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Ohne ehrenamtliches Engagement geht’s nicht

Im Dokument OPUS 4 | Pflege bewegt (Seite 38-51)

Freiwilligenkoordinatoren sollen Pflegepatenschaften ermöglichen

Als Ilka Lück im Evangelischen Senioren-zen trum „Haus Wilhelmsdorf “ in der Stadt Brandenburg mit ihrer Arbeit begann, war sie froh über das, was sie vorfand: Einen fes-ten Stamm ehrenamtlicher Frauen und Männer, die regelmäßig ins Haus kamen, um mit den Bewohnerinnen und Bewohnern etwas zu unternehmen, sich ihnen zuzuwen-den, ihnen Zeit zu schenken. So kommt bei-spielsweise einmal im Monat eine Be suche-rin mit ihrer Gitarre, um mit allen, denen es Spaß macht, zu singen und zu musizieren.

Eine andere spielt Klavier oder engagiert sich im Heimbeirat. Es gibt einen Vorleser und jemanden, der bastelt. Bei den wöch ent-lich stattfindenden Veranstaltungen werden Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht mehr allein gehen können aus ihren Zimmern geholt, zurückgebracht, es wird ihnen Kaffee ausgeschenkt und Kuchen auf die Teller ser-viert. Ilka Lück: „Ohne das große freiwillige Engagement könnten wir Betreuung dieser Qualität gar nicht anbieten.“

Mit der Gewinnung von Pflegepatinnen und Pflegepaten soll sich diese Qualität sogar noch steigern. Im Unter schied zu Pflegebe-gleitern, die pflegenden Angehörigen in der Häuslichkeit zur Seite stehen, sind Pflege-patinnen und Pflege paten für jeweils eine

Heim bewohnerin oder einen Heimbewoh ne r da. Es sind ehrenamtlich Tätige, die ge mein -sam mit den Bewohnerinnen und Bewoh nern Ideen entwickeln, wo Unterstützung nötig und möglich ist. Sie gehen gemeinsam spa-zieren, einkaufen, Eis essen oder hören einfach zu und erzählen. „Wir haben hier auch Men schen, die so gut wie keinen Be such bekom men“, erzählt Ilka Lück.

„Vielleicht, weil ihre Angehörigen einfach keine Zeit haben, weil sie viel zu weit weg wohnen oder auch, weil es gar keine mehr gibt.“ Pflegepatinnen und Pflegepaten sollen ein Stück die Familie ersetzen und zu engen Vertrauten werden. Auch wenn sie weder Betreuer noch Bevollmächtigte ihres Paten sind, so können sie doch verantwortungsvoll und zugewandt Freund oder Freundin, Für-spre cherin oder Tröster sein.

Um diese Arbeit der ehrenamtlich Tätigen im Heim zu koordinieren, hat sich der Landes-ausschuss für Innere Mission ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: In jeder seiner Einrich tun gen soll es zukünftig Freiwilligenkoordinatoren geben.

Gemeinsam mit den Leitungen der Häuser werden sie die Rahmenbedingungen schaf-fen, um Pflegepatinnen und Pflege paten zu finden, sie zu schulen und zu begleiten. Die Projektor gani satorinnen und -organisatoren haben sich dort umgesehen, wo es bereits

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37 Ohne ehrenamtliches Engagement geht’s nicht gute Erfah rungen mit dem Ehrenamt gibt.

So wurde Heinz Janning, der lange Zeit die Freiwilligenagentur in Bremen leitete und seitdem viele Träger beriet, als Referent für Workshops in das Land Brandenburg geholt.

Gelernt haben sie von ihm und aus den Erfahrungen der Bremer Heimstiftung, dass erfolgreiche Freiwilligenarbeit von den Ver-antwortlichen der Einrichtungen auch gewollt werden muss. Dazu gehört eine ausreichen-de Ausstattung mit personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen, aber auch das Wissen darüber, wie Freiwilligenarbeit zu managen ist. Freiwilligenkoordinatoren wie Ilka Lück sind eine echte Alternative: „Ich merke ja jetzt schon, dass ich die Betreuung der 25 Freiwilligen in unserem Haus nicht einfach nebenbei mache“, gibt sie zu beden-ken. Denn es geht dabei um Organisation, um Koordination – aber auch um Wertschät-zung. Die ist Voraussetzung dafür, dass die große Bereitschaft zum ehrenamtlichen Enga-gement, die es im Land Brandenburg gibt, nicht abebbt.

Wie die Einsatzbereitschaft der pensio-nierten Schulleiterin, die eines Tages einfach an die TŸr des ãHauses WilhelmsdorfÒ klopfte und fragte, ob sie helfen kšnne. Sie hatte selbst jahrelang ihre Mutter gepflegt und wusste, wie schwer und verantwortungsvoll solche Arbeit ist. Und auch wie befriedigend sie sein kann. FŸr Ilka LŸck ist die Ehren-amtliche lŠngst eine feste StŸtze. ãEigentlich kann ich sie immer anrufen, wenn ich drin-gend Hilfe brauche. Ob bei einem Ausflug oder fŸr eine Veranstaltung. Auf ihre Ideen, ihre Kraft und vor allem ihre Zeit kann ich immer zŠhlen.Ò

Gewinnung und Begleitung von Pflege patinnen und Pflege paten in den Einrich tungen des Landesaus-schusses für Innere Mission

Träger:

Landesausschuss für Innere Mission Berliner Straße 148

14467 Potsdam

Ansprechpartnerin:

Gabriele Lang

Telefon:

03328 4340-500

E-Mail:

glang@lafim.de

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38 Pflege bewegt – Beispiele aus dem Land Brandenburg Das riesige „Mensch ärgere dich nicht“-Spiel ist der Renner des Tages. „Viele unserer Gäste haben das ja schon als kleines Kind gespielt“, erklärt Janet Bischoff. Die Sozial ar-beiterin koordiniert die Tagesbetreuung für Demenzkranke in Großräschen. Unterge-bracht ist die Einrichtung im Erdgeschoss eines Wohnblocks in einem Neubaugebiet.

Hier gibt es viele altersgerechte Woh nungen.

Die Tagesbetreuung in der Karl-Marx-Straße 5 ist allerdings etwas ganz Besonderes. Von Montag bis Freitag steht sie ab 8 Uhr mor-gens für fünf Besucherinnen und Besucher offen. Nicht alle Gäste kommen täglich; im Durchschnitt sind die meisten zweimal in der Woche hier.

Dass solche Tagesbetreuung nötig wurde, war in Großräschen schon lange bekannt.

Eine einmal wöchentlich stattfindende Be -treuungsgruppe, die Demenzkranke nach-mittags aufnahm, reichte längst nicht mehr aus, um die pflegenden Angehörigen wirklich zu entlasten. Nun stehen den Besuche rinnen und Besuchern der Tagesbetreuung gemüt-lich eingerichtete Räume zur Verfü gung.

Dazu gehört ein großer Aufenthal ts raum mit offener Küchennische, wo die Gäste gemein-sam um einen Tisch sitzen und spielen, bas-teln und singen, aber auch Kartoffeln schälen, Kuchen backen und Mittag essen können.

Außerdem gibt es ein Gäste bad und – ganz wichtig – einen Ruhe raum. Hier stehen zwei Pflegebetten und Ruhe sessel für eine Pause nach dem Mittagessen.

Betreut werden die Gäste von zwei Pflege-kräf ten mit einer gerontopsychiatrischen Ausbildung sowie von ehrenamtlichen Hel-ferinnen und Helfern. Sie sind für ihre Tä tigkeit hier in der Tagesbetreuung geschult, wissen über das Krankheitsbild Demenz eben so Bescheid wie über den Umgang mit den Erkrankten und die Anregungen, die sie benötigen. Ab 8 Uhr morgens werden die Tagesgäste in Empfang genommen, dann läuft alles ruhig, aber klar strukturiert ab. Es beginnt mit einer Begrüßung im Gruppen-raum, gefolgt von Bewegungsrunden und je nach Krankheitsbildern, Fähigkeiten, Inte-ressen und Bedürfnissen auch ganz individu-ellen Einzelbeschäftigungen.

Janet Bischoff: ãFŸr die Angehšrigen ist diese Betreuung eine erhebliche Entlastung.

Aber das ist nur die eine Seite. Viele berich-ten uns, dass der Besuch in unserer Tages-einrichtung auch dazu beitrŠgt, bei vielen Demenzkranken das Wohlbefinden deutlich zu verbessern. So erzŠhlt zum Beispiel die erkrankte Mutter zu Hause viel mehr als vor-her oder der Vater ist nicht mehr so unruhig.Ò Die Einrichtung zählt zu den sogenannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten.

Das bedeutet, dass der Aufenthalt hier zu -min dest teilweise von den Pflegekassen über nommen wird. Ab dem 1. Juli 2008 sind die zusätzlichen Betreuungsleistungen der Pfle ge kassen erhöht worden: Danach kön-nen insbesondere demenzkranke Menschen mit einem erheblichen allgemeinen Betreu-ungs bedarf unabhängig davon, ob sie eine Pfle ge stufe haben oder nicht, bis zu 100 Euro im Monat für die Inanspruch nahme qualitäts-gesicherter niedrigschwelliger Betreu

ungs-Tag für ungs-Tag gut aufgehoben

In Großräschen kümmert sich eine Tagesbetreuung um Demenzkranke

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Tag für Tag gut aufgehoben

angebote von ihrer Pflegekasse erstattet bekommen. Menschen mit einem erhöhten Betreuungsbedarf stehen sogar bis zu 200 Euro im Monat zu. Ein Tag in der Ein-richtung in Großräschen kostet 30 Euro, das Essen muss extra bezahlt werden.

„Wir haben Angehörige, die für die restlichen Tage in der Woche selbst zahlen, damit sie in Ruhe zur Arbeit gehen können.“

Um ihnen das zu erleichtern, wird in Groß-räschen sogar ein Fahrdienst organisiert.

Niedrigschwellige Tages betreuung für Demenzkranke

Träger:

Caritasverband der Diözese Görlitz e. V.

Adolph-Kolping-Straße 15 03046 Cottbus

Ansprechpartner:

Markus Nowak

Telefon:

0355 38065-23

E-Mail:

nowak@caritas-dicvgoerlitz.de

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19. Bereichernd für beide Seiten

Das Netzwerk „Älter werden in der Landeshauptstadt Potsdam“

In der Potsdamer Kita „Benjamin Blümchen“

trainieren die Kinder ihr Gedächtnis – gemein-sam mit Seniorinnen und Senioren. Im Mehr-generationenhaus der Malteser gibt es ein Café, wo Alt und Jung einander bei „Zeit-zeugen-Essen“ begegnen. Das Pflege-wohn stift Babelsberg und die Residenz Heilig Geist Park arbeiten an gemeinsamen Projekten mit der Waldorfschule. Der Ju -gend klub Offline steht in Verbindung mit der Akademie zweite Lebenshälfte. All dies sind Aktivitäten, wie sie im April 2008 auf den Kul turtisch ALT und JUNG „gelegt“ werden konnten – und die beweisen, wie vielfältig die Kontakte und Verbindungen zwischen den Generationen in der Landeshauptstadt längst sind. Und welche Ergebnisse das Netz werk

„Älter werden in der Landeshaupt stadt Potsdam“ schon vorweisen kann.

In der Landeshauptstadt gibt es seit vielen Jahren Einrichtungen, Organisationen und Vereine, die sich für den Alltag von Seniorin-nen und Senioren stark machen. Doch je mehr Angebote entstanden und je besser die einzelnen Einrichtungen arbeiteten, desto häufiger wurden Schwerpunkte und Probleme deutlich und desto klarer stellten sich folgen-de Fragen:

Wie können Schnittstellen zwischen den ver-schiedenen Anbietern im Gesundheits- und Sozialsystem mit weniger Reibungs verlusten gestaltet werden?

Wie können mehr Prävention und Rehabi li ta-tion für pflegebedürftige ältere Menschen möglich gemacht und die Situation von pfle-genden Angehörigen verbessert werden?

Mit welchen Ideen und Angeboten kann der demografische Wandel gestaltet werden und wie können sich ältere Menschen dabei ver-stärkt einbringen?

Um sich diesen Problemen zu stellen wurde im September 2006 das Netzwerk „Älter wer-den in der Landeshauptstadt Potsdam“ ge -gründet. Im Rahmen einer Kooperations-vereinbarung verpflichteten sich 16 Mitglieder aus den Bereichen Bildung, Seniorenvertre-tung, StadtverwalSeniorenvertre-tung, ambulante Dienste, stationäre Einrichtungen, Beratungsstellen, Wohnungsunternehmen und Verbände zu einer Zusammenarbeit. Ziel ist es, ein wür-de volles, selbstständiges Leben im Alter zu ermöglichen und Rahmen bedin gungen zu schaffen, unter denen Ältere ihre Kompe ten-zen einbringen und weiterent wickeln können.

Inzwischen umfasst das Netzwerk über 30 Kooperationspartner. Jährlich finden drei Netzwerkkonferenzen statt, in denen aktuelle Informationen ausgetauscht und Vorhaben und Ziele des Netzwerkes abge-stimmt werden. Höhepunkt der gemeinsa-men Zusamgemeinsa-menarbeit ist die jährlich im Herbst stattfindende Zukunftskonferenz, zu der alle interessierten Potsdamer Bürge-rinnen und Bürger sowie die unterschied-lichsten Akteure auf dem Gebiet der Seniorenar beit eingeladen sind. Das Netz-werk hat fünf Arbeitskreise, in denen die Koopera tions partner aktiv mitwirken. So wurde bisher ein trägerübergreifendes Fach-konzept zu den Pflegestützpunkten erstellt und ein Qua litätsstandard zum ambulant betreuten Woh nen verabschiedet. Aktuell wird an einem Vor- und Nachsorgekonzept für pflegebedürftige ältere Menschen im

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Bereichernd für beide Seiten

Krankenhaus sowie einem Qualitätskonzept für soziale Pflegebegleitung gearbeitet.

Der neu gegrün dete Arbeitskreis „Geron to-psychiatrie“ möchte zur besseren wohnort-nahen Versorgung gerontopsychiatrisch er -krankter Menschen in Potsdam beitragen.

Auch der Kulturtisch ALT und JUNG zog nicht nur Bilanz, sondern war Beginn einer noch engeren Zusammenarbeit. Da soll es Gro§eltern-Tage geben, eine gemeinsame Theatergruppe, Zeitzeugen, die im Ge-schichtsunterricht berichten und vieles mehr.

Ein Mit- und FŸreinander von Alt und Jung, das bereichernd ist fŸr beide Seiten.

Netzwerk Älter werden in der Landes-hauptstadt Potsdam – bei spielhafte Entwicklung ge mein samer Projekte

zur Verbesserung der Lebenslage von älteren pflegebedürftigen Menschen in der Stadt Potsdam – in gemeinsamer Verantwor tung von professioneller Hilfe und bürgerschaft-lichem Engagement

Organisationsbüro des Netzwerkes:

Susanne Gromoll Stadtverwaltung Potsdam

Telefon:

0331 289-2085

E-Mail:

susanne.gromoll@rathaus.potsdam.de

Sprecherinnen des Netzwerkes:

Martina Trauth-Koschnick Birgitta Neumann

Mit Unterstützung von:

Soziale Stadt Potsdam e. V.

Milanhorst 9 14478 Potsdam

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20. „Der Bedarf an guten Fachkräften wird immer mehr wachsen.“

AGUS Altenpflegeschule in Neuruppin lud zu einem Pflege-Erlebnistag ein

Eine Ausbildung in der Altenpflege als Not-nagel? Kajus Riese, Schulleiter der Alten pfle-geschule in Neuruppin schüttelt energisch den Kopf: „Gerade in unserer Branche gibt es so viele Qualifikations- und Aufstiegs mög-lichkeiten. Wir brauchen für die Zukunft drin-gend Fach- und Führungskräfte. Also hoch motivierte und schulisch gut ausgebildete Altenpflegerinnen und Altenpfleger.“ Etwa 80 bis 100 Bewerbungen gehen bei der Neu-ruppiner Altenpflegeschule in jedem Jahr ein;

die jungen Leute kommen in der Regel nach der 10. Klasse, aber auch ein erweiterter Hauptschulabschluss ist für die Ausbildung zur Altenpflegerin oder zum Alten pfleger als Zugangsvoraussetzung möglich. Einige von ihnen haben bereits Erfahrungen in einem freiwilligen sozialen Jahr gemacht oder ken-nen die Arbeit aus ihrer Tätigkeit als Sozialassistentin oder Sozialassistent. Man che Be -werberinnen und Bewerber wissen jedoch kaum, was sie in dem Beruf erwartet.

„Das wollten wir 2008 zum ersten Mal än -dern“, erklärt Kajus Riese. Die Neuruppiner Ausbildungsstätte, die Akademie für Gesund-heits- und Sozialberufe (AGUS), lud deshalb im Sommer zu einem ganz besonderen Tag der offenen Tür ein – zu einem Pflege-Erleb-nistag. „Der sollte aber nicht nur trocken über Ausbildungsinhalte und -ziele informieren“, so Kajus Riese. „Wir wollten das Image der Altenpflege verbessern helfen und junge Leute, die vielleicht noch nie darüber nach-gedacht haben, für den Beruf begeistern.“

Mit Flyern und vielfältigen Informationen war-ben sie an Schulen und trafen Absprachen mit Pflegeeinrichtungen.

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„Der Bedarf an guten Fachkräften wird immer mehr wachsen.“

Die SchŸlerinnen und SchŸler sollten ganz praktische Einblicke in die Altenpflegearbeit bekommen: eine Tagespflege von innen ken-nenlernen, etwas Ÿber die TŠtigkeiten ambu-lanter Pflegedienste erfahren, mit Seniorinnen und Senioren in einem Altenheim sprechen und natŸrlich Pflegerinnen und Pfleger nach ihrem Alltag befragen.

Und so startete am Vormittag ein Bus mit den Interessentinnen und Interessenten zu einer Rundreise durch Einrichtungen der Stadt.

„Spaß gemacht hat das allen“, erzählt Kajus Riese. „Sowohl den Schülerinnen und Schülern, die im Altenheim das Mittagessen austeilen durften – als auch den Bewoh ne-rinnen und Bewohnern, die sich über den Besuch und vor allem das Interesse der jun-gen Menschen an ihrem Leben gefreut haben.“

Am Ende wurde ausgewertet, Fragen beant-wortet und das Bewerbungsprozedere erklärt.

Eine Ausbildungsplatzbörse, bei der sich viele Träger der praktischen Ausbildung prä-sentieren konnten, war dann nicht nur von jungen Leuten, sondern auch ihren Eltern gut besucht.

„Für mich ist an diesem Tag die Entschei-dung gefallen“, sagt Marco Wegner. Der 27-Jährige hat schon einen ganz anderen Berufsstart hinter sich, als gelernter Maler und Lackierer. Aber seine Firma ging pleite und er musste sich nach etwas anderem umsehen. „Ich hab dann als Pflegehelfer begonnen, um zu schauen, ob mir das liegt.“

Die Arbeit gerade auch mit älteren Menschen machte ihm immer mehr Spaß und er dachte über eine berufsbegleitende Qualifizie rung nach. „Nach den Gesprächen, die ich auf dem Pflege-Erlebnistag hatte, hab ich mich dann doch noch mal für eine richtige Berufsausbildung entschieden.“ Wie

übri-gens fast 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich nach dem Tag an der Schule für den Beruf der Altenpflegerin oder des Altenpflegers bewarben. Fünf von ihnen gehörten dann zu jenen 25 Azubis, die im neuen Schuljahr mit der Ausbildung begannen. Auch Marco Wegner war dabei.

Für Schulleiter Kajus Riese sind dies die wich-tigsten Resultate des Tages: „Aber auch das gehört dazu: Ein junger Mann kam hinterher zu mir und sagte, dass er sich eigentlich für die Ausbildung hatte bewerben wollen. Nach dem Tag sei ihm klar geworden: Altenpflege ist nicht das Richtige für ihn.“

Im kommenden Jahr, das haben sich die Initiatoren des Pflege-Erlebnistages vorge-nommen, wollen sie wieder einladen. Dann schon im Februar. Und bald wird es an der Schule eine zweite Ausbildungsklasse geben.

Kajus Riese: „Der Bedarf an guten Fach kräf-ten wird immer mehr wachsen.“

Pflege-Erlebnistag

Träger:

AGUS Akademie für Gesundheits-und Sozialberufe gGmbH

Alt Ruppiner Allee 40 16816 Neuruppin

Ansprechpartner:

Kajus Riese – Leiter der Altenpflegeschule

Telefon:

03391 40270-0

E-Mail:

altenpflegeschule@agus.de

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21. Die vertraute Sprache hilft beim Erinnern

Eisenhüttenstädter Helferinnenkreis erleichtert Zugang zu russisch sprachigen Familien

„Ach wie schön, dass du da bist“, freute sich die 95-jährige Pelageja Gerdt. „Ich dachte schon, du hast mich verlassen!“ Für Olga Morlang, eine der freiwilligen Helfe rinnen aus dem Eisenhüttenstädter Projekt, hätte es kaum ein größeres Lob geben können, als sie nach ihrem Urlaub das erste Mal wieder zu der alten Frau kam. „Dabei habe ich es erst gar nicht machen wollen. Der Umgang mit alten demenzkranken Men schen hat mich zu sehr an die Pflege und den Tod meiner Mutter erinnert“, sagt die 56-Jährige, die vor 6 Jahren mit ihrer Familie aus dem Nord-kaukasus nach Deutschland kam.

Sie ist eine von etwa 2.500 Migrantinnen und Migranten, die in der Stadt leben. Mit einem Anteil von 6 bis 7 Prozent stellen sie hier einen viel größeren Bevölkerungsanteil als im übrigen Land Brandenburg. Unter ihnen gibt es einen immer größer werdenden Teil alter Menschen. Einst zogen sie mit ihren Kindern und einer ganzen Familie nach Deutschland. Inzwi schen leben ihre Kinder übers ganze Bundes gebiet verteilt und sie blieben allein zurück.

„In Russland haben die Familienstrukturen noch funktioniert. Darauf haben sich vor allem die Alten verlassen, als sie mit den Kindern und Enkeln nach Deutschland

kamen“, erklärt Walentina Drichel. Die erfah-rene Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin kennt und betreut viele von ihnen seit Be -ginn der 90er-Jahre. „Wir sehen, dass es hier immer mehr ältere und zunehmend kranke Menschen gibt, die jetzt einfach Hilfe benöti-gen.“ Eine Hilfe, die viele nicht in An spruch nehmen. Weil sie die Möglichkeiten gar nicht kennen, weil sie mit den Trägern der Angebote, mit Behörden und Ämtern nicht klar kommen, weil gerade die Älteren die deutsche Schrift kaum beherrschen – und weil sich viele schämen eine Unterstüt zung anzunehmen, die nach ihrer Ansicht doch die Familie leisten muss.

Seit Sommer 2008 läuft ein Projekt, das ehren amtliche Helferinnen und Helfer spe-ziell für diese Bevölkerungsgruppe sucht und auch ausbildet. Die Bedingung: Sie müssen die russische und die deutsche Sprache beherrschen. „Die Idee, hier russischsprachige Helferinnen einzusetzen, ist anfangs ein wenig skeptisch aufgenommen worden“, erinnert sich Walentina Drichel. „Dabei wis-sen wir doch alle, wie wichtig die Sprache gerade für Demenzkranke ist.“ Die

Seit Sommer 2008 läuft ein Projekt, das ehren amtliche Helferinnen und Helfer spe-ziell für diese Bevölkerungsgruppe sucht und auch ausbildet. Die Bedingung: Sie müssen die russische und die deutsche Sprache beherrschen. „Die Idee, hier russischsprachige Helferinnen einzusetzen, ist anfangs ein wenig skeptisch aufgenommen worden“, erinnert sich Walentina Drichel. „Dabei wis-sen wir doch alle, wie wichtig die Sprache gerade für Demenzkranke ist.“ Die

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