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Modellierungsergebnisse: In der vermeintlichen Kupferplatte klemmt es

Mit der in Kapitel 4 vorgestellten Methode wurden die verschiedenen Use-Cases simuliert und die Auswirkungen unterschiedlicher Netzentgeltsysteme auf die Netzbelastung und die integrierbaren Flexibilitäten bewertet. In diesem Abschnitt werden exemplarische Ergebnisse vorgestellt. In Abbildung 20 sind die Ergebnisse für den Use-Case „Integrierter Prosumer mit Speicher, Wärmepumpe und Elektrofahrzeug“ in einem exemplarischen Dorfnetz dargestellt.

Abbildung 20: Integrierbare Kundenzahl bei verschiedenem Kundenverhalten

Zur Bewertung der Netzentgeltsysteme wurden verschiedene Kundenverhalten simuliert:

 Alle Kunden erfahren zu keinem Zeitpunkt eine Beschränkung der Leistung (entspricht heutigem System, dynamischen Netzentgelten sowie Flatrate ohne bedingte Netznutzung)

 Alle Kunden bestellen 5 kW ihrer Leistung unbedingt/gesichert (Rest bedingte Netznutzung)

 Alle Kunden bestellen 10 kW ihrer Leistung unbedingt/gesichert (Rest bedingte Netznutzung)

0 Integrierbare Kunden (jeweils 50 Simulationen) Mittelwert

Integrierbare Kunden +260% +56%%

Unbedingt bestellte Leistung:

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 Alle Kunden bestellen 16 kW ihrer Leistung unbedingt/gesichert (Rest bedingte Netznutzung) Die linke Abbildung zeigt zunächst, dass die Anzahl integrierbarer Kunden, bis eine erste

Grenzwertverletzung auftritt, bei dem betrachteten Kundenverhalten in Abhängigkeit von den jeweiligen Rahmenbedingungen eines Simulationslaufes variiert. Dies ist damit zu erklären, dass in der gewählten stochastischen Simulationsmethode (siehe Abschnitt 4.2) die Kundenplatzierung im Strang zufällig durchgeführt wird. Wenn in einer simulierten Variante die Flexibilitätskunden bevorzugt am Strangende integriert werden, kommt es früher zu Spannungsbandproblemen, als wenn die Kunden in der Nähe der Ortsnetzstation integriert werden. Bei einer Häufung von Kunden in einem Strang treten Verletzungen der thermischen Belastung der Leitungen früher auf, als wenn die Kunden homogen über das Ortsnetz verteilt sind.

Bei einer Reduzierung der unbedingten Bestellleistung lassen sich mehr flexible Nutzer in das Verteilnetz integrieren

Der Abbildung kann ebenfalls entnommen werden, dass mehr Kunden integriert werden können, wenn wenig unbedingte Leistung bestellt wird. Dies ist ein Resultat aus dem Eingriffsrecht des Netzbetreibers, mit dem die dem Kunden zur Verfügung stehende Leistung reduziert werden kann, wodurch die

Grenzwertverletzungen aufgehoben werden. In der rechten Abbildung ist der Mittelwert der

integrierbaren Kunden bei unterschiedlichem Kundenverhalten dargestellt. Wenn der Kunde zu keinem Zeitpunkt eine Beschränkung der Leistung erfährt (er keine Möglichkeit besitzt, bedingte Leistung zu bestellen), lassen sich etwa 10 Kunden in das Netz integrieren. Sollten alle Kunden 10 kW ihrer Leistung unbedingt bestellen, lassen sich 55 % mehr flexible Kunden in das Netz integrieren. Bei einer Bestellung von nur 5 kW lässt sich die Anzahl um 260 % steigern. Zwischen der bestellten unbedingten Leistung und den integrierbaren Kunden besteht kein rein linearer Zusammenhang, da sich durch die Verschiebung des Energieverbrauchs die Gleichzeitigkeiten ändern. Aus diesem Grund geht eine Reduktion der unbedingten Leistung von 10 kW auf 5 kW nicht mit einer genauen Verdopplung der integrierbaren Kunden einher (~15 Kunden zu 32 Kunden).

Bewertung der Anzahl der integrierbaren Kunden

Mit den durchgeführten Simulationen lässt sich bewerten, wie viele Kunden in den verschiedenen Netzentgeltsystematiken in die Netze integriert werden können. Ein exemplarischer Auszug ist in Abbildung 21 dargestellt.

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Abbildung 21: Auswirkungen unterschiedlicher Netzentgeltsysteme auf Netzengpässe

Aus der oberen Abbildung ist ersichtlich, welche Netzanschlussleistung dem Kunden zur Verfügung steht. Im heutigen System sowie im System „Flatrate“ bzw. dynamisierten Tarifen steht dem Kunden dabei die gesamte Leistung des Hausanschlusses uneingeschränkt zur Verfügung. Es sind außerdem drei Varianten der Netzentgeltsystematik „Statisches Arbeits- und Bestellleistungsmodell mit bedingter Netznutzung“ dargestellt. In Variante 1 bestellt der betrachtete Kunde 5 kW unbedingte Leistung, die für die Deckung seiner konventionellen Verbrauchseinrichtungen ausreichend ist, und bestellt für die restlichen flexiblen Verbrauchseinrichtungen (Elektrofahrzeug, Speicher, Wärmepumpe) insgesamt 19 kW bedingte Leistung mit einem Eingriffsrecht für den Netzbetreiber. In Variante 2 werden ebenfalls 5 kW unbedingte Leistung bestellt – der Kunde bestellt jedoch nur 11 kW bedingte Leistung und optimiert seine Verbrauchseinrichtungen mit einem intelligenten Energiemanagementsystem so, dass die insgesamt bestellte Leistung nicht überschritten wird. Variante 3 entspricht einer Ausgestaltung mit einem höheren Bedürfnis an unbedingt gesicherter Netzanschlussleistung – der Kunde bestellt 10 kW der Leistung unbedingt und die restlichen 6 kW bedingt.

Bei einem Netzentgeltmodell mit bedingter Bestellleistung lassen sich deutlich mehr flexible Nutzer in das bestehende Verteilnetz integrieren

Die untere Abbildung zeigt, wie viele Kunden sich bei Anwendung der verschiedenen

Netzentgeltsysteme in das untersuchte exemplarische Dorfnetz integrieren lassen. Da beim heutigen System und bei der Flatrate keine bzw. bei dynamisierten Netzentgelten zu schwache Anreize für den Kunden bestehen, sich netzorientiert zu verhalten, treten hohe Leistungsspitzen auf, wodurch Engpässe entstehen. Aus diesem Grund lassen sich nur etwa 10 Kunden (aufgrund der stochastischen Simulation nicht ganzzahlig) in das Netz integrieren, bis Grenzwertverletzungen auftreten.

Bei den verschiedenen Varianten der bedingten Bestellleistung lässt sich die Anzahl der integrierbaren Kunden deutlich steigern (dargestellt in Gelb). Da in den untersuchten Varianten neben unbedingter Leistung, bei der ein Eingriffsrecht des Netzbetreibers entfällt, auch bedingte Leistung bestellt wird, kann der Netzbetreiber bei den selten auftretenden Leistungsspitzen die zur Verfügung stehende Leistung reduzieren. So ist es möglich, die integrierbare Kundenzahl um 260 % (bei Variante 1 und Variante 2) oder 55 % (Variante 3) zu erhöhen. Diese Steigerung ist natürlich mit dem Auftreten von Eingriffen verbunden (dargestellt in Türkis-Grau). Bei einer Erhöhung der integrierten Kunden von 10

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auf 35 ist eine durchschnittliche Eingriffshäufigkeit von 1,7 h je Tag notwendig, wenn der Kunde 5 kW unbedingte und 19 kW bedingte Leistung bestellt. In dieser Zeit wird die bedingte Leistung reduziert, sodass Netzengpässe aufgelöst werden können. Eine geringere Steigerung der integrierbaren Kunden ist entsprechend mit einer geringeren Zahl Eingriffe des Netzbetreibers umsetzbar.

Wenn das Bestellverhalten der Kunden wie in Variante 2 ausgeprägt ist (anstelle von 19 kW bedingter Leistung wird nur 11 kW bedingte Leistung bestellt), kann die Eingriffshäufigkeit auf etwa eine Stunde je Tag reduziert werden. Dies ist damit zu begründen, dass die Kunden sich bereits durch ein intelligentes Managementsystem optimieren und die Leistungsspitzen reduzieren. Der monetäre Anreiz des Kunden, weniger Netzanschlussleistung zu bestellen, bewirkt somit eine Reduktion der Netzengpässe und daraus resultierend eine Verringerung der Eingriffshäufigkeit.

Durch den größeren Anteil der unbedingten Bestellleistung in Variante 3 fällt die Anzahl der Kunden, die im Vergleich zum heutigen Netzentgeltsystem integriert werden kann, geringer aus (+ 55 %), da die für jeden Kunden zur Verfügung stehende Leistung nach dem Eingriff des Netzbetreibers mit 10 kW höher ausfällt als in Variante 1 und Variante 2.

Fazit: In allen typischen Verteilnetzen deutlicher Zuwachs an integrierbaren Kunden durch bedingte Bestellleistung

Es lässt sich somit festhalten, dass sich durch Einführung von statischen Arbeits- und

Bestellleistungspreisen mit bedingter Netznutzung die Anzahl der integrierbaren Kunden deutlich erhöht und die notwendigen Eingriffe auf einem angemessenen Niveau bleiben. Die erzielten Ergebnisse sind in allen untersuchten Niederspannungsnetzen sehr ähnlich (siehe Abbildung 22). Die absolute Anzahl integrierbarer Kunden unterscheidet sich zwar abhängig vom Netztyp (vom sehr ländlich geprägten Netz mit 22 integrierbaren flexiblen Kunden bis hin zum städtisch geprägten Netz mit 70 integrierbaren flexiblen Kunden). Der relative Zuwachs durch die Einführung einer bedingten Netznutzung bewegt sich jedoch in einem sehr engen Korridor (Zuwachs von 260 % bis 264 % bei Variante 1 und 2, 56 % bis 65 % bei Variante 3). Im Landnetz ist aufgrund der langen Abgänge vermehrt das Spannungskriterium relevant für die integrierbare Kundenzahl. Auch die Eingriffsdauer bewegt sich in allen untersuchten Netzen zwischen 1 und 1,5 h je Tag. Die Ergebnisse sind somit auf unterschiedliche

Niederspannungsnetze übertragbar,

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Abbildung 22: Auswirkungen unterschiedlicher Netzentgeltsystematiken in verschiedenen Netzen