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Mimikry toxischer monovalenter Kationen

2. Allgemeiner Teil

2.3 Molekulare und ionische Mimikry toxischer Metalle

2.3.2 Mimikry toxischer monovalenter Kationen

Auch toxisch wirkende Kationen können, ähnlich wie die oben beschriebenen Anionen, mit Hilfe von Carriern die Zellmembran passieren. Falls sowohl der Radius als auch die Ladung von toxischen Kationen denen der physiologischen Kationen ähnlich sind (s. Tabelle 2), dann können sie über Natrium-Kalium-Pumpen in das Zellinnere dringen und toxische Effekten auslösen [5] [13].

Tabelle 2: Mimikry mono- und bivalenten Kationen (Aus "Toxikologie für Naturwissenschaftler" von Günter Fred Fuhrmann [5]).

Physiologisches Kation

Radius (pm)

Toxisches Kation

Radius (pm)

Na+ 95 Li+ 60

K+ 133 Tl+ 144

Ca++ 97 Sr++ 113

Ca++ 97 Ba++ 135

Ca++ 97 Pb++ 132

Ca++ 97 Lanthanoide 103 – 85

Mg++ 65 Be++ 31

Mg++ 65 VO++ 65

Zn++ 74 Cd++ 97

Zn++ 74 Hg++ 110

15 2.3.3 Mimikry toxischer bivalenter Kationen

Wie aus Tabelle 2 ersichtlich ist, sind mehreren toxische Kationen in den physiologischen Prozessen durch die bivalente Mimikry beteiligt. Ein ganz wichtiges essentielles Kation ist hier Ca2+, welches in vielen biologischen Prozessen auftaucht.

Das Ca2+-Kation wird bei der elektromechanischen Muskelkontraktion, bei der Hämostase als Faktor für den Übergang des inaktiven Prothrombin in aktives Thrombin, bei hormoneller Regulation, in Kalziumpumpen und als sekundärer Transmitter bei der Übertragung von Signalen benötigt. Viele toxische Blei-Wirkungen sind mit kalziumabhängigen Effekten zu erklären [5] [13].

2.3.4 Molekulare Mimikry

Am Beispiel von Methylquecksilber kann das Prinzip von molekularer Mimikry anderer Schwermetalle, die auch wie Quecksilber hohe Affinität zu Thiol-Gruppen haben, erklärt werden (s. Abbildung 5). Nach der Bindung von Methylquecksilber an die schwefelhaltige proteinogene α-Aminosäure Cystein, entsteht ein Methylquecksilber-Cystein Molekül, das strukturell sehr ähnlich Methionin, einer essentiellen α-Aminosäure, ist. Im Methionin-Stoffwechsel führt dieses Molekül sehr leicht zu Verwechslungen [4].

Abbildung 5:. Molekulare Mimikry. Methylquecksilber-Cystein und Methionin (aus

"Toxikologie für Naturwissenschaftler" von Günter Fred Fuhrmann [5]).

16 2.4 Toxikokinetik

2.4.1 Aufnahme von Metallen und Metallverbindungen

Metalle, Metalloide und ihre Verbindungen werden hauptsächlich oral oder pulmonal aufgenommen. Auch die Aufnahme über die Haut und Schleimhäute kann bei höheren Konzentrationen und (oder) längeren Expositionszeiten erfolgen und zu großen Aufnahmemengen führen. Der Aufnahmeort- und die Art kann zu unterschiedlichen toxischen Mechanismen sowie Erscheinungssymptomen führen.

Abbildung 6: Zelluläre Aufnahme, intrazellulären Verteilung und Bindung von löslichen und Partikel Metallverbindungen (von Detmar Beyersmann, Andrea Hartwig [11]).

Oral aufgenommene Metalle, Metalloide und ihre Verbindungen werden mit der Pfortader zur Leber transportiert, bevor sie andere Organe erreichen. Dort werden sie einer metabolischen Entgiftung unterzogen.

Inhalativ aufgenommene feine Teilchen dagegen landen über den Lungenkreislauf (kleiner Blutkreislauf) in den Körperkreislauf (großen Blutkreislauf) und erreichen damit rasch und direkt lebenswichtige Organe [13] [7].

2.4.2 Resorption von Metalle und Metallverbindungen

Die Resorption von Metallen und Metallverbindungen ist ein sehr komplexer Prozess, der mit der Aufnahme in die Epithelschicht des GITs, der Lunge oder der Haut beginnt. Die Zellen des Epithels liegen sehr dicht aneinander. Der einzige Weg

17 in das Zellinnere zu gelangen ist die passive Diffusion durch hydrophile Kanälchen (Proteinporen) in der Lipidschicht der Zellmembran oder der aktive Transport durch Membranproteine.

Bei der Resorption spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:

- Aufnahmeort (GIT, Lunge usw.)

- Löslichkeit. In welchem Abschnitt des Magen-Darm-Trakts das Toxikon nach oraler Aufnahme resorbiert wird, ist vom pH-Wert des Gastrointestinaltraktes abhängig (Magen pH 1-3, Duodenum pH 4,8-8,2, Jejunum pH 6,3-7,3, Ileum pH 7,6)

- Art und Menge (oral aufgenommene Nahrung, inhalativ aufgenommene Teilchen)

- Funktionsfähigkeit biochemischer Mechanismen (Metabolisierung durch Mikroorganismen der Darmflora z. B. Methylquecksilber, Aufnahme von Makrophagen durch Endozytose in Lungenepithel)

- physiologischer Status des Organismus (Alter, Geschlecht, Krankheiten usw.) - Gegenwart anderer Substanzen (Chelatbildner oder Metallionen, die um

Transportmechanismen konkurrieren)

- Durchblutung des Organs und die Verweildauer (Lunge 5,0 l/min*kg; Niere 4,5 l/min*kg; Magen, Darm, Leber 0,75 l/min*kg; Haut 0,05 l/min*kg)

- Organspezifische Unterschiede zur Bindung und Speicherung von Metallen und Metallverbindungen [13] [14].

2.4.3 Verteilung

Die Schwermetallverteilung fängt erst dann an, wenn die Metallionen die Blutkapillaren erreicht haben. Die Verteilung im Körper ist abhängig von Kapillartypen und der Durchblutung des Zielorgans. Die höhere Affinität von Dimetalltransportern (DMT1) zu Metallionen, die in der folgenden Reihenfolge Fe2+, Zn2+, Mn2+, Co2+, Cd2+, Cu2+, Ni2+, Pb2+ abnimmt, kann auch die Verteilung beeinflussen [5] [13] [14].

18 2.4.4 Inaktivierungsmechanismen für toxische Metalle im

Organismus

Der menschliche Organismus besitzt eine Reihe von Adaptationsmechanismen, die die schädlichen Wirkungen von toxischen Metallen und Metalloiden vermindern oder ganz entschärfen können. Dazu gehören:

- reversible Bindungen an Plasmaproteinen oder an nicht essentiellen Metaboliten und damit eine Verminderung der freien Spitzenkonzentration des Toxins im Blut und in den Zielorganen

- Immobilisierung in Knochen, Zähnen, Nägeln, Haaren (z. B. Blei, Cadmium) - induzierbare Proteine wie z. B. Metallothionein [5] [14].

2.4.5 Ausscheidung

Die Exkretion von Schwermetallen läuft überwiegend renal oder fäkal. Die Ausscheidung über Haare, Nägel, Schweiß und Körpersekrete fällt quantitativ nicht ins Gewicht, ist aber sehr wichtig für der Metallanalytik und die Interpretation der Laborbefunde.

Die Exkretion ist von vielen Faktoren abhängig:

- pH-Wert des Urins

- Konzentration von bestimmten Aminosäuren im Urin

- die Ausbildung und Unterbrechung eines enterohepatischen Kreislaufes, z. B.

bei Thallium-Vergiftung

- Altersabhängig, z. B. bei der renalen Ausscheidung von Cadmium - genetisch bedingt, z. B. bei der renalen Ausscheidung von Kupfer - biologische Halbwertszeit kumulierender Schwermetalle. [5] [7] [14] [15]

2.5 Beurteilungswerte

Zur Bewertung der arbeits- und umweltmedizinisch relevanten Metalle stehen folgende Werte zu Verfügung:

Arbeitsmedizinische Grenzwerte:

- MAK – Maximale Arbeitsplatz Konzentration am Arbeitsplatz in Atemluft - BGW – Biologischer Grenzwert

19 Definition vom GefStoffV: "Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird." [16].

- BAT – Biologischer Arbeitsstoff-Toleranz

im Jahr 2007 modifizierte Definition. "Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind." [17].

Der BAT-Wert bildet in der Regel eine Grundlage des BGWs [16]. BAT-Werte können nicht für die krebserzeugenden Stoffe abgeleitet werden.

- BLW – Biologischer Leitwert

- EKA – Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe - BAR – Biologische Arbeitsstoff-Referenzwerte

Umweltmedizinische Grenzwerte:

- Referenzwert: Rein statistisch abgeleiteter Wert. In der Regel ist dieser Wert das 95-te Perzentil der Messwerte, aus einer Bevölkerungsstichprobe ohne Bezug auf das Gesundheitsrisiko.

- HBM-I-Werte - Human-Biomonitoringwerte I: Konzentration des Fremdstoffes in bestimmten Körpermedium, bei dessen Unterschreitung keine gesundheitliche Beeinträchtigung auftritt. Dieser Wert wird als ein Kontrollwert mit Vorwarncharakter angesehen.

- HBM-II-Werte - Human-Biomonitoringwerte II: Wert bei dem, bei Überschreitung mit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu rechnen ist. Dieser Wert wird als Maßnahmewert angesehen.

Internationale Grenzwerte:

- BLV – Biological Limit Value: Europäische biologische Grenzwert

- BEI – Biological Exposure Index D: US-amerikanischer biologischer Wert - PTWI – Provisional Tolerable Weekly Intake: Werte der WHO

- RfD – Referenzdosis: Werte der US-EPA [16] [18] [19].

20 3. Toxikologie ausgewählter Metalle und Metallverbindungen

3.1 Aluminium

3.1.1 Vorkommen und relevante Expositionen

Die Exposition von Aluminium ist aufgrund seiner Verbreitung (dritthäufigste Element der Erdkruste) unvermeidbar. Es liegt in der Natur im pH-Bereich zwischen 4,5 und 8,5 hauptsächlich in Form schwer löslicher Oxide und Silikate vor [20].

Hauptsächlich wird es als natürlich vorkommendes Metall im Trinkwasser gefunden.

In Spuren kommt es in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Weitere relevanten Expositionen sind aluminiumhaltige Lebensmittelzusatzstoffe (Stabilisatoren, Antiklumpmittel, Emulgatoren, z. B. in Back- und Süßwaren), aluminiumhaltiges Geschirr (Alu Dosen), Lebensmittelverpackungsmaterial sowie Antacida- und Dialysetherapien [6] [18] [19].

3.1.2 Toxische Wirkungen

Aluminium und Aluminiumverbindungen werden hautsächlich oral und inhalativ aufgenommen. Eine dermale Aufnahme ist nicht bekannt. Die Hauptzielorgane sind die Lunge und das zentrale Nervensystem [21].

Nach hoher, inhalativer Exposition von aluminiumhaltigen Stäuben wurden Lungenfibrosen und obstruktive Atemwegerkrankungen beobachtet.

Toxische Wirkungen des Aluminiums verbunden mit der Hemmung der Resorption von PO43-,

F-, Ca2+, Fe2+,3+ [14] [22] haben eine Knochenerweichung (Osteomalazie), neurotoxische Wirkungen [23] sowie embryotoxische Effekte im Tierversuch zur Folge [15] [19].

Die Resorption von Aluminium nach oraler Aufnahme beträgt ca. 1 % und inhalativ als Aluminium-haltige Stäuben bis ca. 10 % [22]. Deswegen werden toxische Manifestationen bei beruflich nicht exponierten Personen in der Medizin bei Dialysepatienten (therapeutische Gabe von Aluminiumhydroxid) und bei der Behandlung von Gastritis und Ulzera beobachtet [15] [22].

Nach der Aufnahme verteilt sich Aluminium gleichmäßig zwischen Plasma und Blut.

Im Plasma binden 80 bis 94 % des Aluminiums an Transferrin. Das resorbierte Aluminium wird ausschließlich (ca. 98 %) über die Niere ausgeschieden [23]. Als Antidot wird Deferoxamin eingesetzt [22].

21 3.1.3 Referenz- und andere Grenzwerte

Serum < 10 µg/l [18]

1 – 3 µg/l [21]

Urin < 20 µg/l [18]

BAT-Wert: 200 µg/l bis 2010

ab 2010 BAT-Wert: 60 µg/g Krea [24]

Luft

Durchschnittliche Belastung : 0,005-0,18 μg/m3.

0,4-8,0 μg/m3 in städtischen und industriellen Bereichen [21].

3.2 Blei

3.2.1 Vorkommen und relevante Expositionen

Blei ist in der Umwelt am häufigsten als Bleisulfid in den Oxidationsstufen 0, +2 und +4 verbreitet [14] [15].

Blei hat dank seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften und trotz seiner toxischen Wirkung große Verbreitung und Verwendung in vielen Gebieten menschlichen Lebens gefunden. In der heutigen Zeit werden bleihaltige Stoffe mit der Entwicklung neuer Technologien durch alternative Verbindungen und Stoffe ersetzt. Zum Beispiel stellen Bleirohre als Bestandteile der Trinkwasserleitungen noch heute in Europa eine Sanierungsaufgabe in älteren Häusern dar. Bleihaltige Trinkwasserrohre dürfen seit 1973 in Deutschland nicht mehr neu eingebaut werden [25], und alle alten bleihaltigen Trinkwasserrohre sollen bis 2013 ausgetauscht werden [26]. Ab 2013 wird in TWV der Grenzwert für Blei in Trinkwasser auf 10 µg/l herabgesetzt werden [27]. Weiches nitrat-, carbonat- und huminsäurehaltiges Wasser kann toxisch relevante Mengen an Blei aus den Leitungsrohren herauslösen und zu chronischen Vergiftungen führen [14].

Blei und seine Verbindungen haben eine große Verbreitung in Industrie für die Herstellung von Akkumulatoren. Etwa die Hälfte der Bleiproduktion [14] und fast 80 % des für Batterien verbrauchten Bleis besteht heute in Deutschland aus recyceltem wieder gewonnenen Blei [28]. Der Einsatz als Antiklopfmittel findet in Europa keine Anwendung mehr.

22 3.2.2 Toxische Wirkungen

Nach oraler Aufnahme an anorganischem Blei liegt die Resorption im GIT bei nicht beschädigtem Darmepithel bei Erwachsenen unter 10% und bei Kindern bis zu 50%.

[5] [14]. Wird das Darmepithel beschädigt, steigt die intestinale Resorptionsquote.

Eisen-, Zink-, Kalzium- und Phosphatmangel erhöhen die gastrointestinale Resorptionsrate [29]. Inhalativ wird Blei bis zu 80% resorbiert. Nach der Resorption wird Blei über 90% in Erythrozyten an das Hämoglobin und die Zellmembran reversibel gebunden (Halbwertzeit ca. 12 Tagen [30]). Anorganische Blei-Verbindungen werden in Knochen und Zähnen, indem sie in Hydroxylapatit eingebaut werden, akkumuliert (Halbwertzeit ca. 20 Jahren [5]) [14]. Mobilisiertes Blei kann durch Fieber, Schwangerschaft, Azidose, Frakturen oder Stress freigesetzt werden [5].

Das Blei kann die Blut-Hirn-, und die Plazentarschranke in Form von lipophilen Komplexen passieren [5]. Die Exkretion erfolgt bis zu 75% renal, 15% fäkal und bis zu 10% über Haare, Nägel, Schweiß und Milch [5] [22].

Organische Blei-Verbindungen werden dank ihrer höheren Lipophilie leicht dermal und inhalativ resorbiert und gelangen rasch in das Gehirn (Halbwertzeit ca. 500 Tage) [5] [14].

Blei hemmt die delta-Aminolaevulinsäure-Dehydrase, die Koproporphyrinogen III-Decarboxylase, sowie die Ferrochelatase und blockiert die Synthese des Hämoglobins (s. Tabelle 3). Durch die Verkürzung der Lebensdauer der Erythrozyten ist die schädliche Wirkung von Blei auf die Erythrozyten zu erklären.

Dabei aktivieren Bleiionen Kaliumkanäle, was zu einem vollständigem Kaliumverlust führen kann [5]. Drei grundlegende toxikologische Mechanismen lassen sich bei Blei-Intoxikation formulieren:

- die Substitution von Kalzium-Ionen durch Blei - die Substitution von Zink-Ionen durch Blei

- die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies durch Blei [31].

23 Tabelle 3: Blut-Bleikonzentrations-Wirkungsbeziehungen nach [32] [33].

3.2.3 Referenz- und andere Grenzwerte Blut Kinder 6 – 12 J. < 60 µg/l [18]

Frauen 25 – 69 J. < 90 µg/l [18]

Frauen BAT < 70 µg/l [24]

Männer 25 – 69 J. < 120 µg/l [18]

HBM-I HBM-II BAT Kinder, Frauen < 45 J. 100 µg/l [34] 150 µg/l [34] 70 µg/l Männer, Frauen > 45 J. 150 µg/l [34] 250 µg/l [34] 400 µg/l

Urin < 27 µg/l [18]

< 20 µg/l [35]

Haar < 10 µg/g [35]

< 5,0 µg/g [36]

Zähnen < 20 µg/g [36]

- PTWI-Wert (provisional tolerable weekly intake):

Männer, Frauen, Kinder: 25 µg/kg KG

- Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 3,5 µg/kg KG

- Mobilisationstest: nach 1 g Ca-EDTA, > 1000 µg/24h, Kinder > 600 µg/24h [37]

- MAK-Wert: 0,75 mg/m3 (organ. Pb), 0,10 mg/m3 (anorgan. Pb) - Trinkwasser (TWV): 25 µg/l, ab 2013 10 µg/l

Blei im Blut, μg/L Medizinisch relevante Wirkungen

>150 Hemmung der delta-Aminolävulinsäure-Dehydratase 100 – 200 Einfluss auf Lernfähigkeit und IQ bei Kindern

200 - 600 Erythrozyten-Protoporphyrin erhöht

ab 400 delta-Aminolävulinsäure und Koproporphyrin im Urin erhöht

500 – 600 chronische Enzephalopathie bei Kindern 600 - 800 periphäre Neuropathie

> 800 chronische Enzephalopathie bei Erwachsenen 700 - 1000 Nierenfunktion eingeschränkt

800 – 3000 akute Blei-Enzephalopathie

24 3.3 Cadmium

3.3.1 Vorkommen und relevante Expositionen

Cadmium ist ein natürlich vorkommendes, leichtflüchtiges Element und kommt in Böden ubiquitär vor. Durch Wechselwirkung mit Huminsäuren reichert es sich in der organischen Substanz des Bodens an, was dazu führt, dass es von Pflanzen aufgenommen wird und somit auch von Mensch und Tier aufgenommen werden kann [5] [38]. Einige Pflanzen und Pflanzenteile akkumulieren das Cadmium.

Höhere Mengen sind in der Tabakpflanze 0,5 bis 2,0 µg/g(TG) zu finden. In Wurzel- und Großblättergemüse, im Mohn, in Sonnenblumenkernen, in Weizen, in Äpfeln, in Kartoffeln und in Wildpilzen kann mehr als 0,1 µg/g(TG) vorhanden sein [5] [18]. Mit der Nahrung nimmt ein Europäer täglich ca. 50 µg Cadmium zu sich [22], wobei die tägliche Aufnahme in Deutschland auf 15 µg abgeschätzt worden ist [38]. Bei rauchenden Personen ist zusätzlich mit einer Aufnahme von 1 bis 3 μg Cadmium pro Tag zurechnen [38].

Cadmium und seine Verbindungen haben große Verbreitung in der Industrie als Antikorrosionsmittel (30 bis 60 % jährliche Produktion), Stabilisierungsmittel für Kunststoffe, als Legierungsbestandteil, als Farbpigment (leuchtende Verkehrsschilder, Plastikfarben) und für die Herstellung von Trockenbatterien und Akkumulatoren [5] [22] [38] [39].

Bei Schweißarbeiten wird Cadmium als einatomiges Gas freigesetzt und reagiert mit Sauerstoff zu Cadmiumoxid [5]. Seine Einträge in der Umwelt finden durch die Verbrennung fossiler Energieträger, über Müll, Klärschlamm und die Verwendung von Phosphatdüngern statt [39].

3.3.2 Toxische Wirkungen

Cadmium und seine Verbindungen werden in der Lunge als Aerosole, je nach Partikelgröße und Wasserlöslichkeit, zu 25 bis 50% und im GIT, je nach Nahrungszusammensetzung zu 2 bis 8% resorbiert. Bei Kalzium-, Eisen- und Proteinmangel steigt dies bis auf 15% an [5] [15] [18] [22] [38] [39]. Eisenmangel führt zu erhöhter Produktion von Transportprotein (DMT1). Bei Kalziummangel werden endogene Liganden verstärkt gebildet, um die Resorption von Kalzium und Eisen zu erhöhen. Deswegen und dank bivalenter Mimikry wird die Resorption von

25 Cadmium entsprechend gesteigert [5]. Andererseits sinkt die Cadmium-Resorption bei gleichzeitiger Zufuhr von anderen bivalenten Kationen, da eine erhöhte Konkurrenz um die Metall-Ionen-Transporter stattfindet [38].

Die Cadmiumbelastung von beruflich nicht exponierten Personen erfolgt hauptsächlich über die Nahrungsmittel. Andere Aufnahme-Wege von Cadmium sind im Vergleich zur Aufnahme mit der Nahrung von geringer Bedeutung [38].

Im Blut ist Cadmium zu ca. 90% an die Blutzellen des MT und an andere Peptide oder Aminosäuren mit freier Cysteingruppe gebunden. Der Cadmium-Plasmaspiegel beträgt ca. 10% [38]. Das in GIT resorbierte Cadmium ist überwiegend an Albumin gebunden und wird so zur Leber und zur Niere transportiert. Cadmium induziert hier die Bildung des niedermolekularen Eiweißkörpers Metallothionein und bindet daran [5] [15] [18] [38] [39]. Durch diese Proteinbindung besitzt Cadmium eine Halbwertzeit von 10-30 Jahre und wird sehr langsam ausgeschieden [5] [14] [15].

Das an MT gebundene Cadmium wird im proximalen Tubulus resorbiert und aus der Cd-MT-Verbindung abgespalten, was zu einer Deponierung in den Tubuluszellen führt. In der Nierenrinde wird 30 - 50% und in der Leber und den Muskel etwa bis zu 40% des Gesamtkörperbestandes gelagert [5] [14] [15]. Dank der starken Bindung an MT ist Cadmium kaum plazentagängig [5].

Nach der Geburt steigt der Cadmium-Gehalt stetig an, und erreicht nach 50 – 60 Jahren sein Maximum [14]. Bei beruflich nicht exponierten und nicht rauchenden Personen liegt der Cadmium Wert durchschnittlich bei 24 mg/kg(FG) und bei rauchenden Personen bei 73 mg/kg(FG) in der Nierenrinde [5]. Nierenschäden sind bei der Konzentration von 200 mg/kg(FG) bei 10% und bei 300 mg/kg(FG) bei 50 % der Population zu erwarten [5] [14]. Dann scheint eine Grenze in der Speicherkapazität erreicht zu sein und freigesetztes Cadmium kann irreversibel die Nierentubuli schädigen, wodurch seine renale Ausscheidung zunimmt. Solche Konzentrationen sind höchstens durch eine langjährige berufsbedingte Exposition erreichbar [5].

Bei gesunden Nieren beträgt die renale Ausscheidung < 5% und steigt mit den Nierenschäden an [5] [14].

Das im GIT nicht resorbierte Cadmium wird mit den Faeces ausgeschieden. Die Cadmiumkonzentration im Urin korreliert bei normaler Nierenfunktion mit der in den Nieren gespeicherten Cadmiummengen. Die Cadmiumkonzentration im Blut spiegelt überwiegend die aktuelle Exposition der letzten 3-5 Wochen wieder [38] [40]. Im Urin zeigt sie überwiegend die chronische Exposition an [38].

26 Das gemeinsame Prinzip der bekannt gewordenen akuten Schädigungen durch Cadmium beruht auf der Eigenschaft seiner Ionen, Proteine in Membrangrenzflächen zu denaturieren. Hierbei löst es über Radikalbildung eine Lipidperoxidation aus [5].

3.3.3 Referenz- und andere Grenzwerte

Blut: HBM-I-Wert

Nicht aktiv rauchende Kinder

(drei bis 14 Jahre) [38]: 0,3 μg/l

Erwachsene Nichtraucher

(18 bis 69 Jahre) [38]: 1,0 μg/l

Blut

Raucher [41] < 1,0 µg/l bis < 3,0 µg/l

BAR (Nichtraucher) [42]: 1,0 μg/l

Urin HBM-I-Wert HBM-II-Wert Nicht aktiv rauchende Kinder (3 bis 14 Jahre) [43]: 0,2 µg/l

Erwachsene Nichtraucher (18 bis 69 Jahre) [38]: 0,8 µg/l

Kinder und Jugendliche [38]: 0,5 μg/l 2,0 μg/l

Erwachsene Nichtraucher(18 bis 69 Jahre) [38]: 1,0 μg/l 4,0 µg/l BAR (Nichtraucher) [41]: 0,8 µg/l

PTWI-Wert: 7 µg/kg KG

Trinkwasser (TVO): 3µg/l ab 2011

BAT-Wert (wegen der karzinogenen Wirkung ausgesetzt) [41]: 15 µg/l (Blut / Urin)

27 3.4 Antimon

3.4.1 Vorkommen und relevante Expositionen

Antimon ist ein seltenes aber aufgrund anthropogener Aktivitäten ubiquitär verbreitetes Halbmetall. Es liegt in mehreren Oxidationsstufen -3, 0, +3, +5 vor, jedoch am häufigsten in Form von Sulfiden und Oxiden in der Oxidationsstufe +3 [15] [44]. Bekannt sind mehr als 3000 metallorganische Antimonverbindungen [18].

Antimon wird dank seiner Vielfältigkeit in vielen industriellen Bereichen eingesetzt. In Metallurgie wird Antimon verwendet, um die Härte von Cu, Pb, Zn zu erhöhen.

Antimon ist in Textilien, Papier und Kunststoffen als Flammschutzmittel, als Katalysator für PET (Getränkeflaschen) und als Farbpigment zu finden [15] [45].

Tabakpflanzen enthalten 0,1 mg/kg TG des Elements [18]. Antimon wird in der Umwelt durch Kohleverbrennung, Verhüttung von Erzen und als Abrieb aus Bremsen und Reifen freigesetzt [18] [45].

Bei nicht beruflich exponierten Personen wird 23 µg Antimon täglich in Deutschland hautsächlich aus den Lebensmitteln aufgenommen [18]. Durch saure Lebensmitteln kann Antimon zudem aus Keramikglasuren und Zinnhaltigen Metallgefäßen herausgelöst werden [45].

3.4.2 Toxische Wirkungen

Die toxischen Mechanismen von anorganischen Antimonverbindungen sind chemisch den anorganischen Arsenverbindungen sehr ähnlich. Die Toxizität der Antimonverbindungen ist von der Oxidationsstufe und von der Löslichkeit abhängig [46].

Generell gilt für Antimon, dass dreiwertige Antimonverbindungen eine 10-fach höhere toxische Aktivität als fünfwertige, anorganische Antimonverbindungen haben.

Somit sind diese toxischer als organische [15] [4].

Nach oraler Aufnahme, die sehr langsam und gering ist, verteilt sich Antimon in allen Körpergeweben mit höheren Konzentrationen in der Leber, der Gallenblase und den Schleimhäuten des Verdauungstraktes [15] [47].

Dreiwertiges Antimon als stabilste Form, vorwiegend als Sb(OH)3, kann die Zellmembranen leichter passieren und unter physiologischen Bedingungen mit Thiolgruppen eine Reaktion eingehen. Der auf diese Weise verminderte

28 Glutathionspiegel blockiert die Enzymaktivitäten und hemmt die Reparatur von DNA-Schäden. Der größte Teil des resorbierten Antimons wird innerhalb von drei Tagen renal (überwiegend Sb5+) zu 80 % und über die Faeces (überwiegend Sb3+) zu 20 % ausgeschieden [4] [47] [48].

Bei Expositionen am Arbeitsplatz steht die inhalative Aufnahme von Antimon-haltigen Stäuben und Dämpfen im Vordergrund. Antimon gelangt über die Lunge schnell in das Blut und lagert sich an die Erythrozyten.

3.4.3 Referenz- und andere Grenzwerte Blut

Kinder 3 bis 14 Jahre: < 0,3 µg/l [45]

Erwachsene: < 1,1 µg/l [18]

Urin

Kinder 3 bis 14 Jahre: < 0,3 µg/l [43]

Erwachsene: < 3,5 µg/l [18]

Serum

Erwachsene: < 1,7 µg/l [18]

3.5 Thallium

3.5.1 Vorkommen und relevante Expositionen

Thallium kommt dank der guten Wasserlöslichkeit seiner Verbindungen überall in der Natur in geringen Konzentrationen vor. Erhöhte Thallium-Werte können in der Nähe von Zement- und Hüttenwerken, von Kohlekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen gemessen werden [49] [50].

Bei nicht beruflich exponierten Personen wird Thallium hauptsächlich über Lebensmittel (Gemüse liefern den größten Betrag) aufgenommen und liegt bei täglicher Aufnahme in nicht belasteten Regionen zwischen 2 und 5 µg. Bekannt ist, dass Pilze und einige Kohlsorten Thallium akkumulieren können [22].

Thallium und seine Verbindungen werden in Elektro-, Optik-, Chemie-, Pyrotechnik-, und Halbleiterindustrie in kleinen Mengen verwendet und seit langer Zeit als Rodentizide eingesetzt [5] [18] [22].

29 3.5.2 Toxische Wirkungen

Lösliche Thallium-Verbindungen werden leicht über die Lungen und die Haut resorbiert. Oral aufgenommene löslichere Thallium-Verbindungen werden im GIT bis zu 80% rasch resorbiert. Im Körper wird dreiwertiges Thallium zu stabilerem, aber auch toxischerem einwertigem Thallium umgewandelt und mit Hilfe des Eisentransportproteins im ganzen Körper verteilt. Thallium wird in der Niere, der Leber, dem Herz, der Knochen, der Haut, den Nägeln und den Haaren angereichert. Es durchdringt leicht biologische Membranen und kann so die Blut-Hirn-Schranke und die Plazentaschranke passieren [5] [14] [22] [50].

Thallium wird sehr langsam (ausgeprägter enterohepatischen Kreislauf) mit einer Halbwertzeit von mehr als zwei Wochen hauptsächlich über Urin (ca. 70%) und Faeces (ca. 30%) ausgeschieden. Damit ist Thallium ein typisches Kumulationsgift, da seine Elimination im Vergleich zu einer chronischen Exposition gering ist. Die

Thallium wird sehr langsam (ausgeprägter enterohepatischen Kreislauf) mit einer Halbwertzeit von mehr als zwei Wochen hauptsächlich über Urin (ca. 70%) und Faeces (ca. 30%) ausgeschieden. Damit ist Thallium ein typisches Kumulationsgift, da seine Elimination im Vergleich zu einer chronischen Exposition gering ist. Die