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1. Einleitung

1.3 Navigationssysteme zur Implantation von Knieendoprothesen

1.3.1 Entwicklung und Zielsetzung

Parallel zur stetigen Weiterentwicklung von Operationsinstrumenten und -methoden begann die Entwicklung von Navigationssystemen, von denen man sich eine exaktere Positionierung der Prothesenkomponenten und damit ein verbessertes klinisches Ergebnis für den Patienten erhofft.

Die Entwicklung von Navigationssystemen begann in den 1980er Jahren mit der stereotaktischen Neurochirurgie. Ziel war hier die Minimierung der iatrogenen Schädigung des Gehirns durch möglichst genaue Fokussierung des Operationsgebietes und günstige Platzierung der Instrumente. Die stereotaktischen Systeme basierten auf einer präoperativ anzufertigenden Computertomographie [52].

Hieraus entwickelten sich die Ansätze der Computer Assisted Orthopedic Surgery (CAOS). Erste Anwendung fanden diese Systeme an der Wirbelsäule zur möglichst korrekten Positionierung von Pedikelschrauben [52].

Grundsätzlich zu unterscheiden sind robotische Systeme und reine Navigationssysteme. Beiden gemeinsam ist das Bestreben, die Implantation des orthopädischen Implantats präziser durchzuführen.

Robotische Systeme steuern einen Fräskopf, welcher einzelne Operationsschritte selbständig durchführt. Beispielhaft zu nennen ist das RoboDoc-System, das bei der Implantation einer Hüftprothese die Präparation des Markraums von einem aktiven konventionellen Industrieroboter durchführen lässt. Das System CASPAR ist ein aktives Navigationssystem der Knieendoprothetik [52].

Zur Operationsplanung sind CT-Datensätze erforderlich, gegebenenfalls eine

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Reine Navigationssysteme geben dem Operateur Hinweise für die korrekte Implantation, „führen ihm die Hand“ („surgeon controlled“). Sie werden jedoch nicht selbst aktiv.

Diese Technologie findet bei einer Vielzahl von chirurgisch-orthopädischen Eingriffen Einsatz: endoprothetischer Ersatz des Hüft- und Kniegelenks, periacetabuläre Osteotomie, Beckenfrakturen, hohe Tibiaosteotomie, Ersatz des vorderen Kreuzbandes [52].

Zunächst basierten auch diese Systeme auf einer präoperativen CT-Aufnahme. Das Matching erfolgt über Referenzmarker am Knochen, die rotations- und lockerungssicher befestigt werden bzw. über definierte anatomische Landmarken, die mittels eines speziellen Instrumentariums („Pointer“) eingelesen und definiert werden.

Nach erfolgreichem Matching lässt sich dann die Position und Bewegung des Knochens auf dem Monitor verfolgen, reproduzieren und, sofern die Instrumente mit Referenzmarkern ausgestattet sind, im dreidimensionalen Raum darstellen.

Anstelle der präoperativen CT-Aufnahme verwenden manche Systeme eine intraoperative Fluoroskopie, sind aber im weiteren Ablauf der Operation identisch.

Eine Alternative zu den CT-basierten Systemen bietet seit 1993 die bildfreie kinematische Navigation. Die Daten werden erst intraoperativ generiert, eine präoperative CT-Aufnahme ist nicht erforderlich.

Im Fall des endoprothetischen Kniegelenkersatzes werden zunächst Referenzen stabil an Tibia und Femur angebracht.

Die mechanische Beinachse wird durch Bewegen des Beines mit den daran befestigten Referenzen im Sichtfeld des Navigationssystems bestimmt, indem das System aus dem Bewegungsmuster die Zentren von Hüftkopf, Knie und Sprunggelenk errechnet. Damit ist die mechanische Beinachse bestimmt und wird graphisch dargestellt.

Nach navigierter Resektion des Tibiaplateaus, jedoch vor der ersten femoralen Resektion, erfolgt mit Hilfe der Navigation das definitive Release („Bandspannungsmodul“). Damit ist bereits an dieser Stelle das Ziel einer geraden Beinachse bei symmetrischem Streckspalt determiniert, der Beugespalt wird später in Abhängigkeit von diesem Release eingestellt [4].

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Die Resektionslehren an Tibia und Femur werden in allen drei Raumebenen navigiert ausgerichtet, die Schnitte jedoch konventionell durch den Operateur durchgeführt.

Anhand der Navigation können die Resektionsebenen nachvollzogen und ggf.

korrigiert werden. Die Kontrolle auf Plausibilität der durch die Navigation errechneten Schnittebenen erfolgt wiederum mit Hilfe des konventionellen Implantations-instrumentariums.

Im Vergleich der europäischen Länder sind in Deutschland am häufigsten Navigationssysteme im Einsatz, gefolgt von Frankreich, Österreich, der Schweiz, Italien und den Niederlanden. Etwa die Hälfte der ca. 1000 Kliniken in Deutschland, die endoprothetisch operieren, verwendet Navigationssysteme. Unter den kinematischen Navigationssystemen sind die Systeme Navitrack, OrthoPilot, VectorVision und BrainLab verbreitet. Navitrack wird in Deutschland in ca. 65 Kliniken zur Knieendoprothetik verwendet. OrthoPilot hat derzeit weltweit über 550 Systeme im Einsatz, davon über 200 Systeme in deutschen Kliniken. Bisher wurden ca. 82.000 Implantationen mit dem OrthoPilot durchgeführt, davon ca. 80%

Knieprothesen.1

1.3.2 Erfahrungen mit CT-basierten und kinematischen Systemen

Bildbasierte Navigationssysteme erfordern eine präoperative CT-Darstellung des zu operierenden Knies, anhand welcher nach Abgleich mit den intraoperativ festgestellten anatomischen Referenzpunkten Resektionsebenen ermittelt werden können. Unter Umständen ist sogar in einer zusätzlichen Operation die Implantation metallischer Landmarken notwendig. Diese Form der Navigation bedeutet für den Patienten eine weitere Strahlenbelastung über die zur Indikationsstellung notwendige Diagnostik hinaus ohne statistisch belegbare Vorteile zu bieten.

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kinematischen System intraoperativ. Landmarken und Bewegungskurven von Tibia und Femur werden eingelesen und per Infrarotsignal an den Computer übermittelt.

Aus diesen Daten werden die Resektionsebenen graphisch geplant und konventionelle Schnittblöcke gesetzt [53].

Zwischen den drei kinematischen Systemen Navitrack, VectorVision und OrthoPilot zeigen sich keine signifikanten Unterschiede [54].

Allen kinematischen Systemen ist eine Verlängerung der Operationszeit zwischen 10 [14] und 30 [18] Minuten im Vergleich zur konventionellen Operationsmethode gemeinsam.

Sowohl CT-basierte als auch kinematische Navigationssysteme geben lediglich Anhalt für den Operateur. Der eigentliche Schneidevorgang bleibt in der Hand des Operateurs („surgeon controlled“) und ist jederzeit den individuellen Bedingungen anzupassen. Hier könnte der Vorteil der reinen Navigationsysteme (CT-gestützte und bildfreie Navigation) gegenüber den robotischen Systemen liegen, die Industrieroboter in der Planung bzw. Ausführung der Schnitte einsetzen. Zwar wird der Mensch und durch ihn verursachte Schneidefehler als Risikofaktor für das Operationsergebnis genannt [12, 26]. Jedoch ist er im Gegensatz zum Roboter in der Lage, auf unerwartete Ereignisse sofort zu reagieren und damit möglichen Schaden vom Patienten abzuwenden.

CT-freie kinematische Navigationssysteme zeigen bezüglich der Einhaltung der maximalen Abweichung von der optimalen mechanischen Achse ein etwas besseres, statistisch nicht signifikantes Ergebnis als CT-basierte Systeme [55].

Bäthis untersuchte je 65 Patienten, die mit dem bildfreien oder dem CT-basierten System von BrainLab operiert wurden. 60 Patienten der CT-basierten Gruppe und 63 Patienten der bildfreien Gruppe hielten die 3°-Grenze ein. Außerdem fand er in der kinematisch operierten Gruppe weniger Ausreißer [55].

Die bisherigen Erfahrungen mit Navigationssystemen verdeutlichen den Forschungsbedarf auf diesem Gebiet. Einerseits beschreiben Autoren eine signifikante Verbesserung der mechanischen Beinachse [11, 56]. Anderenorts werden nur Tendenzen zur Verminderung von Ausreißern durch den Einsatz von Navigationssystemen gefunden [17-19].

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Für die teilweise unerwartet schlechten Ergebnisse hinsichtlich der mechanischen Beinachse [18] bei der Verwendung von Navigationssystemen bietet Plaskos eine mögliche Erklärung [25]. Eine Betrachtung der einzelnen Teilschritte reiche für eine gute Varus/Valgus-Positionierung nicht aus. Die Navigation konzentriere sich auf die Verbesserung der Positionierung der Schnittblöcke, jedoch unter Verwendung konventioneller Sägetechnik. Diese könnte trotz optimaler Position der Schnittblöcke durch die hohe Variabilität der Knochenresektion und dem möglichen Mitbewegen des Schnittblocks zu suboptimalen Ergebnissen führen [25].

Nach unserem Kenntnisstand beschränkten sich bisherige Studien auf die Untersuchung der mechanischen Achse nach navigationsgestützter Prothesenimplantation. Vergleichende Studien zu den Rotationsverhältnissen bei navigationsgestützter und konventioneller Implantation fehlen bisher. Als Gründe werden fehlende methodische Möglichkeiten genannt. Berger entwickelte jedoch eine Methode zur Rotationsbestimmung der Komponenten mittels Computertomographie [24, 57, 58].

Der Einfluss der Navigation auf die Rotation bleibt damit bisher weitgehend unerforscht. Folglich sind Aussagen über den Einfluss der Rotation auf den ihr zugeschriebenen vorderen Knieschmerz derzeit nicht möglich und Gegenstand unserer Untersuchung.

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