert sind, wohingegen beide Beläge in der kleinsten Laststufe ungefähr gleichgroße Verschleißwerte bringen.

8 Die Beziehung zwischen dem Reibkraftübertragungsme-chanismus und der Entstehung von Reibschwingungen

Aus der Praxis ist bekannt, dass Reibpaarungen unter einer bestimmten Belastung hoch-frequente Reibgeräusche im Bereich zwischen 3 kHz und 20 kHz erzeugen [BK03], die möglicherweise im Laufe des fortschreitenden Reibprozesses oder bei Veränderung der Be-lastung wieder verschwinden. Die Ursache für das Entstehen von hochfrequenten Reib-schwingungen ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Es besteht die Vermutung [EBJ99], dass dafür möglicherweise Verschleißpartikel verantwortlich sind, die sich stochastisch zwi-schen den Reibflächen beider Partner legen und das Reibkraftübertragungsverhalten stören.

Dafür sprechen auch Versuche von Kleinlein [SK03], der solche Störungen in der Reibkon-taktfläche, begleitet von auftretenden Reibgeräuschen, durch plötzliche Veränderung der lo-kalen Reibringtemperatur offengelegt hat.

In die gleiche Richtung weisen auch die in dieser Arbeit auf andere Weise gewonnenen Er-kenntnisse. Der Beziehung zwischen den Vorgängen in der Kontaktzone soll hier durch Be-obachtung der Veränderung der beiden Reibkräfte FRa und FRi nachgegangen werden, wie dies bereits unter Kap. 7.2 geschehen ist. Für die Untersuchungen dient auch hier das Messsystem nach Bild 4.5. In dieser Versuchseinrichtung wird die Reibpaarung im kontinu-ierlichen Reibbetrieb belastet. Gleichzeitig mit den beiden Reibkraftkomponenten FRa und FRi (Bild 7.1) wird der Schalldruck Leq aufgezeichnet. Die Messung erfolgt mit einem Messsystem der Fa. Brüel & Kjaer. Das Mikrofon ist ca. 0,75 m von der Reibpaarung ent-fernt positioniert. Das Grundgeräusch, bedingt durch den Antrieb des Prüfstands, liegt un-gefähr bei 74 dB.

Das Ziel der Untersuchungen ist:

einen Zusammenhang zwischen dem Verlauf der beiden Reibkraftkomponenten FRa und FRi und des Schalldrucks Leq zu finden. Dabei sind vor allem die-jenigen Zeitbereiche zu analysieren, in denen sich die Größe der Reibkraft-komponenten FRa und FRi verändert, denn es ist aus den Vorversuchen zu

schließen, dass mit deren unstetiger aber auch stetiger Veränderung Störungen im Übertragungsmechanismus einhergehen, die wiederum zu Reibschwin-gungen führen.

Zum Einsatz kommen die beiden bereits aus dem Kapitel 4.3 bekannten Reibwerkstoffe A1 und B. An ausgesuchten Messergebnissen soll im Folgenden deren grundsätzliches Verhal-ten und die Unterschiede zwischen beiden Reibwerkstoffen aufgezeigt werden.

Bild 8.1 repräsentiert das Messergebnis für eine Paarung mit dem Reibbelag A1, die über fünf Stunden im kontinuierlichen Reibbetrieb bei einer Reibgeschwindigkeit von 2,6 m/s und einer mittleren Pressung von pR = 0,28 N/mm2 lief. In Bild 8.1 sind im unteren Dia-gramm b gemeinsam der Verlauf der Reibkraftkomponenten FRa und FRi sowie des Schalldrucks Leq dargestellt, im oberen Diagramm a ist der Verlauf der mittleren Reibflä-chengrundtemperatur G über den Belastungszeitraum aufgetragen.

Bei Betrachtung der Kurvenverläufe lässt sich in Bild 8.1 b erkennen, dass sich die beiden Reibkraftkomponenten FRa und FRi im Laufe der Versuchsdauer relativ stetig verändern, verglichen mit dem teils sprunghaft sich verändernden Schalldruck Leq. Betrachtet man allerdings die Kurvenverläufe im Detail, so lassen sich in den Kraftverläufen Unstetigkeits-stellen entdecken, auf die der Schalldruck Leq mit relativ starkem Anwachsen oder Abfallen antwortet. Dieser Aussage soll in den folgenden Kurvendiskussionen nachge-gangen werden. Die tiefer untersuchten Bereiche sind in Bild 8.1 b durch große Buchstaben gekennzeichnet und in den nachfolgenden Bildern vergrößert dargestellt. Beim Vergleich dieser Bilder untereinander ist der unterschiedliche Maßstab zu beachten, denn die Skalierung wurde jeweils so gewählt, um die Aussage des einzelnen Bildes möglichst deut-lich machen zu können.

Wie im Bild 8.1 b zu erkennen, ändern sich die Größe der Reibkraftkomponenten FRa und FRi zu Beginn der Belastung stark. Da die Paarung bereits eingelaufen war, muss dafür in erster Linie die sich mit der Belastungszeit relativ stark ändernde Reibflächentemperatur verantwortlich gemacht werden (s. Bild 8.1 a).

Bild 8.1: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess. Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250) pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2.

Bemerkenswert ist die starke Störung im Verlauf beider Kraftkomponenten im Bereich A, der in Bild 8.2 in vergrößertem Maßstab herausgestellt ist. Die innere Reibkraft FRi zeigt dort (grau schraffierter Bereich) einen plötzlichen Sprung nach unten, während die zweite Reibkraftkomponente FRa einen Knick nach oben aufweist. An dieser Stelle antwortet der Schalldruck Leq mit einem starken Sprung. Nach dieser Unstetigkeitsstelle sind die beiden Reibkraftkurven für FRa und FRi relativ glatt. Trotzdem verkleinert sich der Schalldruck Leq in der Folgezeit nur langsam. Aus dem Bild 8.2 ist zu schließen, dass es an der Unste-tigkeitsstelle zu einer plötzlichen Störung im Reibkraftübertragungsmechanismus

ge-0 3600 7200 10800 14400 18000

Reibzeit tR [s]

b) a)

0 100 200 300 400 500

Reibkraft FR [N]

60 70 80 90 100 110

Schalldruck Leq [dB]

Leq FRa

FRi

A B C D E F

0 100 200 300

Reibflächengrund- temperatur ϑG [°C]

Bild 8.2: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess. Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250).

pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2. Ausschnitt A aus Bild 8.1 b.

kommen sein muss, mit der wahrscheinlich eine lokal starke Verschleißproduktion ver-bunden ist.

Die Verschleißpartikel in der Kontaktfläche regen die Reibpaarung zu Schwingungen an. Es bedarf einer bestimmten Zeit der Glättung der Reibschicht, um einen neuen quasistatio-nären Reibbetrieb zu erreichen. Dabei wird ein Teil der Verschleißpartikel aus der Kontakt-fläche ausgetragen, ein anderer Teil lagert sich in der Reibschicht an. Mit fortschreitendem Vergleichmäßigungsprozess in der Kontaktfläche nimmt der Schalldruck Leq ab.

Die starke Veränderung des Schalldrucks Leq muss nicht immer mit einem Sprung in den Kurven der Reibkraftkomponenten FRa und FRi verbunden sein. In den meisten Fällen entstehen die Sprünge in der Schalldruckkurve, wenn die eine oder beide Reibkraft-komponenten einen Knick in ihrem zeitlichen Verlauf aufweisen. Ein solches Beispiel zeigt die gleiche Paarung unter etwas größerer Belastung in Bild 8.3. Nahezu gleichzeitig verändern die Kurven der beiden Reibkraftkomponenten FRa und FRi ihre Richtung. Der Eintritt des störenden Ereignisses in der Kontaktzone macht sich durch die Knicke in den

1600 1700 1800 1900 2000

100 200 300 400

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq[dB]

FRa FRi

Leq

Leq A aus Bild 8.1 b

Bild 8.3: Sprungartige Veränderung des Schalldrucks bei plötzlicher Änderung der Stei-gung der Reibkraftkomponenten. Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 3,9 m/s; AR= 16 cm2.

Reibkraftkurven bemerkbar, auf die der Schalldruck mit einem starken Sprung antwortet.

Beide Reibkräfte sind in der nachfolgenden Betriebszeit nicht konstant. Die Amplituden der Schwingungen, die den Mittelwertskurven der Reibkräfte überlagert sind, nehmen zwar ab, sie laufen jedoch mit kleiner Abweichung von der Waagerechten scherenartig auseinander.

Wohl deswegen hält sich der Schalldruck Leq auf dem hohen Niveau, das er unmittelbar nach dem starken Anstieg eingenommen hat.

Die gleichen hier beschriebenen und weiterführenden Zusammenhänge zwischen den Reib-kraft- und den Schalldruckkurven lassen sich in Bild 8.1 b z. B. auch an den dort mit den großen Buchstaben B bis F gekennzeichneten Bereichen erkennen. So gibt z. B. Bild 8.4, das einen vergrößerten Ausschnitt aus Bild 8.1 (Ausschnitt B) repräsentiert, den Zu-sammenhang zwischen den den Reibkraftkurven überlagerten Schwingungen und den der mittleren Schalldruckkurven überlagerten Schwingungen wieder.

Im vorderen Bereich (z. B. Ausschnitt I und II) verändern sich die Reibkräfte schwingend und relativ periodisch, wobei beide Kraftkomponenten FRa und FRi sich nahezu in

glei-FRa Leq

800 1000 1200 1400 1600

100 200 300 400

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq [dB]

FRi

chem Rhythmus verändern. In gleichem Rythmus schwingt dort auch der Schalldruck Leq mit relativ großer Amplitude. Es ist immer dann am größten, wenn auch die beiden Kraft-komponenten ihr augenblickliches Maximum erreicht haben.

Im Mittelbereich des Diagramms (Ausschnitt III) reduzieren sich die Amplitudenausschlä-ge der Reibkraftkurven, und gleichzeitig fällt der Schalldruck Leq steil ab. Im hinteren Teil der Kurven hat sich, wie aus dem relativ glatten Verlauf der Reibkraftkurven zu schließen ist (Ausschnitt IV), ein quasistationärer Reibzustand eingestellt. Darauf deutet auch die Schalldruckkurve hin, die auf einem relativ tiefen, nahezu konstanten Niveau liegt. Die Schlussfolgerung daraus und aus anderen ähnlichen Versuchsergebnissen lautet: Auch die den mittleren Reibkraftkurven überlagerten Schwingungen sind ein Maß für die Instabilität des Reibkraftübertragungsmechanismus in der Kontaktfläche.

Wie aus den vorgelegten Untersuchungsergebnissen zu schließen, ist das Auf und Ab der Reibkräfte ein Zeichen für eine Störung in der Kontaktfläche, hervorgerufen durch plötzli-che Veränderungen lokaler Reibkraftübertragungsverhältnisse, die einhergehen mit lokal

Bild 8.4: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess. Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250).

pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2. Ausschnitt B aus Bild 8.1 b.

4400 4600 4800 5000 5200 5400

200 225 250 275 300

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

70 80 90 100 110

Schalldruck Leq [dB]

FRa

FRi Leq

B aus Bild 8.1 b

I II III IV

verstärkter Verschleißproduktion, wobei die so entstehenden Verschleißpartikel in der Kon-taktfläche die Reibpaarung zu schwingungen anregt. Solange die Reibkraftkurven geringfü-gig ansteigen, dabei aber relativ glatt verlaufen, kommt es noch nicht zu Störungen des Reibkontakts. Erst wenn solche relativ glatten Kurven sich unstetig verändern, ist dies ein Zeichen für plötzliche lokale Veränderungen in der Kontaktzone, auf die die Reibpaarung durch größere Reibschwingungen antwortet.

Für einen stationären ungestörten Reibbetrieb steht Bild 8.5. Das Ergebnis entstammt aus einer Versuchsreihe mit dem Belag A1 bei einer größeren Reibgeschwindigkeit (vR = 3,9 m/s) als in der Versuchsreihe von Bild 8.1 (vR = 2,6 m/s). Der Schalldruck Leq ist konstant und bewegt sich im Bereich des Prüfstandspegels. Konstant ist auch der Mittelwert der Kur-ven der Reibkraftkomponenten FRa und FRi, denen Schwingungen relativ kleiner Ampli-tuden überlagert sind.

Bild 8.5: Relativ kleiner konstanter Schalldruck bei konstanten Reibkraftkomponenten, denen nahezu periodische Schwingungen überlagert sind. Reibbelag A1 gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 3,9 m/s; AR= 16 cm2.

15000 15100 15200 15300 15400 15500 200

300 400 500

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq [dB]

FRa

Leq

FRi

Bild 8.6: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250).

pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2.

Bedeutend ist hier die weitere Erkenntnis, dass die äußere Reibkraftkomponente FRa und die innere Reibkraftkomponente FRi nicht im gleichen Rhythmus und nicht mit gleicher Frequenz schwingen müssen. Die größere Frequenz in der außenliegenden Reibkraft-komponente FRa ist ein Zeichnen dafür, dass dort der lokale Wechsel infolge der größeren Reibintensität schneller vollzogen wird, denn dort ist augenblicklich die thermische Belas-tung wesentlich größer als im Innenbereich. Dies lässt sich aus den unterschiedlichen Hö-henlagen beider Kraftkurven in Bild 8.5 schließen.

0 3600 7200 10800 14400 18000

Reibzeit tR [s]

b) 0 100 200 300

Reibflächengrund- temperatur ϑG [°C]

a)

0 100 200 300 400 500

Reibkraft FR [N]

60 70 80 90 100 110

Schalldruck Leq [dB]

FRi

FRa Leq

A B C

Bild 8.7: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250) pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2. Ausschnitt A aus 8.6 b.

Die folgenden Untersuchungsergebnisse gelten für den stark kautschukhaltigen Belag B, der das gleiche Versuchsprogramm wie der Belag A1 durchlaufen hat. Deswegen lässt sich das unterschiedliche Verhalten beider Reibwerkstoffe durch den Vergleich beider Bilder 8.1 und 8.6 deutlich machen. Durch die etwas kleinere Reibungszahl arbeitet der Belag B bei einer etwas tieferen Reibflächentemperatur als der Belag A1 (vgl. Bild 8.6 a und 8.1 a).

Grundsätzlich lässt sich aussagen, dass der Belag B (Bild 8.6 b) unter annähernd gleicher Belastung stärkere Reibschwingungen erzeugt als der Belag A1 (Bild 8.1 b). Dies gilt so-wohl für die Mittelwertskurve als auch für die diesen überlagerten Amplitudenausschläge.

Es fällt auf, dass der Reibwerkstoff A1 die große Reibschwingung im tiefen Temperaturbe-reich hat (Bild 7.1 b), während der Belag B dort den kleinsten Schalldruck aufweist, aber nach Erreichen der Beharrungstemperatur die Schalldruckausschläge relativ groß sind. Da-für scheint der hohe Kautschukanteil verantwortlich zu sein. Im Gebiet der kleineren Reib-flächentemperaturen beteiligen sich die Kautschukbestandteile stärker an der Reibkraftüber-tragung - darauf deuten auch die kleineren Reibungszahlen hin - als später im Gebiet der größeren Reibflächentemperaturen, wo die abrasiven Bestandteile des Reibwerkstoffs den

3000 4000 5000 6000 7000

Reibzeit tR [s]

100 200 300 400

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq[dB]

A aus Bild 8.6 b FRi

FRa

Leq

Bild 8.8: Gleichklang zwischen den schwingenden Kraftkomponenten und dem schwingen-den Schalldruck im langzeitigen kontinuierlichen Reibprozess. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2.

Hauptanteil der Reibkraft übertragen. Sie scheinen auch für die starken Amplitudenaus-schläge des Schalldrucks verantwortlich zu sein.

Auch wenn grundsätzlische Unterschiede zwischen den Eigenschaften der beiden Reib-werkstoffe A1 und B aufgrund ihres unterschiedlichen Aufbaus offensichtlich sind, zeigen sie doch systematisch angelegte Gemeinsamkeiten. So verändert sich auch in Belag B der Schalldruck plötzlich, wenn eine der Reibkraftkomponenten einen Knick aufweist, wie er im grau schraffierten Bereich von Bild 8.7 auftritt. Dort hat die Reibkraftkomponente FRi einen Knick nach unten, worauf der Schalldruck Leq mit einem plötzlichen Abfall reagiert.

Sehr offensichtlich macht Bild 8.8 den Gleichklang zwischen den Reibkraftkomponenten FRi und dem Schalldruck Leq deutlich. Interessant ist, wie die Reibkraftkurve FRi lang-sam ansteigt, dann plötzlich abfällt, um danach wieder langlang-sam anzusteigen. Diese Form der Reibkraftkurven macht im einsteigenden Teil jeweils den Regenerationsprozess in der Reibfläche und im steil abfallenden Teil den Schädigungsprozess sichtbar. Diesen in der Kontaktfläche ständig wirkenden Prozess hat Musiol [Mus94] durch anders geartete

Versu-FRi FRa

Leq

11000 12000 13000 14000 15000

100 200 300 400

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq [dB]

B aus Bild 8.6 b

Bild 8.9: Verlauf der Reibkraftkomponenten und des Schalldrucks im langzeitigen konti-nuierlichen Reibprozess, wobei kleinste Veränderungen in der Steigerung einer Reibkraft-komponente relativ große Veränderungen im Schalldruck hervorrufen. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 2,6 m/s; AR= 16 cm2. Ausschnitt C aus 8.6 b.

che gefunden. Dem steilen Abfall und langsamen Anstieg der Reibkraft FRi folgt in Bild 8.8 phasengleich der Abfall des Schalldrucks Leq.

Wie sensibel die Reibpaarung auf kleinste Veränderungen der Reibkraftkomponenten mit relativ starken Schalldruckschwingungen reagiereren kann, ist im Bild 8.9 zu erkennen.

Dort ist die Reibkraftkomponente FRa während des dargestellten Belastungszeitraums von 1000 s nahezu konstant. Dagegen sind der Reibkraftkomponente FRi Schwingungen mit relativ kleiner Amplitude überlagert. Diese Schwingungen korrespondieren mit den Schwingungsausschlägen der Schalldruckkurve. Immer wenn die Reibkraftkurve FRi eine kleine positive Steigung zeigt, ist die Schalldruckkurve von relativ starken Schwingungen begleitet. Im Gebiet der abfallenden oder konstanten Reibkraftkomponente FRi ist die Schalldruckkurve dagegen auf kleinstem Niveau relativ glatt.

FRi

FRa

Leq

15000 15250 15500 15750 16000

100 200 300 400

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schalldruck Leq [dB]

C aus Bild 8.6 b

Bild 8.10: Plötzliches Verschwinden der Reibgeräusche bei starker Belastung der Reibpaa-rung. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 5,2 m/s; AR= 16 cm2.

Das unterschiedliche Verhalten des kautschukhaltigen Reibwerkstoffes B bei unterschied-lich großen Belastungen lässt sich aus dem Vergleich der beiden Bilder 8.6 und 8.10 er-kennen. Gegenüber dem bereits bekannten Bild 8.6 wurde die Reibgeschwindigkeit in kon-tinuierlichem Reibbetrieb im Bild 8.10 von vR= 2,6 m/s auf 5,2 m/s gesteigert, was sich durch den steileren Anstieg der Temperatur und die danach folgende größere Beharrungs-temperatur bemerkbar macht (vgl. Bilder 8.10 a und 8.6 a). Während bei der größeren Be-lastung die Reibgeräusche vornehmlich im ersten Versuchszeitraum auftreten (Bild 8.10 b),

0 3600 7200 10800 14400 18000

Reibzeit tR [s]

b) Reibflächengrund- temperatur ϑG [°C]

a) 0 1 0 0 2 0 0 3 0 0 4 0 0

0 100 200 300 400 500

Reibkraft FR [N]

60 70 80 90 100 110

Schalldruck Leq [dB]

FRa

FRi Leq

A

treten die großen Reibschwingungen bei der weniger großen Belastung (Bild 8.6 b) im hin-teren Versuchszeitraum auf. Diese Paarung arbeitet hier bei einer Reibflächentemperatur von ca. 240 °C (Bild 8.6 a). Diesen Wert erreicht die höher belastete Paarung bereits im vorderen Versuchszeitraum, um danach auf eine Beharrungstemperatur von ca. 310 °C anzusteigen. Daraus lässt sich schließen, dass auch die Reibflächentemperatur bei dem kautschukhaltigen Belag B einen entscheidenden Einfluss auf den Mechanismus der Reib-schwingungserzeugung hat.

Bemerkenswert ist in Bild 8.10 b, dass im hinteren Versuchszeitraum die durch die Reib-paarung erzeugten Geräusche plötzlich nicht mehr auftreten, obwohl die Paarung vorher be-reits über eine längere Zeit unter der gleichen Reibflächentemperatur lief und obwohl die beiden Reibkraftkomponenten FRa und FRi sich auch nach dem Verschwinden der Reib-geräusche noch relativ stark verändern. Vermutlich ist hierfür der relativ große Kautschuk-anteil in Verbindung mit der relativ großen Reibflächentemperatur verantwortlich, wobei nicht die schmierenden Eigenschaften des Kautschuks wirksam sein können, denn die mitt-lere Reibkraft ist im hinteren Versuchzeitraum bei der höheren Belastung (Bild 8.10 b) so-gar größer als bei der niedrigen Belastung (Bild 8.6 b). Um die großen Reibkräfte zu erzeugen, müssen also nach wie vor die abrasiven Bestandteile des Belages voll wirksam sein, während ihre reibschwingungsanregenden Eigenschaften möglicherweise durch die erweichten Kautschukbestandteile gedämpft werden. Die Klärung dieser Zusammenhänge muss weiteren Arbeiten vorbehalten bleiben.

Die bisherigen Untersuchungen galten der Beziehung zwischen den Formen der Reibkraft-kurven FRa und FRi und der Reibschwingungskurven. Abschließend soll auf den Zu-sammenhang zwischen der Höhe der Belastung und der Frequenz der Schwingungsaus-schläge eingegangen werden.

Severin und Kleinlein [SK03] haben festgestellt, dass Reibwerkstoffe, bei denen die lokalen Temperaturkurven mit großer Frequenz und kleiner Amplitude schwingen, weniger zu Reibschwingungen neigen als Reibwerkstoffe mit kleiner Frequenz und großen Schwin-gungsausschlägen. Die gleichen Beobachtungen lassen sich hier unter Bezug auf die schwingenden Reibkraftkomponenten machen. Dies zeigt der Vergleich der beiden Bilder 8.5 und 8.11.

Bild 8.11: Gleichklang der schwingenden Reibkraftkomponenten und des schwingenden Schalldrucks. Ausschnitt A aus Bild 8.10 b. Reibbelag B gegen die Scheibe aus GG 25 (EN-GJL-250). pR= 28 N/cm2; vR= 3,9 m/s; AR= 16 cm2.

Bild 8.5 gilt für den Belag A1, Bild 8.11 für den Belag B. Die Belastungen waren für beide Reibpaarungen unterschiedlich groß, da hier im Vordergrund steht, dem Zusammenhang zwischen den schwingenden Reibkraftkomponenten FRa sowie FRi und dem Schalldruck-pegel Leq nachzugehen.

Die Reibkraftkurven für den Belag A1 schwingen in Bild 8.5 mit größerer Frequenz und kleinerer Amplitude als die des Belags B in Bild 8.11. Während in Bild 8.5 der Schall-druckpegel auf dem Niveau des Prüfstands liegt, die Reibpaarung also keine Reib-schwingungen erzeugt, liegt der Mittelwert des Schalldruckpegels bei dem Belag B in Bild 8.11 um 85 dB. Ferner schwingt die Schalldruckkurve im Rhythmus der Reibkraft-komponenten. Wie in Bild 8.10 b zu erkennen ist, aus dem das hier besprochene Bild 8.11 einen Ausschnitt darstellt, repräsentieren die darin gezeigten Kurven keinen stationären Reibzustand, denn in Bild 8.10 b ändern sich die schwingenden Kurven im Bereich „A“ re-lativ stark. Deswegen ist keine eindeutige Zuordnung der Schalldruckschwingung zu den Reibkraftschwingungen möglich. Bei den ersten beiden Schwingungsausschlägen lässt sich in Bild 8.11 erkennen, dass der Schalldruck Leq abfällt, kurz bevor die äußere Reibkraft

2000 2200 2400 2600 2800

100 200 300 400

Reibzeit tR [s]

Reibkraft FR [N]

60 80 100 120

Schallpegel Leq [dB]

FRa

FRi Leq

A aus Bild 8.10 b