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7. Nichtstaatliche Organisationen

8.2 Auf den Ostseeraum bezogene Lehre und Forschung in MV

Regionalwissenschaften mit dem Blick auf den Ostseeraum sind an der Universität Rostock nur durch das 1946 gegründete Institut für Slawistik vertreten, an dem russistische und polonistische Studiengänge angeboten wurden. Zu DDR-Zeiten erfolgte hier hauptsächlich die Ausbildung von Russischlehrern. Aufgrund finanzieller Zwänge erging im April 2003 ein Senatsbeschluss über die Schließung der Rostocker Slawistik, an der seit dem Wintersemester 1997/98 das Studium nur noch im Nebenfach möglich war.

Auf den Ostseeraum bezogene Forschung und Lehre findet darüber hinaus am Institut für Ostseeforschung Warnemünde, dem Ostseeinstitut für Seerecht und Umweltrecht, dem Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus, dem Institut für Verkehr und Logistik sowie dem Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften statt.

Das Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) ist ein Mitglied der Leibniz-Gesellschaft und ein An-Institut der Universität Rostock. In den vier Sektionen des 1992 gegründeten IOW sind die Disziplinen Physikalische Ozeanographie, Meereschemie,

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Biologische Meereskunde und Marine Geologie vertreten. Es führt unter anderem für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) das Monitoring im Rahmen der HELCOM Verpflichtungen für die Bundesrepublik Deutschland durch. Beauftragt wurde das BSH zur Datensammlung über den Verschmutzungsgrad der Ostsee und sowie zur Vitalität des Wassers durch das zuständige Bundesministerium für Umwelt (BMU). Zum Arbeitsspektrum des Instituts zählt auch die Erstellung der periodischen Zustandseinschätzungen im Rahmen des Bund-Länder-Messprogramms. Gemäß der Satzung werden interdisziplinäre Forschungsansätze sowie eine Ostseeforschung mit überregionaler Relevanz angestrebt. Daher arbeitet das IOW den anderen Ostseeanrainern im Zuge des Monitorings zusammen. Auch andere wissenschaftliche Projekte zur Erforschung der Ostsee werden in oftmals länderübergreifender Kooperation durchgeführt.

Die Tätigkeit des Ostseeinstituts für Seerecht, Umweltrecht und Infrastrukturrecht an der Universität Rostock (OSU) richtet sich auf die Bereiche Forschung, Lehre und wissenschaftliche Veranstaltungen. So werden unter anderem jährlich das Seerechtsgespräch und der Umweltrechtstag durchgeführt, an dem neben inländischen Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Justiz auch ausländische- insbesondere Ostseeanrainer teilnehmen. Das OSU wirbt hauptsächlich Drittmittel ein, die umwelt- und seerechtliche Projekte betreffen. Auch Dissertationen unter diesem Leitbild werden gefördert. So wurden und werden unter anderem Projekte und Dissertationen zu Instrumenten der Offshore-Windkraft, zu Rechtsproblemen bei der Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen und zur nationalen Integrierten-Küstenzonenmanagement-Strategie bearbeitet. Aber auch ein Gutachten für den Landtag MV zur maritimen Sicherheit im Ostseeraum ist 2003 erstellt worden. Als Beispiele für Dissertationen sollen „Natur- und Gebietsschutzrecht in Polen - Stand und Entwicklung im Verlauf des Transformationsprozesses zum Mitgliedsstaat der Europäischen Union unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Schutzgebietssystems Natura 2000“ von Carsten Begler (2003) und „Die rechtlichen Möglichkeiten der Einrichtung von Meeresschutzgebieten in der Ostsee“ von Gerold Janssen (2002), herausgegeben durch die Schriftenreihe des OSU, Rostocker Schriften zum Seerecht und Umweltrecht, genannt.

Das Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus ist 1995 vor dem Hintergrund der grundlegenden politischen Veränderungen im Ostseeraum, die den Ausgangspunkt für die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen der Anrainer des Baltischen Meeres bilden, gegründet worden. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Prozesse und Tendenzen des grundlegenden

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strukturellen Wandels zu analysieren und die Entwicklungschancen der Wirtschaft MVs in den Bereichen Verkehr, Tourismus und in anderen Branchen herauszuarbeiten. An die 150 Diplomarbeiten mit Ostseebezug sind von Studenten verfasst worden. Das Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus arbeitet eng mit dem Institut für Verkehr und Logistik zusammen. Forschungsschwerpunkte dieses Instituts, das ebenfalls von Prof. Dr. Karl-Heinz Breitzmann geleitet wird, sind die Wechselwirkungen zwischen Verkehr, Tourismus, Raumplanung und Regionalwirtschaft; die logistische Ausrichtung von Seehäfen und Seeverkehrsunternehmen sowie die Rolle des Verkehrs, des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft bei der Herausbildung einer wirtschaftlichen Ostseeregion. Die Mitarbeiter arbeiten im Rahmen von Dissertationen, Drittmittelprojekten und Gutachten.

Die Rolle des Landes MV im föderalen System der Bundesrepublik und als europäische Region im Ostseeraum ist ein Forschungsschwerpunkt des Instituts für Politik- und Verwaltungswissenschaften, Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre. Seminare zu Politik und Kooperation im Ostseeraum werden angeboten. Magisterarbeiten mit ostseespezifischen Themen sind entstanden. Es besteht ein Dozentenaustausch.

Ein selbständiges Institut ist das International Baltic Entrepreneurship Center at the University of Rostock IBEC, das sich als Schnittstelle von Forschung und Anwendung versteht. Zu den Aktivitäten zählen beispielsweise Trainings, Seminare, Entwicklungskonzepte, Programmevaluationen, wissenschaftliche Begleitforschung und Studien sowie Netzwerkmanagement. Im Mittelpunkt steht die Förderung von Unternehmertum und Existenzgründung mit Orientierung auf den Ostseeraum. IBEC beteiligt sich ab Oktober 2004 bis 2007 mit zehn Hochschulpartnern des Ostseeraums und einem Partner aus den Niederlanden am Interreg IIIc-Projekt BEPART, in dem es u.a. darum geht, die Rolle der Förderung von Entrepreneurship in regionalen Entwicklungsstrategien zu analysieren und zu vergleichen.

An der Universität Greifswald ist das Lehrangebot zum Ostseeraum vielfältig. Mit den Instituten für Baltistik, Nordistik und Slawistik sind alle Regionen vertreten. Auch in den Fächern Geographie, Politikwissenschaft und Geschichte wird diesem Thema große Bedeutung beigemessen. Im Wintersemester 2004/05 werden von verschiedenen Fachbereichen insgesamt über 60 Vorlesungen und Seminare zu den Ostseeanrainerstaaten und dem Ostseeraum angeboten (vgl. Anhang 5: Veranstaltungen im Wintersemester 2004/05 zum Ostseeraum, Nord- und Osteuropa an den Universitäten Rostock, Greifswald, Kiel, Humboldt-Universität zu Berlin und München).

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Seit 1918 besteht an der Universität Greifswald das Nordische Institut. Zu DDR-Zeiten hatte das damalige Institut für Nordistik, das sich auf die Regionalwissenschaften konzentrierte, eine polit-ökonomische Ausrichtung. Nach 1990 wurde die historische und sprachwissenschaftliche Tradition wieder in den Vordergrund gerückt. Hier findet sich der einzige Lehrstuhl für Fennistik in der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl die Seminare auch landeskundliche Elemente beinhalten, stehen Untersuchungen zum zeitgenössischen Ostseeraum nicht im Zentrum von Lehre und Forschung. In seiner Größe und Ausstattung ist das Institut mit den Fachinstituten in Kiel, Berlin und München vergleichbar. Die Mitarbeiter des Instituts arbeiten in unterschiedlichem Ausmaß am Graduiertenkolleg und dem Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg mit.

Die Greifswalder Slawistik blickt auf eine lange Tradition zurück. Das Institut für Slawistik wurde 1934 gegründet. Universitäre Lehre besteht allerdings schon seit 1801, während die universitäre slawistische Forschung ihren Anfang im 18. Jahrhundert nahm. Heute sind am Institut die Lehrstühle für Polonistik, Slawische Literaturwissenschaft, Slawische Sprachwissenschaft und Ukrainistik angesiedelt.

Das jüngste unter den drei genannten Instituten ist das Institut für Baltistik, das erst 1993 gegründet wurde und zu den wenigen weltweit bestehenden baltistischen Lehr- und Forschungseinrichtungen zählt. Parallel zur Gründung des Instituts wurde mit dem Auf- und Ausbau einer baltistischen Fachbibliothek begonnen. Zusätzlich übernahm die Universitätsbibliothek Greifswald 1998 von der Bayrischen Staatsbibliothek München die Aufgabe, einen Sondersammelschwerpunkt Baltische Länder einzurichten. Dieser befindet sich in der neu gebauten Universitätsbibliothek und beherbergt über 40 Zeitungen und Zeitschriften aus Litauen, Lettland und Estland.

Im Jahr 2000 wurde das Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald unter hochrangigster Beteiligung der Bundesebene eröffnet. Mittlerweile verfügt das Institut über einen funktionalen und hochmodernen Neubau mit Wohnungen für Gastwissenschaftler im Zentrum der Stadt. Nach der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem Gründungsdirektor im Jahr 2003 wurde die ursprünglich exklusive Ausrichtung auf den Ostseeraum aufgegeben, dagegen erhielten die Life Sciences und Biowissenschaften einen höheren Stellenwert. Nach wie vor ist im aktuellen Statut eine bevorzugte Beschäftigung mit dem Ostseeraum vorhanden.

An der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) wurde 1994 das Nordeuropa-Institut (NI) als wissenschaftliche Einrichtung gegründet. Die mehr als 30.000 Bände umfassende Bibliothek

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der Skandinavistik an der Freien Universität zog an die HU um. Mit der Gründung des Instituts wurde auch auf die regionale Neustrukturierung Europas nach 1989 reagiert. Dem Forschungsprogramm des NI liegt ein im weiteren Sinne kulturwissenschaftlicher Ansatz zugrunde. Das Institut verfügt über 17 MitarbeiterInnen. Am NI/Ostsee-Kolleg wird seit 2002 der postgraduale Magisterstudiengang "Baltic Sea Region Studies" angeboten, der in Zusammenarbeit mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald bzw. verschiedenen Partneruniversitäten im Ostseeraum erfolgt.

An der Fachhochschule Stralsund wurde 1996 der Studiengang Baltic Management Studies ins Leben gerufen, der einen Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Ostseeanrainerstaaten legt. Unter anderem mit DAAD-Mitteln wurden internationale Kontakte mit Partneruniversitäten aufgebaut, mit denen z.T. Doppeldiplome angeboten werden. Die Lehrveranstaltungen finden ausschließlich in englischer Sprache statt, der Anteil der ausländischen Studierenden liegt bei 30 %. Einmal im Jahr wird ein Ostseeforum abgehalten, dessen Ergebnisse in Protokollform festgehalten bzw. im Internet veröffentlicht werden. Die Ausstattung ist auf ausländische Studierende ausgerichtet, die Betreuungsrelation fällt günstiger aus als an den Universitäten.

Seit Beginn der 90er Jahre hat sich das Netz der Wissenschaftsbeziehungen im Ostseeraum verdichtet. Neben bilateralen Hochschulpartnerschaften und Austauschprogrammen haben sich auch verschiedene inter-universitäre Kooperationsformen herausgebildet. An den Universitäten und Fachhochschulen MVs bestehen verschiedene Institute mit einem u.a. auf den Ostseeraum bezogenen Lehrangebot.