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Nachhaltigkeit im Bekleidungssektor Rudolf Voller

Im Dokument Nachhaltig aus der Corona-Krise (Seite 60-64)

Nachhaltigkeit in der Bekleidungsproduktion erfordert nachhaltige und resiliente Lieferketten, die verbindliche Umsetzung der UN-Richtlinien „Wirtschaft und Menschenrechte“ und ökologische Transformationen.

Nachhaltigkeitsmanagement muss ein entsprechendes Risikomanagement umfassen und die OECD Due Diligence Grundsätze beachten. Ökologische Transformationen, wie sie die Detoxkampagne von Greenpeace initiiert hat, müssen parallel erfolgen. Dazu sind entsprechende Business Cases zu entwickeln.

Ausgelöst durch COVID-19 stehen Unternehmen wie ADIDAS oder H&M vor großen Problemen, haben teilweise ihre Aufträge storniert, womit der Primärindustrie in vielen Schwellenländern die Nachfrage fehlt – mit existenziell verheerenden Auswirkungen für die Beschäftigten in den Schwellenländern, vielfach Frauen in der Konfektion.

Andererseits sind auch die Lieferanten kaum fähig, angefragte Aufträge angemessen umzusetzen. Ein proaktives Management des finanziellen Risikos entlang der gesamten Lieferkette mit besonderem Augenmerk auf die Unterstützung der Lieferanten fehlt (McKinsey 2020, Time for change). Multistakeholderdialoge sind ebenso notwendig, wie mehr Verantwortung der großen Ketten für nachhaltige Produktion und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.

Der Beitragende verweist zudem auf folgende Dokumente:

OECD (2018). OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Footwear Sector, OECD Publishing, Paris.

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Geschäftsstelle Deutsches Global Compact Netzwerk (Hrsg.) (2012). Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Ein praktischer Leitfaden zur

kontinuierlichen Verbesserung. Verfügbar unter:

https://www.globalcompact.de/wAssets/docs/Lieferkettenmanagement/nachhaltigkeit_in_der_lieferkette.pdf (letzter Zugriff:

24.7.2020).

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Frage 4: Wie kann die Wissenschaft zur Krisenbewältigung beitragen und dazu auch einen Austausch zu Nachhaltigkeitsfragen initiieren?

Erläuterung der Frage

Die Corona-Krise hat auch die Rolle der Wissenschaft neu bewertet und in der Öffentlichkeit noch sichtbarer gemacht.

Ihre Vorausschau, Vorsorge, Fakten und intersubjektive Nachvollziehbarkeit von Begründungen sowie Transparenz sind in der Pandemie zentral für politische Handlungsentscheidungen und deren Verständnis und Akzeptanz in der Gesellschaft. Auf diesen Erfahrungen kann die Wissenschaft künftig aufbauen, um sich effektiver in gesellschaftliche Herausforderungen einzubringen, insbesondere für Nachhaltigkeitsfragen. Dafür gilt es allerdings Analysen und Methoden stetig weiterzuentwickeln, um der Pluralität von Problemstellungen gerecht zu werden. Hier ist die Wissenschaft gefragt, sich selbst zu reflektieren und gegebenenfalls Veränderungen im Wissenschaftssystem und der Wissenschaftspolitik anzustoßen.

Es stellt sich also die Frage: Wie kann die Wissenschaft zur Krisenbewältigung beitragen und dazu auch einen Austausch zu Nachhaltigkeitsfragen initiieren?

Beiträge zu Frage 4 und zusammenfassende Betrachtungen

Die zu dieser Frage vorliegenden Beiträge ziehen zum einen Schlussfolgerungen für die inhaltliche Ausrichtung der Forschung sowie zu einzelnen Forschungsthemen. Zum anderen gehen viele Beitragende auf die Art und Weise ein, wie Forschungsaktivitäten in Zukunft stärker ausgerichtet und gestaltet werden sollten.

Aus inhaltlicher Perspektive werden angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie verstärkte Aktivitäten in der Resilienz- und Risikoforschung angeregt, um krisenhafte Entwicklungen besser zu verstehen und bewältigen zu können.

Mehrere Beiträge unterstützen eine Ausweitung der vorsorgeorientierten Nachhaltigkeitsforschung, beispielsweise mit Blick auf ökosystemische Belastungsgrenzen und die Rolle von Ökosystemdienstleistungen für menschliches Wohlergehen.

Nach Auffassung mehrerer Beitragender zeige die Corona-Pandemie auch den dringenden Bedarf, einzelne disziplinäre Grundlagen einer Revision zu unterziehen. Mehrfach wird auf die Rolle der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung für eine nachhaltige Entwicklung verwiesen, beispielsweise zu einem sinnvollen Umfang der (globalen) Arbeitsteilung, zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Resilienz sowie zu den für Nachhaltigkeit erforderlichen (wirtschaftlichen) Governance-Strukturen. Aufgeworfen wird erneut die Frage, wie Wohlfahrt und gesellschaftliche Stabilität von der Wachstumsabhängigkeit moderner Volkswirtschaften entkoppelt werden könnten. In diesem Zusammenhang regen mehrere Beiträge die Stärkung der Forschung zu Fragen der Gemeinwohlorientierung der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik oder zu regionalökonomischen Fragen an. Generell wird eine plurale Herangehensweise in den Wirtschaftswissenschaften eingefordert.

Viele Beiträge zu dieser Frage betrachten zudem die Art und Weise, wie in der Zukunft die Forschung ausgerichtet werden sollte. Mehrfach wird die Erfordernis interdisziplinärer Zusammenarbeit betont, wie auch auf die Notwendigkeit transdisziplinärer Methoden, um Wissensträger*innen aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen (z. B.

Unternehmen, Zivilgesellschaft, Politik/Verwaltung) in Forschungsprozesse einzubinden. In diesem Zusammenhang regen verschiedene Beiträge die Wissenschaft an, verstärkt geeignete Austauschformate zu entwickeln und sich stärker auch in politische Prozesse einzubringen. Dabei wird aber auch betont, dass es entsprechender wissenschaftlicher Anreizsysteme bedürfe, die eine gesellschaftsorientierte, inter-/transdisziplinäre Arbeitsweise anerkennen und würdigen.

Schließlich regen mehrere Beitragende eine Verbesserung der Nachhaltigkeits-/Wissenschaftskommunikation und der Kommunikation über Wissenschaft an, einschließlich des Ausbaus entsprechender Aus- und Weiterbildungsprogramme und der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Inhalte, welche auch in Aktivitäten für Bildung für nachhaltige Entwicklung Eingang finden können.

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Autor*in Titel des Beitrags

Marie-Luise Abshagen Wissenschaft hat Verantwortung

Julia Fink Auswirkungen der Corona-Krise, ihre Folgen für die

Erreichung der Umwelt- und Klimaziele und entsprechende Lösungsansätze

Jörg Göpfert Impulse für die Wirtschafts- und die

Bildungswissenschaften Busso Grabow, Elke Bojarra-Becker, Jens Hasse, Jasmin

Jossin, Jens Libbe, Anne Roth, Stefan Schneider

Vernetzte Nachhaltigkeitsforschung weiter stärken

Julia Krause Die Rolle der Hochschulbildung für die bessere

Implementierung und Wahrnehmung des Nachhaltigkeitsgedankens in der Gesellschaft

Jürgen Kruse Vernetzung von Theorie und Praxis – Wissenschaft

demokratisch rückkoppeln

Kai Neumann Aufklärung von unten

Pia-Johanna Schweizer Systemische Risiken von Pandemien

Volker Stelzer Die Wissenschaft kann Input geben und Lösungen aus

der Gesellschaft aufnehmen

Christine Volkmann UNESCO-Lehrstühle für eine nachhaltige Entwicklung im Kontext von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft

Rudolf Voller Wissenschaft und Praxis

Tabelle 4: Beiträge zu Frage 4

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Im Dokument Nachhaltig aus der Corona-Krise (Seite 60-64)