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Perfektivierung im Lexikon .1 Verbpräfixe als Perfektivierer.1 Verbpräfixe als Perfektivierer

Perfektivierung erfolgt im Russischen in der Regel durch Verbpräfigierung (vgl. 0). Das heißt, daß im Unterschied zum Englischen im Russischen das präfigierte Verb mit den Merkmalen des Perfektivs ausgestattet ist.

Vom Standpunkt der generativen Lexikontheorie, die produktive Wortbildung im Lexikon behandelt und gesonderte Einträge für Verbstämme und Präfixe vorsieht, stellt sich die Frage, welcher dieser beiden Bestandteile des präfigierten Verbs über die Perfektivinformation ver- fügt. Der Perfektiv ־ Imperfektivtest (3) hat bereits gezeigt, daß Verbsimplizia im Russischen eindeutig imperfektives Verhalten aufweisen. Imperfektive Verben im Russischen können zwar in satzübergreifenden Kontexten auf Ereignisse mit einem perfektiven Nachzustand re- ferieren, müssen es aber nicht. Daher wäre es nicht einleuchtend, die Perfektivinformation am unpräfigierten Verbstamm im Lexikon zu fixieren, da dies immer eine perfektive Lesart des Verbs erzwingen würde.

Ich nehme an, daß die Perfektivinformation vom Präfix hinzugefügt wird, d.h., der Diskursre- ferent s und die Bedingung e 3 0 s sollen Bestandteil der Lexikoneinträge russischer Verb- präfixe sein. Durch Präfigierung wird diese Information Bestandteil der Semantik des präfi- gierten Verbs.

Das heißt, daß im Russischen Verbpräfixe als Perfektivierer über das Merkmal PERF ■ + ver- fügen und einen Zustandsdiskursreferentcn s einführen. Allerdings wird s zuerst in den Lexi- koneintrag eines präfigierten Verbs eingeführt und durch das präfigierte Verb in die Satz- DRS.

(40) - +)

(s)

PRÄF |pi;rf- + |(s) STAMM|STAT,.|( e )

In (40) ist die für das Russische anzunehmende Struktur dargestellt, auf Grund derer die Per- fektivinformation präfigierter Verben aus dem Lexikon geliefert werden kann. Vergleicht man die Darstellung in (40) mit der in (33), so wird deutlich, daß im Russischen perfektive Verben zwei Diskursreferenten einführen, nämlich e und s. Da beide Diskursreferenten e und s im Lexikoneintrag der Verbs angenommen werden, ist wichtig zu klären, welches der beiden Argumente das referentielle sein wird. Ich nehme an, daß das präfigierte Verb wie auch das Simplex auf Ereignisse referiert. Der Zustandsdiskursreferent s ist ein semantisches Argu- ment, welches syntaktisch nicht realisiert wird. Die Charakterisierung von s sowie die Relati-

Perfektivierung im Lexikon 43

Mit dieser Annahme können wir die Satz DRS (38) ableiten. Ungeklärt bleibt aber noch die Frage nach der Charakterisierung des Nachzustandes. Mehr dazu in 1.3.2.

Zugleich gibt es im Russischen einige Verbsimplizia, die perfektiv sind. Diese Verben sollten im Lexikoneintrag neben dem Ereignisdiskursreferenten auch einen Zustandsdiskursreferen- ten enthalten, wie es bei präfigierten Verben nach der Präfigierung der Fall ist. Die Charakte- risierung des perfektiven Nachzustandes wird in diesen wenigen Fällen direkt im Verbeintrag fixiert. Für das Verb kupit' (kaufen-lnf.Perfv.) sollte etwa folgender Eintrag angenommen werden:12

(41)

e S X У

e: TRANSFER!*^* нлѵеьр״־)*י У) x = Agent (e)

у = Theme (e) C DC S

s: HAVE (x, у) POSS (x, у)

Tatsächlich beziehen sich Sätze mit dem Verb kupit ׳ (kaufen-lnf.Perfv.) nicht nur auf Kauf- ereignisse, sondern auch auf deren perfektive Nachzustände, in denen das Agens das Thema hat und sein Eigentümer ist. Eine Lesart mit einem anders charakterisierten Nachzustand ist ausgeschlossen.

(42) Ün kupil knigu, по и nego ejo net.

(Er kaufen-3.Pers.Sing.Mask.Prät.Perfv. Buch, aber bei ihm es nicht ist.) Er hat das Buch gekauft, aber er hat es nicht.

Eine Interpretation von (42) kann nur erfolgen, wenn man zwischen dem Kaufereignis im er- sten Teil und dem Zustand im zweiten Teil ein zusätzliches Ereignis annimmt, in dem das Buch z.B. verschenkt wurde oder verlorenging.

Zwei weitere Gruppen russischer perfektiver Verben können durch einen ausgezeichneten Nachzustand semantisch nicht charakterisiert werden. Das sind die sogenannten ingressiven und pofektivcn Verben. Diese Verben werden in meiner Arbeit nicht explizit behandelt. In den folgenden zwei Abschnitten möchte ich lediglich zeigen, daß durch die hier angenomme- ne Perfektivanalyse auch diese beiden Verbgruppen erfaßbar sind.

13.1.2. Ingressiv

In der Aspekt- und Aktionsartliteratur wird der Ingressiv als Aktionsart bezeichnet (dazu u.a.

Steinitz (1981), Krifka (1989), Isaćenko (1962)). Ich verstehe ingressive Verben wie zapet' (anfangen-zu־singen-lnf.Perfv.) als perfektive, da sie in dem von mir angenommenem Perfek- tiv-Imperfektivtest (3) eindeutig perfektives Verhalten aufweisen, d.h., sie sind im Russischen

12 Zu beachten ist, daß aus Gründen der Überschaubarkeit in dieser Arbeit zum Teil mit reduzierten Lexikonein•

trägen gearbeitet wird.

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44 Perfektivanalyse tør das Russische

wie auch andere perfektive Verben in Konstruktionen mit aspektuellen Verben ungramma- tisch. Dazu folgendes Beispiel:

(43) *On naéal/zakonöl tape('

(Er beginnen/aufhören-3.Pers.Sing.Mask.Prät.Perfv. гл-singen-Inf.Perv.) Er begann/hörte auf. anzufangen zu singen.

Die Semantik eines ingressiven perfektiven Derivats wie zapet' (anfangen-zu-singen- Inf.Perfv.) kann nicht durch einen perfektiven Nachzustand erfaßt werden, wie es bislang für die sogenannten Resultativa vorgeschlagen wurde.

(44) On zapel pesnju i dopeU

(Er za־sin g en 3 ־.Pers.Sing.Mask.Prät.Perfv. Lied und </0-singen-/

/ne dopel ejo.

nicht-Absingen-3.Pers.Sing. Mask. Prät.Perfv. es.)

Er hat angefangen, ein Lied zu singen, und hat es (nicht) zu Ende gesungen.

Wie das Beispiel (44) zeigt, impliziert das Verb zapet' (anfangen-zu-singen-Inf.Perfv.) im Unterschied zu den bislang diskutierten Beispielen keinen ausgezeichneten Nachzustand. Die Charakterisierung dieses Nachzustandes ist in diesem Fall mit der imperfektiver Verben ver- gleichbar. Der Nachzustand steht in einer schwach kausalen Relation zu dem Ereignis, ist aber nicht eindeutig festgelegt.

Im Unterschied zu den resultativen Verben implizieren die Ingressiva im Russischen einen festgelegten Vorzustand. Unter dem Vorzustand eines Ereignisses verstehe ich gewisse Be- dingungen. die erfüllt sein müssen, um von einem bestimmten Ereignis sprechen zu können.

Als Vorzustand z.B. eines ingressiven perfektiven Singereignisses soll ein Zustand verstanden werden, in dem es nicht der Fall ist. daß das am Ereignis beteiligte Individuum singt.13 Nur unter der Voraussetzung dieses Vorzustandes kann ein Ereignis mit dem Verb zapet' (anfangen-zu-singen-Inf.Perfv.) beschrieben werden.

(45) On ne p e l f pel, a potom zapel

(Er nicht sin g en /singen-3.Pers.Sing.Mask.Prät.Perfv. und danachza-singen- 3.Pers.Sing. Mask. Prät.Perfv.)

Er hat nicht gesungen/*gesungen, und danach fing er an zu singen.

Auf Grund solcher Beispiele wie in (45) nehme ich an. daß im Unterschied zum Englischen im Russischen perfektive Verben nicht nur durch einen ausgezeichneten Nachzustand, son- dem auch einen ausgezeichneten Vorzustand beschrieben werden können. Während in der DRT durch das Present Perfect die Bedingung e zxz s eingeföhrt wird, schlage ich vor, für das Russische zwei Bedingungen zur Auswahl zu stellen: e 3 c s und/oder So 3 c e, die je nach Präfix festgelegt werden.

Das heißt, daß perfektive Verben im Russischen durch das Vorhandensein entweder eines ausgezeichneten Nachzustandes oder eines ausgezeichneten Vorzustandes charakterisiert wer- den können.

11 Die Vorzustände ingressrver Verben sollten bei detaillierter Analyse einen Präsuppositionsstatus haben. As-

Pofektiv 13.1.3

Der Pofektiv, auch Deliminativ genannt, wird wie auch der Ingressiv in der Literatur als eine Aktionsart aufgefaßt (dazu u.a. Steinitz (1981), Krifka (1989), Isačenko (1962)). Als pofektive Verben werden solche bezeichnet, die eine zeitlich begrenzte Verbhandlung beschreiben. Im Russischen haben diese Bedeutung häufig Derivate mit den Präfixen po- und pro- wie z.B.

poćertit' (eine-Weile-zeichnen-Inf.Perfv.), probegat ' (eine-Weile-rennen-lnf.Perfv.). Diese Verben werden in der vorliegenden Arbeit nicht explizit behandelt. Deshalb werde ich ledig- lieh an einigen Stellen versuchen zu zeigen, daß die hier angestrebte Analyse des russischen Perfektivs auch auf die Gruppe der pofektiven Verben anwendbar ist.

Pinón (1993a) fuhrt Argumente an, die dafür sprechen, den polnischen Pofektiv sowohl als Imperfektiv als auch als Perfektiv zu behandeln. Seine Argumentation trifft größtenteils auch für das Russischen zu. Nach den von mir angenommenen Perfektiv-Imperfektivtest (3) sind

(Er /we-zeichnen-Perfv. das Schema zwei Stunden.)

Perfektive Verben sind im Russischen in der Regel in durativen Konstruktionen ungramma- tisch, imperfektive Verben hingegen grammatisch. In Konstruktionen mit Zeitspannenadver- bien sind imperfektive Verben ungrammatisch, aber die perfektiven durchaus wohlgeformt.

I

wie die Beispiele in (46) zeigen. In dem Test (46) weisen pofektive Verben imperfektives Verhalten auf.

Ich werde mich auch an dieser Stelle auf den angenommenen Perfektiv-Imperfektivtest (3) stützen und pofektive Verben im Russischen als perfektive auffassen. Im Unterschied zu Pi- nón (1993a) nehme ich an. daß Pofektiva im Russischen auf Ereignisse mit ausgezeichneten Vor- und Nachzuständen referieren. Die Charakterisierung dieser Zustände könnte mit der von Ingressiva aus dem letzten Abschnitt vergleichbar sein. Die intuitive Idee, die hinter diesem Vorschlag steht, ist folgende: Pofektiva referieren auf zeitlich begrenzte Ereignisse. Das kann in dem hier angenommenen Rahmen durch die Axiomschemata ( 16). (17) charakterisiert wer- den. Im Unterschied zu einem imperfektiven Verb, welches zusätzlich durch einen Nach- oder Vorzustand charakterisiert werden kann, könnte bei pofektiven Verben diese quasi Abbruchs*

oder Begrenzungsbedingung für Ereignisse direkt im Lexikoneintrag festgelegt werden. Nähe- res dazu in den Abschnitten 1.5.2 und 1.6.1.

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