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Mitochondriale Proteine besitzen während der gesamten Interphase des Zellzyklus eine heterogene

4. Diskussion und Ausblick

4.2 Faktoren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der mitochondrialen Heterogenität

4.2.3 Mitochondriale Proteine besitzen während der gesamten Interphase des Zellzyklus eine heterogene

Mitochondriale Fusion und Teilung prägen das äußere Erscheinungsbild von Mitochondrien. Im Verlauf des Zellzyklus kann sich dieses, aufgrund eines veränderten Gleichgewichts mitochondrialer Fusions- und Teilungsvorgänge, deutlich verändern und hyperfusionierte oder fragmentierte Mitochondrien erzeugen (Arakaki et al. 2006, Mitra et al. 2009). Da im Rahmen dieser Arbeit belegt wurde, dass eine Hyperfusionierung von Mitochondrien die Verteilung ihrer Proteine verändert (siehe 3.3), wurde untersucht, ob es während des Zellzyklus zu Modifikationen der Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine kommt. Die Ergebnisse dieser Experimente können weitere Hinweise auf den Mechanismus der Erhaltung mitochondrialer Heterogenität geben.

In einer Studie wurde für NRK-Zellen beobachtet, dass am Übergang von der G1- zur S-Phase, vermehrt Zellen mit einem hyperfusionierten mitochondrialem Netzwerk vorlagen während die Mitochondrien, welche die Mitose vollzogen, eine stark fragmentierte Morphologie aufwiesen (Mitra et al. 2009).

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte mittels Immunfluoreszenzmarkierungen gegen die Zellzyklusmarkerproteine Aurora B-Kinase und PCNA jeder Zelle ihre individuelle Zellzyklusphase zugeordnet werden. Es konnte eine leichte Fragmentierung und Aggregierung der Mitochondrien während der Mitose (Metaphase, Anaphase, Telophase) beobachtet werden und somit die Ergebnisse früherer Studien teilweise bestätigt werden (Arakaki et al. 2006, Mitra et al. 2009). Die Fragmentierung der Mitochondrien während der Mitose scheint in Vero-Zellen nicht so ausgeprägt zu sein, wie in den NRK-Zellen einer anderen Studie (Mitra et al. 2009). Weiterhin war keine deutliche Hyperfusionierung der Mitochondrien am Übergang von der G1- zur S-Phase sichtbar, die in der zuvor genannten Studie gezeigt wurde (Mitra et al. 2009) (Abbildung 4.5).

In einer weiteren Untersuchung zur Morphologie von Mitochondrien wurde in HeLa-Zellen auch keine offensichtliche Hyperfusionierung von Mitochondrien am Übergang von der G1- zur S-Phase beobachtet (Arakaki et al. 2006). Es ist möglich, dass die stärkeren Veränderungen der mitochondrialen Form, sowohl während der Mitose, als auch während dem G1/S-Übergang spezifische Eigenschaften der NRK-Zelllinie sind.

Eine entscheidende experimentelle Limitation ist die Tatsache, dass der G1/S-Übergang nicht durch die spezifische Lokalisation eines Zellzyklusmarkers identifiziert werden kann. Somit ist es nicht

Abbildung 4.5: Mitochondriale Fusion und Teilung während des Zellzyklus.

(A) Schematische Darstellung des Verlaufs des Zellzyklus von Säugerzellen. B) Die Hyperfusionierung von Mitochondrien kann am Übergang von G1- zur S-Phase in NRK-Zellen beobachtet werden. (beide Markierungen resultieren aus Überexpression von fluoreszierenden Fusionsproteinen). Größenbalken: 5 µm. Abbildung verändert aus (Mitra et al. 2009) C) Im Rahmen dieser Arbeit wurde in Vero-Zellen keine Hyperfusionierung von Mitochondrien am Übergang von der G1- zur S-Phase beobachtet (beides Immunfluoreszenzmarkierungen).

möglich Zellen exakt zu diesem Zeitpunkt des Zellzyklus zu beobachten. In der früheren Studie von Mitra et al. wurde eine chemische Synchronisation angewandt, um Zellen im G1/S-Übergang anzureichern. Dies könnte auch einen Einfluss auf die Mitochondrienmorphologie haben.

Da in Vero-Zellen der Interphase keine starken Veränderungen der mitochondrialen Morphologie beobachtet wurden, könnte man annehmen, dass sich auch die Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine wenig ändert. Tatsächlich wurde im Rahmen dieser Arbeit belegt, dass während der Stadien der Interphase (frühe G1/Zytokinese, S, G2) eine Gradientenverteilung von Tom20 existiert. Die Phasen der Mitose (Prophase, Metaphase, Anaphase, Telophase) konnten nicht analysiert werden, weil die Mitochondrien zu diesem Zeitpunkt sehr stark aggregiert vorliegen. Da Mitochondrien nicht de novo erzeugt werden, sondern sich kontinuierlich während des Zellzyklus vermehren, bedeutet dies auch, dass der molekulare Mechanismus, der die Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine aufrechterhält, konstant aktiv sein muss, unabhängig von der Zellzyklusphase. Allerdings ergibt sich daraus auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt nach der Mitose, also der Zellteilung, die Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine entsteht. Denn während der Mitose ist es nötig, die Mitochondrien der Ausgangszellen, welche teilweise fragmentiert vorliegen, auf beide Tochterzellen aufzuteilen und das mitochondriale Netzwerk anschließend wieder herzustellen. Interessanterweise konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit bereits zu dem Zeitpunkt der Zytokinese, also der endgültigen Teilung beider Tochterzellen, eine Gradientenverteilung von Tom20, in Form eines intrazellulären Gradienten, beobachtet werden (siehe 3.4.2). Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass es einen sehr schnellen Mechanismus in der Zelle geben muss, der direkt nach der Aufteilung aller Mitochondrien auf beide Tochterzellen, aktiv zu einer gezielten spezifischen Anordnung der Mitochondrien mit dem Resultat einer Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine, führt.

Die Aufklärung dieses Mechanismus kann entscheidende Informationen darüber liefern, wie die Heterogenität mitochondrialer Proteinverteilungen entsteht. Ein möglicher Teil des Mechanismus, der zu diesem raschen Aufbau der Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine in Säugerzellen führt, könnte nicht nur die mitochondriale Teilung darstellen, sondern auch die spezifische Aufhängung von Mitochondrien an Mikrotubuli. Vorhergehende Studien zeigten bereits, dass die mitochondriale Vererbung (also die Aufteilung der Mitochondrien von der Mutterzelle auf beide Tochterzellen) ein koordinierter Prozess ist, der einen aktiven Transport entlang der Bestandteile des Zytoskeletts beinhaltet (Yaffe 1999, Fuchs et al. 2002). Denkbar wäre, dass Mitochondrien, die sich in der Mutterzelle beispielsweise in Zellkernnähe mit einem Mikrotubuli assoziiert befanden, während der Mitose an diesem Filament weiterhin gebunden blieben und nach Aufteilung der Mitochondrien auf beide Tochterzellen so erneut in Zellkernnähe positioniert würden. Dies würde nach der

Zellteilung einen raschen Aufbau der Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine erlauben. Um dies zu untersuchen, könnten mikroskopische Studien unter Verwendung photokonvertierbarer fluoreszierender Proteine, über den Verlauf der Mitose angefertigt werden. Hierzu könnten einzelne Mitochondrien, z.B. in der Nähe des Zellkern, von Zellen, die sich in der späten G2-Phase befinden, photokonvertiert und anschließend die Fluoreszenz des Mitochondriums während der Mitose verfolgt werden. Nach Abschluss der Zellteilung wäre zu untersuchen, wo sich das photokonvertierte Mitochondrium befindet. Wäre es wieder in Zellkernnähe lokalisiert, würde dies die Annahme unterstützen, dass die subzelluläre Position von Mitochondrien nach der Zellteilung erhalten bleibt.

Um Mitochondrien gezielt zu transportieren und anzuordnen, sodass nach der Mitose in beiden Tochterzellen eine Gradientenverteilung mitochondrialer Proteine vorliegt, müssten Mitochondrien in irgendeiner Weise unterschieden werden, z.B. aufgrund Proteinkonzentrationen, Membranpotential oder Metabolit-Konzentrationen. Welches spezifische mitochondriale Signal hierfür ursächlich ist und über welchen Mechanismus dieses erkannt wird und die Mitochondrienanordnung reguliert wird ist bislang völlig unbekannt.

In der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae ist ein Mechanismus bekannt, der im Rahmen dieser Untersuchungen von großem Interesse ist. Die Bäckerhefe vermehrt sich durch Knospung (Feldmann 2009). Hierzu müssen Mitochondrien in der Tochterhefe platziert werden. Die Vererbung von Mitochondrien erfolgt sehr spezifisch (Vevea et al. 2014). Es werden nur die gesunden Mitochondrien an die Tochterhefe weitergegeben (Steinkraus et al. 2008, Westermann 2014). Mitochondrien mit geringem Redoxpotential und erhöhter ROS-Menge verbleiben in der Mutterzelle (McFaline-Figueroa et al. 2011, Vevea et al. 2014). Somit entsteht eine Asymmetrie zwischen Mutter- und Tochterhefe bezüglich ihres Alters (Abbildung 4.6). Demnach ist die Bäckerhefe in der Lage, Mitochondrien anhand ihres metabolischen Zustands zu unterscheiden und selektiv zu transportieren.

Der Mechanismus der zu dieser Qualitätskontrolle von Mitochondrien in der Bäckerhefe und somit der selektiven Vererbung der gesündesten Mitochondrien führt, sowie die Kriterien, die den Zustand der Mitochondrien definieren, sind bislang weitgehend unbekannt (Vevea et al. 2014). Der Transport von Mitochondrien erfolgt in der Hefe anders als in Säugerzellen entlang von Aktin-Strängen. Die gesunden Mitochondrien der Tochterhefe werden am Ende dieser Zytoskelettelemente verankert.

Wird dieser Vorgang inhibiert, geht die Asymmetrie von Tochter- und Muttermitochondrien verloren (Westermann 2014). Diese Beobachtung gibt einen Hinweis zur Regulation der Vererbung intakter Mitochondrien in der Hefe. Die vollständige Aufklärung dieses Mechanismus könnte von großer Bedeutung für das Verständnis des Aufbaus mitochondrialer Proteingradienten in Säugerzellen sein.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde beobachtet, dass eine heterogene Verteilung eines mitochondrialen Proteins, in Form eines intrazellulären Gradienten, direkt nach der Zellteilung existiert. Es ist zu vermuten, dass hierfür die Interaktion der Mitochondrien mit dem Zytoskelett eine Rolle spielt (Westermann 2014).

4.2.4 Die Zerstörung des Mikrotubuli-basierten mitochondrialen Transports