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Oberflächenfunktionalisierung von Aerogelen durch bifunktionale organische

bifunktionale organische Linker, zur Erhöhung der Sensitivität von Gassensoren durch Übergangsmetalle

4.4.1 Grundlagen und Stand der Forschung

Am Beispiel der monolithischen ZnO-Aerogele wurde bereits gezeigt, dass metalloxidische Halbleitermaterialien katalytische Eigenschaften besitzen, die auf molekulare Vorgänge an der Oberfläche der Materialien zurückzuführen sind. Mit einem höheren Verhältnis der Oberfläche zum Volumen und einem größeren Anteil aktiver Oberfläche pro Masse des Materials, wird auch die katalytische Aktivität in gleichem Maße erhöht werden. Die Klasse der Aerogele zeichnet sich dabei durch eine besonders hohe innere Oberfläche aus. Der besondere Aufbau aus großen Makroporen sowie kleinen Mesoporen garantiert ideale Voraussetzungen für einen effizienten Massentransport und eine unmittelbarer Umgebung der umzusetzenden Substanz zur Porenwand. An dieser Oberfläche finden die chemischen Prozesse statt, die ausschlaggebend für die katalytische Wirkung der Materialien sind. Dabei spielen neben den oberflächengebundenen Hydroxylgruppen und Defektstellen, meist Sauerstoffmoleküle in verschiedenen Ionisierungsstufen, eine wichtige Rolle. Besonders zum Tragen kommt dieser Effekt bei der Verwendung der Metalloxid-Halbleiter als sensorische Elemente für Gase. Bei dieser in Kapitel 2.1.3 vorgestellten Anwendung spielt vor allem die Bandverbiegung des Leitungs- und Valenzbandes an der Oberfläche eine Rolle, siehe Abbildung 26, verbunden mit der Höhe der Energiebarriere eVsurface. Möglichkeiten um die Höhe von eVsurface oder die Oberflächenchemie eines gegebenen Metalloxidmaterials zu ändern, sind limitiert. So ist es möglich, durch gerichtetes anisotropes Wachstum geladene Flächen mit einer hohen Oberflächenenergie zu maximieren.648 Daneben besteht die Möglichkeit, das Verhältnis der Oberfläche zum Volumen zu vergrößern oder die Oberfläche oxidativ beziehungsweise reduktiv zu behandeln. Eine andere Methode, um die Oberflächenchemie und Eigenschaften von Metalloxidhalbleitern effektiv zu verändern, ist die in Kapitel 4.3.4.3 untersuchte

Funktionalisierung der Oberfläche.701 Hierfür stehen neben der Funktionalisierung durch das Aufbringen von kleinen Clustern oder Nanopartikeln edler Metalle wie Gold oder Platin an der Oberfläche der Metalloxid-Nanopartikel204, 721-725 sowie der Beschichtung der Oberfläche durch ein weiteres Metalloxid mit unterschiedlichen elektronischen Eigenschaften726-730 auch die Funktionalisierung durch organische Moleküle zur Verfügung.

Analogien für die Interaktion von oberflächengebunden, organischen Gruppen mit weiteren Molekülen oder Atomen finden sich in der Entwicklung der farbstoffsensitivierten Solarzellen durch Grätzel et al.524 Die Funktionalisierung von porösen Metalloxiden mit Übergangsmetallkomplexen brachte einen großen Fortschritt im Bereich der organischen Photovoltaik mit sich. Die dabei verwendeten komplexierten Metalle, die mit Ankergruppen an das Metalloxid koordiniert sind, dienen als farbige Zentren und erhöhen die Absorption von Sonnenlicht über einen weiten Teil des Lichtspektrums. Das Arbeitsprinzip von Grätzel-Zellen ist in Kapitel 2.1.2 ausführlich erläutert. Während sich dieses Konzept für organische Solarzellen bewährt hatte, ist eine Verwendung in Gas-Sensoren für diese Art der Funktionalisierung nicht beschrieben. Auch eine erschöpfende Literaturrecherche in einem erweiterten Gebiet für andere Klassen poröser Materialien liefert wenige relevante Publikationen. Zu diesen gehören beispielsweise oberflächenfunktionalisierte, mesoporöser MCM-41-Materialien oder Kohlenstoff-Nanoröhrchen.731-733

Abbildung 93: (a) Schema zur Erkennung eines Analytgases (türkis) welches durch ein porösen Halbleitermaterials (blau) geleitet wird, dessen Oberfläche mit Metall-Komplexen (rot) funktionalisiert wurde. Die Erkennung erfolgt über Änderung des Widerstandes, gemessen durch Kontaktierung mit Platin-Elektroden (grau). (b) Die Metallkomplexe werden über einen Liganden (L) koordiniert, der über einen konjugierten organischen Rest (R) mit der Ankergruppe verbunden ist, welche an ein halbleitendes Metalloxid chemisorbieren kann.

Änderungen an der elektronischen Situation des Metall (M) führen zu Änderungen der Leitfähigkeit des Halbleiters.

In diesem Kapitel soll gezeigt werden, dass es gelingt die Sensitivität von Gas-Sensoren auf Basis von TiO2-Aerogele durch die Oberflächenfunktionalisierung mit bi-funktionalen organischen Molekülen zu erhöhen. Das Schema in Abbildung 93 (a) beschreibt dabei das Konzept dieses Kapitels. Das durch den porösen metalloxidischen Halbleiter (blau) strömende Analytgas (türkis) interagiert mit den an der Oberfläche gebundenen metallorganischen Komplexen (rot) und führen zu einer Änderung der elektronischen Situation an diesen Molekülen. Dies führt wiederum zu einer Änderung der elektronischen Situation an der Oberfläche des Halbleiters und zu einer Änderung der elektrischen Leitfähigkeit, welche über die Kontaktierung mit Platinelektroden ausgewertet werden kann.

Besonderer Beachtung gilt bei dieser Funktionsweise dem Design des bi-funktionellen, organischen Moleküls. So muss dieses, wie in Abbildung 93 (b) verdeutlicht, sowohl eine Funktionalität zur Koordination an die Metalloxidoberfläche besitzen, als auch eine Funktionalität, mit welcher verschiedene Metallkomplexe gebunden werden können.

Zusätzlich muss eine Weitergabe elektronischer Information zwischen den Gruppen gewährleistet sein, etwa durch ein zusammenhängendes π-System.

4.4.1 Synthese eines monolithischen TiO2-Aerogels und

Oberflächenfunktionalisierung mit organischen Molekülen

Bei der Herstellung der TiO2-Aeroegele wurden die in der Literatur berichteten Synthesewege mit den Erfahrungen kombiniert, die im Vorfeld zur Herstellung der ZnO-Aerogele sowie kompakten ZnO- und TiO2-Filmen gemacht wurden.202, 208, 209, 213, 219 Die in diesem Kapitel benötigten monolithischen TiO2-Aerogele wurden ausgehend von Titanalkoholaten Ti(OR)4

synthetisiert. Die Synthese basiert auf der Hydrolyse und Kondensation der Vorläufermoleküle in einem klassischen Sol-Gel-Prozess. Die genaue Synthesebeschreibung findet sich im Syntheseteil 8.1.5.

Die nach der Synthese erhaltenen TiO2-Gele besitzen eine gelbliche Färbung (Abbildung A 21 (a)), welche durch eine Lagerung in Ethanol für einen Zeitraum von drei Tagen unter leichtem Rühren entfernt werden kann. Eine Trocknung der Materialien erfolgt daraufhin nach Austausch des Lösungsmittels gegen CO2 in einem Autoklaven. Anschließendes Einstellen überkritischer Bedingungen durch Druck und Temperaturerhöhung und langsames Ablassen des überkritischen CO2 führt zu dem gewünschten monolithischen TiO2-Aerogelmaterial (siehe Abbildung A 21 (b)). Die SEM-Aufnahme des Materials in Abbildung A 21 (c) zeigt ein hochverzweigtes Netzwerk, was der typischen Aerogelmorphologie entspricht. Die hohe Porosität und Oberfläche der Materialien wurde durch Aufnahme von N2-Isothermen bestätigt.

Die aus den Physisorptionsdaten berechnete BET-Oberfläche der Materialien beträgt 533.49 m2/g für das unkalzinierte Material.

Wie für die ZnO-Aerogele berichtet, lässt sich die Kristallinität der Aerogele durch eine Temperaturbehandlung erhöhen. Während das direkt nach der Synthese aufgenommen PXRD-Diffraktogramme ein amorphes Material zeigt, kann durch eine Temperaturbehandlung von 450oC für 5 h ein kristallines Material gewonnen werden. In Abbildung A 21 (d) ist das PXRD Diffraktogramm dieses Aerogels gezeigt. Zum Beweis, dass es sich dabei um die Anatas-Modifikation handelt, ist das Referenz-Diffraktogramm von TiO2 (Anatas) als Balkendiagramm unter die Daten gelegt. Anhand der großen Reflexbreite und der geringen Intensität lässt sich auf eine kleine Partikelgröße schließen. Eine Auswertung der Halbwertsbreite (FWHM) des (101) - Reflex nach dem Debye-Scherrer Verfahren liefert eine Partikelgröße von ~4 nm. Durch die Temperaturbehandlung werden voluminöse amorphe Phasen des TiO2 zu kristallinen Phasen umgewandelt. Neben den PXRD-Spektren lässt sich dies auch anhand der N2-Isothermen in Abbildung A 22 (b) ablesen. Die aus den Isothermen berechnete BET-Oberfläche sinkt durch die Temperaturbehandlung auf 130 m2/g und liegt damit bei einer vergleichbaren Größe wie die Oberfläche der ZnO-Aerogele (Abbildung A 23).

Eine Auswertung des in Reflexion aufgenommenen UV-Vis Spektrums mithilfe der Kubelka-Munk Methode734, 735 (Abbildung A 22 (a)) liefert eine Energie der Bandlücke von 3.3 eV, die damit leicht über dem Literaturwert für TiO2 in der Anatas Modifikation von 3.23 eV liegt.

Wichtig für die Funktionalisierung der Oberfläche ist die Prüfung der chemischen Reinheit der Oberfläche. Dies erfolgte mithilfe zweier komplementärer analytischer Techniken, der EDX-Spektroskopie sowie der IR-EDX-Spektroskopie. Beide Methoden eignen sich aufgrund ihrer hohen Sensitivität zur Bestimmung kleiner Mengen an anorganischen und organischen Gruppen.

Das in Abbildung A 22 (c) gezeigte EDX-Spektrum zeigt, wie erwartet, die Signale für Ti und O, darüber hinaus jedoch auch weitere Signale für C und Si. Das Signal für Si liegt mit 0.29 w%

am unteren Limit der Nachweisgrenze der verwendeten Technik und kann nur durch eine eingeschleppte Verunreinigung erklärt werden. Der Kohlenstoffwert (2.9 %) selbst ist kritisch zu betrachten, da die Messung auf einem Kohlenstofffilm erfolgt. Zur Überprüfung wurde ein ATR-IR-Spektrum des Materials aufgenommen, das in Abbildung A 22 (d) gezeigt ist. Außer der breiten OH-Schwingungsbande bei ~3350 cm-1 und der charakteristischen Ti-O Bande bei 600 cm-1 sind keine weiteren Schwingungsbanden vorhanden, die auf eventuelle, organische Reste an der Oberfläche der TiO2-Aerogele schließen könnten. Die Oberfläche kann also als chemisch rein betrachtet werden.

Nach der erfolgreichen Synthese der monolithischen Aerogelmaterialien erfolgt die Herstellung der dünnen Aerogelfilme wie sie etwa zur Fertigung eines Sensorsubstrates benötigt werden.

Dazu wurden 5 mg des TiO2-Aerogels in 20 ml Diglyme durch Schütteln und Ultraschallbehandlung suspendiert. Diese Suspension wurde anschließend mit Spritze und Kanüle auf das Substrat aufgebracht. Trocknen und Kalzinieren der Filme erfolgte an Luft mit folgendem Temperaturverlauf: RT → 100oC:10 h, 100oC → 400oC: 4 h, 400oC: 2 h. Wurden die Filme auf einem Sensorsubstrat abgeschieden, so kann die erfolgreiche Herstellung eines durchgängigen Films anhand des gemessenen Stroms bei einer definierten angelegten Spannung und Temperatur aufgenommen werden. SEM-Aufnahmen eines solchen Films auf einem Sensorsubstrat finden sich in Abbildung A 24, der Strom bei einer angelegten Spannung von 1 V und einer Betriebstemperatur des Sensors von ~140oC beträgt 2∙10-4 µA. Ein leitendes, zusammenhängendes Aerogelnetzwerk konnte also erfolgreich synthetisiert werden.

In einer, während der Entstehung dieser Dissertation durchgeführten wissenschaftlichen Arbeit736, wurde auf Grundlage der Untersuchungen der Oberflächenfunktionalisierung von ZnO durch organische Moleküle, die Funktionalisierung von porösen TiO2 Materialien untersucht. Als geeignete Ankergruppen wurden ähnlich zu den ZnO-Materialien Carbonsäure- und Phosphonsäure-Gruppen identifiziert. Um die im Verlauf der Dissertation synthetisierten bifunktionalen Moleküle neben den TiO2-Aerogelen auch auf ZnO-Aerogelen anwenden zu können, soll im weiteren Verlauf die Phosponsäure-Gruppe als Ankergruppe betrachtet werden.

Mithilfe eines direkten Vergleichs konnte im Vorfeld gezeigt werden, dass die TiO2-Aerogele wesentlich beständiger gegen die Oberflächenfunktionalisierung sind, als die ZnO-Aerogele.

Bei gleichen Bedingungen findet sich bei Verwendung der Phenylphosphonsäure als funktionalisierendes Molekül bei den ZnO-Aerogelen eine deutliche Salzbildung, bei den TiO2 -Aerogelen bleibt diese aus. In Abbildung A 25 sind die PXRD-Diffraktogramme dieser Untersuchung gezeigt.

Zur Untersuchung der Funktionalisierung der TiO2-Materialien wurden 4∙10-3 M Lösungen der molekularen Verbindungen in einem Ethanol-Wasser Gemisch (9:1) hergestellt. Zu 100 ml dieser Lösungen wurden unter starkem Rühren 250 mg des TiO2-Materials zugegeben. Falls notwendig, wurde durch Zugabe von 0.1 M HCl der pH-Wert der Lösungen auf pH = 3.5 eingestellt, der „point of zero charge“ ist damit weit unterschritten.737 Die auf diese Weise hergestellten Dispersionen wurden für 48 h gerührt und anschließend durch mehrere Zyklen Zentrifugation und Redispergieren mittels Ultraschall in Ethanol gewaschen. Die Trocknung der Materialien erfolgte am Vakuum bei 10-2 mbar.

In Abbildung 94 sind die IR-Spektren der Ausgangsverbindungen (grau) und der auf TiO2

funktionalisierten Verbindungen gezeigt. Als Basislinie dient das reine TiO2 Material. Der Erfolg der Funktionalisierung kann anhand einer Verschiebung der Schwingungsbanden der an der Bindung beteiligten Gruppen nachvollzogen werden.

Die leicht zu kleineren Wellenzahlen verschobene P-CAr-Schwingung bei 1140 cm-1zeigt die erfolgreiche Funktionalisierung, ebenso die Existenz der P-O Schwingungen bei 1000 cm-1 -1100 cm-1 sowie die P-OH Schwingungsbande bei 980 cm-1. Zur weiteren Verifizierung der durch IR-Spektroskopie gewonnen Ergebnisse wurden 31P-MAS-NMR Spektren des funktionalisierten TiO2-Materials aufgenommen. Das Spektrum ist in Abbildung 94 (b) gezeigt.

Durch Vergleich der NMR-Spektren des funktionalisierten Materials (schwarz) mit dem in Flüssigkeit aufgenommen 31P-Spektrum der molekularen Verbindung (grau) wird die erfolgreiche Funktionalisierung ebenfalls bestätigt. Während im MAS-Spektrum ein breites Signal bei 19.90 ppm sichtbar ist, findet sich für die molekulare Verbindung ein Signal bei 21.4 ppm. Diese Verschiebung des Signals der immobilisierten Spezies hin zu kleineren Frequenzen deckt sich mit den Literaturberichten738 und kann der zwei-zähnigen Bindungsform zugeordnet werden. Als dritte Methode, um die erfolgreiche Funktionalisierung zu bestätigen, wurden die funktionalisierten Materialien mithilfe der Elementaranalyse untersucht. Dabei wurde für die Phenylphosphonsäure ein Kohlenstoffanteil von 1.29 wt% bei Verwendung kommerzieller TiO2-Nanopartikel und 2.30 wt% bei Verwendung des mesoporösen TiO2

aufgrund der größeren Oberfläche des Materials ermittelt.

Abbildung 94: (a) ATR-IR-Spektrum von TiO2-Nanopartikeln (P25) funktionalisiert mit Phenylphosphonsäure (schwarz) und Referenzspektrum (grau) der reinen Phenylphosponsäure.

(b) 31P-MAS-NMR Spektrum der funktionalisierten TiO2-Nanopartikel (P25) funktionalisiert mit Phenylphosphonsäure (10 kHz, cp) δ = 19.9 ppm (schwarz) und 31P-NMR (D2O, 400 MHz, 298 K, [H]) δ = 21.4 ppm der molekularen Verbindung (grau).

4.4.1.1 Synthese der metallorganischen Verbindung und der Liganden

In diesem Kapitel soll die Auswahl, die Synthese sowie die besonderen Eigenschaften der organischen und metallorganischen Moleküle beschrieben werden. Eine detaillierte Synthesebeschreibung und weitere analytische Daten finden sich in Syntheseteil 8.1.

Bei dem ersten synthetisierten Molekül handelt es sich um das Ferrocen-Dinatriumphosphonat (FcPO3Na2). Ferrocen ist eine metallorganische Verbindung mit wichtiger Bedeutung in der Forschung,739-741 da es sich einerseits durch eine hohe chemische Stabilität auszeichnet, andererseits leicht oxidieren und reduzieren lässt. Durch diese Eigenschaften wird Ferrocen etwa bei der Cyclovoltammetrie als Referenzverbindung verwendet. Das Eisen lässt sich dabei zwischen den Oxidationsstufen +II und +III schalten. Durch die Funktionalisierung des Ferrocens mit einer Ankergruppe, wie in Abbildung 95 (a) gezeigt, kann getestet werden, ob über eine Koordination des Moleküls an einen Halbleiter, eine Änderung des Oxidationszustandes des koordinierten Metalls einen Einfluss auf die Leitfähigkeit des Halbleiters besitzt. Als Ankergruppe wurde die Phosphonsäure beziehungsweise das Na-Phosphonat gewählt. Die Synthese des Ferrocen-Dinatriumphosphonats (FcPO3Na2) wurde analog zu einer in der Literatur beschriebenen, mehrstufigen Synthese durchgeführt, deren Details im Syntheseteil 8.1.6 beschrieben sind.742, 743

Abbildung 95: (a) Ferrocendinatriumphosphonat (FcPO3H2) (b) Natrium[2,2‘-Bipyridin]-4,4‘-Diylbisphosphonat

Um das in der Einleitung und Aufgabenstellung beschriebene Konzept zu bestätigen, bräuchte man idealerweise ein organisches Molekül, das die folgenden Eigenschaften besitzt: Es sollte einer Ankergruppe tragen, um sich an die Oberfläche des Halbleiters zu koordinieren. Es sollte darüber hinaus eine weitere organische Funktionalität besitzen, mit welcher es gelingt unterschiedliche Metallatome zu komplexieren. Und schließlich sollte das Molekül über ein zusammenhängendes π-System verfügen, um die am Metall gesammelte elektrische Information auf den Halbleiter übertragen zu können. Bei dem Molekül, dass für diese Verwendung ausgewählt wurde, handelt es sich um das in Abbildung 95 (b) gezeigte

Natrium-[2,2‘-Bipyridin]-4,4‘-Diylbisphosphonat. Das Bipyridin ist ein starker Komplexbildner für eine Reihe von Übergangsmetallen744-746 und wird in Kombination mit Ruthenium oft als Farbstoff für Grätzelzellen verwendet. Auch in der homogenen Katalyse wird dieses Molekül als Ligand oft verwendet. Die experimentellen Details und die Charakterisierung der Synthese ausgehend von 4,4‘-Dibromo-2,2‘-Bipyridin sind im Syntheseteil 8.1.7 ausführlich beschrieben.

4.4.1.2 Cyclovoltammetrie an metallorganisch funktionalisierten Metalloxiden

Bei Betrachtung des Schemas in Abbildung 93 wird deutlich, dass die ersten Grundlagen für das angestrebte Sensorsystem gelegt sind. Ein poröses Halbleitermaterial konnte als dünner Film hergestellt werden, welcher in einem Aufbau zur Bestimmung der sensorischen Eigenschaften des Systems durch Elektroden kontaktier ist. Dieser kann mit zuvor synthetisierten organischen Molekülen funktionalisiert werden, wobei diese Moleküle neben der Ankergruppe eine weitere Funktionalität tragen, etwa einer Gruppe zur Koordination von Metallionen, wie das Bipyridin-Derivat.

Der nächste Schritt ist die Beantwortung der wichtigen Frage, ob es einem Metallion gelingt, die elektrische Information die es durch eine Änderung der Umgebung erfährt, über einen organischen Rest hinweg auf den Halbleiter zu übertragen. Dies sollte in einem solchen Maß erfolgen, dass dies zu einer messbaren Änderung der Leitfähigkeit des Hableiters führt.

Um diese Frage zu beantworten wurde ein dünner Film des Halbleitermaterials TiO2 mittels HF-Magnetron-Sputterns auf eine Elektrode aufgetragen, dieser mit dem Ferrocen-Derivat FcPO3Na2 funktionalisiert und eine Änderung der Umgebung des Metallions durch eine Änderung der Spannung simuliert. Misst man den Strom, der bei dieser Spannungsänderung an der Elektrode abfällt, so erhält man beim Anlegen einer cyclischen Spannung ein Cyclovoltammogramm, welches eine direkte Aussage zur Weitergabe der elektrischen Information an das Halbleitermaterial liefert.

Der erste Schritt hierbei ist die Funktionalisierung des Halbleitermaterials mit dem Ferrocenderivat. Diese Funktionalisierung erfolgte über die Zugabe 250 mg des zu funktionalisierenden Halbleitermaterials zu einer 5∙10-3 M Lösung des Ferrocenderivats.

Anschließend wurde die Suspension für 48 h bei 40oC unter langsamen Rühren belassen. Das Waschen erfolgte in mehreren Zyklen über Zentrifugation und Redispergieren des Materials mithilfe von Ultraschall in frischem Lösungsmittel. Die Trocknung erfolgte am HV bei 10

-2 mbar. Der Erfolg der Funktionalisierung wurde durch die Kombination sich ergänzender analytischer Techniken bewiesen. In Abbildung 96 (a) ist das IR-Spektrum des funktionalisierten Materials (schwarz) gegenüber dem reinen TiO2 als Referenz (grau) gezeigt.

Die typischen Schwingungsbanden der Phosphonsäure im Wellenzahlenbereich zwischen

1085 cm-1 und 1025 cm-1 der P-O Schwingungen sind gut zu erkennen, ebenso die Gitter- und CCH-Deformations- bzw. CH-Valenz-Schwingungen der Ferrocen-Gruppe. In Abbildung 96 (b) sind die 31P-NMR-Spektren des funktionalisierten Materials (schwarz) und das 31P-NMR des Ferrocenderivats in Lösung gezeigt. Eine Verschiebung des Signals des koordinierten Ferrocens zu höheren Frequenzen resultiert aus der Koordination des Moleküls an der Oberfläche des Metalloxids und befindet sich in Übereinstimmung mit Literaturberichten.747

Abbildung 96: (a) ATR-IR-Spektrum von TiO2 (P25) funktionalisiert mit FcPO3Na2 (schwarz) mit dem reinen TiO2-Material als Referenz (grau). (b) 31P-MAS-NMR Spektrum von TiO2

(P25) funktionalisiert mit FcPO3H2 (schwarz) und 31P-NMR-Spektrum der Verbindung in D2O (grau). (c) Cyclovoltammogramm des FcPO3Na2 (schwarz) und Ferrocen (grau) 5.0 mmol/l Lösung in Acetonitril, Vorschubgeschwindigkeit = 50 mV/s. (d) Verwendung eines 80 nm TiO2-Films auf Titanfolie als Elektrode. schwarz = Cyclovoltammogramm in Acetonitril mit Oberflächenfunktionalisierung der Elektrode durch FCPO3H2. grau = Cyclovoltammogramm von Ferrocen in Lösung.

Das sehr breite Signal bei ~5 ppm kann aufgrund der hohen Reinheit des Ausgangsmaterials nur durch eine Zersetzung der Verbindung und der Koordination des Zersetzungsprodukts an die Oberfläche des Metalloxids erklärt werden.

Bevor mit der Untersuchung des an die Oberfläche koordinierten Ferrocen-Derivats begonnen wurde, wurden zunächst die Cyclovoltammogramme der molekularen Verbindungen aufgenommen. Der Messaufbau besteht aus einer Platinscheiben-Arbeitselektrode und einem Platindraht als Gegenelektrode, sowie einer Kalomel-Referenzelektrode. Gemessen wird in einer 5.0 mmol/l Lösung des Analyten in trockenem Acetonitril sowie 0.1 mol/l Tetra-n-butylammonium-perchlorat als Leitelektrolyt. Die Lösungen wurden vor der Messung zur Entfernung von Sauerstoff für mehrere Minuten mit Stickstoff gespült. Die Cyclovoltammogramme des Ferrocens (grau) und des Ferrocen-Dinatriumphosphonats (schwarz) sind in Abbildung 96 (c)gezeigt.

Die Messungen in Abbildung 96 (c) und (d) wurden mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 50 mV/s durchgeführt. Bei einem positiven Spannungsvorschub kommt es dabei für das reine Ferrocen ab einer Spannung von 0.3 V durch die beginnende Oxidation von Ferrocen zum Ferrocenium-Ion zu einem deutlichen Anstieg der Stromstärke, was in einem Peakpotential der Oxidation Ep,ox = 0.42 V mündet und welche danach steil abfällt. Wird eine Spannung von 0.7 V erreicht, erfolgt der negative Spannungsvorschub bis die Ausgangsspannung 0 V wieder erreicht ist. Dabei lässt sich durch die Reduktion des Ferrocenium-Ions zu Ferrocen ein Peakpotential der Reduktion Ep,red = 0.36 V ablesen. Das Halbstufenpotential (E1/2) des Ferrocen/Ferrocenium- Ion (Fc/ Fc+) wurde aus dem arithmetischen Mittel dieser beiden Peakpotentiale bestimmt und beträgt E1/2 = 0.39 V / SCE. Dieser Wert liegt im selben Größenbereich wie die bekannten Literaturwerte, wobei je nach Quelle leicht unterschiedliche Werten angegeben werden.748, 749 In Abbildung A 27 finden sich, über die an dieser Stelle diskutierten Ergebnisse hinaus, die Cyclovoltammogramme der Ferrocen-Lösungen bei verschiedenen Vorschubspannungen, die in Abbildung A 27 ausführlich diskutiert werden und weitere Informationen über das System liefern.

Betrachtet man das Cyclovoltammogramm des Ferrocenderivats FcPO3Na2 in Lösung (Abbildung 96 (b)) so fällt der um etwa Faktor 10 niedrigere Stromstärkebereich auf, in welchem die Reduktion und Oxidation stattfinden. Dieses ist durch die geringere Konzentration der Analytlösung gegeben, bedingt durch die schlechtere Löslichkeit des Ferrocenderivats in Acetonitril. Weiterhin fällt eine deutliche Verschiebung der Peakpotentiale Ep,ox = 0.61 V und Ep,red = 0.54 V zu höheren Werten im Gegensatz zu denen des reinen Ferrocens auf. Das Halbstufenpotential liegt damit bei E1/2 = 0.58 V und damit 190 mV über dem

Halbstufenpotential des Ferrocens unter gleichen Bedingungen. Für Ferrocenderivate mit substituierten Cyclopentadien-Ring ist bekannt, dass das Redox-Potential von den elektronischen Effekten der Substituenten abhängig ist. So führen elektronenziehende Gruppen wie Phosphonate zu einer Erhöhung des Oxidationspotentials. Dieser Effekt kann hier mithilfe der Cyclovoltammetrie beobachtet werden und ist damit im Einklang mit Literaturberichten.743 Nachdem die elektrochemischen Charakteristika der molekularen Verbindungen aufgeklärt wurden, muss nun untersucht werden, wie sich die Verwendung einer Metalloxid-Elektrode

Halbstufenpotential des Ferrocens unter gleichen Bedingungen. Für Ferrocenderivate mit substituierten Cyclopentadien-Ring ist bekannt, dass das Redox-Potential von den elektronischen Effekten der Substituenten abhängig ist. So führen elektronenziehende Gruppen wie Phosphonate zu einer Erhöhung des Oxidationspotentials. Dieser Effekt kann hier mithilfe der Cyclovoltammetrie beobachtet werden und ist damit im Einklang mit Literaturberichten.743 Nachdem die elektrochemischen Charakteristika der molekularen Verbindungen aufgeklärt wurden, muss nun untersucht werden, wie sich die Verwendung einer Metalloxid-Elektrode