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5. Sozialer Arbeitsschutz

5.1 Mutterschutz

Aktion zur Verbesserung der Umsetzung in Bremen

Mutterschutz ist eines der ältesten Themen im Arbeitsschutz. Durch die im Mutterschutzge-setz und in der Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz geregelten und einzulei-tenden Maßnahmen soll die Arbeitskraft und die Motivation der schwangeren oder stillenden Beschäftigten erhalten und mögliche gesundheitliche Schäden von Mutter und/oder Kind vermieden werden. Am Mutterschutzgesetz wird vielfach kritisiert, dass die dort genannten Gesundheitsrisiken sich an industriellen Arbeitsbeziehungen orientieren und somit veralte-ten, gesellschaftlichen Wertevorstellungen entsprechen sowie psychosoziale Belastungen der Dienstleistungsberufe nicht berücksichtigen.

Es wird regelmäßig von Betroffenen, Ärzten und anderen für den Mutterschutz zuständigen Institutionen über Probleme im Mutterschutz und über Informationsdefizite berichtet. In der Praxis bleiben viele Unklarheiten und Unsicherheiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmerin-nen. Dadurch entstehen in der betrieblichen Anwendung der Mutterschutzvorschriften kon-krete Umsetzungsdefizite, der beabsichtigte Schutz der Schwangeren wird verfehlt oder gar ins Gegenteil verkehrt.

Zur Verbesserung der Umsetzung des Mutterschutzes und der Öffentlichkeitsarbeit sowie gegenseitiger Information/Austausch wurde im Jahr 2012 die „AG Mutterschutz – gute Praxis im Lande Bremen“ unter Beteiligung der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, der Arbeitnehmerkammer, der Handels- sowie der Handwerks-kammern Bremen und Bremerhaven, der Unternehmer- und Arbeitgeberverbände, der Be-rufsverbände der Frauenärztinnen und -ärzte und der Betriebs- und Werksärzte, des DGB’s, der Gewerbeaufsicht, der Gesundheitsbehörde und des Landesgewerbearztes initiiert.

Die Berichte der verschiedenen Institutionen ergaben folgende Problemfelder:

1. Es bestehen Unkenntnis und Unsicherheiten über die Verantwortlichkeiten beim Mut-terschutz im Betrieb und bei der betrieblichen Umsetzung.

2. Eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz erfolgt nicht oder zu spät, so dass bei vorliegender Schwangerschaft keine Präventionsmaßnahmen mehr eingeleitet wer-den können.

3. In vielen Bereichen werden vorrangig und zunehmend Beschäftigungsverbote vom Arbeitgeber ausgesprochen ohne eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen zu ver-suchen.

4. Es besteht seitens der Arbeitgeber und der betroffenen Schwangeren Unkenntnis über die Differenzierung zwischen generellen und individuellen Beschäftigungsverbo-ten und der davon abzugrenzenden Arbeitsunfähigkeit und wer diese aussprechen muss. So wird auch bei generellen Beschäftigungsverboten eine ärztliche Bescheini-gung vom Arbeitgeber eingefordert.

5. Die Handhabung des Umlageverfahrens U2 (Erstattung der Lohnkosten durch die Krankenkassen bei Beschäftigungsverboten) ist problematisch. Seit die von den ge-setzlichen Krankenkassen verwaltete Umlage bei Beschäftigungsverboten nicht mehr an eine maximale Betriebsgröße geknüpft ist, bemühen sich auch einige größere Be-triebe nicht mehr, die Schwangere dem Mutterschutz entsprechend einzusetzen, sondern nehmen die bequemere Lohnfortzahlung aus der Umlage in Anspruch. Teil-weise werden Betroffene auch von Mitarbeitern der Krankenkassen aufgefordert, sich statt einer Arbeitsunfähigkeit ein individuelles Beschäftigungsverbot erteilen zu las-sen.

6. In bestimmten Berufen (z. B. Ärztinnen) werden durch die Beschäftigungsverbote Nachteile in Aus- und Weiterbildung befürchtet. Eine Schwangerschaft wird dem Ar-beitgeber daher nicht mehr von Betroffenen gemeldet. Der Schutzgedanke wird als

„Entmündigung“ der Frauen wahrgenommen.

Seitens des Landesgewerbearztes wurden Vorträge bei Gynäkologen und Betriebsärzten zur Differenzierung zwischen den verschiedenen Beschäftigungsverboten und zur Abgrenzung der Arbeitsunfähigkeit gehalten. Auf beiden Veranstaltungen waren Gynäkologen und Ar-beitsmediziner vertreten, um den Austausch dieser Berufsgruppen zu verbessern. Dabei wurde insbesondere die Verantwortung der Arbeitgeber hinsichtlich des Mutterschutzes im Betrieb und bei der betrieblichen Umsetzung aufgezeigt. Wichtige Elemente sind dabei die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung mit besonderem Fokus auf den Arbeitsplatz der wer-denden und stillenden Mütter sowie die Umsetzung der Maßnahmen nach dem Schutzstu-fenmodel. Detaillierte Informationen werden zum Nachlesen auf der Internetseite der Gewer-beaufsicht des Landes Bremen bereitgestellt.

Weiterbeschäftigung in der Anästhesie

In Zusammenarbeit zwischen den Betriebsärzten der Kliniken der Gesundheit Nord und dem Landesgewerbearzt Bremen wurde ein Konzept erarbeitet, um Mitarbeiterinnen ein Verblei-ben am Arbeitsplatz nach individueller Gefährdungsbeurteilung zu ermöglichen und ein Be-schäftigungsverbot zu vermeiden. Wie dies umgesetzt werden kann, soll im folgenden Bei-spiel gezeigt werden:

Für den Bereich Anästhesie ist ein Umgang mit Narkosegasen nicht möglich, da für einige Gase kein Grenzwert angegeben werden kann, der – wenn er unterschritten wird – eine Ge-fährdung ausschließt. Daher wurde verabredet, dass schwangere Anästhesistinnen nur an Operationen beteiligt werden, bei denen eine intravenöse Narkose möglich ist. Außerdem dürfen keine Risiko - Operationen durchgeführt werden und der Arbeitgeber muss gewähr-leisten, dass ein erfahrener Kollege bei Problemen zur kurzfristigen Ablösung gerufen wer-den kann. Sichere Venenverweilkanülen und andere Blutentnahmesysteme werwer-den in wer-den Bremer Kliniken seit langem regelmäßig verwendet. Anästhesistinnen sind daher im Umgang

mit sicheren Venenverweilkanülen geübt, jedoch kann eine Nadelstichverletzung aber nicht völlig ausgeschlossen werden, so dass dieses Vorgehen ein Kompromiss darstellt.

Auch in den anderen Bereichen der Krankenhäuser wird dieses Verfahren so umgesetzt und einzelne Tätigkeiten und Operationen beurteilt, so dass unter bestimmten Voraussetzungen z. B. auch endoskopische Operationen oder Arthroskopien durchgeführt werden können, so-fern andere Kollegen den Hautschnitt und die operative Naht übernehmen. Eine ausführliche Beratung der Betroffenen durch den Betriebsarzt ist aber immer erforderlich.

Dieses hier vorgestellte Konzept lässt sich auf andere Bereiche und Berufe übertragen, so dass Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen weiter in Ihrem Beruf und im bekannten Umfeld weiterarbeiten können. Dieses Verfahren mag auf den ersten Blick sehr arbeitsinten-siv wirken, hat aber den Vorteil, dass die Schwangeren über mögliche Gefährdungen und Schutzmaßnahmen aufgeklärt sind und angstfrei ihren Aufgaben weiter nachgehen können.

Die Arbeitszufriedenheit wird zunehmen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels profitieren auch die Arbeitgeber, da sie ihrer Mitarbeiterinnen in einem überprüften Aufgabengebiet wei-terarbeiten lassen können.

Ansprechpartnerin: Imme Uhtenwoldt - Delank;

Landesgewerbeärztin

Der Senator für Gesundheit