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1. Einleitung

1.1 Mitochondrien: Funktion, Struktur, Dynamik

1.1.3 Fusion und Teilung von Mitochondrien

Die mitochondriale Morphologie variiert zwischen verschiedenen Zelltypen und Organismen, sogar innerhalb einzelner Zellen. Sie reicht von kleinen Kugeln, über lange Tubuli, bis hin zu einer hoch-geordneten Struktur (Kuznetsov et al. 2009). In den meisten Säugerzellen besitzen Mitochondrien einen typischen Durchmesser von 200 - 400 nm und bilden ein verzweigtes tubuläres Netzwerk aus, dessen Form sich durch fortwährende Fusions-, Teilungs- und Transport-Vorgänge kontinuierlich verändert (Bereiter-Hahn et al. 1994, Griparic et al. 2001, Frazier et al. 2006)(Abbildung 1.4). Fusion und Teilung von Mitochondrien sind nicht nur essentielle Prozesse für die Vermehrung von Mitochondrien und somit das Wachstum von Zellen (Qian et al. 2012). Es gibt Hinweise, dass sie außerdem entscheidende Faktoren der Erhaltung ihrer Funktionalität darstellen (Tatsuta et al. 2008, Twig et al. 2008). Fusion trägt hierzu bei, indem es zu einer Durchmischung geschädigter und gesunder Mitochondrien führt und somit zu einem Austausch von Metaboliten und einer Komplementierung ihrer Funktionen (Youle et al. 2012, Rolland et al. 2013). Es wurde vorgeschlagen, dass zur Beseitigung eines Mitochondriums, dessen Schaden irreparabel ist, dieses zunächst durch

Teilung vom Netzwerk abgeschnürt und anschließend über Mitophagie abgebaut wird (Komatsu et al.

2005, Egan et al. 2011, Youle et al. 2012). Weiterhin besitzt mitochondriale Teilung eine wichtige Rolle bei dem Prozess der Apoptose (Suen et al. 2008). Die Bedeutung mitochondrialer Dynamik für eine intakte Zellfunktion wird dadurch deutlich, dass die Störung dieser Vorgänge eine normale Entwicklung beeinträchtigt und ursächlich für die Entstehung verschiedenster Krankheiten, unter anderem neurodegenerativer Erkrankungen, ist (Nunnari et al. 2012).

Die Häufigkeit mitochondrialer Fusion, Teilung und auch Bewegung wird reguliert und an die unterschiedlichen physiologischen Gegebenheiten verschiedenster Zelltypen dynamisch angepasst (Hoppins et al. 2007). Teilungs- und Fusionsvorgänge von Mitochondrien sind normalerweise im Gleichgewicht. Wird dieses Gleichgewicht jedoch, z.B. durch Schädigungen einer Zelle, gestört, hat dies dramatische Auswirkungen auf die Form der Mitochondrien. Einerseits führt der Verlust mitochondrialer Fusion zu einer Fragmentierung des Netzwerkes in viele kleine einzelne Mitochondrien, ausgelöst durch die nicht antagonisierte fortwährende Teilung (Chen et al. 2005).

Andererseits entsteht bei der Störung mitochondrialer Teilung ein hyperfusioniertes mitochondriales Netzwerk mit stark elongierten Mitochondrien (Lee et al. 2004).

Die Aktivität hochkonservierter dynamin-related-proteins (mit Dynamin verwandte Proteine) bewirkt die Teilung und Fusion von Mitochondrien (Hoppins et al. 2007). Diese Proteine besitzen die

Abbildung 1.4: Mitochondrien bilden ein verzweigtes Netzwerk in Vero-Zellen.

Subzelluläre Strukturen wurden mittels Immunfluoreszenz markiert: Mikrotubuli in rot (-Tubulin) und Mitochondrien in grün (Tom20). Der Zellkern wurde mittels DAPI angefärbt (blau). Größenbalken: 20 µm.

Fähigkeit, zu oligomerisieren. Durch GTP-Hydrolyse vermitteln sie eine Membran-Umgestaltung, in Form von Fusionierung oder Teilung von Lipiddoppelschichten (Faelber et al. 2013).

Mitochondriale Teilung:

In Säugerzellen wurde dynamin-related-protein 1 (Drp1) als Hauptkomponente des Vorgangs der Teilung von Mitochondrien identifiziert (Smirnova et al. 2001, James et al. 2003, Yoon et al. 2003).

Drp1 ist ein zytoplasmatisch lokalisiertes Protein, welches jedoch auch vereinzelt punktförmig auf Mitochondrien beobachtet werden kann. Seine Bedeutung für mitochondriale Teilung wird ersichtlich wenn man Zellen betrachtet, in denen künstlich eine Herunterregulierung dieses Proteins, z.B. durch RNA-Interferenz, erzeugt wurde. Diese Zellen zeigen eine dramatisch veränderte mitochondriale Morphologie (Smirnova et al. 2001, Lee et al. 2004). Die Mitochondrien sind stark elongiert und das Netzwerk hyperfusioniert, was auf einen Verlust mitochondrialer Teilung hindeutet.

Die Beteiligung von Drp1 an der mitochondrialen Teilung wurde klar bewiesen, dennoch ist bislang wenig darüber bekannt, welche Signale die Translokation von Drp1 vom Zytosol an die Mitochondrien bewirken. Kürzlich veröffentlichte Studien belegen, dass diese Drp1-Translokation immer an Stellen von Mitochondrien erfolgt, die spätere Teilungspunkte repräsentieren und einen Kontakt zu dem endoplasmatischen Retikulum (ER) besitzen (Friedman et al. 2011). Die molekulare Basis für diese Verbindung wurde vor kurzem entdeckt und wird durch einen Multiproteinkomplex vermittelt, der als ERMES (ER-mitochondrial-encounter-structure) bezeichnet wird (Kornmann et al.

2009).

Eine weitere interessante Beobachtung ist die Tatsache, dass mitochondriale Teilung generell Tochtermitochondrien ergibt, die über mindestens ein Molekül mitochondrialer DNA verfügen (Margineantu et al. 2002, Legros et al. 2004). Dies gibt einen Hinweis darauf, dass die Bestimmung mitochondrialer Teilungsstellen in irgendeiner Weise gerichtet und nicht zufällig verläuft (Chan 2006).

Mitochondriale Teilung ist mit anderen zellulären Prozessen verknüpft. So spielt die Teilung von Mitochondrien eine entscheidende, jedoch in ihrer Funktion noch nicht gänzlich verstandene, Rolle während des Zellzyklus (Mitra et al. 2009). Säugerzellen besitzen stark fragmentierte Mitochondrien während der späten G2-Phase und der Mitose (Arakaki et al. 2006). Die Herunterregulierung von Drp1 in Säugerzellen führt zu einem Stopp des Fortschreitens des Zellzyklus und der Zellteilung (Qian et al. 2012). Möglicherweise dient die Teilung von Mitochondrien vor der Zellteilung der Erleichterung ihrer Aufteilung auf die beiden Tochterzellen (Jakobs et al. 2011).

Mitochondriale Fusion:

Die Fusion von Mitochondrien erfordert die Aktivität zweier unterschiedlicher dynamin-related-proteins. Die Fusion zweier Mitochondrien verläuft in zwei verschiedenen Prozessen. Hierbei sind die eng verwandten Proteine Mfn1 und Mfn2 (Mitofusin 1 und 2) verantwortlich für die Fusion der äußeren mitochondrialen Membranen, wohingegen Opa1 (optic atrophy 1) die Fusion der inneren mitochondrialen Membran vollzieht (Meeusen et al. 2004). Bei ihnen handelt es sich um integrale Membranproteine, die auch über eine GTPase-Funktion verfügen (Chen et al. 2003).

Die Beteiligung von Mfn1 und Mfn2 bei mitochondrialer Fusion zeigten Experimente mit Mäusen, die Mutationen dieser Gene trugen (Chen et al. 2003, Chen et al. 2005). Zellen mit gestörter Mfn1- oder Mfn2-Funktion wiesen eine verminderte mitochondriale Fusion auf. Dementsprechend waren die Mitochondrien fragmentiert.

Die Bedeutung von Mfn1/2 und Opa1, und damit mitochondrialer Fusion, für Säuger wird anhand der pathologischen Auswirkungen, die Mutationen dieser Gene zur Folge haben, deutlich. So sterben Mfn1 oder Mfn2 knockout-Mäuse bereits frühzeitig in der Embryonalentwicklung ab (Chen et al.

2003). Embryonale Maus-Fibroblasten, die einen Defekt beider Mitofusine tragen, können zwar kultiviert werden, zeigen aber physiologische Defizite, wie z.B. eine verminderte Anzahl an mtDNA oder ein verringertes Membranpotential und deshalb eine verminderte Atmungs-(ATP-Synthese-)rate, sowie ein verlangsamtes Wachstum (Chen et al. 2005). Außerdem sind Mutationen in Mfn2 kausal für die Ausbildung von Erkrankungen des peripheren Nervensystems, z.B. Charcot-Marie-Tooth disease type 2A2 (Zuchner et al. 2004). Mutationen in Opa1 sind ursächlich für die autosomal dominant vererbte optische Atrophie (Alexander et al. 2000, Delettre et al. 2000).