• Keine Ergebnisse gefunden

Kapitel I: Cyclopentadienyl-N-silylphosphazene und -N- -N-silylguanidine

3 Literatur

2.2 Neue Cyclopentadienyliden-phosphorane

81 Zudem liegt die Verschiebung des phosphorgebundenen C-Atoms im 13C-NMR-Spektrum in jedem der vier Isomere in unterschiedlichen Bereichen (40 ppm bis 130 ppm). Tendenziell lässt sich sagen, dass die sp2-hybridisierten C-Atome der Isomere 3b-d tieffeldverschoben (bis 125.4 ppm für 3c) und das sp3-hybridisierte C-Atom im Isomer 3a stark hochfeldverschoben bei 47.5 ppm erscheinen. Mit diesem Trend korreliert auch die Größe der Kopplungskonstante für 1JCP. Für das sp3-hybridisierte C-Atom von Isomer 3a lässt sich eine kleine Kopplungskonstante von 45.3 Hz beobachten, während für ein sp2-hybridisiertes C-Atom hohe Werte für 1JCP von ca. 90 Hz (3d), 93.6 Hz (3c) und 96.6 Hz (3b) ermittelt werden. In Abbildung 17 ist ein Ausschnitt des HMBC-NMR-Spektrums von 3 dargestellt.

Abbildung 17: Ausschnitt des HMBC-NMR-Spektrums von Verbindung 3 (400.1 MHz, 100.6 MHz, RT, CDCl3).

82

Abbildung 18: Allgemeine Syntheseroute zur Darstellung von Cyclopentadienyliden-phosphoranen (R1 = Me, tBu; R2 = H, Me; R3 = Me, Ph).

Das Rohprodukt der Reaktion musste mindestens einen Tag im Feinvakuum getrocknet werden um auch geringe Rückstände von THF vollständig zu entfernen. Sind noch Spuren an THF vorhanden, lassen sich auch in Toluol Salze wie KI in solvatisierter Form durch die Affinität der zwitterionischen Cp-P-Ylide zum Kalium-Ion mitschleppen (näheres dazu in Kapitel 4.2.1). Daraufhin wurde der Feststoff in Toluol aufgenommen, über CELITE® filtriert und dreimal mit Toluol gewaschen. Nach Entfernen des Toluols wurden die Liganden L8-CH3 bis L11-CH3 als reine Feststoffe erhalten.

Abbildung 19: Neue Cyclopentadienyliden-phosphorane als potentielle Liganden für CGCs.

Kristallographische Charakterisierung

Verbindung L8-CH3 wurde erstmalig von NEUWALD NMR-spektrokopisch, elementar-analytisch und massenspektrometrisch charakterisiert.[31] Durch eine Kristallstrukturanalyse konnte ein Datensatz erhalten werde, der jedoch nur von unzureichender Güte war. Im Rahmen dieser Arbeit konnte der Ligand L8-CH3 zusätzlich kristallographisch charakterisiert werden. Einkristalle konnten aus einer THF-Hexan-Mischung bei -30°C gewonnen werden.

Abbildung 20 zeigt die Molekülstruktur von L8-CH3. In Tabelle 2 sind ausgewählte Bindungslängen, Bindungs- und Torsionswinkel aufgeführt.

Abbildung 20: Molekülstruktur von L8-CH3.

83

Tabelle 2: Ausgewählte Bindungslängen in Å, Bindungs- und Torsionswinkel in ° von L8-CH3.

Abstände / Å* Winkel / °*

P1-C1 1.725(3), 1.735(3) C1-C2-C3 107.6(2), 107.8(2) P1-C10 1.816(4), 1.780(3) C2-C3-C4 109.0(2), 108.6(2) C1-C2 1.433(4), 1.436(4) C3-C4-C5 108.7(2), 108.6(2) C2-C3 1.389(4), 1.395(4) C4-C5-C1 107.5(2), 108.0(2) C3-C4 1.418(4), 1.421(4) C5-C1-C2 107.2(2), 107.0(2) C4-C5 1.388(4), 1.399(3)

C5-C1 1.444(4), 1.441(4)

*Werte für zwei unabhängige Moleküle in der asymmetrischen Einheit

L8-CH3 kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C 2/c mit zwei unabhängigen Molekülen in der asymmetrischen Einheit. L8-CH3 zeigt starke Ähnlichkeiten in seiner Struktur zu der Verbindung L9-CH3, die erstmalig von LICHTENBERG in der Gruppe von

SUNDERMEYER kristallographisch charakterisiert wurde.[56] Die P-CCp-Bindung in L8-CH3 (1.725(3) Å bzw. 1.735(3) Å) wie auch in L9-CH3 (1.720(2) Å bzw. 1.717(2) Å)[56] lässt sich am besten mit jeweils einem Anteil einer Ylid- und einer Ylen-Resonanzstruktur beschreiben.

Zwei strukturelle Parameter belegen dies. Zum einen ist die P1-C1-Bindung in L8-CH3 und L9-CH3 zwar signifikant länger als in den korrespondierenden nicht-stabilisierten Phosphonium-Yliden wie z. B. in Ph3P=CH2 mit 1.661 Å,[58] aber auch auffällig kürzer als in P-C-Einfachbindungen.[59] Zum Zweiten werden im Cyclopentadienyl-Ring unterschiedlich lange C-C-Bindungen gefunden. Alle Bindungslängen befinden sich im Bereich zwischen Einfach- und Doppelbindungslängen.[60] Dies deutet daraufhin, dass keine Aromatizität im C5-Ring vorliegt wie es bei einer vollständigen Ladungstrennung zu erwarten wäre.

Asymmetrisch substituierte Cyclopentadienyliden-phosphorane

Die Reihe der neuen elektronenreichen Cyclopentadienyliden-phosphorane sollte um einige Derivate unterschiedlicher sterischer und elektronischer Eigenschaften erweitert werden.

Durch Variation des Cp-Fragmentes lässt sich ein entscheidender Einfluss auf diese Eigenschaften ausüben. Eine Substitution des Cp-Ringes durch lediglich einen tBu-Substituenten im Gegensatz zu vier Methylgruppen sollte nicht nur die Azidität der Liganden erhöhen, sondern auch planare Chiralität in den resultierenden CG-Komplexen induzieren.

Durch die Umsetzung von Cyclopentadien mit Aceton in Anwesenheit eines sekundären Amins ließ sich in guten Ausbeuten 6,6-Dimethylfulven darstellen.[61] Die Alkyllithiierung mit MeLi lieferte das Lithiumsalz des Cp-Derivates.[62] Dieser Baustein wurde, wie bereits in Kapitel 2.1 beschrieben, mit Me2PCl oder Ph2PCl und anschließender Quaternisierung mit MeI zu den neuen Phosphoniumsalzen 3 und 4 umgesetzt. Diese lassen sich nach der allgemeinen Synthesemethode zur Darstellung von Cyclopentadienyliden-phosphoranen (Abbildung 18) in die neuen Liganden L10-CH3 und L11-CH3 (Abbildung 19) überführen.

84

verschiedenen deuterierten Lösungsmitteln sind von Interesse, da die chemische Verschiebung im 31P-NMR-Spektrum Hinweise auf die Ladungsverteilung in L8-CH3 bis L11-CH3 liefert. In einem schwach koordinierenden Lösungsmittel wie Benzol ist die Ylen-Struktur bevorzugt im Gegensatz zu einem koordinierenden Lösungsmittel wie THF, in dem die Ylid-Struktur bevorzugt ist. Die positive Ladung des P-Atoms ist in polaren Lösungsmitteln durch die Donoreigenschaften des Solvens besser stabilisiert. Dadurch ist das P-Atom stärker entschirmt und die Resonanz im 31P-NMR-Spektrum tieffeldverschoben. Die entsprechenden Signale für die Verbindungen L8-CH3 bis L11-CH3 sind in C6D6 relativ dazu hochfeldverschoben (Tabelle 3).

Tabelle 3: Chemische 31P-NMR-Verschiebungen neuer Cyclopentadienyliden-phosphorane in Abhängigkeit der Polarität des Lösungsmittels (121.5 MHz, RT).

Verbindung

δP / ppm in C6D6 δP / ppm in d8-thf

L8-CH3 -5.4 -3.2

L9-CH3[56]

+2.1 +2.8

L10-CH3 -4.2 -2.2

L11-CH3 +4.5 +6.4

Bemerkenswert sind im Gegensatz zu den relativ geringen Verschiebungsänderungen im 31 P-NMR-Spektrum die Unterschiede der chemischen Verschiebungen der Signale im 1 H-NMR-Spektrum in verschiedenen Lösungsmitteln. Am Beispiel der 1H-NMR-Spektren von Verbindung L8-CH3 in Abbildung 21 (a in C6D6 und b in d8-thf) ist zu erkennen, dass das Dublett der phosphorgebundenen Methyl-Gruppen in d8-thf um fast 1 ppm tieffeldverschoben ist im Gegensatz zu einer Messung in C6D6. Auf der anderen Seite sind die Resonanzen für die Methylgruppen des Cyclopentadienyl-Ringes in d8-thf hochfeldverschoben, da bei einem hohen Ylid-Anteil die negative Ladung im Cp-Ring lokalisiert ist. Die Werte für die chemischen Verschiebungen im 13C-NMR-Spektrum hingegen unterscheiden sich in polaren und unpolaren Lösungsmitteln kaum.

85

Abbildung 21: 1H-NMR-Spektrum (300.1 MHz) von L8-CH3 in a) C6D6 und b) d8-thf.

Sterisch besonders anspruchsvolles Cyclopentadienyliden-phosphoran

Ein weiteres Cyclopentadienyliden-Phosphoran L12-CH3 (Abbildung 22) wurde bei der Entwicklung eines sterisch anspruchvollen neuen Phosphins mit einer Tetrahydropentalen-Einheit (als CpTM abgekürzt) in Reaktivitätsstudien mit verschiedenen Reagenzien von

PETROV entwickelt. Das CpTM-Phosphin wurde mit MeI und BnK zum korrespondierenden Phosphorylid umgesetzt.[63] Aufgrund seiner Analogie zu den in dieser Arbeit entwickelten Cp-P-Yliden L8-CH3 bis L11-CH3 soll das Phosphorylid L12-CH3 in den folgenden Umsetzungen mit Seltenerdmetall-Präkursoren ebenfalls getestet werden.

Abbildung 22: Artverwandtes Cp-P-Ylid L12-CH3.[63]

86

Für die technische Anwendung eines Katalysators sollte dieser möglichst kostengünstig aufgebaut werden. Vor diesem Hintergrund besteht großes Interesse an dem günstigen unsubstituierten Cyclopentadienyliden-phosphoran C5H4PPh2Me (L14-CH3). Dieses Cyclopentadienyliden-phosphoran von BROWNIE lässt sich relativ kostengünstig aus den kommerziell erhältlichen Edukten Ph2PCl und dem leicht zugänglichen (C5H5)Na[64]

darstellen.[24] Nur 5 g C5Me4H kosten bereits 94.00 €,[65] während 1 L unsubstituiertes Dicyclopentadien im Gegensatz dazu schon für 57.90 €[66] erhältlich ist. Der zweite Baustein Ph2PCl ist ebenfalls kostengünstig zu erwerben. Me2PCl für die Liganden L8-CH3 und L10-CH3 hingegen muss über eine umständliche vierstufige Synthese aus PCl3 dargestellt werden.[67]

L14-CH3 ist neben dem RAMIREZ-Ylid L13 zudem das einzige Ylid der Reihe L8-CH3 bis L14-CH3, welches nicht hydrolyseempfindlich ist. Der einzige, aber entscheidende Nachteil ist die geringe Ausbeute von ca. 20% nach der Deprotonierung des Phosphonium-iodids (Abbildung 23).[24]

Abbildung 23: Darstellung von L14-CH3 nach BROWNIE.[24]

An dieser Stelle bestand die Aufgabe darin, die Synthese von L14-CH3 zu optimieren, um den Weg zum Einsatz in Katalysatoren zu öffnen.

Abbildung 24: Mögliche Synthesewege zur Darstellung von L14-CH3.

Es ist denkbar, dass die Deprotonierung des Phosphonium-iodids mit nBuLi teilweise zum gewünschten Produkt L14-CH3 führt, dessen Deprotonierung zum Lithiumsalz L14-CH2Li jedoch schneller verläuft als die Deprotonierung des Phosphoniumsalzes. Während der wässrigen Aufarbeitung wird L14-CH2Li wieder zu L14-CH3 protoniert, während sich unumgesetztes Phosphoniumiodid mit der wässrigen Phase abtrennen lässt. Um eine solche Nebenreaktion unter Kontrolle zu bekommen, sollte in Variante a, Abbildung 24, ein Überschuss der Base (nBuLi) eingesetzt werden, um das Lithiumsalz L14-CH2Li quantitativ aus dem Phosphoniumsalz zu generieren. Dieses sollte während der wässrigen Aufarbeitung zurück zum Cp-P-Ylid protoniert werden. Da selbst dieser Weg zu einer Ausbeute von nur 23% führte, wurden alternative Basen wie tBuLi (b) und BnK (c) (Abbildung 24) eingesetzt.

87 Allerdings konnte auch unter diesen Bedingungen keine Erhöhung der Ausbeute erreicht werden.

Ein weiterer Ansatz beschäftigte sich nicht nur mit der Änderung der Deprotonierungsreagenzien, sondern mit der Änderung der Reaktionsfolge zum Aufbau des phosphorylidischen Systems. Zunächst wurde (C5H4PPh2)Li in sehr guten Ausbeuten aus dem entsprechenden Phosphin mit nBuLi nach Literaturangaben dargestellt (Abbildung 25).[68]

Abbildung 25: Darstellung von (C5H4PPh2)Li.[68]

Die anschließende Umsetzung mit MeI (Abbildung 26) führte zwar zum erwarteten Produkt, allerdings mit einer isolierten Ausbeute von lediglich 26%.

Abbildung 26: Darstellung von L14-CH3 auf einem neuen Syntheseweg.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte somit keine Verbesserung der Vorschrift zur Darstellung von L14-CH3 erzielt werden.