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4 Internationale Modelle pflegerischer Leistungen

4.3 Nutzen für die Patienten

4.3.2 Patientenedukation

Fünf der sechs Studien dieser Kategorie waren RCT (siehe Anhang 3), in denen die Kontrollgruppen überwiegend die übliche ambulante Versorgung ohne jegliche Intervention erhielten (Coultas et al. 2005; Gallefoss, Bakke, Kjærsgaard 1999; Gallefoss, Bakke 1999;

Gallefoss, Bakke 2000a; Gallefoss, Bakke 2000b; Monninkhof et al. 2003; Wong, Wong, Chan 2005). Lediglich in einer Studie wurden auch in der Kontrollgruppe das Laufbandtraining und die Walking-Trainingseinheiten durchgeführt, hier jedoch ohne die besondere edukative Unterstützung durch die Pflegekraft (Carrieri-Kohlmann et al. 1996; Carrieri-Kohlmann et al.

2001). In der Studie von Coultas et al. (2005) wurden zwei unterschiedliche Interventionen

durchgeführt. In einer Interventionsgruppe sollte durch die Patientenedukation das Wissen der Patienten über ihre Krankheit und über das Medikamentenmanagement gesteigert werden, in der zweiten Interventionsgruppe wurde zusätzlich über patientenzentrierte Interaktion angestrebt, Veränderungen im Lebensstil und in den Selbstmanagementfähigkeiten zu erreichen.

In fünf Studien wurde die objektive und/oder subjektive Wahrnehmung von Krankheitssymptomen als Ergebniskriterium erfasst. So wird in einer Studie davon berichtet, dass sich die Atemnot der Patienten sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe während des Trainings deutlich besserte. Bei der im täglichen Leben auftretenden Atemnot war diese Verbesserung sogar signifikant. Es gab bezüglich dieser Veränderungen keine signifikanten Unterschiede zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe. Auch die mit der Atemnot verbundenen Angstgefühle verringerten sich in beiden Gruppen signifikant (Carrieri-Kohlmann et al. 1996; Carrieri-Kohlmann et al. 2001). Bei Coultas et al. (2005) zeigte sich in der Interventionsgruppe, bei der zusätzlich patientenzentrierte Interaktion durchgeführt wurde, dass die COPD von den Patienten nach der Intervention signifikant weniger aufdringlich empfunden wurde. Es gab diesbezüglich jedoch keine signifikanten Unterschiede zur anderen Interventions- und zur Kontrollgruppe. In der Studie von Gallefoss, Bakke und Kjærsgaard (1999) verbesserte sich der in einer Spirometrie gemessene FEV141 in der Interventionsgruppe stärker als in der Kontrollgruppe, der Unterschied zwischen den Gruppen war jedoch nicht signifikant. Auch in der Studie von Monninkhof et al. (2003) wurden bezüglich der selbstberichteten COPD-Symptome und des Wohlbefindens keine signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe erzielt. In dieser Studie traten im Zeitraum eines Jahres nach der Intervention in der Interventionsgruppe im Durchschnitt zwei Exacerbationen auf, in der Kontrollgruppe war es im Durchschnitt eine Exacerbation. Die Autoren vermuten, dass die Patienten der Interventionsgruppe bezüglich einer Verschlechterung der COPD sensibler geworden sind als die der Kontrollgruppe und daher Exacerbationen eher wahrnehmen. Lediglich Sinclair et al.

(1998) berichten davon, dass die Patienten nach der Intervention eine signifikante Verbesserung sowohl der Symptome als auch des psychischen Wohlbefindens angeben.

Die Häufigkeit der Nutzung von Einrichtungen des Gesundheitswesens nach der edukativen Maßnahme wird in drei Studien erfasst. In der Studie von Coultas et al. (2005) zeigten sich zwischen den beiden Interventions- und der Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Anzahl der Konsultationen beim Allgemeinarzt, der Krankenhausaufenthalte und der Aufenthalte in einer Notaufnahme. Wong, Wong und Chan (2005) berichten im Hinblick auf die Anzahl der Krankenhausaufenthalte und der Konsultationen beim Allgemeinarzt dasselbe, die Patienten der Interventionsgruppe suchten jedoch in dieser Studie signifikant

41 Der FEV1 bezeichnet das „Forced Expiratory Volume in 1 Second“. Das ist das Volumen, das nach maximaler Einatmung innerhalb von einer Sekunde mit aller Kraft ausgeatmet werden kann.

seltener eine Notaufnahme auf als die Patienten der Kontrollgruppe. Bei diesen Ergebnissen ist jedoch zu bedenken, dass zum Zeitpunkt der Studie in Hongkong SARS42 ausgebrochen ist und die Ergebnisse dadurch beeinflusst sein könnten. In der Studie von Gallefoss und Bakke (1999) benötigten die Patienten der Interventionsgruppe signifikant weniger Konsultationen beim Allgemeinarzt als die Patienten der Kontrollgruppe.

In den drei Studien, in denen die Lebensqualität der Patienten erfasst wurde, zeigten sich nach der edukativen Maßnahme zwischen den Studiengruppen keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu den Ausgangswerten (Coultas et al. 2005; Gallefoss, Bakke, Kjærsgaard 1999; Monninkhof et al. 2003).

Bei Carrieri-Kohlman et al (1996) verbesserte sich in der Interventionsgruppe die Selbstwirksamkeitsüberzeugung bezüglich des Laufbandtrainings signifikant. Im Hinblick auf die Walking-Trainingseinheiten zuhause war dies sowohl bei der Interventions- als auch bei der Kontrollgruppe der Fall. Zwischen den Gruppen zeigten sich aber keine signifikanten Unterschiede. In der Studie von Wong, Wong, Chan (2005) hingegen nahm die Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Patienten in der Interventionsgruppe insgesamt signifikant mehr zu als in der Kontrollgruppe.

Monninkhof et al. (2003) haben das selbstberichtete Selbstvertrauen der Patienten erfasst, hier jedoch in den Veränderungen am Ende des Untersuchungszeitraums keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt.

Bei Sinclair et al. (1998) nahmen nach der edukativen Maßnahme die Bewältigungsressourcen (hierunter wurden auch die internale Kontrollüberzeugung und die Selbstwirksamkeitsüberzeugung in Bezug auf die Symptome subsumiert) signifikant zu.

In der Studie von Gallefoss und Bakke (1999) wurde als weiteres Ergebniskriterium die Medikamenten-Compliance der Patienten erfasst. Hier zeigten sich zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede. Die Patienten der Interventionsgruppe benötigten jedoch signifikant weniger Notfall-Medikamente zum Inhalieren als die Patienten der Kontrollgruppe. In dieser Studie wurden die Patienten auch um eine Beurteilung der edukativen Maßnahme gebeten. Alle Patienten der Interventionsgruppe empfanden die edukative Maßnahme als nützlich oder sehr nützlich und gaben an, sich danach sicherer oder viel sicherer zu fühlen (Gallefoss, Bakke 1999).

Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass die edukativen Maßnahmen bei Patienten mit COPD bezogen auf die Lebensqualität und auf die objektiv und/oder subjektiv erfassten Symptome kaum Effekte haben. Dies scheint auch in Bezug auf Veränderungen der Selbstwirksamkeitsüberzeugung und des Selbstvertrauens der Fall zu sein. Lediglich im Hinblick auf die Häufigkeit der Nutzung von Einrichtungen des Gesundheitswesens deutet sich ein geringfügig positiver Effekt an. Eine Bewertung der edukativen Maßnahme durch die

42 Severe Acute Respiratory Syndrome (Schweres akutes Atemwegssysndrom)

Patienten findet nur in einer Studie statt, fällt hier jedoch sehr gut aus. Es besteht dabei aber die Gefahr des Bias durch sozial erwünschte Antworten.

Im Gegensatz dazu stehen die eindeutig positiven Ergebnisse der einzigen Studie, in der Patienten mit RA geschult wurden. Hier haben die Patienten mit der Verringerung der Symptome und der Zunahme der Bewältigungsressourcen einen deutlichen Nutzen von der Schulung. Dies ist auch die einzige Studie, in der die Edukation durch eine Pflegekraft im Sinne von ANP durchgeführt wurde und eine der beiden Studien, in denen eine komplexe kognitiv-verhaltensorientierte Intervention durchgeführt wurde. Dabei ist zu bedenken, dass diese Studie ohne Kontrollgruppe durchgeführt wurde. Des Weiteren stellt sich hier die Frage, wie nachhaltig die Ergebnisse sind, da der Untersuchungszeitraum nur drei Monate betrug (Sinclair et al. 1998).

Diesen widersprüchlichen Ergebnissen können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Zum einen ist es möglich, dass Patienten mit COPD von edukativen Maßnahmen keinen deutlichen Nutzen haben. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass es sinnvoll ist, bei Patienten mit COPD den inhaltlichen Schwerpunkt pflegerischer Interventionen anders zu wählen. Die Ergebnisse in der Kategorie „Ambulante Rehabilitation“ weisen z.B. darauf hin, dass ein Schwerpunkt auf körperlichen Übungen den Patienten mehr Nutzen bringt (Kapitel 4.3.4). Zum anderen kann es sein, dass der Nutzen von Patientenedukation abhängig ist von der Qualifikation der Pflegekraft. In vier der fünf Studien bei Patienten mit COPD wurde die pflegerische Leistung von Pflegekräften ohne klinische Spezialisierung durchgeführt, wohingegen in der einzigen Studie, die einen eindeutigen Nutzen zeigte, Pflegekräfte im Sinne von ANP eingesetzt wurden. Hier ist die Datenlage jedoch mit nur einer Studie sehr dünn, so dass es empfehlenswert wäre, eine weitere Recherche nur zum Thema Patientenedukation durchzuführen und diese im Hinblick auf potentielle Zusammenhänge von Krankheitsbild bzw.

Qualifikation der Pflegekräfte und Nutzen für die Patienten auszuwerten.