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2. THEORIE UND PROBLEMSTELLUNG

2.2.3. Organisationale Identität

Die Theorie der sozialen Identität wurde erstmals von Ashforth und Mael (1989) auf den organisationalen Kontext übertragen. Sie argumentieren, dass die organisationale Identifikation in dem Ausmaß, in dem ein Unter-nehmen eine soziale Kategorie darstellt, als spezifische Form der sozialen Identifikation anzusehen ist. Das Konstrukt der organisationalen Identifikation definieren sie als die „perception of oneness with or belongingness to an organization“ (Ashforth & Mael, 1989, S.21). Ihre Definition bezieht sich auf die kognitive Ebene, während andere Autoren auch emotionale Aspekte unter die Identifikation fassen. So beschreibt Patchen (1970) die organisa-tionale Identifikation als Kombination aus gemeinsamen Merkmalen, Loyalität gegenüber dem Unternehmen und Solidarität mit der Organisation. Für Hall, Schneider und Nygren (1970) ist die Identifikation der Prozess, der die Ziele der Organisation und des Individuums zunehmend kongruent werden lässt.

Immer wieder wird das Konstrukt der organisationalen Identifikation mit der organisationalen Verbundenheit (engl.: commitment) verknüpft, wobei ein Konzept oft Teil der Definition des anderen ist (z.B. Dutton, Dukerich &

Harquail, 1994, Mowday, Porter & Steers, 1982, O’Reilly & Chatman, 1986;

Reichers, 1985). Theoretisch werden die Konstrukte mit dem Argument differenziert, dass es sich bei der organisationalen Identifikation um einen primär kognitiv bestimmten Prozess handelt, während das Commitment eine affektive Bindung darstellt (Pratt, 1998; Utz, 2000). Auch empirisch gelang es, die Konstrukte zu trennen (Mael & Tetrick, 1992).

Aktuelle Definitionen beschreiben die organisationale Identifikation als

„relativ beständiger Zustand der Bereitschaft einer Person, sich selbst als Mitglied eines Unternehmens zu beschreiben“ (Haslam, 2001, S.

382).

Im Einklang mit dieser Definition steht das detailliertere, dreidimensionale Konzept sozialer Identifikation von Ellemers, Kortekaas und Ouwerkerk (1999), das sie aus Tajfels Definition sozialer Identität als „that part of an individual’s self-concept which derives from his knowledge of his membership

of a social group together with the value and emotional significance attached to that membership” (Tajfel, 1978, S.63) ableiten. Demnach setzt sich die soziale Identifikation aus der kognitiven Komponente der Selbst-kategorisierung („knowledge“), der evaluativen Komponente des Gruppenselbstwertgefühls („value“) und dem emotionalen Faktor des Commitments („emotional significance“) zusammen. Hierbei bezeichnet die Selbstkategorisierung das Wissen oder die Bewusstheit über eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit. Die drei Aspekte stehen zwar oft im starken positiven Zusammenhang, können aber auch getrennt auftreten. Ein Beispiel hierfür ist die häufig stärkere Verbundenheit zu positiv bewerteten Gruppen, bzw. die Distanzierung von negativ bewerteten. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass eine stark emotionale Verbundenheit auch bei negativ bewerteten Gruppen aufrechterhalten werden kann, wenn diese soziale Identität für die Person wichtig ist (Ellemers et al., 1999). Die Autoren belegten die Differenzierung der drei Komponenten der sozialen Identifikation indem sie empirisch drei eigenständige Faktoren zeigen konnten.

Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten

Ähnliche Konzepte, wie „Involvement“ und der „Corporate Identity“, sind deutlich vom Konzept der organisationalen Identifikation abzugrenzen.

Involvement bezeichnet den Grad des Engagements für das Unternehmen und kann durch organisationale Identifikation oder die Arbeitstätigkeit an sich motiviert werden.

Der Begriff „Corporate Identity“ bezieht sich auf den strategisch, vom Unternehmen bewusst gesteuerten Prozess zum Aufbau einer bestimmten Unternehmensidentität, die sowohl nach außen, als auch intern kommuniziert wird. Die Corporate Identity wird von der Unternehmensleitung festgelegt und ihre Entfaltung lanciert, während die organisationale Identifikation sich auf die Wahl des Mitarbeiters bezieht, sich mit diesem Image zu identifizieren (Utz, 2000). Eine deutliche Corporate Identity kann die Identifikation stärken, da sie das Profil des Unternehmens deutlicher hervortreten lässt und es auch von Konkurrenten abgrenzt.

Entstehung organisationaler Identifikation

In Anlehnung an die bestehende SIT-Literatur führen Ashforth und Mael (1989) Faktoren für die Entstehung, bzw. Verstärkung organisationaler Identität auf. Die Distinktheit des Unternehmens, so z.B. die Schärfe des unternehmenseigenen Profils, dient der Abgrenzung zu anderen Unternehmen und fördert so die eigene Identität. Auch das Prestige der Organisation spielt eine wichtige Rolle, da der Gruppenstatus, ermittelt durch den sozialen Vergleich, das soziale Selbstwertgefühl beeinflusst. Obwohl ein niedriger Gruppenstatus durch Strategien der sozialen Kreativität, wie z.B.

Wechseln der Vergleichsdimension oder der Vergleichsgruppe, kompensiert werden kann, identifizieren sich Personen tendenziell mehr mit Gruppen und Organisationen mit hohem Status (Ellemers, 1993, Mael & Ashforth, 1992).

Ein weiterer Faktor ist die Wahrnehmung von Konkurrenten, da sie das Bewusstsein über die eigene Ingroup verstärken. Besonders Wettbewerb kann die Identifikation intensivieren, da Ingroup-Outgroup-Unterschiede zur besseren Abgrenzung besonders hervorgehoben werden. Zusätzlich können die traditionell mit Gruppenformation in Verbindung gebrachten Faktoren, wie Interaktion, Ähnlichkeit, Nähe, gemeinsame Ziele und Geschichte die Identifikation mit dem Unternehmen verstärken, obwohl die Minimal-Group Studien (Tajfel et al., 1971) zeigten, dass sie nicht notwendig für die Entstehung von Identifikation sind.

Ellemers (et al., 1999) zeigen unterschiedliche Bedingungen für die Entstehung der Komponenten sozialer Identifikation auf: das mit der Gruppe assoziierte Selbstwertgefühl wird durch den Gruppenstatus bestimmt. Das Ausmaß der Selbstkategorisierung steht im negativen Zusammenhang mit der Gruppengröße, so berichten Personen in kleineren Gruppen über stärkere Selbstkategorisierung als in größeren. Die emotionale Bindung an die Gruppe hängt sowohl von der Art der Zugehörigkeit (selbstgewählt vs.

zugeteilt), als auch vom Status der Gruppe ab.

Aktivierung organisationaler Identität

Auf Grundlage der Selbstkategorisierungstheorie führen Haslam, Powell und Turner (2000) aus, dass nicht nur die Stärke der Identifikation

ausschlag-gebend für das Verhalten einer Person ist, sondern auch die momentane Salienz einer Selbstkategorie wie der organisationalen Identität. Die Aktivierung einer bestimmten Identität erfolgt meist durch subtile Zeichen aus der Umwelt. Traditionellerweise stehen eine Vielzahl solcher Hinweisreize durch die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz, die Bürogebäude, gegebenenfalls Kleiderordnungen oder bestimmte Rituale zur Verfügung, um den Mitarbeitern ihre Arbeit und Zugehörigkeit zum Unternehmen bewusst zu machen, also die organisationale Identität zu aktivieren. Im virtuellen Arbeitskontext fallen dagegen eine Vielzahl dieser „cues“ weg.

2.2.4. Identifikation im virtuellen Kontext