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C. Überblick über das Körperschaftsteuerrecht in der Bundesrepublik Deutschland

VI. Organschaft als Instrument zur Besteuerung verbundener Unternehmen

Schrifttum:Grotherr, Die unterschiedlichen Konzernbesteuerungssysteme in den Mit-gliedstaaten der Europäischen Union, StuW 1996, 356;U. Prinz, Unternehmensteuerre-form: Auch die Organschaft gehört auf den Prüfstand!, FR 1999, 646;Rust, Ermöglichen Diskriminierungsverbote eine Organschaft über die Grenze?, IStR 2003, 658; Behrens, Organschaft über die Grenze aufgrund des DBA-Diskriminierungsverbots?, Ubg 2011, 665;Winter/Marx, „Grenzüberschreitende“ Organschaft mit zugezogenen EU-/EWR-Gesellschaften, DStR 2011, 1101;Gosch, Über Cross-Border-Organschaften, IWB 2012, 694;Hey, Steuerpolitischer Handlungsbedarf bei der Konzernbesteuerung, FR 2012, 994;

Schönfeld, Praxisfragen der grenzüberschreitenden Organschaft, IStR 2012, 368; Beh-rens, Rückwirkende steuerliche Anerkennung von (Alt-) Ergebnisabführungsverträgen, BB 2013, 2664;Benecke/Schnitger, Wichtige Änderungen bei der körperschaftsteuerli-chen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Dötsch/Pung, Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reise-kostenrechts: Die Änderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Gründig/Schmid, Die Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG und deren Auswirkung auf grenzüber-schreitende Unternehmensstrukturen, DStR 2013, 617;Keller, Neuerungen bei der Or-ganschaft durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteue-rung und des steuerlichen Reisekostenrechts, DStZ 2013, 60; Mayer/Götz, Zur Verlustübernahme nach der „kleinen Organschaftsreform“, DStR 2013, 629; Minder-mann/Lukas, Anforderungen an einen Organträger als gewerbliches Unternehmen, NWB 2013, 516;Polatzky/Seitner, Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG auf US-Inbounds-Strukturen nach Deutschland vor dem Hintergrund des US-Steuerrechts, Ubg 2013, 285;

Rödder, Finanzielle Eingliederung, JbFfSt. 2012/13, 125;Schaden/Polatzky, Neurege-lung der Verlustausgleichsbeschränkung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG, IStR 2013, 131;Scheifele/Hörner, Neue formale Anforderungen an die Regelung der Verlustüber-nahmepflicht in Gewinnabführungsverträgen: Handlungsbedarf für Alt- und Neuverträge, DStR 2013, 553;Schneider/Schmitz, Ausschluss der Verlustberücksichtigung bei Organ-schaft, GmbHR 2013, 281; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“, GmbHR 2013, 22;Schnitger, Fragestellungen zur stl. Behandlung doppelt ansässiger Kapitalgesell-schaft, IStR 2013, 82;Schwenke, Grenzüberschreitende Organschaft – Anmerkungen zu den Neuregelungen im Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmens-besteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, ISR 2013, 41;Stangl/Brühl,

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nende Zweifelsfragen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG nach der „kleinen Organschaftsreform“, DB 2013, 538;Wagner/Liekenbrock, Organschaft und Ausschluss der doppelten Ver-lustberücksichtigung im In- und Ausland nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG nF, Ubg 2013, 133.

Aufgrund des Trennungsprinzips ist es grds. nicht möglich, entstandene Verlus-te einer KapGes. mit positiven EinkünfVerlus-ten ihrer GesellschafVerlus-ter zu verrechnen (Trennungsprinzip). Die Möglichkeit einer Gewinn- und Verlustverrechnung kann in Deutschland jedoch durch die Bildung einer Organschaft (§§ 14–19) er-reicht werden (Aufhebung des Trennungsprinzips).

Allgemeine Definition: Eine Organschaft iSd. §§ 14ff. liegt vor, wenn eine KapGes. (Organgesellschaft, OG) in ein anderes Unternehmen (Organträger, OT) finanziell eingegliedert ist und zwischen beiden ein Ergebnisabführungsver-trag geschlossen wurde, der die OG dazu verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an den OT abzuführen und dies auch tatsächlich so durchgeführt wird. 2013 wur-den die Anforderungen an diese Voraussetzungen neu geregelt (Gesetz v. 20.2.

2013, BGBl. I 2013, 285). Die vielfach geforderte große Reform hin zu einem neuen Gruppenbesteuerungssystem blieb dagegen aus. Das Ergebnis ist eine

„kleine Organschaftsreform“ (Überblick beiDötsch/Pung, DB 2013, 305; Kel-ler, DStZ 2013, 60). Die Voraussetzungen im Einzelnen:

E Organgesellschaftkann eine SE, AG, KGaA (§ 14 Abs. 1) oder eine andere Kap-Ges. iSd. § 17 Satz 1 (zB eine GmbH) sein. Sie muss ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Inland, ihren Sitz (§ 11 AO) lediglich in einem EU-/EWR-Staat haben.

Eine doppelte Ansässigkeit (Geschäftsleitung und Sitz) ist nicht mehr erforder-lich. Mit der Änderung ist der Gesetzgeber einem EU-Vertragsverletzungsver-fahren zuvorgekommen (vgl. BTDrucks. 17/10774, 18), weil beim Zuzug von KapGes. keine strengeren Anforderungen gestellt werden dürfen, nur weil die Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat gegründet worden ist (vgl. EuGH v.

9.3.1999 – C-212/97 – Centros, Slg 1999, I-1459; v. 5.11.2002 – C-208/00 – Überseering, Slg 2002, I-9919; v. 30.9.2003 – C-167/01 – Inspire Art, Slg 2003, I-10155). Danach kommt etwa eine nach UK-Recht gegründete Limited, die ihre Geschäftsleitung nach Deutschland verlegt hat, als OG in Betracht. Vorausset-zung wäre allerdings, dass ein nach ausländ. Recht abzuschließender, schuld-rechtl. Ergebnisabführungsvertrag, der den Anforderungen des § 291 AktG möglichst nahe kommt, tatbestandlich als ausreichend angesehen wird.

BejahendWinter/Marx, DStR 2011, 1101 (1103);Schnitger, IStR 2013, 82;Benecke/ Schnitger, IStR 2013, 143 (145); noch großzügigerSchönfeld, IStR 2012, 368 (369):

„faktisches Leben“ der Organschaft genügt; verneinendDötsch/Pung, DB 2013, 305 (306); zweifelndGosch, IWB 2012, 694 (696f.).

Dagegen kann eine nach deutschem Recht gegründete GmbH (Sitz im Inland), die ihre Geschäftsleitung in einen EU-/EWR-Staat verlegt (Wegzug), ebenso wie eine nur beschränkt stpfl. (ausländ.) KapGes. keine OG sein. Soweit damit auch die Verrechnung mit Gewinnen oder Verlusten aus einer inländ. BS der OG versagt wird, für die Deutschland (auch nach DBA) das Besteuerungsrecht hat, verstößt diese Einschränkung gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV (vgl. EuGH v. 6.9.2012 – C-18/11 – Philips Electronics, IStR 2012, 847;

ebensoSchwenke, ISR 2013, 41 [43]).

E Organträgerkann auch eine natürliche Person, eine nicht von der KSt befreite Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1) oder eine originär gewerblich tätige PersGes. sein (BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494; v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272; Min-dermann/Lukas, NWB 2013, 516), wenn sie selbst die Anteile an der OG hält

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(§ 14 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3). So kann auch ein beschränkt Stpfl. OT sein.

Voraussetzung ist allein, dass die OG für die gesamte Dauer der Organschaft einer inländ. BS des OT zugeordnet ist, für die Deutschland (auch nach DBA) die Besteuerungsbefugnis hat. Damit wird die Neuregelung dem DBA-rechtl.

Gesellschafter-Diskriminierungsverbot (Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) gerecht. In-soweit war die Gesetzesänderung eine Reaktion auf BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106.

Vgl. BTDrucks. 17/10774, 18; dazu Behrens, Ubg 2011, 665; Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (152ff.); vgl. bereitsRust, IStR 2003, 658.

E Finanziell eingliedert ist die Organgesellschaft in den Organträger, wenn der OT die Mehrheit der Stimmrechte hat (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1). Mittelbare Beteiligun-gen über MehrheitsbeteiligunBeteiligun-gen werden dabei mitgerechnet (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2; dazuRödder, JbFfSt. 2012/13, 125). Anders als bei der ustl. Organschaft ist überdies weder eine wirtschaftliche noch eine organisatorische Eingliederung erforderlich.

E Die Verpflichtung zur Ergebnisabführung (Gewinne und Verluste) muss auf Grundlage eines Ergebnisabführungsvertrags iSd. § 291 AktG erfolgen (§ 14 Abs. 1 Satz 1) und mindestens auf fünf Jahre geschlossen werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 3). Auch für andere KapGes. (zB GmbH) gelten strikte Formvorgaben (vgl.

§ 17 Satz 2 Nr. 2), die in der Praxis große Probleme bereiten.

Dazu BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272;Stangl/Brühl, DB 2013, 538; Mayer/Götz, DStR 2013, 629; Scheifele/Hörner, DStR 2013, 553; Behrens, BB 2013, 2664.

E Der Ergebnisabführungsvertragmuss auch tatsächlich durchgeführt worden sein, dh. es muss immer der gesamte Gewinn abgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1). Bilanzierungsfehler bei der OG (etwa eine fehlende Aktivierung eines WG) können dazu führen, dass nicht der gesamte Gewinn abgeführt wird und es damit an der tatsächlichen Durchführung mangelt. § 14 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 4 und 5 fingieren bei solchen Fehlern unter weiteren Voraussetzungen die tatsäch-liche Durchführung (dazuSchneider/Sommer, GmbHR 2013, 22). § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 regelt zudem die Gewinnrücklagenbildung bei der OG.

E Als besonders problematisch erweist sich die Missbrauchsbekämpfungsvorschrift in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5,mit der verhindert werden soll, dass in die erweiterte Verlust-verrechnungsmöglichkeit, die eine Organschaft ermöglicht, auch solche Verluste einbezogen werden, die auch im Ausland berücksichtigt werden.

Dazu Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145ff.); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281; Gründig/Schmid, DStR 2013, 617; Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131;

Polatzky/Seitner, Ubg 2013, 285;Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133.

Sie ist in ihrer Reichweite auch unionsrechtl. bedenklich. Für die gewstl. Organ-schaft gelten insoweit die gleichen Voraussetzungen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG).

Rechtsfolge:In einer Organschaft wird das Einkommen der OG dem OT zu-gerechnet (Zurechnungstheorie). Die Zurechnung des Einkommens an den OT wird jedoch regelmäßig dazu führen, dass das Einkommen der OG 0Ebeträgt.

Für die Ermittlung des Einkommens der OG gelten einige Besonderheiten (§ 15). So ist etwa bei Gewinnausschüttungen, die die OG vereinnahmt, grds.

das Steuerregime des OT maßgeblich (Nr. 2). Gleiches gilt nach Nr. 3 für die Zinsschranke (§ 8a KStG iVm. § 4h EStG) und für weitere Beschränkungen (Nr. 4 und 5).

Verfahrensrecht:Es wird das zugerechnete Einkommen und damit zusammen-hängende Besteuerungsgrundlagen (etwa auch die Voraussetzungen für das

Vor-Einf. KSt Anm. 110 C. Überblick über das deutsche KStRecht

liegen der Organschaft) gegenüber dem OT und der OG gesondert und einheit-lich festgestellt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5).

Stellungnahme: Im internationalen Vergleich handelt es sich bei der zusam-mengefassten Besteuerung im Konzern um einen eher konservativen, vom Trennungsprinzip geprägten Entwurf, da die Gewinnermittlung der einzelnen OG der wirtschaftlichen Verflechtung nicht Rechnung trägt. Zwischengewinne werden nicht eliminiert (vgl.Grotherr, StuW 1996, 356;Prinz, FR 1999, 646;

Hey, FR 2012, 994 [999]).

Einstweilen frei.

VII. Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung internationaler