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Norddeutsche Allgemeine Zeitung.

«-arcilasode laVega gabvordreihundertJahrender imWeltwestenwohnenden

.-Menschheitdieerste KundevonderDungkraftdesGuanos,dieschonin alter Zeit so hochgeschätztward,daßdieJnkakönigezumSchutzder GuanolieferndenVögel besondere GesetzeerließenunddasBetreten derBrutstättenbeiTodesstafe verboten-ZweihundertJahrewaren seit Garcilasos Bericht verstrichen:dabrachte Alexander vonHumboldtdieerstenGuanoprobenvondenChincha-Inseln heim. Heutzutage würdesichnach solchemFund soforteinSyndikatbildenunddenneuen Dungstoff zumonopolisirenversuchen. Damals lebteman langsam.EinMenschenalter ver-ging,bisdasMißtrauen,derMisoneismuswichundderGroßhandelsichanden Geruchder unter TropensonneundTropenregen zersetzten Exkrementegewöhnte.

Endlichaber,ungefährumdieZeit,da dasbinnenländischeBürgerthum sichzunutz-losenKämpfenumFreiheitschemenundpapierne Verfassungenrüstete,griffenan derWasserkantedieköniglichenKaufleutemitkühnerHandzu.Guano,fanden sie, riechtimmer nochbesseralsSklavenhandel; auchkannman GipsoderGerberlohe drüberstreuen.DieEinfahrziffern wuchsen rasch, ungeheureVermögenwurden

ge-«

häuftundderHauptimporteur, HerrAlbertus vonOhlendorss,fühltedie Patrioten-pflicht, sichdem weiterenVaterlande dankbarzuerweisen,dasso willigdievonder chilenischenundperuanischenKüsteverfrachtete duftendeWaareaufnahm.Ermochte denken: wenn ausallenMinisterienundVerwaltungbureaux dieExkremente zu-sammengekehrtundaneineCentralstellegeschafftwerden,woNässeundSonne sie,unter sachverständigerAufsicht, kunstgerechtzersetzen,dannkann daraus einStoffentstehen, der dieöffentlicheMeinungmitimdeutschenNorden bisher ungeahnter Triebkraft zudüngenvermag. DerneueAlbertus Magnus kauftedieNorddmtscheAllgemeine ZeitungundübergabsiedempreußischenMinisterpräsidentenzufreier VerfiigungDas ersteanerkannt offiziöseBlattwar also demreichenErtrag desGuanohandels zudanken.

Doch Guanoniederlagenwerden inbewohntenStadtvierteln leichtlästig.

Um dasHausWilhelmstraße32,allwodieZersetzungeentrale Unterkunft gefunden hatte, wehtenübleDünsteundohneAergernißgingesnielangeab.HerrAlbertus konnteundwolltesichumdasBlattnichtkümmern;ersorgtehöchstensdafür, daßseine hamburgerGeschäftsinteressennichtgeschädigtwurden,undließimUebrigen Herrn Pindter schalten und walten,denMannseines Vertrauens,derVerlagund Redak-tionmitAutokratenmachtleitete.DieserMachtwar natürlicheineSchranke gesetzt:

wasausdemHauseWilhelmstraße77nachNummer 32geschicktwurde,mußte

un-besehenangenommen, wasinderReichskanzleioderimAuswärtigenAmtvom

Censorenstiftgestrichenwurde, durftevonPindterniemals gedrucktwerden. Die Redaktionwarnicht schwerzuleisten. Die Nachrichten holteman vonderfeineren SeitederWilhelmstraße,wichtigeArtikel kamenunter Couvert undwurden ohne AenderungeinesHaarstrichesin denSetzersaal gesandtunddieRedakteure,von denenwenigstens einer, Herr Trost, gutüberhistorischeundpolitischeGegenstände undüberKsulturfragenzuschreibenverstand, brauchtenimWesentlichennur ein sicheresTaktgefühl;siemußtenAnstößigesmeidenundmitFeder undSchere sosacht umgehen,daßdemBlattein Monitum desKanzlerserspartblieb.Pindterwarein geschickterundgeschmeidigerMann,derAllerleigesehenund erlebthatteundeinem Zeitungbetrieb dieser besonderenArtwohlvorstehenkonnte. Abererwar

inOester-372 DieZukunft.

reich geborenundbliebderstrasfenPreuszenzuchtftetsfremd.Erfand sichungemein beträchtlich,nnd alserfürseineKommissionärthätigkeitgar denRathstitel eingeheimst hatte,wuchs seineSelbsteinschätzunginsGigantische.Erthat,alsseiermitBismarck

—derspäterofterzählte,erhabedenpupillarisch nichtganzsicherenOesterreicherin seinemLebenüberhauptnur einmal gesehenausDuundDu, prahltemitder Macht seiner politischenArgumente,die inverschwiegenerNacht aufdenKanzler ge-wirktund densonstUnnahbarenzurBeendungdesKulturkampfes bestimmthätten, undwurde allgemachzu einernicht ernstgenommenen Gestalt.DasBedürfniß,sich imGlanz seinerBedeutungzuspiegeln,triebihn auch,Großbankiers,dieihn mitSchmeicheleienfütterten, Gefälligkeitenzuerweisen.Immerhin:eswar die großeZeit, BerlinderMittelpunktdereuropäischenPolitik, jedeWoche, jeder Tag fast brachte interessirenden StoffundamanderenEndederWilhelmstraßearbeiteten tüchtige,zumTheilvorzüglicheJournalistenfürdieNorddeutsche...Wärenurder NeidderliebenKonkurrenten nichtgarso wachsam gewesen!Dieganze Nachbar-schaftärgertesichaneinemBlatt,dasbessere Nachrichten, oft auch bessereArtikel hattealssieundobendrein noch nichtsdafürzubezahlen brauchte.Unerhört!Im Mannesbrustton tiefsterVerachtungnursprachderfreisinnigeZeitungschreibervon der,,osfiziösenMeute«, alsob esanundfürsicheinelenderes Handwerkwäre, Bismarcks Politikzuvertreten,alsunterdemDeckmantel desGemeinwohlesfür diebourgeoisenGeschäftsinteressenderHerren LessingundMossezufechten. Aus-sprechen,was ist, sagen,was dieUeberzeugung aufdieLippedrängt:auf diese reinsteFreudedesPublizistenmußtenbeideGruppenverzichten. Nochaberahnte HerrOmnisnicht,wieofterbetrogen,wieoft ihmdieNahrungfrechgefälschtwurde, weil einimHintergrundlauerndes GeschäftchendenTrug gebot;ermerktenicht, wiehäufigderJnserent,derSpender bezahlterReklamen bevorzugt,wie einBuch gelobt ward,weilderVerlegereinenlockendenAnnoncenauftragversprach,und kümmertesichnicht darum,obvoneinemUnternehmen,dasihm heute angepriesen wird, nichtamnächstenMorgeneinProspektganzeSpaltenfüllt.Wennman die OfsiziösenwiedenAuswurfderZunft behandelte, glaubtedasarglose Publikum gewiß,dievornehm aufdasGehudelHerabscheltendenseienunabhängigePublizisten, diesichnurvonihrem Gewissenleitenlassen.DieNorddeutschewurdefrühundspät ankrakehltUndfürjedes Wort,dasin der damals vielgelesenenZeitung stand,wurdederKanzler verantwortlich gemacht. Zuerstim DeutschenReich, dann, wasnoch unangenehmcrwar, auchim Ausland; lafouilledede Bismarck spielte namentlichin denWahnvorstellungenderFranzoseneinegroßeRolle.Dabeikonnte Bismarck nichteinmaldurchsetzen,daßdievonRessortministernundanderenBehörden stammenden ManuskriptevordemDruck in derReichskanzleizurBegutachtung vor-gelegt wurden,underfandindemGuanolageroftgenugKukukseier,dieihmden Appetitverdarben. Geschiehtihmschonrecht,sagte public opini0n,wennerdarüber klagte;wozubrauchtereineoffiziösePresse? Wozu?Die VollenundGanzengaben»

die Antwort UmDich, allerwerthesteöffentlicheMeinung,systematischzuvergiften;

würdediese Schandapothcke geschlossen,dannwürdestDunurvonunsnoch bedient, promptundreell,mitTränkleinausdemlautersten BornderWahrheit...Als Bismarck fortgeschicktwar,hateroft gesagt,dieNorddeutscheAllgemeine Zeitung habe ihmim Grunde mehrAergerundonus alsNutzen gebracht.

Caprivikam underklärteintugendlicherReine,eineofsiziösePressebrauche

NorddeutscheAllgemeineZeitung. 373 eralsKanzleriiberhaupt nicht.EinguterWitz,daßerschließlichselbstdas Opfereines vonihm inspirirtenArtikelswurde.Auch Patroklusistgestorbemundirgendwann müssenauchHetärcnmalJungferngewesensein.Wirwissen,daßin derZeit des-CaprivismusdieoffiziösenTreibereien ärgerwaren alsjevorher,underinnern unsheiteren Herzens nochdesSeufzers,der demFreiherrnvonMarschallvor Ge-richt entfuhr:»ImAuslande istmirwiederholtdieAnschauung entgegengetreten, dergrößteTheilderdeutschenPresse seioffiziös«.Zunächstabersollte wirklichnurmit demReichsanzeigergewirthschaftetwerden.DieSachverständigenlächelten,HerrVon

Rottenburgrang, alserimLandtagdasKeuschheitgelübdehörte,dieHände;nur Pindter drehte behaglichdieDaumen. Er konntewarten. DieEinnahmenwürden unter allenUmständenzurückgehen,aberAlbertus Magnuswar aufdenErtrag der-Zeitungja nicht angewiesen.EinenAugenblickhatte BismarckmitdemGedanken«

gespielt,auchalspartie-allerde distinctjon dieVerbindungmitderNorddeutschen sichzuerhaltenundHerrnvonHelldorffalsJnspiratorzubestellen.Doch Herr von-HelldorffwollteseineHaut nichtzu MarktetragenundHerrPindterwarnichtder Mann,einemweggejagten Herrscherdie Treuezuwahren. Ein einziger Artikel derdieBehauptung bestritt, DifferenzenüberdieBehandlung sozialer Probleme hättenzurEntlassungBismarcksgeführtwurdeimAuswärtigenAmt nochfriedrichs-ruher UrsprungesverdächtigtundalsbismärckischesProduktdemKaiser vorgelegt, derärgerlichrief-:»JetztscheintjagarderSignorPindter gegenmich losgelassean werden!Dasfehltenurnoch!«Dannwares aus. AufeinebänglicheAnfragedes österreichischenStrategenlam ausdemSachsenwaldcdieAntwort,ermögesich,wie früher,andiemaßgebendenJnstanzen halten. Zudenenwurden denn sachtauch-dieBrückengeschlagen.MitdemNimbus derZeitungaberwars vorbei.Die Abou-nentenzahl schrumpftemählichzusammen,undwennHerrAlbertus indie Reichskanz-leisphärekam, klagteer,·dasBlattseileidernicht mehr lebhaftgenuggeschrieben,nicht aufderHöhederZeit, nicht geeignet,imKampfmitderneuen Nachrichtenpresse zusiegen.DerGroßkaufmannkonntenicht wissen,daßeinemeensirten,von tausend-RücksichteneingeengtenBlatt solcherSiegunterallenUmständenund ganz besonders unter demDoppelgestirn Caprivi-Marschallunmöglichgemachtwar ...Erstarb und dieNorddeutschekam mitdemübrigenBesitzan seineErben. Diewaren von denschlechtenBilanzenderNorddcutschennichtsehrerbaut.Pindterkränkelteund wurde indenHäusern76 und 77 derWilhelmstraßemehr undmehralsquantth nagljgeable behandelt.DasRenommiren mitBismarcks Vertrauen hatteersichalsSchlaukopf zwarabgewöhnt;abererbliebverdächtig.Undob unterseinenLeutennichtderEine oderAndere nochab und zu vor demunbequemen FrondeurdasWeihrauchpfännchen schwang?Jede Notizwurdebeschnüsselt·Nurnichtetwa jetzt noch.Rcklamefür denüberschätztenHerrn,denwirdurchGottes gnädigeFügunglosgewordensinds Pindterwar müde,lässigundhochmüthiggeworden.Erließsichvonwedelnden LieferantenübersOhr hauenundwurdegrob,alsOhlendorffs Erben,dieihngar nichtkränkenwollten,alssolideGeschäftsleuteoffeneRechnunglegnngvonihm ver-langten.Dassei ihm nochnicht gebotenworden.HerrAlbertus habeihm stetsblind vertraut. Solle erjetztüberwachtwerden,dannzieheervor,seineEntlassungzu nehmen.Dashatteernatürlichnicht ernstgemeintundwar sehr erstaunt,alsHerr Heinrich vonOhlendorff ihm ruhigund mitkaufmännischerKühleschrieb,erseizwar mitseiner Leistung nicht unzufriedenundvonallemMißtrauenfrei,müsseaberauf·

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die weiteren DiensteeinesMannesverzichten,der demBesitzerdenEinblickin die FinanzendesUnternehmenswie einenunerlaubten Uebergrisf verwehre.

Pindter hat seitdem zweiNachfolgergehabt.Dererste, Griesemann,hat nicht lange geherrscht.Alsergestorbenwar,bliebdie Stelle desChefredakteursein gan-zesJahrunbesetzt; Herr Trostleitetedenredaktionellen, Graf Westarpden geschäft-lichen TheildesUnternehmensundChlodwigFürstzuHohenlohewar mitseiner Zeitung durchaus zufrieden, hatte sievielleicht,wiesoManches,wasinseinen Amtsbe-reichgehörte,völligvergessen.EinesschönenTageswurdeervondem damalsnoch sehrmächtigenHerrnvonKiderlen-WaechterausdemSchlaf gescheucht.Die Nord-deutscheAllgemeinemüsseendlichdochwiedereinenChefbekommen. So? Hat sie dennkeinen? Nein;abermiristdaeinfamoserMensch empfohlenworden. Wilhelm Lauser, Geheimer Hofrath. Ein Schwabe.EuerDurchlaucht Bruder,derHerr Kardinal,kenntihnübrigensauch,vomKonzil her. Sehrgeschickt;früherinWien, unter demberühmtenSzeps, so’neArt von recheroheur diplomatique etfinancial-.

Zuletztbei derftuttgarter Union,woereinBischenviel Geldfürunreproduzirbare BilderverplempertundKroeners dadurch verstimmt haben soll.FürUnsistdie Hauptsache:ganzunpolitisch,reinerBelletrist,vondem wirkeinenAnstoßzufürchten haben.Das ist unserMann. Der oderKeiner. So? Na,dannwollen wir

ihnernennen. DerGeheime Hofrathwurdeernannt. AlservonStuttgart nach

Berlin kam,betrat erzumerstenMal preußischenBoden. KeineAhnungvon preußischeroderreichsdeutscherPolitik,von derTradition unddenAufgabendes Blattes,daserleitensollte.Leiten? Niemand muthete ihmzu, dasBlattin andere Bahnenzu lenken.Onkel Chlodwigwar froh,wennAllesblieb,wie eswar. Und Elementarunterricht ingroßerReichspolitikkonnte Herr Lauser javonseinem Freunde Herrn Arthur Levysohn erbitten, dessen TaufpatheerinParisgewesen war, alsArthur,derdamals fürdieKölnischeZeitungschrieb,vomaltenzum

neuen Glauben überging.Schlimm istdieGeschichtenicht.Mangehtin die

Reichs-kanzleiundfragt HerrnvonWilmowski,wieergeschlafenhabe,underkundigtsich dann imPreßbureaunachdemBesindendesHerrnGeheimräthesHainmann.

Bringtman washeim: gut; bringtman nichts heim:umso besser.FürdenRest werdendiebeidenälterenRedakteure mitihrer Erfahrungschonsorgen. Also that derGeheimeHofrathHerr Wilhelm Lauser,derüberspanische Politikund öster-reichischeKunst,überdiepariserCommuneund diesiebenbürgischenZuständegeschrieben hatte;nndsiehe:eswargut.DesReiches-Kanzlerlas,Wilhelmstraße77,denneusten pariserRoman undgrollteJedem,derihm seinGreisenbehagenstörte--Der Chef-redakteur derNorddeutschen las,Wilhelmstraße32,denPigar0,erzählteden Be-suchernaltenndneueZötchenundfreute sich,wenn ausMährenland,ausGalizien und vonjenseitsderMaroschdieHandelsleute kamen,dieseinenStern hattenim Orient ausgehensehenundinEhrfurchtnunfragen wollten,obnichteinkleines Geschäftzumachen sei. Meistwar es zumachen. WasausderGegendder inter-essantenVölkerschaftenherbeigeschlepptwurde,war fastimmerderAnnahmesicher.«

DrübenschütteltenUnterstaatssekretäreundGeheimräthedieKöpfe.Wardie Nord-deutschezumBalkanmoniteur geworden?Undsollteman dulden,daßin demofsis ziösestenderoffiziösenBlätterdasHaremslebendesSultans,desGrandSaigneur, unseresliebenFreundes,ausführlichgeschildertwurde? Manmußteesdulden;denn OnkelChlodwigwollteRuhe habenundohneseine Einwilligungwarnichtszu

machen-Norddeutsche Allgemeine Zeitung. 375 Dazog,unter PhilisProtektorat,HerrvonBülowinsAuswärtigeAmt ein. Er hatteausderFernedieGefahrdurchschaut,mitder einanerkannt offiziöses BlattheutzutageeinenStaatssekretärbedroht,UndsichvomKanzlerdieErlaubniß ausbedungen,dendieauswärtigePolitikbehandelndenTheilderNorddeutschen selb-ständigzu leiten und zuüberwachen.Nur ganzobjektiv,befahler,sollekünftignochüber dieEreignisseberichtet werden;wasanErläuterungenetwanöthigsei,müsse,ehe esgedruckt werde, sein Visum tragen.Und dieObjektivitätfanderschonnicht aus-reichend gewahrt,wenn, zumBeispiel,aus einemanderen Blatte dieNotiz über-nommen wurde,aufdie Provinz ShantungalseinenbrauchbarenStützpunktdeutscher Interessensei schonunterBismarckhingewiesenworden. Dannkonnteder Staats-sekretär—der im innerenAmtsverkehrnicht so glatt, so verbindlichund salonhelden-hafthöflichistwiein denParlamenteninhellerWuthaufdenTischschlagenund denVortragendenRathmit derzornigenFrage erschrecken:,,SollenDie denn Alles ge-machthabenundfürunsgarnichtsübrigbleiben?«Ja,hießes nachsolchenAusbrüchen wohl,einTheilderRedakteurestammtebennochausderZeitdes ersten Kanzlers;diese Leute kommenvonderSchablone nichtlosund Herrn LausersindunsereVerhältnisse allzu fremd.DieälterenRedakteure wurden,unterAnerkennungihrerVerdienste, ent-lassen, Herr Laufer erhieltdenWink, sichin dasneutrale GeländederBeilage zurück-zuziehen,undvonder»Post«wurdeHerrDr.Bornemann,Verfassereines Lust-spiels»DerWohlthätigkeitkuß«,sonstunbescholten,herübergeholtund mitderPflicht betraut, strengdarüberzuwachen,daßin denpolitischenTheilderZeitunghinfüro keinevom AuswärtigenAmtuncensirte Silbegelange DieKontrolewurde natür-lichnochstrenger, ihr Machtbereichweiter,alsGrafBülowinsrestaurirte Kanzlerhaus umzog. Seitdem istdereinst so heitere Herrallmählichsehrnervösgeworden:das alteSelbstvertrauen, diefröhlicheZuversichtdesstetsvom Beifall empfangenen Portefeuilletonisten ist geschwunden. Wehe,wenninseinerZeitungein Wortihn ärgert,wenneinRessortchef wagte, ohnevom,,leitendenStaatsmann« die Autori-sationzuerbitten,auchnurdreiZeilenin dieNorddeutschezuschmuggeln!Niehat seinKanzler,niehat selbstOttoBismarck sounumschränkt,mitsoeifersüchtiger TyrannisüberdasGuanoblatt geherrschtwieGraf BernhardvonBülow.

Undnunwird in beidenHäusernderWilhelmstraßegewispert,essolleanders werden. Amersten Oktober,auchinder Pressewurdeesschonerzählt,soll Herr HugoJakobiHerrnLauserablöfen.Unbegreiflich,heißtsNummer 32;Herr Jakobi, der inStraßburg,inMünchenund bei denBerliner Neusten Nachrichtenals Chef-redakteur keinGlückgehabt hat,demdieSozialdemokratie,wenn ersichalsunser Häuptlingetablirt, seinebitterbösenArtikel ausderZeitderBismarckfrondeunter dieNasereibenkannund derdochwahrhaftignichtobjektiv ist!DenhatBülow ge-wählt?DerwirdihmeineschöneSuppeeinbrocken. DawirddieRivalität der Ressorts,dasKukukseierlegen,derWettkampfderBlauen undGelbenalsowieder losgehen.Sehr begreiflich,heißtsNummer77. DenhatBülowsichernichtgewählt.

Dendurftenwirfrüherhier ja langegarnicht empfangen.Dessen Neuste Nach-richtenkamenkaumjemalsin dieZeitungschauderNorddeutschen.Bülow,dersein anerkanntes BlattvonjederPolemik, jedem schroffenTonfrei halten will,wirdsich schönhüten,dadrübengerade jetztdenBock zumGärtnerzumachen.Erhat über-hauptkeinenGrund,die»ReorganisationdesoffiziösenDienstes«,vonderjetzt soviel geredetwird,zuwünschen;erhatjaAlleanderStrippeundläßt,wenneraufdenKnopf

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Zukunft-drückt,inMünchen,inKarlsruhe, inWien und RomdieWasserkunst sprudeln.Der wirdfreiwilligdenungemeinselbstbewußtenHerrn Jakobi,den derselige Paul Kayser spottenddenLiquidatord«erbismärckischenMassenannte,aufPindtersStuhl setzen? Profit Mahlzeit.Kommter,dannisterBülowaufgenöthigt.Erhat, durch GuidoHenckel,allerleinützlicheBeziehungen.UndamHofwirdschonlängst ge-murrt,dieOffiziösenseienin derVertheidigungderpersönlichenPolitikdesKaisers allzu lau;immer nurAbschwächungen,Vertuschungen, stattmit Keulen dreinzu-schlagen.EinePriseBismarck sei jetztkeinUnglückmehr,da dieKontinuität der kaiserlichenPolitik jaüberjeden Zweifel erhaben sei;undwenndenHerrn Reichs-kanzlerdieErinnerungandenKürassier ärgere,so gebeesdoch nochhöhereInter-essenalsdieseiner empfindlichenNerven. Wiewars neulichwiedermitderDepesche!

Damußtemanganz andersinsZeug gehen.NurausderGegend kann-Herr Jakobi lancirtsein.ErhatvorJahrenmaleinenArtikelgeschrieben,derdemKaiser so

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gefiel,daßerderSchulkonferenzeinStückdaraus vorlas. Hofsache.Stärkere Leib-gardewirdgewünscht.UndBülow istnichtmehr tanti,sichenergischzuwehren, trotzdemersicherweiß,welcheFülleneuen Aergers ihmdaangerichtetwird.

Wahrscheinlichwohnenin Nummer77 dieklügerenLeute.NachallenLehren derPshchologiemußderKanzler,wieernun einmalist, seinemanerkannten Organ völligeFarblosigkeitwünschenunddieDienstleistungeinesZeitungschreibersscheuen, dersichdurchheftige FehdengegenCentrum,Freisinn,Elsässer,Polen, Partikularisten undSozialistenaller Artkompromittirthatunddergeneigt ist, sichalseinzigen legi-timenVertreter bismärckischerStaatskunstzugeberden. GrafBülowist nichtnaiv.Er weiß,daßWesentlichesnurdurchdieZeitungenzuerreichenist,die vorjedemQuartals-wechseldurchirgend einenAlarmruf ihreUnabhänigkeitden Quiriten zeigen, gouverne-mentalen Einflüssenaberstetszugänglichbleiben,unddaß,wasBonaparte, Metter-nich,Bismarck nicht vermochten, heutemöglichgeworden ist:dieHerrschaftüberdie ganzegroßkapitalistischePresse,die denzwischenRegirungundKapital nöthigenFrie-den nieernstlichgefährdendarf.ErhatinBismarcks Redengelesen,»daßesein mangelhafter Zustand war,wennman dieRegirungfürjedesWortverantwortlich machen konnte,dasin derSternzeitunggestanden hatte. Diesewurdedadurchzu

Wahrscheinlichwohnenin Nummer77 dieklügerenLeute.NachallenLehren derPshchologiemußderKanzler,wieernun einmalist, seinemanerkannten Organ völligeFarblosigkeitwünschenunddieDienstleistungeinesZeitungschreibersscheuen, dersichdurchheftige FehdengegenCentrum,Freisinn,Elsässer,Polen, Partikularisten undSozialistenaller Artkompromittirthatunddergeneigt ist, sichalseinzigen legi-timenVertreter bismärckischerStaatskunstzugeberden. GrafBülowist nichtnaiv.Er weiß,daßWesentlichesnurdurchdieZeitungenzuerreichenist,die vorjedemQuartals-wechseldurchirgend einenAlarmruf ihreUnabhänigkeitden Quiriten zeigen, gouverne-mentalen Einflüssenaberstetszugänglichbleiben,unddaß,wasBonaparte, Metter-nich,Bismarck nicht vermochten, heutemöglichgeworden ist:dieHerrschaftüberdie ganzegroßkapitalistischePresse,die denzwischenRegirungundKapital nöthigenFrie-den nieernstlichgefährdendarf.ErhatinBismarcks Redengelesen,»daßesein mangelhafter Zustand war,wennman dieRegirungfürjedesWortverantwortlich machen konnte,dasin derSternzeitunggestanden hatte. Diesewurdedadurchzu