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Over-the-Counter-Handel und Börsenhandel

Neben dem Börsenhandel, der ursprünglich aus organisierten Forward-Märkten entstand, hat sich ein OTC-Markt entwickelt. Die Produkte des OTC-Marktes sind auf die indi-viduellen Belange des Kunden zugeschnitten, während an der Börse nur standardisierte Verträge gehandelt werden. Warenterminkontrakte ( commodity futures) sind beispiels-weise bezüglich der Qualität, des Volumens, des Lieferzeitpunkts und der Lieferbedin-gungen standardisiert.30 Die Standardisierung erlaubt erstens eine Vergleichbarkeit der Tauschobjekte, zweitens werden die Verträge der Nachfrage und dem Angebot recht vieler potentieller Marktteilnehmer gerecht. Futures gewährleisten daher eine hohe Fungibilität, die zusätzlich durch entpersonifiziertes Handeln - als Kontraktpartner tritt an der Börse eine dritte unabhängige Stelle, die Clearing- Stelle ein - und ein Durchsetzen der Ver-tragserfüllung durch die Clearing-Stelle erhöht wird. Diese Stelle sorgt gleichzeitig dafür, daß die pro Kontrakt verlangten Sicherheitsleistungen (margins) eingehalten werden, und paßt diese der jeweiligen Marktsituation an. Darüber hinaus ist der Kontrakthalter ver-pflichtet, täglich Verluste auszugleichen, sonst droht eine Zwangsliquidierung. Gleicher-maßen werden ihm Gewinne täglich gutgeschrieben (marking to market). Dadurch wird 44. Einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen Formen von Derivaten und deren Funktions-weisen erhält man in dem Band der Global Derivatives Study Group [2], S. 24-28 oder im Dictionary of Derivatives (2]. Zusätzliche Informationen sind zu finden im Derivatives Guide [2].

29vgl. Froot u. a. [2], S. 46 Diese Eigenschaften beeinflussen die Entscheidung, welche Form von Deriva-ten wann eingesetzt· werden sollte. Ein Ansatz aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist zu finden in Froot u.

a. , die den Ausgleich der Nachfrage nach Finanzmitteln und des internen Angebotes einer Unternehmung in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen. (s. Froot u. a. (2], S. 52)

30Die Quotierung der Terminpreise und Grenzen, innerhalb derer der Terminpreis während eines Tages schwanken darf, werden ebenfalls durch die Börse geregelt. (zur genaueren Beschreibung vgl. Hull (2], S.

2lf)

eine hohe Erfüllungssicherheit garantiert. Der Markt genießt zudem in der Regel eine höhere Liquidität, nicht zuletzt aufgrund der Standardisierung und Erfüllungssicherheit der Kontrakte. Darüber hinaus beschränkt sich der Kapitaleinsatz pro Kontrakt auf den Optionspreis bzw. die jeweils verlangte Sicherheitsleistung eines Futures. Die Hebel-wirkung eines in Futures oder Optionen investierten Kapitaleinsatzes ist daher groß.31 Täglich veröffentlichte Preise gewährleisten darüber hinaus eine höhere Transparenz als der OTC-Markt.

Vor diesem Hintergrund ist die Aussage eines Angestellten einer Investmentgesellschaft zu verstehen: "We take an active rather than a passive approach to fund management and will not want to hold the same position over the course of, say, five years, but will want to change our positions, • • • So we use the exchange-traded market for its liquidity and transparency. "32

Die Vorteile gehen allerdings zu Lasten der Individualität der Vertragsausgestaltung und damit der Flexibilität und Variabilität bezüglich der standardisierten Eigenschaften. Die Vorteile des OTC Marktes werden insbesondere bei Bezugsformen und Laufzeiten deut-lich, die den Verträgen zugrunde liegen. Agrargüter werden beispielsweise häufig gar nicht oder nur in unterschiedlicher Sorte oder Qualität an der Börse gehandelt. Auch die Auswahl bezüglich der Laufzeiten ist begrenzt und entspricht nicht unbedingt den Bedürf-nissen des Kunden. Eine Abstimmung eines Kontraktes auf individuelle Gegebenheiten macht den Vertrag allerdings in der Regel für andere als die bereits involvierten Parteien uninteressant. Forward-Kontrakte werden daher in der Regel auch erfüllt. Im Gegensatz dazu wird ein standardisierter Vertrag, der an der Börse gehandelt wird, in der Regel vor dem Auslaufen durch den Erwerb einer Gegenposition glattgestellt.33

Eine ideale Anpassung an die individuellen Bedürfnisse wird aber auch am OTC-Markt nicht angeboten. Bei Waren orientiert sich der Intermediär häufig am Angebot der Börsen.34 Individuell sehr gut anpaßbar sind jedoch Swaps, deren Handel Anfang der 80er Jahre begann und die die eigentlichen Wegbereiter der Entwicklung des OTC-Marktes wurden.35 Der große Vorteil von Swaps ist, daß es sich um finanzielle Kontrakte handelt,

31 Die Hebelwirkung kommt dadurch zustande, daß durch den Einsatz eines relativ geringen Betrages ein potentieller Gewinn bzw. Verlust des gesamten Nennwertes des zugrundeliegenden Aktivas und damit eines wesentlich höheren Betrages möglich ist. (vgl. hierzu die Ausführungen in Uszczapowski [2], S. 143ff und S. 200) Hierin liegen jedoch auch Risiken, da wie bereits erwähnt nicht nur Gewinne gutgeschrieben werden, sondern auch Verluste täglich ausgeglichen werden müssen.

32s. Financial Times Survey [2], S. 8

33Eine Erfüllung des Vertrages findet im Durchschnitt nur in 1 - 2 % der Fälle statt. (s. Streit [2] und Peck [2], S. 12)

34s. UNCTAD [2], S. 9

3ss. Dictionary of Derivatives [2], S. 2

d. h. es findet kein Transfer des dem Swap zugrundeliegenden Aktivums statt. Ausge-tauscht werden lediglich variable gegen feste Zahlungen. Der erste Währungsswap wurde 1981 gehandelt, bereits ein Jahr später wurde ein Zinsswap eingeführt. Warenswaps ent-standen 1986, womit auch an diesen OTC-Märkten die gehandelten Volumina in die Höhe schossen: "· · · - We maintain relationships with 10 to 15 of the world's largest commo-dity producers and around 90 per cent of these are actively hedging their price risk using the swaps market. We have never been busier, said one banker in charge of commodity derivatives at a bank in London. "36

Die diskutierten Vor- und Nachteile bedeuten allerdings nicht, daß sich die Nutzung beider Märkte zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles, wie beispielsweise das des Risikomana-gements, ausschließen. Vielmehr können beispielweise Banken, die Risiken verteilen, die jeweiligen Vorteile ergänzend nutzen, indem sie auf Individuen zugeschnittene Derivate anbieten und die übernommenen Risiken ihrerseits wieder an der Börse absichern. Dies wird auch anhand folgender Einschätzung von Experten am Beispiel von Derivaten auf Waren (commodity derivatives) deutlich: "The growth of the OTC market has not de-tracted from the exchange traded market, however. In fact, quite the contrary - many of the users of the OTC market and the intermediary banks that provide the OTC products have tended to use the exchanges more and more to hedge their exposures in the OTC market."37

Der Handel mit Derivaten auf Waren (commodity derivatives) zum Zwecke des Risikoma-nagements, und die Schwierigkeiten und Risiken, die dabei entstehen können, werden im folgenden untersucht. Zur Vereinfachung erweist es sich dabei als zweckmäßig, die Dis-kussion auf Termingeschäfte in Waren (Commodity Forwards und Commodity Futures) zu beschränken.

36s. Financial Times Survey [2], S. VIII. Entsprechend den Swaps sind auch Caps und Floors finanzielle Kontrakte. Folglich sind auch diese Märkte heute sehr liquide. Die Einführung der Produkte entstand etwas später und zwar 1985 auf Zinssätze. Diesen folgten Caps und Floors auf Währungen und auf Waren.

Beispielsweise erzielte der Markt für Caps und Floors auf die Deutsche Mark einen Boom während der Wiedervereinigung Deutschlands im Herbst 1989. "Faced with the projected increase in interest rates associated with the costs of unification, German corporates hedged this exposure by purchasing a )arge volume of caps." (s. Dictionary of Derivatives [2), S. 6)

37s. Financial Times Survey [2], S. 8