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Einfluss des Reibwerkstoffs auf die Eigenschaften von Reibpaarungen, besonders auf die Wirkmechanismen in der Kontaktfläche trocken laufender Bremsen

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Academic year: 2021

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Reibpaarungen, besonders auf die Wirkmechanismen in der

Kontaktfläche trocken laufender Bremsen

von

Dipl.-Ing. Anselme Loemba

aus Pointe-Noire (Republik Kongo)

von der Fakultät V für Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin

zur Verleihung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften

Dr.Ing. -genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. H. Pucher Gutachter: Prof. Dr.-Ing. H. J. Meyer

Prof. Dr.-Ing.(em.) D. Severin

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 13 Dezember 2005

Berlin 2006 D 83

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbei-ter am ehemaligen Fachgebiet Fördertechnik und Getriebetechnik und am nachfolgenden Fachgebiet Konstruktion von Maschinensystemen der Technischen Universität Berlin. Mein ganz besonderer Dank gilt dem Land Berlin, das die ersten Untersuchungen dieser Arbeit gefördert hat.

Meinen beiden Berichtern, Herrn Prof. Dr.-Ing.(em.) D. Severin und Herrn Prof. Dr.-Ing. H. J. Meyer danke ich für die großzügige Unterstützung, die fruchtbare Diskussion, das ent-gengebrachte Interesse und die Freiräume bei der Durchführung dieser Arbeit sowie Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Pucher für die Übernahme des Vorsitzes im Promotionsausschuss und das Interesse an dieser Arbeit.

Allen Angehörigen beider Fachgebiete danke ich für die fachliche und organisatorische Un-terstützung. Mein besonderer Dank gilt dabei Herrn Dipl.-Ing. Ralf Essig und Herrn Dipl.-Ing. Lutz Dinter, die durch ihr Fachwissen diese Arbeit begleitet haben. Bei der Werkstatt mit den Herren Grimm, Skowronek, Bodenstedt, Huber und Schünemann, die durch ihre Bereitschaft die Realisierung der Prüfeinrichtungen ermöglicht hatten, bedanke ich mich sehr herzlich.

Auch Herrn Dipl.-Ing. Serge Mbock und Frau cand.-Ing. Helene Kaps, die als Studenten bei dem Aufbau der Prüfeinrichtung mitgearbeitet haben sowie allen Studenten, die mit ihren studentischen Arbeiten Beiträge geleistet haben, spreche ich meinen Dank aus.

Mein Dank gilt weiterhin meiner ehemaligen Kollegin Frau Dipl.-Ing. Jana Straubel, die mir immer zur Seite stand und meinem Nachbarn Herrn Dieter Block für die Unterstützung bei der Korrektur dieser Arbeit.

Herrn Dr.-Ing. W. Österle, Leiter des Labors für Elektronenmikroskopie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), seinen Mitarbeitern Frau Dipl.-Metal. I. Urban, Frau Dr. I. Dörfel sowie allen Mitarbeitern des Labors als auch Herrn Dipl.-Ing. Jörg Nissen (ZELMI TU Berlin) bin ich für die gute Zusammenarbeit bei der Reibwerkstoffuntersu-chung zu Dank verpflichtet.

Die Reibbeläge für die Untersuchungen wurden im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 605 von der Firma Honeywell Bremsbelag GmbH zur Verfügung gestellt, der ich und der DFG sehr dankbar dafür bin.

Für das stete Verständnis und die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit danke ich meiner Frau Gisèle. Meine Tochter Athina-Cathérina und meinen Sohn Victor-Cédric Junior bitte ich um Verzeihung für die viele Zeit ohne ihren „Dada“. Mit dem Hinweis: Nun ist die Hoffnung zuletzt gestorben!

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Für meinen verstorbenen Vater Victor Loemba, meine Eltern, meine Frau Gisèle und meine Kinder

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Inhaltverzeichnis

Verwendete Kurzzeichen V

1 Einleitung 1

2 Ziel der Arbeit und Vorgehensweise 2

3 Stand der Wissenschaft und Technik 4

3.1 Reibeigenschaften von organisch gebundenen Reibbelägen...4

3.2 Entstehung der reibungsinduzierten Schicht und ihre Bedeutung für den Reibprozess...8

3.3 Reibmechanismus in der Kontaktfläche...13

3.4 Reibschwingungen und Reibgeräusche...16

4 Versuchseinrichtungen, Messsysteme und Reibwerkstoffe 19

4.1 Haft- /Gleitreibungsprüfstand...19

4.2 Teilbelagprüfstand...22

4.3 In den Untersuchungen verwendete Reibwerkstoffe...24

5 Eigenschaft der Reibpaarungen bei relativ kleiner thermischer Belastung 28

5.1 Einführung...28

5.2 Veränderung der Reibpartner und der Reibeigenschaften während des Einlaufprozesses...30

5.3 Wirkung verschiedener Reibwerkstoffkomponenten im Belag auf die Reibeigenschaften...37

5.4 Einfluss des metallischen Reibpartners auf die Reibeigenschaften...43

5.5 Verteilung der lokalen Reibungszahl über die Reibflächenbreite bei unterschiedlichen Reibflächentemperaturen...54

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5.6 Veränderung der Reibflächentopographie im Laufe des Reibprozesses...67

6 Reibungs- und Verschleißeigenschaften bei wechselnder relativ kleiner und relativ großer thermischer Belastung 72

6.1 Ziel und Vorgehensweise...72

6.2 Reibungseigenschaften unter Dauerbremsbetrieb...75

6.3 Reibungseigenschaften unter Stoppbremsungen...79

6.4 Die Wirkung der Reibbelastung auf den Verschleiß...83

6.5 Beziehung zwischen der Verteilung der lokalen Reibungszahl über der Reibfläche und der thermischen Belastung...89

7 Zeitliche Veränderung der lokalen Reibkraft im kontinuierlichen Reib-prozess 97

7.1 Einführung...97

7.2 Einfluss der Reibgeschwindigkeit auf die Reibkraftverlagerung in der Kontaktfläche...100

7.3 Periodische Veränderung der Reibkraft...108

8 Die Beziehung zwischen dem Reibkraftübertragungsmechanismus und der Entstehung von Reibschwingungen 113

9 Zusammenfassung 128

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Verwendete Kurzzeichen

Zeichen Einheit Bedeutung

AR cm2 Reibbelagfläche

a mm scheinbare Verschiebung der resultierenden

Reibkraft in der Kontaktfläche

B mm Bremsbelagbreite, Reibbelagbreite

d mm Durchmesser der Reibscheibe

FN N globale Normalkraft FR N globale Reibkraft FRa N äußere Reibkraftkomponente FRi N innere Reibkraftkomponente J kgm2 Massenträgheitsmoment k cm3

/kWh Verschleißkennzahl des Reibbelages, gemittelt

über eine Messreihe

Leq dB äquivalenter Schalldruck Mb Nm Bremsmoment m kg Masse n min-1 Drehzahl pvµ W/cm2 flächenbezogene Reibleistung pR N/cm2 globale Flächenpressung q J/cm2 flächenbezogene Reibarbeit W/cm2 flächenbezogene Reibleistung Q kWh Reibenergie rm mm mittlerer Reibradius

ra, ri mm Abstand der äußeren und inneren Reibkraft-sensoren (FRa ; FRi ) zum Scheibendrehpunkt

s m, mm Weg

sR m Reibweg, Bremsweg

SK - Schwingungskennzahl

tR s, h Reibzeit bei Dauerreibbelastung

tB s Bremszeit bei Stoppbremsungen

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Zeichen Einheit Bedeutung vR m/s Reibgeschwindigkeit Vk - Verschleißverhältnis

h mm Höhenabweichung

m g Gewichtsverlust

S mm Schrittweite

Z mm Verschleißhöhe

ϕ

- Verschiebungsfaktor der resultierenden Reibkraft

ϑ

G °C Oberflächengrundtemperatur, das ist der

Mittel-wert aus an mehreren Stellen in der Kontaktzone des metallischen Reibpartners gemessenen Tempe-raturwerten

ϑ

Gmax °C maximale Oberflächengrundtemperatur in einem Ort der Reibfläche

ϑ

Raum °C Raumtemperatur

µ(t) - augenblicklich wirksame globale Reibungszahl

µG - Gleitreibungszahl

µH - Haftreibungszahl

µlok - augenblicklich wirksame lokale Reibungszahl

µm - mittlere Reibungszahl, das ist der arithmetische Mittelwert aus den während eines Reibvorgangs ermittelten Reibungszahlen µ(t)

- Reibungskennzahl, das ist der arithmetische

Mittelwert aller innerhalb einer Messreihe ermittelten mittleren Reibungszahlen µm

ω s-1 Drehgeschwindigkeit

ZB - Bremsfolgezahl

ZR - Reibspielfolgezahl

ZC - Nummer eines kreislaufartigen Messzyklus nach Bild 6.1

 

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Abkürzung Bedeutung

DMS1 Dehnungsmessstreifen für die äußere Reibkraft FRa DMS2 Dehnungsmessstreifen für die innere Reibkraft FRi EDX Energiedispersive Röntgenspektroskopie

LART Lokal abtastendes Reibungs- und Topographie- Messsystem

REM Rasterelektronenmikroskopie

SEM Sekundärelektronenmikroskopie

TEM Transmissionselektronenmikroskopie

XTEM Transmissionselektronenmikroskopie für dünne Querschnitte ZELMI Zentraleinrichtung Elektronenmikroskopie an der TU Berlin

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1

Einleitung

Reibsysteme in trockenlaufenden Bremsen und Kupplungen bergen auch heute noch viele Geheimnisse. Trotz zahlreicher Forschungsarbeiten in den letzten Jahrzehnten sind bis heu-te die in der Kontaktfläche während des Reibvorgangs ablaufenden Prozesse nicht geklärt. Dies liegt einmal an der Komplexität der Reibwerkstoffe, zum anderen an der Unmöglich-keit, die Vorgänge in der Kontaktfläche „in situ“ zu beobachten.

Zwei Wege sind in der Forschung zu erkennen. Auf dem einen versuchen Werkstoffwissen-schaftler mit neuesten Methoden der Werkstoffanalyse die stofflichen Reaktionen zwischen den beteiligten Elementen während des Reibkontakts zu erforschen. Auf dem anderen Weg, der als ingenieurwissenschaftlich beschrieben werden kann, bemühen sich die Forscher auf-grund von Erkenntnissen über das systematische Verhalten der Reibpaarungen im Rahmen breit angelegter Reihenversuche auf die Vorgänge in der Kontaktfläche zu schließen, um so das Verhalten der Reibpaarungen im praktischen Bremsbetrieb zu erklären. Wie groß die damit zusammenhängenden Probleme in der Praxis sind, zeigt die Vorgehensweise bei der Entwicklung von Reibwerkstoffen nach der Methode „trial and error“. Das Verhalten der Reibwerkstoffe im Reibprozess ist neben ihrer Zusammensetzung und des Herstellerverfah-rens stark von der Belastungsart und dem eingesetzten Bremssystem geprägt.

Nur umfangreiche Versuche an Originalbremssystemen, in der Automobilindustrie sogar unter Berücksichtigung der Anschlusskonstruktion, können Auskunft über das Verhalten einer Reibpaarung innerhalb eines Belastungsspektrums geben, wobei die Geschichte der Vorbelastung einen maßgebenden Einfluss hat.

Infolge der Komplexität der Reibwerkstoffe und des Reibprozesses ist es schwierig, ohne tiefere Untersuchungen Voraussagen über das Verhalten einer Reibpaarung im praktischen Bremsbetrieb zu machen.

Diese Arbeit will einen Beitrag zum Verständnis der Reibvorgänge in der Kontaktfläche leisten.

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2

Ziel der Arbeit und Vorgehensweise

Das übergeordnete Ziel der bekannten Untersuchungen von Reibpaarungen ist, Antworten über deren Reibungs- und Verschleißeigenschaften unter relativ großer thermischer Belas-tung und über ihre BelasBelas-tungsgrenzen zu finden.

Untersuchungsergebnisse unter relativ zarter Belastung sind wenig bekannt, obwohl Musiol [Mus94] und Kleinjan [Kle95] nachgewiesen haben, dass sich die Reibeigenschaften auch gerade im Gebiet kleiner Reibbelastung mit zunehmender Reibzeit stark ändern können. Andererseits lässt sich die systematische Veränderung der Reibeigenschaften besonders gut verfolgen. Deswegen ist die Aufgabe im ersten Abschnitt dieser Arbeit, die Reibeigen-schaften unterschiedlich aufgebauter Reibpaarungen gleicher Abmessungen im Übergangs-gebiet Haften/Gleiten unter relativ zarter Belastung in vergleichenden Versuchen zu erfor-schen. Dabei interessiert zunächst, welche unterschiedliche Wirkung einzelne einer Grund-mischung beigegebene Stoffe auf die Reibeigenschaften des daraus gepressten Reibbelages haben.

Während bei diesen Versuchen der metallische Reibpartner stets aus dem gleichen Werk-stoff ist, sollen die nachfolgenden Untersuchungen zeigen, welchen Einfluss der metallische Reibpartner bei Verwendung ein und des gleichen Reibbelages hat. Beurteilungskriterien sollen dabei neben dem Verlauf der Reibungszahl im langzeitigen Reibbetrieb und während eines Reibvorgangs die Veränderung der Oberflächenstruktur des metallischen Reibpartners sein.

Es interessiert weiter, wie sich die lokale Reibungszahl im Laufe der nacheinander folgenden Reibvorgänge bei Raumtemperatur verändert, und welchen Einfluss die Reibflä-chentemperatur auf die Verteilung der lokalen Reibungszahl über die Belagbreite und auf die Reibflächentopographie hat.

Danach ist der Frage nachzugehen, wie ein Belastungszyklus mit relativ kleiner Belastung, wenn er zwischen zwei andere Belastungszyklen mit relativ großer thermischer Belastung gelegt wird, deren Reibungs- und Verschleißeigenschaften beeinflusst. Die einzelnen

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Proben durchlaufen hier jeweils einen Kreislauf, in dem sie einmal stark und das andere Mal schwach belastet und dazwischen bezüglich ihres Reibungs- und Verschleißverhaltens analysiert werden. Diese Untersuchungen laufen bei unterschiedlichen Reibgeschwindigkei-ten, um die Wirkung der relativ kleinen Belastung bei möglicherweise unterschiedlicher Ausbildung der Reibschicht sichtbar zu machen.

Im zweiten Teil der Arbeit soll der zeitlichen Verschiebung der resultierenden Reibkraft in der Kontaktfläche im langzeitigen Reibprozess nachgegangen werden.

Lührsen [Lue87], Dörsch [Doe04], und Severin et al. [SK03] haben durch Messungen örtli-cher Reibflächentemperaturen gezeigt, dass sich die lokale Reibflächenbelastung auch bei von außen eingeführter konstanter Reibenergie ständig verändert. Daraus ist zu schließen, dass sich auch die resultierende Reibkraft in der Kontaktfläche in ihrer Lage zur Drehachse der Bremsscheibe verschiebt.

Durch eine eigens dafür geschaffene Versuchsanordnung, in der die Reibkraft als Summe zweier unterschiedlich positionierter Kraftsensoren gemessen wird, soll der Veränderung der Größe und der Lage der resultierenden Reibkraft im langzeitigen Reibprozess bei unter-schiedlich großer Belastung nachgegangen werden. Dabei ist die Frage zu beantworten, ob sich im Laufe der Belastungsdauer ein quasistationärer Zustand in der Kontaktfläche ein-stellt, das heißt, ob die resultierende Reibkraft sowie die beiden sie bestimmenden Kraft-komponenten einem Beharrungszustand zustreben, oder ob sich diese Kräfte auch nach langer Betriebszeit unter konstanter Belastung möglicherweise gesetzmäßig verändern. Mit der gleichen Methode soll untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen der Lageveränderung der beiden gemessenen Kraftkomponenten bzw. der Gesamtreibkraft und der Entstehung von Reibschwingungen besteht, da zu vermuten ist, dass eine unstetige Lageveränderung der Reibkraftkomponenten durch eine plötzliche Veränderung des Über-tragungsmechanismus in der Kontaktfläche hervorgerufen sein könnte, und das Entstehen von Reibschwingungen eine Folge der Störung des Reibkraftübertragungsmechanismus sein könnte.

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3

Stand der Wissenschaft und Technik

Schon frühzeitig nutzte man das Prinzip der Reibung in der Technik. Wichtige Anwen-dungsfelder sind heute mechanische Reibungsbremsen und Kupplungen in der Fahrzeug-technik, Schienenfahrzeugtechnik sowie in Industrieanlagen.

Abgesehen von den sehr frühen Arbeiten, z. B. von Amontons [Amo99] und Coulomb [Cou85], die das klassische Reibungsgesetz formulierten, auf das sich die in der Technik bekannte DIN 50323 [Din50323] stützt, beschäftigen sich zahlreiche Wissenschaftler, vor allem seit der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit der Klärung der in Reibsystemen auftre-tenden Phänomene.

Für die hier vorgelegte Arbeit sind folgende Forschungsfelder von Bedeutung: • Reibeigenschaft von organisch gebundenen Reibbelägen

• Entstehung der reibungsinduzierten Schicht und ihre Bedeutung im Reibprozess • Reibmechanismus in der Reibkontaktfläche

• Reibschwingungen und Reibgeräusche

Mit dem Stand der Wissenschaft und Forschung auf diesen Gebieten befasst sich die folgende Literaturstudie.

3.1

Reibeigenschaften von organisch gebundenen Reibbelägen

In den mechanischen Reibungsbremsen und -kupplungen wird kinetische Energie durch Reibung in Wärme umgewandelt. Von Bedeutung sind dabei die in der Kontaktfläche statt-findenden Reibkraftübertragungsmechanismen, die überwiegend von physikalisch-che-mischen Ereignissen infolge der Reaktionen zwischen den Reibkörpern wie z. B. Adhäsion, Abrasion und Oxidation bestimmt werden [CH92]. Mit diesen physikalischen Ereignissen sind plastische Verformungen in der Reibfläche verbunden, die neben der Materialver-änderung das Reibgeschehen mitbestimmen können [SM95].

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Ereig-nisse sowie die Aufklärung der Zusammenhänge zwischen den Reibeigenschaften und den Werkstoffeigenschaften der Reibpartner ist deswegen besonders schwierig, weil das Reib-geschehen nur exsitu untersucht werden kann [Mus94] [SM95]. Trotz dieser Schwierigkei-ten erzielte Musiol [Mus94] durch wiederholte Versuche bei identischen Arbeitsbe-dingungen nahezu gleiche Versuchsergebnisse, woraus zu schließen war, dass im Reibpro-zess gesetzmäßige Mechanismen wirken. Musiol [Mus94] [SM94] untersucht u. a. das Verhalten der Reibpaarungen in großen Industriebremsen. Durch Reihenversuche bei konstanter Reibflächentemperatur und Reibarbeit zeigt er den mit steigender Reibgeschwin-digkeit wachsenden Einfluss der ReibgeschwinReibgeschwin-digkeit auf die Vorgänge in der Kontaktflä-che. Bei sonst gleicher Belastung fällt die mittlere Reibungszahl mit wachsender Reibge-schwindigkeit und der Verschleiß steigt überproportional an.

Auch Gauger [Gau98] erkennt den Einfluss der Reibleistung auf die Eigenschaften von Kupplungen. Indem er bei sonst gleichen Bedingungen die Flächenpressung und damit die Reibleistung erhöht, fallen die Reibungszahlen deutlich ab. Bei relativ kleinen Flächen-pressungen stellt sich in Kupplungen mit dünnen Reiblamellen ein unruhiger

Reibkraftüber-Bild 3.2: Grundgrößen der thermischen Belastung (nach Gauger). ϑG Temperatur qA Reibarbeit qA Reibleistung

Grundgrößen der thermischen Belastung

Reibgeschwindigkeit vR Reibgeschwindigkeit vR Flächenpressung pR Schalthäufigkeit Sh Schließzeitverhältnis δ rotierende Massen J Reibgeschwindigkeit vR rotierende Massen J

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tragungsmechanismus ein, den er durch schwankende lokale Temperaturen nachweist. Die Ursache dafür sind die tellerfederartig wirkenden Reiblamellen. Gauger definiert als thermische Belastung einer Reibpaarung das Zusammenwirken von Reibflächengrundtem-peratur, Reibarbeit und Reibleistung und zeigt in Bild 3.2, wie diese drei Größen wiederum durch andere Belastungsparameter beinflusst werden.

In einem breit angelegten Versuchsprogramm mit großen Trommel- und Scheibenbremsen zeigt Kleinjan [Kle95] den Einfluss der thermischen Belastung auf die Reibungs- und Verschleißeigenschaften, wobei er die Belastung durch unterschiedliche Kombinationen aus Reibflächentemperatur und Reibleistung einstellt. Diese Untersuchungen wurden mit einer Vielzahl von auf dem Markt erhältlichen Reibwerkstoffen durchgeführt. Erstaunlich ist die große Streubreite der Reibungs- und Verschleißeigenschaften der untersuchten Reibwerk-stoffe. Durch Betriebsmessungen an Bremsen in Hüttenkranen weist Kleinjan nach, wie stark die Beanspruchung der Reibpaarung im langzeitigen Praxisbetrieb schwanken kann. Er misst in Trommelbremsen unerwartet große Reibungszahlen und zeigt, dass dafür die re-lativ kleine Reibbelastung der Bremse verantwortlich ist, denn der Großteil der Brems-energie wird in den heutigen Kranantrieben durch die elektrische Bremse aufgenommen. Auf dem Prüfstand bildet er den in der Praxis gefundenen Effekt nach und zeigt, dass für den Anstieg der Reibungszahl bei relativ kleiner Belastung die starke Konzentration von Metallpartikeln verantwortlich ist, die aus dem metallischen Reibkörper in den organisch gebundenen Reibbelag eingewandert sind, wie sie bereits Musiol [Mus94] [SM95] vor ihm festgestellt hat. Damit klärt Kleinjan ein vor Jahren bereits beobachtetes Phänomen in sol-chen Industriebremsen, wo sich große Metallnester im Belag gebildet hatten, die nun ihrer-seits wieder die Reibfläche des metallischen Reibkörpers zerstörten [SD01]. Die einge-wanderten Metallpartikel können quietschende Geräusche in Bremsen anregen, die in man-chen Reibpaarungen nach dem Einlauf auftreten.

Zum Gahr widmet eine seiner Arbeiten [ZuG85] der Problematik der Haft- und Gleit-reibungszahl im Übergangsgebiet. Er findet, dass die bis dahin feste Meinung - die Haft-reibungszahl sei größer als die GleitHaft-reibungszahl - nicht allgemein gültig ist. Diese Aussage bekräftigen auch Severin und Musiol [SM95] in ihrer Arbeit, in der sie Experimente auf einem speziell für diese Zwecke aufgebauten Haft- /Gleitreibungsprüfstand an marktgän-gigen Reibwerkstoffen durchgeführt haben. Diese Prüfvorrichtung erlaubte es, feinfühlig

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das charakteristische Verhalten der Werkstoffe im Übergangsgebiet zwischen Haften und Gleiten zu verfolgen. In einigen fabrikneuen Reibpaarungen ist die Haftreibungszahl zu-nächst kleiner als die Gleitreibungszahl. Während des Einlaufprozesses, also mit zunehmendem Aufbau der Reibschicht, werden Gleit- und Haftreibungszahl größer, bis endlich die Haftreibungszahl über der Gleitreibungszahl liegt. Bei den meisten Reibwerk-stoffen ist die Haftreibungszahl vom Beginn an größer als die Gleitreibungszahl.

Der Ursache für den Unterschied zwischen der Haftreibungszahl und der Gleitreibungszahl gehen Liu et al. [LKJ90*] an einer aus zwei festen Körpern bestehenden, nicht in Bremsen eingesetzten Reibpaarung nach. Sie teilen die Reibkraft in zwei Komponenten, nämlich in die „mechanische Komponente“ und in die „Adhäsionskomponente“, die infolge der mole-kularen Kräfte zwischen den Reibpartnern entsteht. Je größer die Einwirkzeit der statischen Last auf die Kontaktfläche ist, umso größer ist der Anteil der Adhäsionskomponente. Des-wegen ist die Reibkraft bei Beginn des Gleitvorgangs größer als später während des Gleit-vorgangs, und daher ist nach Liu et al. die Haftreibungszahl größer als die Gleitreibungs-zahl. In anderen Arbeiten [LKJ90] weisen die Verfasser nach, dass sich infolge des Reib-kontakts zwischen zwei metallischen Reibpartnern während der Gleitbewegung Ultraschall-wellen ausbilden, die an der Rückseite der Reibelemente reflektiert werden, und so die Reibkraft herabsetzen.

Die Bedeutung der Verschleißpartikel von festen Körpern im Reibprozess untersuchen Ji-ang et al. [JSS98]. Ihrer Meinung nach haben diese Partikel eine Füllfunktion. Durch ihre Verdichtung füllen sie die Unebenheit der Oberfläche aus und bilden damit die Reibschicht. Die Glättung der Reibfläche und der Schutz des Grundmaterials durch die eingelagerten Verschleißpartikel führen zur anschließenden Reduzierung des Verschleißes. Dies erklärt, dass der Verschleiß am Anfang der Einlaufphase besonders groß ist und im Laufe des Ein-laufs abnimmt, wie es Lührsen [Lue87], Gauger [Gau98] und andere festgestellt haben.

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3.2

Entstehung der reibungsinduzierten Schicht und ihre Bedeutung

für den Reibprozess

Reiben zwei Reibpartner gegeneinander, so greifen sie sich an. Infolge der dabei ent-stehenden mechanischen Beanspruchung verformen sich die beiden Reibpartner im Bereich der Reibfläche plastisch. Diese plastische Verformung wird von einer Verschleißproduktion begleitet [CH92], deren Menge von der momentan auf der Kontaktstelle herrschenden Be-lastung abhängt. Auf der Reibfläche der Reibkörper bildet sich im Laufe des Reibprozesses ein dritter Körper, den Severin und Musiol [SM95] als „Reibschicht“ bezeichnen.

Schon früher fanden Jacko [Jac78] als auch Bros und Scieska [BS77] durch Untersu-chungen im reibflächennahen Bereich, dass während des Reibprozesses Metallpartikel aus dem metallischen Reibkörper in den organisch gebundenen Reibbelag einwandern.

Über die Abhängigkeit der Schichtdicke von der thermischen Belastung hat Rakowski [Rak80] bereits im Jahr 1980 als Erster geschrieben. In dieser Arbeit gliederte er die reib-induzierte Schicht in Abhängigkeit von ihrer Werkstoffzusammensetzung in mehrere Ebenen. Die äußere besteht hauptsächlich aus karbonisiertem Harz, ist teilweise ausgebro-chen und weist eine ungeschlossene Struktur auf. Diese karbonisierte Schicht ist von Mi-krorissen durchzogen und hängt von der thermischen Belastung ab. Sie wird vornehmlich von lokaler thermischer Überlastung (Ablation) diktiert.

Rhee et al. [RJT90] charakterisieren die Reibschicht als Zersetzungsprodukt des organisch gebundenen Reibwerkstoffs und der Verschleißprodukte aus dem metallischen Reibpartner. In die gleiche Richtung denken Rice et al. [RNW89]. Sie sind der Auffassung, dass der dritte Körper in dieser Konstellation nur bei trockener Reibung, nicht aber bei geschmierten Reibflächen aufttritt. Die Reibschicht ist ein Gemisch aus Verschleißpartikeln der beiden Reibpartner.

Noch früher erklärte Godet [God84], dass der Aufbau der Reibschicht von der Werkstoffzu-sammensetzung der beiden Reibpartner bestimmt wird. Trotz der von Godet erkannten Un-terschiede, die er auf der Reibfläche nachweist, erkennen Österle et al. [ÖDGRU03], dass

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die unterschiedlich aufgebauten Reibschichten ein wichtiges gemeinsames Merkmal haben, nämlich die nanokristalline Mikrostruktur und das Vorhandensein von Sauerstoff.

Die Bedeutung der Oxydationsvorgänge bei der Bildung der Verschleißpartikel und des dritten Körpers nicht nur bei höherer Temperatur, sondern auch während der Beanspru-chung bei Raumtemperatur, haben Quinn et al. [QSR84] aufgedeckt.

Dass die Reibeigenschaften in keiner Beziehung zur Dicke und zur Topographie stehen, und eine große Reibungszahl nicht einen großen Verschleiß voraussetzt, erklären Wirth et al. [WEW94] [WEW95]. Sie zeigen die Bedeutung des Eisenoxids (Fe2O3) für den Reibpro-zess. Die Veränderung der Reibungszahl während des Reibprozesses entsteht u. a. durch die abrasive Wirkung der am Reibprozess beteiligten Stoffe.

Durch Untersuchungen der Reibschicht von zwei unterschiedlichen Reibwerkstoffen er-kannten auch Sell et al. [SGS99] die Bedeutung des Eisenoxides. Sie gliedern den zu erwartenden Reaktionsprozess zwischen dem Reibbelag, der Scheibe und der Atmosphäre in neun unterschiedliche Reaktionstypen und zeigten dabei die zum Teil ähnlichen und zum Teil unterschiedlichen Reaktionen beider Reibwerkstoffe. Sie kommen zu dem Ergebniss, dass der Sauerstoffgehalt in der Reibschicht bei dem einen Reibwerkstoff nach der Belas-tung abgenommen und bei dem anderen Werkstoff zugenommen hat. Eine Schlußfolgerung daraus ziehen sie nicht.

Österle et al. [ÖGGU01] sehen die Bildung der Reibschicht in enger Beziehung zum Verschleißprozess. Die Reibschicht bildet sich aus Verschleißpartikeln, die zwischen den Kontaktflächen zermahlt werden, sich in den freien Stellen der Oberfläche sammeln, kom-primiert werden und so eine tragfähige Schicht bilden. Diesen Prozess erklären sie wei-terhin als Ursache für die Bildung des nanokristallinen Gefüges der Reibschicht.

Mit Hilfe der Modellbildung beschreibt Ostermeyer [Ost01] [Ost02] die Einlauf- und Fadingeffekte, die er für die Entstehungs-, Wachstums- und Degenerationsraten der Mikro-kontaktflächen verantwortlich macht. Dabei stützt er sich auf die gleichen Überlegungen wie Österle bezüglich der Entstehung der Reibschicht. Er unterteilt die Struktur der Kon-taktfläche in zwei unterschiedliche Arten. Der sog. Kontaktbereich I ist durch die

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Poly-mermatrix, der sog. Kontaktbereich II durch die „harten Kontaktplättchen“ bestimmt. Die Zerstörung dieser harten Flächenelemente infolge einer zu großen Reibbeanspruchung führt zur Minderung der Reibungszahl, das heißt zu dem bekannten „Fadingeffekt“.

Auch Österle et al. [ÖDGRU04] interessierten sich in ihren Arbeiten für die Rolle der Oxi-dationsvorgänge im Reibprozess, also für die Bildung der Oxide. Sie führen aus, dass die Verschleißpartikelschicht, die vorwiegend aus Metalloxid besteht, nicht nur auf me-tallischen Bestandteilen des Bremsbelages vorkommt, sondern auch als dünne Filme auf der Phenolharz-Bindephase zu finden sind. Dies geschieht auch bei relativ geringer Oberflä-chentemperatur. Ferner erklären die Autoren in der gleichen Arbeit, dass die Oxydations-vorgänge während der mechanischen Reibbelastung bei niedrigeren Temperaturen schneller ablaufen.

Erikson et al. [EJ00] [EJ01] behaupten, dass eine Reibschicht sich aus Plateaus zu-sammensetzt, die als Mikrokontaktflächen aufzufassen sind. Sie unterscheiden zwei Kon-taktarten, indem sie die Kontaktfläche in primäre und sekundäre Plateaus einteilen. Das primäre Plateau ist überwiegend von Eisen dominiert. Das sekundäre Plateau hat Eisenoxid als Hauptbestandteil und kann ohne Unterstützung des primären Plateaus nicht existieren. Die Mikrostruktur des sekundären Plateaus variiert und ist von der Ebenheit der Reibober-fläche abhängig. Weiterhin führen sie aus, dass die Größe der Plateaus unterschiedlich sein kann und u. a. von der Pressung abhängt. Diese Plateaus besitzen einen Durchmesser von 50 µm bis 500 µm bei zartem Bremsvorgang und bedecken 10-20 % nomineller Belagflä-che. Bei hoher Temperatur und großer Pressung können diese Plateaus im Millimeterbe-reich liegen und bedecken fast die Hälfte der Belagfläche. Die Dicke der Plateaus schätzen die Autoren im Bereich zwischen 5 bis 10 µm.

In einer weiteren Arbeit postulierten Eriksson et al. [EBJ02], dass die Reibschicht in der Regel härter als der Grundwerkstoff ist. Die Art der Reibschicht wird durch den Reibwerk-stoff des Belags bestimmt.

Weitere Erkenntnisse über die auf der Reiboberfläche gebildete Schicht liefern Erikson et al. [EJ00], indem sie die Existenz eines Reibfilms offenlegten. Dieser Reibfilm, ähnlich einem Schmierfilm, liegt über der bislang beschriebenen Reibschicht und hat eine Dicke

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zwischen 10 bis 100 nm. Nach anderen Autoren [FWR02] kann dieser Reibfilm auch ohne Vorhandensein einer vollflächigen Reibschicht existieren.

Durch den Einsatz der bislang in der Halbleiterindustrie verwendeten FIB (Focused Ion Be-amer)- Methode untermauerten Österle et al. [ÖDGRU03] mit Hilfe der Querschnittsunter-suchung der Reibschicht die von Erikson et al. [EJ00] über die Dicke der Reibschicht und ihre Bildung auf der Belagoberfläche gewonnenen Erkenntnisse.

Darauf aufbauend, zeigten Österle et al. [ÖUKLT02] in einer Zusammenarbeit mit der TU Berlin, dass die Reibschicht sich nur dort bildet, wo ein direkter Kontakt der beiden Reib-partner stattfindet. Auch hier beweisen die Autoren mit Hilfe der FIB-Methode, dass die Di-cke der Reibschicht über der Reibfläche unterschiedlich sein kann. Die Reibschicht ist teil-weise sehr dünn (10-100 nm) und kann mit der konventionellen Methode (REM) nicht de-tektiert werden.

Österle et al. [ÖDGRU04] berichten über Ergebnisse von Untersuchungen einer Reib-schicht auf Verbundkeramik (Si3N4-TiN). Mit Hilfe der SEM-Methode finden sie, dass die Reibschicht bei kleinen Temperaturen eine inselförmige, bei großer Temperatur um 800 °C jedoch eine geschlossene Struktur besitzt.

Zu ähnlichen Erkenntnissen kommen Urban et al. [UDÖGEL01] bei der Untersuchung von Polymer-Reibwerkstoffen. In Zusammenarbeit mit der TU Berlin beobachten sie bei relativ zarten Reibbelastungen unter Raumtemperatur eine besonders dicke Reibschicht. Diese Reibschicht ist weniger geschlossen als im Falle größerer Reibbelastung.

Der Materialübertrag aus dem Bremsbelag auf die Reibfläche der Bremsscheibe, der durch ein sehr schwaches EDX-Signal, aber auch unter dem Lichtmikroskop und in SEM nach-weisbar ist, ist ein weiteres Diskussionsthema in der Fachwelt. Österle et al. [ÖGGU01] zeigen mit Hilfe des FIB (Focuced Ion Beamer) eine strukturlose Schicht auf der Brems-scheibe, in der sie Elemente aus Bestandteilen des Bremsbelages, nämlich Ca, S, Cu, Zn und O fanden. Sie vermuten, dass auch Transferfilme durch Verdichtung von Verschleiß-partikeln verursacht werden und daher eine ähnliche Mikrostruktur wie der Bremsbelag auf-weisen, denn die chemische Zusammensetzung dieser Schicht auf der Scheibe war gleich der auf dem Bremsbelag.

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Der Bedeutung des Graphits als entscheidender Einflussfaktor für das Reibverhalten und den Vorgängen in der Reiboberfläche von Sinterbelägen gehen Gramberger und Löcker [GL89] nach. Sie untersuchten dabei im Trockenlauf die Wirkung von Kunst- und Na-turgraphit auf den Reibvorgang und stellten fest, dass die Schmierwirkung der beiden obengenannten Graphitsorten unterschiedlich ist, denn der Naturgraphit wirkt durch das Abgleiten der entlang der (001) - Gitterebenen entstandenen Teilchen, die nach dem Pressen der Beläge parallel zur Reiboberfläche liegen und somit beim Reibvorgang stärker wirken als Kunstgraphit, der aus unterschiedlich orientierten Graphitkristallitten besteht. Die Autoren gehen weiterhin auf die Bedeutung des auf der Oberfläche abgelagerten, durch Abscherung entstandenen Graphits ein. Sie machen den Graphit für die Bildung der Reib-schicht verantwortlich. Die Art der ReibReib-schicht ist vom Graphitgehalt des Reibbelages und von der Verankerung des Graphits in der Belagmatrix abhängig. Die Autoren zeigen ferner, wie entscheidend die Rolle der Abriebteilchen aus beiden Reibpartnern für den Reibvor-gang ist, denn je kleiner diese Teilchen sind, umso mehr können sie in die Reibzwischen-schicht eingebettet werden, während die größeren Verschleißteilchen jedoch die Reibzwi-schenschicht immer wieder aufreißen können. Die durchbrochene ReibzwiReibzwi-schenschicht kann durch diesen Reparaturmechanismus wieder geschlossen werden, da sich während des Reibvorgangs neu gebildeter Graphitabrieb bevorzugt dort einlagert, wo die Reibschicht verletzt wurde. Auf gleiche Art werden auch Schleifriefen und Löcher im Reibbelag durch Abrieb ausgefüllt oder durch Verformung der Reibbelagmatrix geschlossen.

Die direkte Beziehung zwischen der Reibungszahl und der Graphitmenge in Sinterreib-werkstoffen wurde in dieser Arbeit nachgewiesen. Mit der Zunahme des Graphitgehalts steigt auch die Reibungszahl an. Dabei weist der Kunstgraphit einen stärkeren Anstieg der Reibungszahl auf als der Naturgraphit. Dies hängt mit ihren unterschiedlichen Schmier-eigenschaften zusammen.

Musiol und Severin [Mus94] [SM95] befassen sich mit der Bildung und Wirkung der Reib-schicht in den Reibpaarungen großer Industriebremsen. Die Reibeigenschaften fabrikneuer Reibpaarungen verändern sich während des Einlaufprozesses. In diesem Zeitraum bildet sich auf der Kontaktfläche der Reibbeläge die sog. Reibschicht, die zwei wichtige Aufgaben erfüllt:

• sie schützt den unter der Reibschicht liegenden Grundwerkstoff vor thermi-scher Zerstörung,

(21)

• sie steuert gemeinsam mit der eingebrachten Belastung den Reibprozess. Die Reibschicht und damit die Reibeigenschaften erreichen nach dem Einlaufprozeß einen quasistationären Zustand, das heißt bei gleicher thermischer Belastung stellen sich gleiche Reibungs- und Verschleißeigenschaften in aufeinanderfolgenden Bremsungen ein. Wird die thermische Belastung verändert, verändert sich die Reibschicht und damit die Reibeigen-schaften. Wird die Paarung thermisch überlastet, wird die Reibschicht zerstört. Die Reibungszahlen fallen stark ab, der Verschleiß steigt stark an.

Während des Einlaufprozesses wandern eisenhaltige Partikel aus dem metallischen Reib-partner in den Belag. Nach dem Einlauf stellt sich ein Gleichgewicht zwischen dem einge-wanderten und den durch Verschleiß ausgetragenen Fe-Partikeln ein. Musiol zeigt, wie sich die Reibungszahl während des Einlaufprozesses vergrößert, und wie mit zunehmender Kon-zentration der Partikel der Unterschied zwischen der Haftreibungszahl und der Gleit-reibungzahl wächst. Wie Zum Gahr zeigt Musiol, dass auch in Industriebremsen unter be-stimmten Bedingungen die Haftreibungszahl kleiner sein kann als die Gleitreibungszahl.

3.3

Reibmechanismus in der Kontaktfläche

Während des Reibprozesses wird die Reiboberfläche durch die dabei herrschende thermische Belastung verändert. Diese Veränderung kann zum Teil zur plastischen De-formation der Kontaktflächen führen und ist je nach Ort der maximalen Belastung unter-schiedlich. Neben der Verformung in der Oberfläche findet eine lokale Verlagerung der Reibungsintensität in der Kontaktfläche statt. Das Problem hat Barber [Bar67] als erster be-handelt und diesen Effekt als „Thermische Instabilität“ bezeichnet.

In seiner weiteren Arbeit führt Barber [Bar99] aus, welche Bedeutung der Effekt der thermoelastischen Verformungen auf den Kontakt zwischen elastischen Körpern hat, beson-ders wenn die thermalen Randbedingungen an der Grenzfläche durch den Kontaktdruck be-einflusst werden. Bei Bremsen und Kupplungen wird Wärme an gleitenden Grenzflächen erzeugt, was thermische Verformungen bewirkt. Diese führen zu „reibungserregter thermischer Instabilität“ (TEI), wobei sich der Kontakt in Hotspots an der Grenzfläche lo-kalisiert.

(22)

Die Wirkung der thermischen Instabilität in großen Reibpaarungen von Industriebremsen zeigt Lührsen [Lue87]. Dort verändern sich die lokalen Reibflächentemperaturen trotz glei-cher globaler Reibbelastung periodisch. Gleichzeitig damit nimmt der ursprünglich zy-lindrische Trommelmantel eine abwechselnd konvexe und konkave Form an. Im gleichen Rhythmus verändert sich sogar die mittlere Reibungszahl.

Dörsch [Doe04] weist mit Hilfe der Wärmebildkamera nach, wie sich in relativ kleinen un-ter idealen Randbedingungen laufende Reibpaarungen die lokalen Reibflächentemperaturen periodisch verändern, wobei die Frequenz von der Größe der Belastung mitbestimmt wird. Dörsch zeigt ferner, dass die lokalen Temperaturen auf einem gedachten Reibring der Scheibe nahezu gleich sind. Dieser Prozess findet sich in gleicher Weise auch in Reibpaa-rungen großer Scheibenbremsen, und dies auch unter hoher thermischer Belastung. Es bilden sich, über die Reibflächenbreite gesehen, Temperaturberge und -täler, die ständig ihre Höhe bzw. ihre Tiefe verändern. Auf diese Weise verändern sich ständig die Orte ma-ximaler Reibflächenbelastung.

Dörsch weist ferner an der gleichen Reibpaarung nach, dass der lokale Veschleiß auf einem Reibring von der lokalen Reibflächentemperatur bestimmt wird. Über die Reibflächenbreite gesehen, schwingen die lokale Reibflächentemperatur und der lokale Reibflächenverschleiß im Gleichklang. In der gleichen Arbeit zeigt Dörsch den Zusammenhang zwischen der Härte des Reibbelags und der Höhe der lokalen maximalen Temperaturen und zeigt durch vergleichende Untersuchungen, dass je härter der Reibbelag umso höher die lokale maxima-le Temperatur ist.

Aufbauend auf den Erkenntnissen von Dörsch, zeigen Severin und Kleinlein [SK03] die Wirkung des oben beschriebenen Prozesses in ganzflächig belegten Reibpaarungen von In-dustriekupplungen, und dies einmal durch langzeitige Reihenversuche in der Kupplung selbst, und das andere Mal in einer unter idealen Bedingungen laufenden gleichartigen Reibpaarung. Dabei zeigen sie, dass die unter idealen Randbedingungen wirksamen Pro-zesse auch in den Reibpaarungen der Praxis wirksam sind.

Das Phänomen der ständig sich wechselnden lokalen Reibintensität, von Barber thermo-elastische Instabilität genannt, wird von Severin und Kleinlein als notwendige Voraus-setzung für die zufriedenstellende Funktion einer Reibpaarung erkannt. Es beruht auf der Regenerationsfähigkeit der Reibschicht. Zu dieser Erkenntnis war bereits Dörsch

(23)

gekom-men. Solange sich die lokalen Reibflächentemperaturen annähernd periodisch verändern, solange arbeitet die Reibpaarung unter ertragbarer Belastung. Das Verschwinden der Schwingungen der lokalen Temperaturen ist ein Zeichnen für die thermische Überlastung der Reibschicht.

Die Temperaturschwingungen bilden sich erst nach längerer Einlaufzeit, also nach dem Aufbau der Reibschicht. Insofern ist die Veränderung der lokalen Reibflächenintensität auf die lokalen Veränderungen in der Reibschicht zurückzuführen. Die Autoren bestätigen ihre Vermutungen durch Messung der lokalen Reibungszahl und des lokalen Verschleißes, denn beide Größen sind, über die Reibflächenbreite gesehen, nicht konstant und verändern sich mit der lokalen Reibintensität. Bezüglich der Frequenz und Amplitude der lokalen Reibflä-chentemperaturen verhalten sich die einzelnen Reibwerkstoffe bei gleicher äußerer Belas-tung unterschiedlich.

Für den gleichen Mechanismus scheint auch die sog. Hotspotbildung in selbstbelüftenden Automobilbremsscheiben verantwortlich zu sein, die Steffen et al. [Ste97] [SB98] mit Hilfe von Experimenten und der FE- Methode untersuchen. Sie gründen ihre Überlegungen dar-auf, dass lokal größere thermische Energie einem Ort der Bremsscheibenreibfläche durch eine erste Initialzündung zugeführt wird. Diese Energie führt zu einer Wärmeausdehnung an dieser Stelle und zu einer Aufwölbung auf beiden Gegenreibflächen der selbstbelüf-tenden Bremsscheibe, was dann zu einer thermischen Mehrbelastung und infolge dessen zu neuen Hotspotbildungen führen kann. Dieser Mechanismus läuft mehrfach in Umfangrich-tung auf beiden Reibflächenseiten ab. Die Anzahl dieser Hotspots auf der Reibfläche ist je nach Bremsscheibenkonstruktion unterschiedlich groß.

Die Hotspotbildung führt durch Verlagerung der aktiven Reibintensität zu Reib-schwingungen, die dann als lautes Bremsquietschen zu vernehmen sind. Mittels nume-rischer Simulation zeigen die Autoren, dass die Hotspotbildung durch eine geringere Belag-dicke begünstigt wird. Auch die Dämpfungseigenschaft des Belags spielt bei der Entste-hung der Hotspots eine wichtige Rolle.

(24)

3.4

Reibschwingungen und Reibgeräusche

Mit Hilfe mehrerer hochauflösender Analysemethoden wie FIB und XTEM untersuchen Österle et al. [ÖUKLT02] den Einfluss der Reibschicht auf dem Anregungsmechanismus von Reibschwingungen in vergleichenden Versuchen. Bei der Reibpaarung, die Reib-schwingungen erzeugte, war der Flächenanteil der zerstörten Reibschicht zu dem Anteil der augenblicklich tragenden Flächenbereichen relativ groß, wobei nahezu ausschließlich me-tallische Primärkontakte getragen haben. Im anderen Fall, in dem keine Reibschwingungen zu beobachten waren, waren die metallischen Primärkontakte nahezu vollständig von einer oxidischen, nanokristallinen Schicht bedeckt. Durch die gewonnenen Erkenntnisse kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Entstehung von Reibschwingungen mit einer ge-steigerten Verschleißproduktion verbunden ist.

Auch Erikson et al. [EBJ99] leisten einen Beitrag zur Klärung der Reibschwingung bzw. Reibgeräusche bei einer Untersuchung an Automobil-Scheibenbremsbelägen hinsichtlich ihrer Traganteile und Neigung zu Schwingungen. Dabei stellen sie mittels Topographie-messung fest, dass Beläge, die mit vielen kleinen aktiven Kontaktbereichen bedeckt sind, eher zu Reibgeräuschen neigen, als die mit wenigen großen Tragbereichen. Sie gehen davon aus, dass die Menge der einzelnen Kontaktflächen einen größeren Einfluss auf die Entste-hung der Geräusche hat als die absolute Größe der tragenden Plateaus.

Nach Ansicht von Shi et al. [Shi97] [SM97] sind drei Mechanismen für die Entstehung von Bremsquietschen verantwortlich, die sie in verschiedene Arten der Instabilitäten klassifi-zieren:

• physikalische Instabilität • geometrische Instabilität und • dynamische Instabilität

Zu den physikalischen Eigenschaften des Bremsmaterials gehören neben der Elastizität die Scherfestigkeit und die Rauheit der Kontaktflächen. Sie können periodische Schwingungen im System verursachen. Die Autoren gehen davon aus, dass das Bremsquietschen durch kinematische Kopplung bei bestimmten Bremsengeometrien erzeugt werden kann. Hierfür wird eine Erklärung im Sprag-Slip -Modell (Hemmkeil-Theorie) gegeben.

(25)

Dynamische Instabilitäten erzeugen dagegen Resonanzschwingungen. Wird das System mit bestimmten Freiheitsgraden modelliert, so können diese Instabilitäten durch eine Eigen-wertanalyse beurteilt werden. Eine Simulation erfolgt hier unter der Annahme, dass der Haftreibwert größer ist als der Gleitreibwert. Mit der vorgestellten Theorie der Stick-Slip-Schwingungen, die sie durch Experimente bestätigen, erklären sie die Entstehung von Bremsquietschen. Stick-Slip-Effekte sind die Ursache für Grundschwingungen. Durch sie werden Oberschwingungen im Bremssystem angeregt und dadurch die geometrische Kopp-lung vergrößert.

Ibrahim et al. [IMGC00] sehen einerseits in der zufälligen Veränderung der Normal- und Reibkraft, die während des Reibprozesses vorkommen kann, und andererseits in der Zwi-schenschicht die Ursache für die ungleichmäßig ausgebildete Reibfläche. Diese Unregelmä-ßigkeit kann wiederum durch Schwankungen in der Relativgeschwindigkeit Veränderungen in den Grenzflächenkräften hervorrufen. Diese Schwankungen sind zeitabhängig und können Verschiebungen in der Eigenfrequenz des Reibsystems verursachen. Dafür geben die Autoren eine modellhafte Erklärung bezüglich der Wirkung eines Reibelements der Anregung niederfrequenter Schwingungen.

Severin und Musiol [SM94] [SM94*] widmeten einen Teil ihrer Arbeit der Klärung der Ursache von Reibschwingungen in großen Trommelbremsen für Krane. Die Untersu-chungen wurden unter verschiedenen thermischen Belastungen durchgeführt. Sie kommen zu der Erkenntnis, dass hochfrequente Reibgeräusche innerhalb eines breiten Belastungs-spektrums nur in beschränkten Belastungsbereichen auftreten, das heißt es müssen be-stimmte Voraussetzungen in der Kontaktfläche für die Entstehung hochfrequenter Reib-schwingungen vorliegen, die noch zu erforschen sind. Die Reibwerkstoffe verhalten sich in verschiedenen Systemen unterschiedlich. Durch vergleichende Untersuchungen weisen Se-verin und Musiol nach, dass die Entstehung hochfrequenter Reibschwingungen nicht von der Form der Reibungszahlkurve µ(t) abhängt, denn hochfrequente Reibgeräusche können auch bei über den gesamten Bremsvorgang konstanten Reibungszahlen auftreten, und sie müssen nicht auftreten, wenn die Reibungszahl während der Bremsung ansteigt.

Zahlreiche Untersuchungen befassen sich mit der Entstehung von Reibschwingungen in Automobilbremsen und in diesem Zusammenhang mit den speziellen Schwingungsarten

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wie Rubbeln [ABHG99] [HD01] und Knarzen [GGHMPR04] an Bremssystemen in Kraft-fahrzeugen. Dabei werden u. a. der Einfluss der Scheibenverformungen, des Reibbelagsauf-baus, des Bremsdrucks und der Reibgeschwindigkeit auf die Schwingungseigenschaften der Bremssysteme gezeigt.

Aus dem Literaturstudium wird deutlich, dass viele im Reibprozess beobachtete Phä-nomene noch nicht geklärt sind.

(27)

4

Versuchseinrichtungen, Messsysteme und Reibwerkstoffe

Die hier vorgelegte Arbeit befasst sich mit vergleichenden Grundlagenuntersuchungen, durch die differenzierte Erkenntnisse über den Einfluss verschiedener Reibwerkstoff-komponenten und des Werkstoffs des metallischen Reibpartners im Bereich relativ kleiner Belastung bei Raumtemperatur und unter praxisnahen Belastungen bis zu Reibflächentem-peraturen von 400 °C gewonnen werden sollen.

Für die experimentellen Untersuchungen kommen zwei unterschiedliche Prüfstände zum Einsatz, denen die Probegröße des Reibbelags von 40x40 mm gemeinsam ist.

4.1

Haft- /Gleitreibungsprüfstand

Das Funktionsprinzip des einen Prüfstandes, der bereits von Musiol [Mus94] eingesetzt und hier durch einen rechnergesteuerten Mechanismus zur genauen Normalbelastung der Reib-paarung erweitert wurde, zeigt Bild 4.1.

Bild 4.1: a Prinzipskizze des Haft- /Gleitreibungsprüfstands, b Reibbelaghalter mit in der Reibfläche liegenden Drehachse.

v Reibkraftsensor Hauptschlitten metallischer Reibpartner Feder Normalkraftsensor Hubmechanismus Belastungsgewichte Reibbelag FR Drehachse des Belages Wegsensor Servomotor mit Kugelspindel Spannschlitten FN b) a) FN Reibbelag Drehachse Schiene Dämpfer

(28)

Bild 4.2: Aufbau des erweiterten Haft- /Gleitreibungsprüfstandes.

Dieser sogenannte Haft- /Gleitreibungsprüfstand erlaubt es, die Reibungs- und Verschleiß-eigenschaften der Reibpaarung im Gebiet relativ kleiner Belastung sowie im Übergangsge-biet zwischen Haften und Gleiten zu untersuchen. Durch eine besondere Schlittenkonstruk-tion lässt sich die Reibkraft langsam, stetig und ruckfrei bis zur Gleitgrenze steigern. Ein Dämpfer sorgt für die konstante schwingungsfreie Normalbelastung, die auch bei Wirkung der Reibkraft gleichmäßig über die Reibfläche verteilt wird, denn die Drehachse des Reib-belaghalters liegt in der Reibfläche, so dass die Reibkraft kein auf die Reibbelagprobe wir-kendes Drehmoment erzeugen kann.

Die Reibpaarung besteht aus einer auswechselbaren metallischen, beheizbaren Schiene mit geschliffener Reibfläche und aus der Reibbelagprobe der Größe 40x40x15 mm. Die Schiene sitzt auf dem Hauptschlitten, der über eine Feder von dem Spannschlitten gezogen wird. Tiefere Einzelheiten beschreibt die Dissertation von Musiol [Mus94].

Das Foto Bild 4.2 gibt den Blick frei in den Probenraum und auf die Belastungseinheit. Den Ablauf der Messung während eines Reibspiels ist in Bild 4.3 in die einzelnen Teil-Federsystem

zwi-schen Haupt- und Spannschlitten Beheizbare Schiene Reibbelagprobe Hubmechanismus Belastungs-gewichte

(29)

Bild. 4.3: Definition eines Reibspiels.

funktionen gegliedert.

Eine Messreihe setzt sich jeweils aus einer definierten Zahl von Reibspielen zusammen, die hintereinander unter gleichen Belastungsbedingungen gefahren werden.

Ein beispielhaftes Messergebnis liefert Bild 4.4. Die Reibungszahl µ(t), als Quotient aus

Bild 4.4: Reibungszahl im Übergangsgebiet Haften/Gleiten. Reibwerkstoffe: Organisch ge-bundener Reibbelag C gegen GG 15 (EN-GJL-150). pR= 56 N/cm2,; vR= 0,005 m/s;

AR=16 cm2; sR= 50 mm. 0 1 2 3 4 5 0 0 ,2 0 ,4 0 ,6 0 5 1 0 1 5 W e g s [ m m ] R e ib u n g sz a h l µ (t ) [-] R e ib z e it tR [s ] 0 ,8 2 0 Haft-Weg

Beginn des Gleitens Gleitgebiet Gleitreibungszahl Reibspiel Zeit 1. Initialisierung des Prüfstandes 2. Lastaufbringung 3. Reibvorgang 4. Entlastung 5. Schlittenrücklauf

(30)

Reibkraft FR(t) und Normalkraft FN(t), steigt zu Beginn der Lastaufbringung allmählich an. Nach Überschreiten der Haftgrenze setzt sich der Hauptschlitten in Bewegung, so dass nun die stehende Reibbelagprobe auf der fahrenden Schiene gleitet.

Auf diese Weise lassen sich die Größe und der Verlauf der Reibungszahl µ(t) während des Gleitvorgangs bestimmen und Erkenntnisse über das besondere Verhalten der einzelnen Reibpaarungen bei unterschiedlichen Betriebsbedingungen im Übergangsgebiet Haften/ Gleiten gewinnen.

4.2

Teilbelagprüfstand

Der zweite Prüfstand, Teilbelagprüfstand genannt, weil die Probengröße kleiner ist als die Reibbeläge in der Praxis, erlaubt es, die Reibpaarung unter thermischer Belastung zu unter-suchen, wobei sich die Flächenpressung, die Reibgeschwindigkeit und die Reibflächentem-peratur in weiten Grenzen verändern lassen.

Bild 4.5: Aufbau des Prüfstandes zur Messung der resultierenden Reibkraft über zwei Kraftkomponenten FRa und FRi. GS-Motor Zahnkupplung Schwungmasse Reibscheibe Reibbelag Quarzsensor (Normalkraft) druckluftgeregelter Pneumatikzylinder DMS 2 DMS 1 c B ri ra Bremsscheibe Reibbelag FRa FRi ω B Belaghalter FR Quarz

(31)

Die Reibpaarung besteht in diesem Fall aus der rotierenden Reibscheibe (Außendurch-messer 320 mm; Innendurch(Außendurch-messer 187 mm), gegen die der Reibbelag ebenfalls unter gleichverteilter Flächenpressung gedrückt wird (Bild 4.5). Der Prüfstand lässt sich im Dau-erbetrieb und im Stoppbetrieb betreiben. Im letzten Fall stellt die auf der Bremswelle sitzende rotierende Masse (J= 5,29 kg·m2) die Reibenergie bereit.

Wie auf der linken Seite von Bild 4.5 zu erkennen, sind für die Messung der Reibkraft zwei unterschiedliche Messsysteme dargestellt. Das eine bestimmt die Summenreibkraft über einen Quarzsensor. Das andere arbeitet mit zwei Sensoren, die mit Dehnungsmessstreifen ausgerüstet sind und in einem bestimmten Abstand zueinander stehen, um neben der resultierenden Reibkraft auch ihre zeitliche Verschiebung in Querrichtung bestimmen zu können.

In Bild 4.6 ist neben der Reibpaarung und der Normalbelastungseinheit der an den beiden DMS-Kraftsensoren aufgehängte Reibbelaghalter zu erkennen.

Bild 4.6: Versuchsaufbau des Prüfstandes mit Messeinrichtung zur Bestimmung der resultierenden Reibkraft über zwei Kraftkomponenten FRa und FRi.

Reibkraftsensor (DMS) Normalkraftsensor (DMS) Reibbelaghalter (mit Kugelkalotte) Reibscheibe

(32)

4.3

In den Untersuchungen verwendete Reibwerkstoffe

Organisch gebundene Reibwerkstoffe bestehen aus einem Gemisch zahlreicher an-organischer Stoffe sowie Bindemitteln aus Harz oder Kautschuk, das unter hohem Druck und hoher Temperatur zu dem festen Reibbelag gepresst wird.

Die einzelnen Komponenten des Reibwerkstoffs und die Fertigungsparameter bestimmen gemeinsam die Reibungs- und Verschleißeigenschaften des Belages. Da Reibwerkstoffe ein breites Anwendungsgebiet besitzen, das Kraftfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Krane, Reib-kupplungen einschließt, variiert ihre Zusammensetzung je nach den jeweiligen An-forderungen. Dies erklärt die große Vielfalt der auf dem Markt befindlichen Reibbelag-fabrikate.

In dieser Arbeit werden mehrere unterschiedlich aufgebaute Reibwerkstoffe mit unter-schiedlichen Zielsetzungen untersucht. Dabei ist eine der Aufgabenstellungen, die Wirkung einzelner Werkstoffkomponenten bei relativ kleiner thermischer Belastung auf die Reib-eigenschaften zu untersuchen. Dazu dient die Versuchseinrichtung nach Bild 4.1. Der Werkstoff der metallischen, geschliffenen Schiene ist bei allen diesen Versuchen St 52-3 (S 355 J2G3).

Die Reibbeläge für dieses Versuchsprogramm werden schrittweise gefertigt. Der Basis-werkstoff ist am einfachsten aufgebaut (Tabelle 4.1). Er enthält die kleinste Zahl an beigegebenen Stoffen. Den Bestandteilen dieses sogenannten Grundwerkstoffs werden nacheinander verschiedene weitere Komponenten zugegeben, um so jeweils den Einfluss einer einzelnen Komponente auf die Reibeigenschaften der Paarung analysieren zu können. Die Art der zugegebenen Stoffe und die Reihenfolge der Zugabe ist in Tabelle 4.2 zu er-kennen. Auf diese Weise entstehen insgesamt sieben untereinander verwandte Reibwerk-stoffe. So besitzt z. B. der Reibwerkstoff Nr. 3 neben den Komponenten des Grundwerk-stoffs als weitere Anteile Chromit, Graphit und Molybdendisulfit.

Eine weitere Aufgabe in dieser Arbeit ist es, dem Einfluss des Werkstoffs des metallischen Reibkörpers nachzugehen. Als Reibwerkstoff wird dabei der praxisbewährte organisch

(33)

ge-Tabelle 4.1: Zusammensetzung des Grundwerkstoffs (GW) mit der Bezeichnung Reibwerkstoff 1 für die in Tab. 4.2 aufgeführten Reibwerkstoffe.

Werkstoffe Masse % Vol %

Phenolharz 8 19 Schwerspat 67 48 Antimontrisulfid 7 4,6 Vermeculit 12 14 Kautschuk 2,5 7,5 Aramid 3 6,4 Zinkoxid 0,2 0,1 Schwefel 0,2 0,3

bundene Reibbelag C eingesetzt, dessen Zusammensetzung die Tabelle 4.4 angibt. Der me-tallische Reibpartner, hier die in die Versuchseinrichtung nach Bild 4.1 eingesetzte Schiene, wechselt seinen Werkstoff von Versuchsreihe zu Versuchsreihe. Die sechs unterschiedli-chen Schienenwerkstoffe sind in Tabelle 4.3 zusammengestellt.

Tabelle 4.2: Zusammensetzung der einzelnen Reibwerkstoffe zur Ermittlung des Einflusses einzelner Werkstoffkomponenten. Bestandteile Kennzeichnungsnummer der Reibwerkstoffe 1 2 3 4 5 6 7 Grundwerkstoff (Tab.4.1) Chromit - Graphit - - Molybdändisulfit - - Eisen - - - - - -Kupfer - - - - Schwefel - - - -Zinksulfid - - - ●

(34)

Tabelle 4.3: Werkstoffe zur Untersuchung des Einflussses des metallischen Reibpartners auf die Reibeigenschaften.

St 52-3 (S 355 J2G3) GS 60 (GE 300) GG 15 (EN-GJL-150) GG 30 (EN-GJL-300) Chrom (St 52-3 hart verchromt) Aluminium (AlZnMg Cu1,5)

Einen breiten Raum nehmen die vergleichenden Untersuchungen mit den drei in Tabelle 4.4 vorgestellten Reibwerkstoffen A1, A2, und B ein. Es handelt sich hier um bewährte Reib-werkstoffe der Praxis, wobei die beiden Beläge A1 und A2 vornehmlich in Kraftfahrzeugen verwendet werden, während der Belag B in Schienenfahrzeugen eingesetzt wird. Die beiden Beläge A1 und A2 sind eng verwandt. Sie haben daher annähernd die gleiche Steifigkeit (Bild 4.7) und sind gegenüber dem Belag B nahezu doppelt so hart, denn der Belag B besitzt einen relativ großen Kautschukanteil. Diese drei Reibwerkstoffe werden vornehm-lich auf dem Teilbelagprüfstand nach Bild 4.6 im Bereich unterschiedvornehm-lich großer ther-mischer Belastung untersucht mit dem Ziel, den Einfluss ihrer Zusammensetzung auf die Reibungs- und Verschleißeigenschaften im Bereich relativ großer Belastung zu untersu-chen, und gleichzeitig damit die Verschiebung der resultierenden Reibkraft in der Kontakt-fläche im fortlaufenden Reibprozess zu verfolgen.

Tabelle 4.4: Zusammensetzung der in den Hauptuntersuchungen eingesetzten marktgän-gigen Reibwerkstoffe. Belag-Bestandteile Masse % Beläge A1 A2 B C Kautschuk 1 2 12 2 Harz 7 7 6 7 Fasern 3 2 2 3 Metalle 38 39 48 40 Füllstoffe 23 20 19 23 Gleitstoffe 13 18 10 15 Kohlenstoff 15 12 3 10

(35)

Bild 4.7: Vergleichende Bestimmung der Steifigkeit der untersuchten Reibbeläge mit Hilfe der Kugeleindrück-Methode. 0 0 ,2 0 ,4 0 ,6 0 ,8 9 0 2 9 0 4 9 0 N o rm a lk ra ft FH [ N ] E in d rin g tie fe t [m m ] Belag B A1 A2 C F0= 90 N FH t φ 10,4 mm

(36)

5

Eigenschaft der Reibpaarungen bei relativ kleiner

thermi-scher Belastung

5.1

Einführung

Reiben zwei Körper gegeneinander, so verändern sich die Reibflächen bei gleichzeitiger Bildung einer dritten Schicht. In Verbindung mit den Reibpaarungen in trockenlaufenden Bremsen und Kupplungen wird diese Schicht „Reibschicht“ [Mus94] [SM95] genannt. Sie erfüllt dort zwei wichtige Aufgaben. Zum einem schützt sie den darunterliegenden Reib-werkstoff vor thermischer Zerstörung, zum anderen ist sie die bestimmende Größe für die Reibeigenschaften der Paarung im Reibprozess.

Der Unterschied der Reibpaarungen, bestehend aus dem organisch gebundenen Reibbelag und dem metallischen Reibpartner, gegenüber vielen anderen denkbaren Reibpaarungen, wird deutlich, wenn man sie in Beziehung setzt zu einer Paarung, bei der beide Partner z. B. aus Stahl bestehen. In diesem Fall schädigen sich die beiden Reibpartner während des Reib-vorgangs gegenseitig durch starken abrasiven Verschleiß, wobei die Reibflächen beider Partner im Laufe der Reibdauer zunehmend mehr geschädigt werden.

Ganz anders verhält sich die Reibpaarung unter gleicher Belastung, wenn einer der Partner ein organisch gebundener Reibbelag ist. Im Idealfall glättet sich die Reibfläche des me-tallischen Reibpartners im Laufe des Reibprozesses so stark, dass die Reibfläche spiegelt. Der Verschleiß beider Reibpartner ist dann besonders klein. Solche Reibpaarungen arbeiten mit relativ kleinen Reibungszahlen in Bereichen um µm= 0,2 und sind deswegen in der Pra-xis trotz des geringen Verschleißes kaum im Einsatz. Dort werden durch besondere Zusätze im Reibbelag möglichst große Reibungszahlen im Bereich um µm= 0,4 angestrebt, mit dem weiteren Ziel, den Verschleiß der Paarungen in wirtschaflichen Grenzen zu halten.

Musiol [Mus94] hat ein Denkmodell für die Wirkungsweise dieser Reibpaarungen aufge-stellt, das den Funktionsmechanismus in den einzelnen Flächenelementen der Reibschicht aus einer stetigen Folge von Belastung, Schädigung und Regeneration erklärt. Demzufolge beteiligt sich jedes Flächenelement zunehmend an der Übertragung der Reibkraft, bis es thermisch überlastet ist und im Oberflächenbereich verschleißt. Danach beteiligt es sich

(37)

Bild 5.1: Querschnitt durch die Reibschicht (XTEM-Aufnahme) (BAM). Reibwerkstoff 2 nach Tab. 4.2 gegen St 52-3 (S 355 J2G3) nach Belastung auf dem Haft- /Gleitreibungs-prüfstand nach Bild 4.1. pR= 56 N/cm2,; vR= 0,005 m/s; AR=16 cm2.

eine zeitlang praktisch nicht mehr am Reibprozess. Es regeneriert in der Zwischenzeit, bis es sich dann neuerlich an der Reibkraftübertragung beteiligt.

Dörsch [Doe04] hat diesen Wirkmechanismus in den Reibpaarungen großer Industriebrem-sen nachgewieIndustriebrem-sen. Kleinlein hat anhand von Reibpaarungen trockenlaufender Kupplungen gezeigt [SK03], dass die Frequenz des Wechsels zwischen lokaler Belastung, Schädigung und Regeneration bei gleicher äußerer Belastung belags- und belastungsabhängig ist. Dieser Mechanismus ist eine Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit der Reibpaarungen. Erstaunlicherweise ist die Dicke der Reibschicht auf dem Reibbelag nicht größer als 10 µm. Nach Österle u. a. [ÖDGRU03] bildet sich die Reibschicht aus den Verschleißpartikeln der beiden Reibpartner (Bild 5.1), die infolge der Normalkraft zu einer tragfähigen Schicht komprimiert werden.

Wie Untersuchungen anderer [EBJ99] und die eigenen Untersuchungen zeigen (Bild 5.2), setzt sich die Reibfläche aus plattenförmigen Elementen der Reibschicht zusammen, die nach einer gewissen Betriebszeit abgetragen werden. Wie schon Musiol [Mus94] nachge-wiesen hat, wandern während des Reibprozesses kleinste Partikel aus dem metallischen Reibpartner in die Reibschicht auf dem Reibbelag. Sie bestimmen zu einem großen Teil die Reibeigenschaften der Reibpaarung. Ihre Konzentration in der Reibschicht und damit die

(38)

a) b)

Bild 5.2: Reibschichtbeschaffenheit nach 5000 Reibspielen an unterschiedlichen Stellen

a und b der Reibfläche. Reibbelag C gegen GG 30 (EN-GJL-300). pR= 56 N/cm2; vR= 0,005

m/s; AR= 16 cm2.(ZELMI TU Berlin).

Reibungszahl sind umso größer, je kleiner die thermische Belastung ist. Kleinjan [Kle95] hat an großen Industrietrommelbremsen unter solchen Bedingungen Reibungszahlen um

µm= 0,8 gemessen und dafür die Erklärung für bis dahin unerklärbare Schadensfälle in der Praxis gegeben, wo es zu starken Freßerscheinungen auf der Trommelreibfläche gekommen war, der mit einem extrem großen Materialübertrag aus der Trommel in den Belag (Fisch-chenbildung) begleitet war, wie in [SD01] gezeigt wird.

5.2

Veränderung der Reibpartner und der Reibeigenschaften während

des Einlaufprozesses

Bevor die organisch gebundenen Baumwollbeläge und die sogenannten massegepreßten Be-läge auf dem Markt kamen, war einer der Reibpartner in großen Industriebremsen, z. B. in Hubwerken von Kranen oder in Seilscheibenantrieben des Bergbaus, aus Hartholz. Diese Reibelemente haben auch unter relativ großer thermischer Belastung erfolgreich gearbeitet. Um zu zeigen, dass diese Reibbeläge aus Holz dem gleichen Funktionsmechanismus unter-liegen wie die organisch gebundenen massegepreßten Beläge, dass also auch hier ein

(39)

Mate-Bild 5.3: a Veränderung der Größe und des Verlaufs der Reibungszahl µ(t) mit zuneh-mender Zahl der Reibspiele. Reibwerkstoffe: Buchenholz gegen St 52-3 (S 355 J2G3), b Struktur der Reibschicht und Elementverteilung auf der Belagoberfläche nach 2400 Reib-spielen. pR= 56 N/cm2; vR= 0,005 m/s; AR= 16 cm2.

rialübertrag von dem metallischen Reibpartner in den metallfreien Holzbelag zu beobachten ist, wurden in Rahmen dieser Arbeit vergleichende Untersuchungen zwischen beiden Be-lagarten auf dem Haft- /Gleitreibungsprüfstand nach Bild 4.1 angestellt. Die Reibeigen-schaften im Bereich des Übergangsgebiets zwischen Haften und Gleiten der mit dem Holz-belag ausgerüsteten Paarung offenbart Bild 5.2 a. Das Versuchsprogramm besteht aus 2400, nacheinander unter gleicher Belastung gefahrenen Reibspielen (ZR). Die Reibungszahl ist zu Beginn der Messreihe bei jungfräulichem Reibbelag relativ klein und gleichmäßig. Verhältnismäßig schnell wächst die Reibungszahl mit der Zahl der Reibspiele und bildet gleichzeitig im Übergangsgebiet Haften/Gleiten eine Spitze, die sich im fortschreitenden Reibprozess immer stärker ausbildet und bereits frühzeitig Reibschwingungen anregt, deren Frequenz mit der Größe der Reibungszahl zunimmt. Gleichzeitig mit den Reib-schwingungen ist eine starke Geräuschentwicklung verbunden. Hier liegt einer der Haupt-nachteile der Reibbeläge aus Holz. Wie die Reibflächenuntersuchungen zeigen, bildet sich auch auf dem Holzbelag eine Reibschicht aus schwarzen Verbrennungsprodukten (Bild 5.3 b oben), in die im Laufe des Reibprozesses Eisenpartikel aus der metallischen Reibschiene eingewandert sind (Bild 5.3 b unten). Dass diese Partikel anschließend oxidiert sind, beweist der gleichzeitig ausgewiesene Sauerstoff.

R e ib z e it tR [s ] a) R e ib u n g s z a h l µ (t ) [-] F e O O O O O b) Haft- Gleitgebiet 1000 100 50 10 1 2400 ZR 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0,0 0,3 0,6 0,9 1,2 1,5

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Bild 5.4: a Veränderung der Größe und des Verlaufs der Reibungszahl µ(t) mit zuneh-mender Zahl der Reibspiele. Reibwerkstoffe: Elektrolytkupfer gegen St 52-3 (S 355 J2G3),

b Elementverteilung auf der Belagoberfläche nach 2200 Reibspielen. pR= 56 N/cm2;

vR= 0,005 m/s; AR= 16 cm2.

Gleichartige Versuche wurden mit einem eisenfreien Belag aus Elektrolytkupfer angestellt. Das Ergebnis dieser Reibversuche in Bild 5.4 zeigt ein sehr ähnliches Verhalten zu der Paa-rung mit dem Holzbelag in Bild 5.3. Die mit dem Kupferbelag ausgerichtete PaaPaa-rung be-wegt sich allerdings bereits nach wenigen Reibspielen im Bereich relativ großer Reibungs-zahlen, dagegen bildet sich die Spitze im Haft- /Gleitgebiet später. Auch in der Reibschicht dieser Paarung lassen sich die aus der Schiene eingewanderten Fe-Partikel nachweisen (Bild 5.4 b).

Je härter der Reibbelag ist, umso kleiner ist der Anteil der tragenden Bereiche der Reibflä-che zu Beginn des Reibprozesses. Beispielhaft steht dafür Bild 5.5, in dem drei Ansichten auf die Reibfläche eines Kupferbelages dargestellt sind. Jedes Bild steht für einen anderen Belastungszeitraum auf dem Haft- /Gleitreibungsprüfstand. Die dunkel bis schwarz ausge-bildeten Flächenbereiche kennzeichnen die im Reibprozess beanspruchten Bereiche, in denen sich eine Reibschicht gebildet hat. Nach 2000 Reibspielen, die vornehmlich den in Bild 5.4 gezeigten Einlaufprozess repräsentieren, beschränkt sich die noch nicht vollständig ausgebildete Reibschicht in Bild 5.5 a auf relativ schmale Bereiche an den Außenrändern und in der Mitte. Der Traganteil hat sich nach 3040 Reibspielen vergrößert Bild 5.5 b.

R e ib z e it tR [s ] Z R a) R e ib u n g s z a h l µ (t ) [-] F e O C u C u F e C u b) Gleitgebiet Haft-0,0 0,3 0,6 0,9 1,2 1,5 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 2200 1800 100 1

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a) nach 2000 Reibspielen b) nach 3040 Reibspielen c) nach 5000 Reibspielen Bild 5.5: a, b und c Zunehmende Belegung der Reibfläche mit Eisenoxyd. Elektrolytkupfer gegen St 52-3 (S 355 J2G3). pR= 56 N/cm2; vR= 0,005 m/s; AR= 16 cm2.

Nach 5000 Reibspielen ist nahezu die gesamte Reibfläche mit einer Reibschicht bedeckt Bild 5.5 c. Allerdings waren bestimmte Flächenstreifen zu dem betreffenden Zeitpunkt stär-ker belastet als andere. Darauf lässt die unterschiedliche Färbung der Reibfläche schließen. Die Lage der stärker gefärbten Streifen, also die Orte höchster Belastung, verschieben sich im Reibprozess. Diese Beobachtung ist eine Bestätigung der Erkenntnisse von Dörsch [Doe04] und Kleinlein [SK03], die die ständige Verschiebung der maximalen Reibintensität in der Reibfläche mit Hilfe der Thermographie nachgewiesen haben.

Bild 5.6 zeigt Ansichten auf Reibflächenausschnitte von Belag und Schiene aus den glei-chen Versuglei-chen bei starker Vergrößerung. In der oberen Bildzeile lässt sich die Ver-änderung der Reibschichtoberfläche auf dem Belag im Laufe des Reibprozesses verfolgen. Die zunächst glatte Oberfläche (Bild 5.6 a) rauht zunehmend auf (Bild 5.6 b), bis die ent-stehenden Verschleißpartikel plattenförmige Reibschichtbereiche bilden (Bild 5.6 c), in denen sich die Riefen des metallischen Reibpartners abbilden, die aus der mechanischen Schleifbearbeitung stammen. Diese Riefen lassen sich auch noch nach 5000 Reibspielen auf der Reibfläche des metallischen Partners erkennen (Bild 5.6 f), auch wenn einige stärker beanspruchte Bereiche durch aus dem Reibbelag stammende Verschleißpartikel belegt sind (Bild 5.6 e und f). Während des Einlaufprozesses ist der Verschleiß des Reibbelages, was auch für Reibpaarungen in der Praxis zutrifft [Gau98], größer als danach. Die in den ersten

40x40 m m

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ZR= 2000 ZR= 3040 ZR= 5000 B el ag ( E le kt ro ly tk up fe r) a) b) c) S ch ie ne ( S t 52 -3 ) d) e) f)

Bild 5.6: Veränderung der Reibfläche beider Reibpartner zu unterschiedlichen Be-lastungszeitpunkten. Reibwerkstoff aus Elektrolytkupfer gegen St 52-3 (S 355 J2G3).

pR= 56 N/cm2; vR= 0,005 m/s; AR= 16 cm2.

Reibspielen entstehenden Verschleißpartikel sind noch nicht zu einer tragfähigen Reib-schicht zusammengewachsen. Wegen der unstrukturierten Anordnung der Verschleiß-partikel ist der Verlauf der Reibungszahl in den ersten Reibspielen relativ glatt. Erst mit zunehmender Zahl der Reibspiele festigt sich die Reibschicht. Deshalb bilden sich erst nach 1800 Reibspielen Reibschwingungen aus (Bild 5.4).

Der Übertragungungsmechanismus von Partikeln aus dem metallischen Reibpartner in den Belag sowie die Reibschichtbildung und das damit zusammenhängende Auftreten von Reibschwingungen ist in allen Reibpaarungen gleich. So zeigt das Bild 5.7 a beispielhaft für die Reibpaarungen mit organisch gebundenen Reibbelägen die Veränderung der Reibungszahl während des Einlaufprozesses bis zur Spitzenbildung im Übergangsgebiet Haften/Gleiten nach dem Einlauf. Die Wirkung der Anreicherung der Reibschicht des Be-lags mit metallischen Partikeln während des Einlaufprozesses macht der Vergleich der

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