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3 ERGEBNISSE ZUR GEZIELTEN MODIFIKATION DER BINDUNGS-

3.1 P LANUNG DER V ORGEHENSWEISE

Vor der Generierung eines Repertoires für beliebige niedermolekulare Liganden durch Randomisierung der an der Ligandenbindung beteiligten Aminosäurereste des HisJ sollte zunächst untersucht werden, ob sich das HisJ als Basis für ein solches Rezeptorrepertoire eignet. d.h., ob Modifikationen der Bindungstasche ohne drastische Einbussen der Stabilität und/oder generellen Funktionsweise des Proteins vorgenommen werden können.

Weiterhin ist es für das Vorhaben interessant, zu analysieren, ob sich die Bindungseigenschaften des HisJ bereits durch relativ geringe Veränderungen, also z. B.

einen einzigen Aminosäureaustausch, messbar verändern lassen.

Es schien naheliegend, dass die Affinitäten des HisJ für strukturell dem Histidin verwandte Moleküle, u.z. den basischen Aminosäuren Arginin und Lysin, durch geringfügige Modifikation der Bindungstasche, erhöht werden können. Dies sollte durch Erzeugung einer HisJ-Variante, die sich vom wt-HisJ in nur einem einzigen Rest unterscheidet, versucht werden. Als Modellprotein wurde hierfür das LAOBP aus E. coli gewählt.

3.1.1 Das LAOBP aus E. coli als Modellprotein für die Generierung einer HisJ-Variante mit erhöhter Affinität für Arginin und Lysin

Bei LAOBP (Lysin-, Arginin-, Ornithin-Bindeprotein) handelt es sich wie bei HisJ um ein periplasmatisches Rezeptorprotein, welches Teil eines ABC-Transportsystems ist.

Während HisJ den Transport von Histidin ins Zellinnere ermöglicht, ist LAOBP für die Beförderung von Lysin, Arginin und Ornithin durch die Cytoplasmamembran zuständig, wobei es seine Liganden an den membranständigen HisQMP-Komlex weiterleitet, über den sie in den cytoplasmatischen Raum geschleust werden. Unter allen bekannten periplasmatischen Rezeptorproteinen ist das LAOBP das dem HisJ am nächsten verwandte Protein: es ist auf Aminosäureebene zu 70% mit dem HisJ sequenzidentisch (Higgins &

Ames, 1981), besteht ebenfalls aus 238 Aminosäuren und besitzt mit 27000 Da dieselbe relative Molmasse. Selbst die an der Ligandenbindung beteiligten Aminosäurereste sind in beiden Proteinen identisch, mit einer Ausnahme: das LAOBP besitzt an Position #52 ein Phenylalanin, das HisJ ein Leucin. Ein Sequenzalignment beider Proteine ist in Abb. 12 dargestellt.

. . . . . HisJ 1 AIPQNIRIGTDPTYAPFESKNSQGELVGFDIDLAKELCKRINTQCTFVEN 50 |:|| :||||| ||||| ||...|| :|||||| |:|||. .||.| . LAOBP 1 ALPQTVRIGTDTTYAPFSSKDAKGEFIGFDIDLGNEMCKRMQVKCTWVAS 50 . . . . . HisJ 51 PLDALIPSLKAKKIDAIMSSLSITEKRQQEIAFTDKLYAADSRLVVAKNS 100 |||||||||||||||.|||| |:||||||||.||||||||||: || | LAOBP 51 DFDALIPSLKAKKIDAIISSLSTTDKRQQEIAFSDKLYAADSRLIAAKGS 100 . . . . . HisJ 101 DIQPTVESLKGKRVGVLQGTTQETFGNEHWAPKGIEIVSYQGQDNIYSDL 150 ||||.|||||| ||||||.||| : |:.| ||:::|.| || |||||

LAOBP 101 PIQPTLESLKGKHVGVLQGSTQEAYANDNWRTKGVDVVAYANQDLIYSDL 150 . . . . . HisJ 151 TAGRIDAAFQDEVAAGEGFLKQPVGKDYKFGGPSVKDEKLFGVGTGMGLR 200 ||||:||| |||||| ||||||| ||:| | ||||||.| || |||.|||

LAOBP 151 TAGRLDAALQDEVAASEGFLKQPAGKEYAFAGPSVKDKKYFGDGTGVGLR 200 . . .

HisJ 201 KEDNELREALNKAFAEMRADGTYEKLAKKYFDFDVYGG 238 |:| ||: | .|| |:| ||||:|:|||||||.|||

LAOBP 201 KDDTELKAAFDKALTELRQDGTYDKMAKKYFDFNVYGD 238

Abbildung 12: Sequenzalignment von HisJ und LAOBP aus E. coli. Die Aminosäuren der Bindungstaschen sind farbig unterlegt. Dabei sind jene Reste gelb unterlegt, in denen sich die Rezeptorproteine nicht unterscheiden. Der Rest an Position #52, an dem sich in HisJ ein Leucin, in LAOBP ein Phenylalanin befindet, ist grün unterlegt. Das hellblau unterlegte Aspartat an Position #11 ist nur der Wechselwirkung mit den Liganden Arginin und Lysin beteiligt, für die Bindung von Histidin spielt es keine Rolle (Oh et al., 1994b).

Das in beiden Proteinen an Position #11 gelegene Aspartat (in Abb. 12 hellblau unterlegt) spielt nur bei der Bindung von Arginin und Lysin eine Rolle, indem es über seine Seiten-kettencarboxygruppe eine Salzbrücke zu der Guanidiniumgruppe des gebundenen Arginin, bzw. der ε-Aminogruppe des gebundenem Lysin herstellt, an der Bindung von Histidin ist dieser Rest nicht beteiligt (Oh et al., 1994b).

Da die beiden Rezeptoren hinsichtlich den Resten ihrer Bindungstasche (in Abb. 12 gelb unterlegt) bis auf den Rest an Position #52 (in Abb. 12 grün unterlegt) identisch sind, erscheint es wahrscheinlich, dass diesem Rest eine wichtige Rolle bei der Ligandendiskriminierung zukommt, da beide Proteine zwar in der Lage sind, die Liganden des jeweils anderen Rezeptors zu binden, jedoch z.T. mit stark unterschiedlichen Affinitäten, wie von Wolf et al., (1995) und Nikaido et al. (1992) mittels Gleichgewichtsdialyse gezeigt wurde (Tab. 1).

Tabelle 1: Kd-Werte (µM) für die Bindung der basischen L-Aminosäuren durch HisJ und LAOBP aus Salmonella typhimurium (Wolf, et al.,1995;Nikaido, et al.,1992)

HisJ 1) LAOBP 2)

L-Histidin 0,03 0,5

L-Arginin 0,7 0,014

L-Lysin 300 0,015

1) Wolf, et al., (1995) 2) Nikaido, et al., (1992)

So bindet HisJ Histidin mit einer gegenüber LAOBP um den Faktor 17 erhöhten Affinität, welches seinerseits eine stark erhöhte Affinität für Arginin und Lysin aufweist (im Vergleich zu HisJ jeweils um den Faktor 50 bzw. 20.000). Dies deutet darauf hin, dass über einen Phenylalaninrest an Position #52 eine hohe Affinität mit Arginin bzw. Lysin bewirkt wird, während ein Leucinrest an dieser Position die Bindung von Histidin zu begünstigen scheint.

Die Struktur von LAOBP wurde sowohl in der offenen, ligandenfreien, als auch in der geschlossenen, ligandenkomplexierten (jeweils im Komplex mit Arginin, Lysin, Ornithin und Histidin) gelöst (Oh et al., 1993; Oh et al., 1994b). Die Struktur von HisJ wurde auf Basis der LAOBP-Struktur durch Molecular Replacement bestimmt, eine Überlagerung beider Strukturen (wobei ausschliesslich die an der Ligandenbindung beteiligten Reste dargestellt sind), zeigt Abb. 13.

Abbildung 13: Überlagerung der an der Ligandenbindung beteiligten Aminosäuren des HisJ mit gebundenem Histidin (Yao et al., 1994) und des LAOBP mit gebundenem Lysin (Oh et al., 1993). Die Reste des HisJ sind orange, das gebundene Histidin rot dargestellt; die Reste des LAOBP sind hellblau, das gebundene Lysin dunkelblau dargestellt. An Position #52 ist der einzige Rest erkennbar, in dem sich die Bindungstaschen beider Proteine unterscheiden. In HisJ dieser Rest ein Leucin, in LAOBP ein Phenylalanin.

Für die Generierung einer HisJ-Variante mit erhöhter Affinität für Arginin und Lysin bietet es sich also an, das Leucin an Position #52 gegen ein Phenylalanin auszutauschen. Die Erzeugung, Reinigung und Charakterisierung einer HisJL52F-Variante ist in den folgenden Abschnitten beschrieben. Das HisJL52F wurde hinsichtlich seiner biochemischen Charakteristika mit gereinigtem wt-HisJ verglichen, die Bindungsstudien wurden zudem mit gereinigtem E. coli LAOBP durchgeführt, da alle von (Wolf et al., 1995) und (Nikaido et al. 1992) erzielten Ergebnisse auf Experimenten mit LAOBP und HisJ aus Salmonella typhimurium beruhen und Daten über die entsprechenden E. coli-Rezeptoren nicht vorliegen. Da aber die Planung des Projektes aufgrund der Sequenz- und Strukturdaten der E. coli Proteine vorgenommen wurde, erscheint es sinnvoll, die ebenfalls auf dem E. coli HisJ basierende Variante HisJL52F mit verwandten Rezeptorproteinen aus demselben Organismus zu vergleichen, um mögliche Abweichungen im Bindungsverhalten aufgrund von Unterschieden in Sequenz und/oder Struktur zwischen den E. coli und den S. typhimurim Proteinen ausschliessen zu können.