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4.1 V ERÄNDERUNGEN DER NEUROMUSKULÄREN S YNAPSE NACH ERHÖHTER PHYSISCHER A KTIVITÄT

4.1.1 Morphologie der neuromuskulären Synapse

Um eine potenzielle Veränderung der Morphologie motorischer Endplatten visualisieren zu können, wurde innerhalb der vorliegenden Arbeit eine Färbung der Acetylcholin-Rezeptoren der post-synaptischen Membran mittels Alexa Fluor 555-gekoppeltem α-Bungarotoxin durchgeführt. Die Verwendung des Zellgiftes ist aus zwei Gründen für eine Darstellung der motorischen Endplatte in Muskelpräparaten geeignet. Zum einen zeigt α-Bungarotoxin eine hohe Spezifität zu seinem Zielprotein, was sich anhand des geringen Fluoreszenzhintergrundes und der detaillierten Darstellung der Motoneuronen zeigen lässt (Abbildung 3.1), zum anderen konnte in früheren Arbeiten für die Verteilung der Acetylcholin-Rezeptoren gezeigt werden, dass sie sich nicht über die gesamte Oberfläche der Einstülpungen post-synaptischer Membranen verteilen, sondern konzentriert an Stellen lokalisiert sind, an denen die prä- und postsynaptische Membran in engem Kontakt stehen (Fertuck and Salpeter 1974).

Die indirekte Darstellung der präsynaptischen Membran durch eine Färbung der Acetylcholin-Rezeptoren ist somit durch den engen Kontakt beider Membranen an den potenziellen Bindungsstellen des Toxins eine valide Methode zur Untersuchung motorischer Endplatten.

Der Vergleich der Zeichnungen, die in den späten 80iger Jahre mit Hilfe einer Camera lucida (einer Vorrichtung am Mikroskop durch die Strukturen nachgezeichnet werden konnten) (Abbildung 4.1 A) (Andonian and Fahim 1988) erstellt wurden, mit den generierten Masken dieser Arbeit (Abbildung 4.1 B) bestätigt, dass eine Färbung der post-synaptischen Membran mittels α-Bungarotoxin zur Analyse neuromuskulärer Synapsen geeignet ist.

Sowohl die motorischen Endplatten in Ratten (Abbildung 4.1 A) als auch die Synapsen von Mäusen (Abbildung 4.1 B) zeigen die charakteristische Morphologie der Motoneuronen mit ausgeprägten Verästelungen.

Diskussion

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Abbildung 4.1: Morphologie neuromuskulärer Synapsen. Der Vergleich der motorischen Endplatte von Ratten, erstellt mit einer Camera lucida (A), zeigt eine ähnliche Morphologie wie die Synapsen in Mäusen, visualisiert durch fluorophor-gekoppeltes α-Bungarotoxin (B). (A aus (Andonian and Fahim 1988))

Um einer Veränderung motorischer Endplatten vor und nach erhöhter physischer Aktivität des Muskels nachgehen zu können, wurden aus den aufgenommenen Synapsen binäre Masken generiert und deren Fläche berechnet. Der Vergleich der Endplatten im Tibialis anterior von trainierten mit denen von bewegungsarmen Tieren zeigte keine Änderung in Folge einer erhöhten physischen Aktivität (Abbildung 3.4). Dementgegen konnte im Soleus eine signifikante Vergrößerung der Flächen neuromuskulärer Synapsen von 18% ermittelt werden (Abbildung 3.3) (Zweistichproben-t-Test; p≤0,05). Dies steht im Einklang mit der Veröffentlichung von Waerhaug und Kollegen, die ebenfalls eine Vergrößerung der Fläche im Soleus zeigen konnten. Aufgrund der hohen Stichprobenanzahl von 150 (trainierte Tiere) beziehungsweise 182 (Kontrollgruppe), konnte in dieser Publikation bereits bei einer Vergrößerung um 8,2% von einer signifikanten Veränderung ausgegangen werden. Waerhaug und Kollegen demonstrierten zudem marginale Unterschiede von 2,3% in den Endplatten von M. extensor digitorum longus, einem schnell reagierenden Muskel (Waerhaug et al. 1992). Die Veränderung neuromuskulärer Synapsen von trainierten Ratten konnte ebenfalls von Andonian und Kollegen gezeigt werden. Die Vergrößerung der Fläche motorischer Endplatten war im Soleus (Unterschied zwischen trainierten und bewegungsarmen Mäusen: 21%) allerdings weniger stark ausgeprägt als in M. extensor digitorum longus (Unterschied:

31,8%) (Andonian and Fahim 1988). Die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des Tibialis anterior in der vorliegenden Arbeit und den Beobachtungen schnell reagierender Muskelgruppen früherer Studien (Waerhaug et al. 1992, Andonian and Fahim 1988) könnte einerseits eine Folge der verschiedenen Trainingsreize darstellen, zum anderen auf die unterschiedliche Auswertung der Endplatten zurückzuführen sein.

Diskussion

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Während in der vorliegenden Arbeit die Flächen aller generierten Masken ausgewertet wurden (Tabelle 3.1 A), fand in früheren Veröffentlichungen eine Vorauswahl der Endplatten statt, die sich vermeintlich in der richtigen Lage zur Fokusebene des Mikroskops befanden (Andonian and Fahim 1988, Waerhaug et al.

1992). Aufgrund der komplexen Morphologie motorischer Endplatten ist eine Beurteilung der Lage im Muskelpräparat nicht eindeutig möglich. Des Weiteren vermindert eine stringente Selektion die Stichprobenanzahl erheblich. Dementgegen kann durch die Auswertung ohne Selektion in vielen Fällen nicht die Gesamtfläche der Endplatten beurteilt werden. Um eine verlässliche Beurteilung der Flächen zu gewährleisten, stellt die Kombination der Ergebnisse mit und ohne Vorauswahl die geeignetste Methode dar. Der Vergleich beider Auswertungen zeigt jeweils eine Vergrößerung der Flächen neuromuskulärer Synapsen im Soleus nach Training (Unterschied ohne Selektion: 18%; Unterschied mit vorhergehender Selektion: 19%). Dementgegen weist der Tibialis anterior ohne Auswahl der Endplatten mit richtiger Lage zur Fokusebene keine Veränderung auf (Unterschied: 1,7%), mit vorheriger Selektion jedoch eine Tendenz zur Vergrößerung (Unterschied: 14%). Es kann vermutet werden, dass eine leichte Veränderung der Synapsen nach Training stattfindet. Die Ergebnisse sind für den Tibialis anterior jedoch nicht eindeutig.

Eine Gemeinsamkeit der Trainingsprotokolle früherer Veröffentlichungen ist die graduelle Erhöhung des physischen Reizes der trainierten Tiere, durch Steigerung der Laufgeschwindigkeiten beziehungsweise der erhöhten Neigung des Laufbands (Andonian and Fahim 1988, Waerhaug et al. 1992, Deschenes et al.

1993). Dies steht im Gegensatz zu der Vorgehensweise innerhalb dieser Arbeit. Die trainierten Mäuse hatten während der 12wöchigen Trainingsphase freien Zugang zu einem individuellen Laufrad. Eine Steigerung des Trainingsreizes fand innerhalb des freiwilligen Lauftrainings nicht statt. Da die Ergebnisse für den Tibialis anterior keine signifikante Vergrößerung der motorischen Endplatte ergaben, kann dies darauf hindeuten, dass eine Steigerung der physischen Belastung während des Trainings für eine Vergrößerung der motorischen Endplatte dieses Muskels notwendig ist.

Bei dem Soleus handelt es sich um einen Muskel bestehend aus langsam reagierenden Myosinisoformen.

Während der Gehbewegung ist dieser Muskel für die Plantarflexion zuständig (Kirtley 2006), das heißt die Vergrößerung des Winkels zwischen Fußrücken und Tibia, und wird beim Lauftraining in Ratten beansprucht (Deschenes et al. 1993, Gillespie et al. 1982). Da eine Vergrößerung der Fläche neuromuskulärer Synapsen in dieser Muskelgruppe gezeigt werden konnte, liegt die Vermutung nahe, dass diese Anpassung wichtig ist, um die schnelle Reaktion der Muskelfasern des Soleus auf die Laufbewegung zu ermöglichen.

Diskussion

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Ob Anpassungen in Bezug auf die Mitochondrien bereits bei moderatem Training beobachtet werden können, sollte durch eine Untersuchung der Konzentration von Mitochondrien in der motorischen Endplatte sowie der sub-mitochondrialen Proteinverteilung von Mic60 getestet werden.