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MUTP 53 AUS MDAMB231 UND MDAMB468 Z ELLEN BINDET AN DNA-B EREICHE MIT STRUKTURELLER

3 D ISKUSSION

In der vorliegenden Arbeit sollte das DNA-Bindeverhalten von zwei endogen exprimierten p53-Mutanten der Zelllinien MDAMB231 und MDAMB468 untersucht werden. Anhand der identifizierten Bindestellen und aus den Erkenntnissen von Folgeexperimenten sollte die Protein/DNA Interaktion genauer charakterisiert werden und mögliche epigenetische Funktionen der mutp53-Proteine identifiziert werden.

Tatsächlich konnten einige potentielle mutp53-Bindestellen im Genom von MDAMB231 und MDAMB468 Zellen ermittelt werden. Es zeigte sich zudem, dass mutp53, aber auch wtp53, neben der Interaktion mit DNA ebenfalls RNA-Bindungskapazität besitzen. Darüber hinaus wurde in knock down Experimenten veranschaulicht, dass die Erniedrigung der mutp53-Proteinkonzentration mit erheblichen Komplikationen für die Zellen verbunden ist.

Im Folgenden werden die einzelnen Ergebnisse nun genauer diskutiert.

3.1 mutp53 aus MDAMB231 und MDAMB468 Zellen bindet an

mittels ChIP-Seq Methode identifiziert werden. In einer früheren Studie zur Identifizierung von wtp53-Bindestellen mittels ChIP-PET konnten ca. 540 potentielle Bindestellen identifiziert werden (Wei et al., 2006). Da die Autoren vereinzelt auftretende Bindestellen oder Bindestellen ohne wtp53-RE nicht berücksichtigen, sind es tatsächlich weit mehr als die 540 postulierten Bindestellen. Demnach ist die Anzahl der Bindestellen für mutp53 realistisch und reflektiert mit großer Wahrscheinlichkeit nur einen Teil der tatsächlich vorhandenen Interaktionsstellen.

Ein Sequenz-Vergleich der einzelnen Bindestellen zeigte, dass es in der Nukleotidabfolge keine signifikanten Übereinstimmungen gab. Folglich läuft die DNA-Bindung von mutp53 in den untersuchten Zelllinien eher unabhängig von einer Konsensus-Sequenz ab. Dies ist auch zu erwarten, da es sich bei den Mutationen im TP53-Gen beider Zelllinien um Kontaktmutanten handelt, welche die Fähigkeit zur SSDB verloren haben (vgl. Abschnitt 1.2.2 und Abschnitt 1.5).

Eine bioinformatische Analyse der Sequenzen ergab, dass statt einer allgemeingültigen Sequenz eher das Vorhandensein gewisser repetitiver DNA-Elemente ein gemeinsames Charakteristikum der mutp53-Bindestellen darstellt. Demnach enthielten ca. 70 % der Bindestellen von mutp53 aus MDAMB231 Zellen und ca. 80 % der Bindestellen in MDAMB468 Zellen mindestens eine Art von repetitiven DNA-Elementen. Im Vergleich zu der Verteilung der repetitive Sequenzen (Retrotransposons, zentromerische und telomerische DNA, Satelliten-DNA u.a.) im humanen Genom, die ungefähr 60 % beträgt, ist der Anteil in den potentiellen Bindestellen leicht erhöht. Wird der Anteil einzelner Klassen von repetitiven DNA-Elementen verglichen, so zeigt sich, dass SINEs, LINEs und LTRs in den Bindestellen deutlich angereichert vorliegen. Die Klassen der SINEs, LINEs, LTRs und DNA-Repeats haben zusammen einen Anteil von ca. 44 % am humanen Genom (Lander et al., 2001). In MDAMB231 haben diese Klassen einen Anteil von 66 %, in MDAMB468 einen Anteil von 79 %. Die meisten Bindestellen im Verhältnis zur Chromosomenlänge wurden sowohl in MDAMB231 Zellen als auch in MDAMB468 Zellen auf dem Chromosom 19 gefunden.

Dieses Chromosom ist eines der Kürzesten, hat jedoch die höchste Dichte an repetitiven DNA-Elementen (57%) (Venter et al., 2001), was als ein Nachweis für die Spezifität der Methode angesehen werden kann.

Die Anreicherung von repetitiven DNA-Elementen resultiert hauptsächlich aus einer Konzentration von SINEs in den Bindestellen. Satelliten DNA dagegen, die mit 10-15 % in etwa den gleichen Anteil am humanen Genom hat wie SINEs, ist in den Bindestellen unterrepräsentiert. Dies unterstützt die Korrektheit der gemachten Beobachtungen und hebt

die Tatsache hervor, dass SINEs eine wichtige Komponente der mutp53-Bindestellen sind.

Inwiefern repetitive DNA-Elemente ein direktes Ziel der mutp53/DNA Interaktion sind oder nur flankierende Bereiche der tatsächlichen DNA Interaktionsstellen darstellen, kann mit ChIP–Seq Experimenten nicht geklärt werden.

SINEs und LINEs gehören zu der Gruppe der Non-LTR-Retrotransposons. Aus dieser Gruppe kodieren nur LINEs für Proteine, die ihre eigene Mobilisierung ermöglichen. Die Transposition von SINEs wiederum ist von diesen Proteinen abhängig (Dewannieux et al., 2003; Esnault et al., 2000). Die Integration beider transposablen Elemente findet in AT-reiche Regionen statt, welche aus mehreren Wiederholungen der Zielsequenz 5’ TTAAAA 3’

bestehen kann (Jurka, 1997). Diese Sequenz-Charakteristika befähigen den DNA-Bereich unter helikalem Stress eine nicht-B DNA Struktur einzunehmen, was zu höheren Sekundärstrukturen in der DNA führt. Es liegt folglich nahe, dass die DNA Interaktion der endogen exprimierten mutp53-Proteine aus MDAMB231 und MDAMB468 Zellen durch strukturelle Eigenschaften der DNA bestimmt wird. Tatsächlich deuten Ergebnisse aus in vitro (Gohler et al., 2005; Walter et al., 2005) und in vivo (Koga and Deppert, 2000; Walter et al., 2005) Arbeiten darauf hin, dass die DNA-Bindung von mutp53 ein Struktur-abhängiger Prozess ist. Da diese selektive DNA-Struktur Bindung (DSSB, DNA structure-selective binding) auch schon bei der DNA Interaktion von wtp53 festgestellt wurde (Gohler et al., 2002), stellt sie mit aller Wahrscheinlichkeit eine intrinsische Eigenschaft des p53-Proteins dar.

Als mögliches strukturelles Ziel von mutp53 auf chromosomaler Ebene wurden SAR/MAR- Elemente (scaffold/ matrtix attachment regions; S/MAR) identifiziert (Koga and Deppert, 2000; Muller et al., 1996; Will et al., 1998a; Will et al., 1998b). Durch S/MARs wird das Chromatin in funktionelle Bereiche organisiert in denen Replikation, DNA-Reparatur, Rekombination oder Transkription stattfinden kann. Unterschiedliche S/MARs weisen eine geringe Sequenz-Homologie auf, haben jedoch gewisse strukturelle Eigenschaften gemeinsam. Sie sind AT-reich und beherbergen repetitive Sequenzen, was S/MARs zur Ausbildung von nicht-B DNA und höheren Sekundärstrukturen prädestiniert (Benham et al., 1997; Bode et al., 1992).

In MDAMB231 Zellen wurden 64 % der Bindestellen in Bereichen zwischen zwei Genen oder in hypothetischen kodierenden Regionen identifiziert, wobei 36 % der Bindestellen in Genen lokalisiert wurden. Ein ähnliches Verhältnis von intergenischen zu intragenischen Sequenzen wurde in MDAMB468 gefunden, hier lagen 62,5 % der Bindestellen in nicht

kodierenden Bereichen. In Anbetracht der Größe des humanen Genoms mit 3,08 Gb und einer durchschnittlichen Verteilung von weniger als 10 Genen pro einer Millionen Basenpaare (IHGSC, 2004), ist es schwierig zu beurteilen, ob mutp53 bevorzugt an intergenischen Regionen bindet.

Es wurde beobachtet, dass die intragenischen Bindestellen in MDAMB231 und MDAMB468 Zellen fast ausnahmslos in Intronen lokalisiert waren, lediglich zwei der 64 intragenischen Sequenzen in MDAMB231 wurden Exonen zugeordnet. Im humanen Genom besteht ein ungleiches Mengenverhältnis zwischen Intronen und Exonen. Haben Introne mit 24 % einen relativ hohen Anteil am Genom, sind Exone mit 1,1-1,5 % deutlich unterrepräsentiert (Venter et al., 2001). Auffällig hierbei ist jedoch, dass die meisten intronischen Bindestellen im ersten Intron detektiert werden konnten. Das erste Intron ist meist länger als andere Introne und zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an Guaninen und Cytosinen (im Durchschnitt 65 %) aus, die in CpG Dinukleotidfolgen organisiert sind (Majewski and Ott, 2002). Methylierung der CpG Inseln (CpG Islands) verhindert die Transkription des betroffenen Gens und hat folglich eine direkten Einfluss auf die Genexpression. Darüber hinaus liegen meist im ersten Intron weitere regulatorische Einheiten, wie alternative Promotoren, gewebsspezifische Enhancer, LCRs (locus control region) und S/MARs. Unter Berücksichtigung der bisher genannten mutp53 Bindecharakteristika erhärtet dies den Verdacht, dass mutp53 gezielt durch die Wechselwirkung mit gewissen DNA-Strukturen im ersten Intron einen regulatorischen Effekt auf die Transkription des Gens ausübt.

Gene, in deren Regionen mutp53 Bindestellen identifiziert werden konnten, kodieren für Proteine, die an unterschiedlichen zellulären Mechanismen teilnehmen und folglich eine heterogene Funktionalität untereinander aufweisen (Tabelle 1). Demnach lässt sich auch keine klare, abgegrenzte biologische Funktion der mutp53/DNA Interaktion formulieren.

Eine bioinformatische Analyse aller identifizierten mutp53 Bindestellen in MDAMB231 ergab, dass nur 22 Bindeloci (entspricht 12,5 % der Bindestellen) in einem Abstand von weniger als 10 kb zur nächsten Transkriptions-Initiationsstelle (TSS) lagen. Dies deutet darauf hin, dass eine transkriptionelle Regulation der meisten Gene durch mutp53 eher indirekt und in einiger Entfernung geschieht, z.B. an Enhancern, Silencern, Insulatoren oder distalen LCRs (Übersicht in (West and Fraser, 2005)). Darüber hinaus könnte die Interaktion von mutp53 zur Umlagerung des Chromatins beitragen, was wiederum regulatorische Elemente am Promoter für andere Faktoren zugänglich machen würde. Dies würde mutp53 schließlich als einen epigenetischen Faktor klassifizieren.

3.1.1 Beurteilung der in vivo ChIP-Seq Methode

Obwohl ChIP-Seq eine exzellente Methode zur Identifizierung einzelner mutp53 Bindestellen in vivo darstellt, gewährt sie keine Einblicke in die Dynamik der Bindung, da mit der Formaldehyd-Kreuzvernetzung nur ein momentaner Zustand der Protein/DNA Wechselwirkung erfasst wird. Darüber hinaus werden durch die Behandlung der Zellen mit Formaldehyd nicht nur DNA-gebundene Proteine mit dem Chromatin kovalent verknüpft, sondern auch Proteine, die in einem Abstand von wenigen Ångström (1 Å entspricht 0,1 nm) zueinander liegen. Hierdurch besteht die Gefahr, dass Chromatinloci als potentielle mutp53 Bindestellen identifiziert werden, obwohl mutp53 lediglich indirekt im Komplex mit anderen DNA-bindenden Faktoren mit der Bindestelle assoziiert ist. Zur Validierung der direkten Assoziation von mutp53 mit den jeweiligen Sequenzen könnten Gelshift Analysen (electrophoretic mobility shift assay, EMSA) oder DNA-footprint Versuche durchgeführt werden. Jedoch reflektieren diese in vitro Methoden nicht die tatsächlichen zellulären Gegebenheiten und Ergebnisse aus solchen Versuchen sind vorsichtig zu beurteilen.

3.2 mutp53 aus MDAMB231 und MDAMB468 Zellen besitzt