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4.4 Vergleich mit Beobachtungen

5.1.3 MIST

MIST ist eine Anpassung des im vorigen Kapitel 4 beschriebenen Modells für das sternbildende, turbulente ISM (BS12) zur Verwendung in LES mit Kopplung an das SGS-Modell nach SF11 und SA14. Zu diesem Zweck werden zusätzlich zu den es-sentiellen hydrodynamischen Gittervariablen (und der SGS-Energie) sechs bezüglich des Hydrolösers passiv mitbewegte Gittervariablen eingeführt. Drei davon beschrei-ben die chemische Zusammensetzung des Gases, diese sind die Wasserstoffdichte

H, die Heliumdichte ⇢He und die Metalldichte ⇢Z. Die übrigen drei sind erstens die partiale Kaltphasendichte ⇢c, mit deren Hilfe der Mehrphasenzustand im Sinne des BS12 Modells festgelegt wird, zweitens die stellare Massendichte⇢s(m),9 die als Puffer zwischen Erzeugung stellarer Materie im Gitter und Erzeugung stellarer, kollisions-freier Partikel dient und drittens die Partialdichte heißer SN-Ejekta ⇢h. Die BS12-Modellgleichungen werden für jedes Volumenelement als Ein-Zonen-Modell für den jeweiligen Hydrozeitschritt integriert, die sich ergebenden Veränderungen in Raten umgerechnet und zusammen mit den zum SGS-Modell nach SF11 gehörigen Raten an den Algorithmus zur Behandlung zusätzlicher Quellen übergeben. Ausführlicher wird MIST in der von mir abgefassten Veröffentlichung BS14 erläutert.

Die wichtigste Veränderung gegenüber dem BS12 Modell ist – neben der Ein-führung von ⇢h und der Auslagerung stellarer Masse10 an kollisionsfreie Partikel – die Kopplung an das SGS-Modell, indem KSGS aus dem turbulenten SGS-Modell mit K (bzw. et in BS12) identifiziert wird. Die dynamisch berechnete Rate ⇧SGS

wird als externe Produktionsrate ⌃turbulenter Energie aufgefasst. Die Produktion von SGS-Energie durch SN und thermische Instabilitäten (fortan mit ⇧SN bezie-hungsweise ⇧TI bezeichnet) des BS12-Modells werden als zusätzliche Quellen ⇧X

von ⇢KSGS (siehe Gleichung 5.6) interpetiert.

Stellare Partikel und Supernova-Gasphase

Im Rahmen der Entwicklung von MIST in jeder Zelle wird unter Anderem eine Sternentstehungsdichte ⇢˙s,SF berechnet. Entsprechend dieser Rate wird Masse aus dem Dichtefeld ⇢ entnommen und einem passiv advektierten Feld ⇢s(m) zugeführt, das bei der Berechnung der Gravitation mit berücksichtigt wird und folgender Er-haltungsgleichung gehorcht

@⇢s(m)

@t +r·(⇢s(m)u) = ˙⇢s,SF

@⇢s(m)

@t SP. (5.15)

Dieses Feld dient als Puffer zwischen Sternentstehung ⇢˙s,SF und der Erzeugung kolli-sionsfreier stellarer Partikel, repräsentiert durch den letzten Term in Gleichung (5.15).

9Subskript ’(m)’ steht für ’mesh’, zeigt also an, dass es sich um eine Gittervariable handelt

10Dies schließt die Berechnung der stellaren Rückwirkungen mit ein.

5.1. NUMERISCHE METHODEN 59

Um die Zahl erzeugter Partikel nach Möglichkeit gering zu halten, wird erst dann ein Partikelpaar erzeugt, wenn sich in einer Zelle eine gewisse Mindestmasse2·mp,min ⇡ 40M an Sternen angesammelt hat. Stellare Partikel repräsentieren im Rahmen meiner Simulationen nicht einzelne Sterne sondern vielmehr sogenannte einfache Sternenpopulationen, die unter Annahme einer universellen stellaren Anfangsmas-senverteilung (IMF) durch ihre Entstehungszeiten, Metallizitäten und Gesamtmas-sen voll charakterisiert sind. Das Partikelpaar übernimmt neben der Metallizität des Gases auch seine aufgelöste Geschwindigkeit, zu der beide Partikel noch eine zusätzliche, aber aus Gründen der Impulserhaltung in entgegengesetzte Richtungen weisende Geschwindigkeitskomponente erhalten, die die nicht aufgelösten Bewegun-gen der Gaswolken innerhalb der Zellen abbildet. Zusätzlich zu der anfänglichen Masse kann ein Partikel nach seiner Entstehung für einen Zeitraum von 2 Ma – sofern es nicht die maximale Partikelmasse von ⇠ 400 M überschritten hat, die sicherstellt, dass alle stellaren Partikel von vergleichbarer Masse sind – alle in der-selben Zelle wie es selbst befindliche stellare Masse aus ⇢s(m) entlang seines Weges aufnehmen, wobei alle dem Partikel zugeschriebenen Eigenschaften massegewichtet aktualisiert werden.

Bei der stellaren Rückwirkung auf das Gas werden dieselben Prozesse einbezo-gen wie bereits in BS12. Agertz u. a. (2013) beispielsweise nutzen ein ausgefeilteres Modell der stellaren Rückwirkung, was die berücksichtigten Rückwirkungsprozesse anbetrifft. Sie verwenden jedoch keine turbulente Rückwirkung, wie ich sie imple-mentiert habe, da ihnen dieser Kanal in ihren ILES nicht zur Verfügung steht. Dass ein Teil der SN-Energie in meinem Modell der SGS-Energie zugeschlagen wird, ent-spricht dabei etwa dem sogenannten ’kinetic feedback’ (zu deutsch etwa kinetische Rückwirkung), wie es beispielsweise Agertz u. a. (2013) nutzten. Hierbei wird aufge-löste kinetische Energie in das Gas um ein aktives, stellares Partikel herum injiziert, statt wie im Fall von MIST an der Position des Partikels selbst SGS-Energie zu injizieren.

Die Beiträge stellarer Rückwirkung werden für jedes Partikel individuell anhand der jeweiligen Eigenschaften berechnet und anschließend mittels eines CIC-Algorithmus auf das Rechengitter projiziert. Die kinetische Energie⇢˙exs,FB, die dabei zwar auf das Gas übertragen, aber wegen der Summation der Impulse nicht als aufgelöste kine-tische Energie auftaucht, wird der SGS-Energie zugeführt. Die Impulsübertragung von Sternen auf das Gas, die in meinem Modell geschieht, rührt ausschließlich von der Bewegung der stellaren Partikel her, ist also nicht mit dem oben erwähnten ’ki-netic feedback’ zu vergleichen. Um das sogenannte Überkühlen (over-cooling) des Gases zu umgehen, damit die durch SN eingetragene Energie über den resultieren-den Druck eine Expansion des Gases bewirken oder zumindest einen Beitrag zur Stabilisierung gegen die Eigengravitation leisten kann, habe ich im MIST-Modell

ei-ne zusätzliche dynamische Gittervariable eingeführt. Es ist die Partialdichte ⇢h des heißen SN-Gases, die der Erhaltungsgleichung

@⇢h

@t +r·(⇢hu) + min [⇢hr·u,0] =

@⇢s

@t FBhexp ( t/⌧h),

(5.16)

genügt. Diese zusätzliche Gasphase lebt innerhalb der warmen Phase⇢w und besitzt eine konstante spezifische thermische Energie eh ⇡ 0,1⇥eSN. Das heiße Gas geht durch allmähliches Untermischen in die reguläre warme Phase über, was durch einen exponentiellen Zerfall mit Zerfallszeitskala ⌧h ⇡ 1 Ma modelliert wird. Der letzte Term auf der linken Seite von Gleichung (5.16) sorgt dafür, dass ⇢h bei Expansion absinkt, was adiabatischem Herunterkühlen entspricht, welches anders wegen der konstant gehaltenen thermischen Energie eh nicht modelliert werden kann. Damit aber bei Kompression ⇢h nicht ansteigt, wird dieser Term nur berücksichtigt, falls r·u<0.

In Kombination mit der turbulenten Rückwirkung reicht diese heiße SN-Gasphase aus, um das ’over-cooling’ zu verhindern. In Simulationen ähnlicher Art wie meiner wird oft die gesamte radiative Gaskühlung für⇠10 Manach Produktion von SN un-terbunden (Stinson u. a., 2010; Agertz u. a., 2011), um dies zu erreichen. Da in einer Sternpopulation über einen Zeitraum von etwa 40 Ma SN vom Typ II stattfinden, ist so in einer Sternentstehungsregion die gesamte Kühlung für mindestens ⇠40 Ma abgeschaltet. Meine Antwort auf das ’over-cooling’-Problem ist im Gegensatz dazu eine physikalisch plausible Lösung.

Aus den beschriebenen Anpassungen des BS12-Modells ergibt sich das in Abb. 5.1 gezeigte Schema des Massenaustausches zwischen den Gasphasen und den stellaren Komponenten.

Angepasste Strömungsgleichungen

Der Satz von insgesamt zehn Erhaltungsgleichungen, die im Rahmen meiner LES von isolierten Scheibengalaxien in Nyx auf den adaptiven numerischen Rechengit-tern gelöst wurden, enthält modifizierte Eulergleichungen. Diese lauten inklusive der SGS- und MIST-Terme

@⇢

@t +r·(⇢u) = ⇢˙s,SF+ ˙⇢s,FB (5.17) für die Gesamtgasdichte ⇢, wobei ⇢˙s,SF die Sternentstehungsrate und ⇢˙s,FB die SN-Auswurfrate ist,

@(⇢u)

@t +r·

⇢uu+

✓ p+2

3⇢KSGS

SGS =

⇢g u⇢˙s,SF+us,FB⇢˙s,FB

(5.18)

5.1. NUMERISCHE METHODEN 61

Abbildung 5.1: Schematische Darstellung des Massenaustausches zwischen den ver-schiedenen Gasphasen und Sternen in MIST. Arrangement ähnlich wie im linken Teil der Abb. 4.1, nur, dass die warme Phase durch ein helleres Rot und die zusätz-liche heiße Phase in dunklerem Rot gehalten sind. Der oberhalb der gestrichelten grünen Linie befindliche Teil des Schemas wird im Rahmen des Ein-Zonen-Modells auf dem Rechengitter behandelt. Die stellare Komponente wurde in einen auf dem Rechengitter lebenden Anteil (⇢s(m)) und einen in Form von Partikeln behandelten Teil der stellaren Masse aufgeteilt.

für die Impulsdichte⇢u, mit dem spurfreien SGS-Spannungstensor⌧SGS,ij =⌧SGS,ij

2 i,jKSGS/3und der Geschwindigkeit der SN-Ejekta us,FB, und

@(⇢E)

für die Gesamtenergiedichte ⇢E = ⇢e + 1/2 · u2 des Gases exklusive der SGS-Energiedichte⇢KSGS. Hierbei bezeichnetEdie aufgelöste, spezifische Gesamtenergie des Gases, edie Spezifische thermische Energie, p= ( 1)e den spezifischen ther-mischen Druck mit Polytropenexponent = 5/3, ⇤=⇢✏SGS+⇤c+⇤w die effektive Kühlrate zusammengesetzt aus der turbulenten Dissipationsrate und den jeweiligen radiativen Kühlraten der kalten und warmen Phase,ecdie konstante spezifische ther-mische Energie der kalten Phase und eSN die thermische Energie der SN-Auswürfe.

Die partielle Differenzialgleichung, die für die SGS-Energiedichte⇢KSGS gelöst wird, ist

@(⇢KSGS)

@t +r·(⇢uKSGS ⇢SGSrKSGS) =

SGS ⇢✏SGS+⇧TI K⇢˙s,SF+⇧SN+ ˙⇢exs,FB,

(5.20)

wobei der Term ⇢˙exs,FB die kinetische Energie der SN-Ejekta auffängt, die nicht in

˙

s,FBu2s,FB/2 enthalten ist. Daneben werden auch die Gleichungen für die partia-len Dichten ⇢X mit X2{H,He,Z}, die die chemische Zusammensetzung des Gases festlegen, berücksichtigt.

@⇢X

@t +r·(⇢Xu) = ⇢X

⇢ ⇢˙s,SF @⇢s,X

@t FB, (5.21)

wobei der letzte Term die Injektionsrate der Partialdichte einer chemischen Kompo-nente in den SN-Ejekta beschreibt. Im Rahmen des MIST-Modells ist zur Festlegung des Mehrphasenzustandes die Entwicklung einer Erhaltungsgleichung für die Kalt-phasendichte notwendig

ASN undfTI sind hierbei die aus dem BS12-Modell bereits bekannten Parameter für die Kaltphasenevaporation durch SN und die thermische Instabilität.

Die Entwicklungsgleichungen für SN-Gasdichte ⇢h und die stellare (Feld-) Dichte

s(m) wurden bereits vorgestellt (Gleichung 5.15 beziehungsweise 5.16).