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Paritätsverletzung

Im Dokument 10 Schwache Wechselwirkung (Seite 3-7)

Bei hohen Impulsüberträgen wird derW-Propagator die richtigen Ergebnisse liefern, nicht jedoch die Fermi-Theorie. Im Limes kleiner Impulsüberträge�q2��m2W vereinfacht sich aber der Propagator für das schwere W-Boson,

1

q2−m2W →− 1 m2W

Symbolisch geht damit der Propagator des W-Austausches in E.

Fermi’s 4-Fermion Kontaktwechselwirkung über.

Ein genauer Vergleich mit der Formel aus der Fermi-Theorie liefert:

GF

√2 = g2

8m2W (10.2)

Damit ist die Fermikonstante als Quotient aus Kopplungskonstante und Masse desW interpretiert worden. Da dieW-Masse experimen-tell zu

MW =80,379 GeV

bestimmt wurde, ergibt sich für die Kopplungskonstante g desW -Bosons

g≈0,7 (10.3)

Die Reichweite der schwachen WW ist damit (siehe Abschnitt 9.1) RW ≈ �hc

MW = 200 MeV fm

80 GeV ≈2,5⋅103fm

Das ist etwa 1/400 der Reichweite der starken Wechselwirkung oder des Radius des Protons. Die schwache Wechselwirkung ist also schwach, weilW und Z Bosonen so schwer sind.

10.3 Paritätsverletzung

Die Paritätstransformation P spiegelt die Koordinaten eines Vek-tors am Ursprung. Da zweimalige Spiegelung den Ursprungszustand wiederherstellt, kann der Eigenwert zu Pˆ nur ±1 sein.

Vektoren mit negativer Parität sind

Pˆx�=−�x, Pˆp�=−p,� Pˆ�j =−�j (10.4) Vektoren mit positiver Parität (Axialvektoren) sind z.B.

PˆL�=Pˆ(�r×p�)=+L� (10.5) sowie der Gesamtdrehimpuls J�und der SpinS�. Das Produkt eines Vektors mit einem Axialvektor, also z.B.J�⋅p�, ist wieder ein Vektor.

10.3 Paritätsverletzung

Aufgabe 10.1: Zeigen Sie anhand der Maxwell-Gleichungen, dass wegen

Pˆ%=+% Pˆ�j=−�j (10.6) die elektromagnetische Wechselwirkung die Parität er-hält, wenn

PˆE� =−E,� PˆB� =B� (10.7) Pˆ' =+', PˆA� =−A� (10.8) Damit hat auch das Photon Aµ =(',A�)negative Pa-rität.

Am Beispiel des -Zerfalls

60Co→ 60Ni+e+⌫¯e

wurde erstmals von C.S.Wu direkt nachgewiesen, dass die Parität in der schwachen Wechselwirkung nicht erhalten ist.

Die Spinrichtung des Co wird bei tiefen Temperaturen durch ein Magnetfeld festgelegt. Gemessen wird die Zählrate der Elektronen unter einem bestimmten Winkel relativ zur Spinrichtung, also als Funktion von J�Co ⋅p�e. Man beobachtet, dass die e vorzugsweise entgegen der Richtung des Co-Spins emmittiert werden, d.h bei Umpolung des Magnetfeldes ändert sich auch die Zählrate. Da der e- Impuls ein Vektor ist und Spin ein Axialvektor ist folgt, das die relative Richtung der beiden (Observable) nicht invariant unter einer Paritätstransformation ist.

Tatsächlich ist die Parität in der schwachen Wechselwirkung ma-ximal verletzt, d.h.

• Nur linkshändige Fermionen (eL,⌫L, uL, dL) und

rechtshändige Anti-Fermionen (e+R,⌫¯R,u¯R,d¯R) nehmen an der schwachen Wechselwirkung teil.

• eR,⌫R, uR, dR und e+L,⌫¯L,u¯L,d¯L nehmen nicht an der schwa-chen Wechselwirkung teil.

Dies nennt man eine chirale Theorie. Das gleiche Verhalten be-obachtet man auch für die beiden anderen Fermion-Generationen.

Man sieht diese Eigenschaft in allen Prozessen der schwachen Wech-selwirkung.

10.3 Paritätsverletzung

Der Strom eines Fermions18in der schwachen WW mitW-Bosonen ist also z.B. füre→⌫e nur

j(µe⌫

e)=u¯L(P) µuL(Pe)

Beispiel: Streuung mit polarisierten Elektronen Ein besonders deut-liches Beispiel ist in Abb.10.2 gezeigt. Hier wurden bei sehr hohen Energien am HERA-Beschleuniger “charged current” Reaktionen

[%]

120 HERA Charged Current e±p Scattering

> 400 GeV2 (blau) als Funktion der Polarisation der e±. Der WQ ist linear ab-hängig von der Polarisation Pe des e± Spins. Er wird Null für e mit Spin parallel zum Impuls (Pe = 1) und ebenso Null für e+ mit Spin antiparallel zum Impuls (Pe = 1). Daten der Experimente H1 und ZEUS am HERA-Beschleuniger im Hamburg. Die Strahlenergien betru-genEe=27,6 GeV, Ep=920 GeV.

e→⌫e und e+ →⌫¯e mit Spin-polarisiertene± gemessen. Bei diesen Energien sind die Elektronen ultrarelativistisch. Ein Polarisations-grad von +100% (-100%) enspricht also einem fast reinen eR (eL) Zustand. Die Messungen zeigen, dass die schwache Wechselwirkung mit W-Bosonen für Elektronen Null wird, wenn ihre Spins parallel zur Bewegungsrichtung sind (eR), die Ereignisrate aber linear mit der entgegengesetzten Spinpolarisation ansteigt. Genau der umge-kehrte Fall ergibt sich für e+. Tatsächlich finden also nur die Pro-zesse statt:

eLp→⌫LX und e+Rp→⌫¯RX (10.10)

18 Dies ist die sogenannte V A Form der schwachen WW. Diese Abkür-zung bedeutet Vektor-Axialvektor und ist motiviert durch die Form des PL-Operators,

10.3 Paritätsverletzung Parität und Ladungskonjugation Aus der Paritätsverletzung folgt

auch die Verletzung der Ladungskonjugation (oder C-Parität). Als Beispiel betrachten wir den Zerfall der geladenen Pionen,

+→⌫µµ+

Da der Spin des Pions null ist, muss wegen Drehimpulserhaltung der Spin des Neutrinos und des Muons immer in entgegengesetzte Richtungen zeigen.

Im Ruhesystem des Pions folgt aus den Massen der Teilchen (M = 139,6 MeV, Mµ = 106 MeV, M < 0.1 eV) für diesen 2-Körperzerfall die Energie des Neutrinos zu

E = M2+M2−Mµ2

2M =29.6MeV

Das Neutrino ist also hochrelativistisch. Damit gilt auch � �Pµ� =

� �P� ≈ E = 29.6M eV, das Muon ist also nicht hochrelativistisch (“Helizitäts-unterdrückter Zerfall).

Wegen der Paritätsverletzung der schwachen WW ist das Fermi-on⌫µ immer linkshändig, das Antifermion µ+ immer rechtshändig.

Daher ist für das ultrarelativistische Neutrino die Helizität negativ, der Spin zeigt also entgegengesetzt zur Flugrichtung. Das µ+ da-gegen ist zwar rechtshändig, aber nicht sehr relativistisch, so dass seine Spinrichtung nicht eindeutig festliegt. Der Spin des Muons kann also auch entgegengesetzt zur Flugrichtung zeigen, so dass Drehimulserhaltung erfüllt ist. Dieser Zerfall ist daher möglich mit Spin-Ausrichtungen entgegen den Flugrichtungen (↓)19

+ →⌫µ ↓ +µ+

Wendet man eine Paritätstransformation auf diesen Prozess an, so ändert sich die Impulsrichtung aber nicht die Spin Richtung, so dass die Spins parallel zur Bewegungsrichtung sind (↑),

+ →⌫µ ↑ +µ+

Dieser Prozess ist verboten, da das Neutrino jetzt rechtshändig wä-re. Es liegt also Paritätsverletzung vor.

Wendet man dagegen Ladungskonjugation an, so folgt

→⌫¯µ ↓ +µ

ein ebenfalls verbotener Prozess. Ladungskonjugation ist also eben-falls verletzt.

Die Kombination von beiden Transformationen, CP, liefert dage-gen einen erlaubten Prozess der schwachen WW, da hier das Anti-Neutrino in ultrarelativistischer Näherung rechtshändig ist,

→⌫¯µ ↑ +µ

19Der Zerfall

+e +e+

ist dagegen sehr viel unwahrscheinlicher, da dase+durch seine kleine Masse sehr relativistisch ist und daher nur eine kleine rechtshändige Komponente hat.

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