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2.1 Supraleitung und Josephson-Effekt

2.1.1 Das mikroskopische Bild der Supraleitung

Betrachtet man ein normalleitendes Metall bei der Temperatur T = 0 K, so erh¨alt man den Grundzustand, indem man die zur Verf¨ugung stehenden Zust¨ande im ~k-Raum sukzessive zu h¨oheren Energien mit den Valenzelektronen besetzt. Im ein-fachsten Fall, dem freier Elektronen, beschreiben die besetzten Zust¨ande eine Ku-gel, deren Radius durch kF, den Betrag des Fermi-Wellenvektors, gegeben ist. Die

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Energie der Elektronen in der ¨außersten Schale dieser Kugel wird dementsprechend als Fermi-Energie Ef bezeichnet. Es l¨aßt sich nun zeigen, daß dieser Grundzustand des Normalmetalls, welcher auch als Fermi-See bezeichnet wird, nicht mehr der be-vorzugte Grundzustand des Systems ist, wenn eine auch noch so kleine attraktive Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen m¨oglich ist. In der einfachsten N¨aherung wird diese attraktive Wechselwirkung durch eine skalare Konstante−V beschrieben, welche f¨ur die Elektronen, die außerhalb des Energieintervalls~ωc umEF liegen, den Wert Null annehmen soll (~ =h/2π ≈ 1,054×10−34Js ist die Planck-Konstante).

Das negative Vorzeichnung steht f¨ur den anziehenden Charakter der Wechselwirkung und dieCut-off-Frequenzωc ist ein vom Material abh¨angiger Parameter. Dabei istωc

so bemessen, daß~ωc sehr viel kleiner als die Fermi-Energie ist. F¨ur die Energie eines Elektronenpaares in den Zust¨anden +~k und −~k und antiparalleler Spinausrichtung ergibt sich dann:

E ≈2Ef −2~ωce−2/(N(0)V). (2.1) Man erh¨alt also einen Zustand, dessen Energie kleiner ist als 2Ef, was die mini-male Energie zweier ungepaarter Elektronen oberhalb der Fermi-Kante darstellt.

Dieser neue Paarzustand ist nicht als gebundener Zustand zu verstehen, welcher unabh¨angig vom Fermi-See existieren kann, denn seine Energie ist nicht negativ. Es findet nur eine Energieabsenkung relativ zur Fermi-Kante statt. N(0) bezeichnet die Zustandsdichte an der Fermi-Kante und ist ein f¨ur die Supraleitung wichtiger Parameter. Die Details der Wechselwirkung, die zur Anziehung zweier Elektronen f¨uhren, spielen eine untergeordnete Rolle: Bei den sogenannten konventionellen Su-praleitern ist ein Austausch von Phononen f¨ur die Paarung und damit letztendlich f¨ur die Supraleitung verantwortlich. Der mittlere Abstand, ¨uber den eine Paarkor-relation ¨uber Phononenaustausch m¨oglich ist, wird mit ξ0 bezeichnet. Er liegt im Bereich von ca. 100 – 1000 nm und wird als BCS1-Koh¨arenzl¨ange bezeichnet. Die gepaarten Elektronen werden in der Literatur h¨aufig als Cooper-Paare bezeichnet.

Der Grundzustand im Supraleiter ist ein gemeinsamer Zustand aller Cooper-Paare, wobei die Paare als quasi voneinander unabh¨angig angesehen werden und so eine Uberlagerung der Wellenfunktionen der einzelnen Paare m¨oglich ist. Der Grundzu-¨ stand Ψ lautet:

|Ψi=Y

k

(uk|0ik+vk|1ik) (2.2)

1Die Abk¨urzung BCS steht f¨ur die Namen Bardeen, Cooper und Schrieffer, den Begr¨underen dieser mikroskopischen Theorie der Supraleitung, welche auch unter dem Namen BCS-Theorie bekannt ist.

2.1.1. Das mikroskopische Bild der Supraleitung 5

Dabei bezeichnet |0ik den unbesetzten Paarzustand und |1ik den besetzten, d. h.

die Paarzust¨ande in einem gewissen Intervall um die Fermi-Energie sind gleichzei-tig mit einer Wahrscheinlichkeit uk unbesetzt und mit einer Wahrscheinlichkeit vk

besetzt. Die Parameter u und v werden bestimmt, indem man den Erwartungs-wert des System-Hamiltonians in |Ψi ausrechnet und diesen dann bez¨uglich u und v minimiert. Man erh¨alt dann f¨ur|vk|2:

wobei ǫk die Energie der einzelnen Elektronen bei Abwesenheit einer attraktiven Wechselwirkung bezeichnet. Die Gr¨oße ∆ wird als Paarpotential bezeichnet und ist gegeben durch ∆ = −V P

kvkuk(1−2f(ǫk)). Dabei ist f(ǫ) die Fermi-Dirac Verteilungsfunktion. Das Paarpotential ist gewissermaßen ein Maß f¨ur die F¨ahigkeit zur Elektron-Paarbildung. Es ist wie die Wechselwirkung V nur im Intervall ~ωc

um die Fermi-Energie von Null verschieden und im allgemeinen eine komplexe Zahl, die mit der reellen Amplitude ∆0 als ∆ = ∆0e dargestellt werden kann. Da sich die Wahrscheinlichkeiten, daß ein Paarzustand besetzt bzw. unbesetzt ist, zu eins addieren muß ergibt sich: |uk|2 = 1− |vk|2.

Weit unterhalb von Ef gilt |vk|2 = 1, d. h. alle Paare im Zustand ~k sind besetzt.

Im umgekehrten Falle, wenn ǫk ≫ Ef, dann ist |uk|2 = 1, d. h. alle Paare sind unbesetzt. Dies bedeutet noch keinen Unterschied zu einem Elektronensystem oh-ne eioh-ner attraktiven Wechselwirkung. In eioh-nem Intervall ∆0 um Ef jedoch weichen die beiden Wahrscheinlichkeitsamplituden stark von Null bzw. Eins ab. Der Ener-giegewinn des neuen Grundzustandes (Gl. 2.2) wird auch als Kondensationsenergie bezeichnet und ist gegeben durch:Ekon =−N (0) ∆20/2. Offensichtlich f¨allt der Ener-giegewinn besonders groß aus, wenn N(0) groß ist, denn dann befinden sich viele Elektronen nahe der Fermi-Kante und liegen damit im Einflußbereich der attrakti-ven Wechselwirkung. Das Besondere an diesem neuen Grundzustand ist das kollekti-ve Verhalten der gepaarten Elektronen. Dies zeigt sich darin, daß das Paarpotential

∆ =−V P

kvkuk(1−2f(ǫk)) ¨uber das Produktvkukvon allen Zust¨anden abh¨angt.

Im Normalleiter w¨are immer entwederukodervk Null und damit auch ∆. Der supra-leitende Grundzustand stellt einen sogenannten makroskopischen Quantenzustand mit der Wellenfunktion Ψ =F e dar. Dies macht sich besonders dadurch bemerk-bar, daß die Cooper-Paardichte ρ durch den Betrag der Wellenfunktion ρ = ΨΨ gegeben ist und somit eine Gr¨oße mit physikalischer Bedeutung darstellt.

Die elementaren Anregungen aus dem supraleitenden Grundzustand bestehen dar-in, die Paare aufzubrechen und zwei unabh¨angige Elektronen zu erzeugen. Diese

elementaren Anregungen werden als Quasiteilchen bezeichnet. Da f¨ur die Energie eines ungepaarten Elektrons giltEk =p

k−Ef)2+ ∆20, muß mindestens die Ener-gie 2∆0 aufgebracht werden, um ein Paar aufzubrechen. ∆0 wird als supraleitende Energiel¨ucke bezeichnet und stellt eine Zone um die Fermi-Energie dar, in der keine Quasiteilchenzust¨ande existieren. Zwischen ∆0 und der kritischen Temperatur Tc, unterhalb der sich der supraleitende Zustand ausbildet, besteht folgender einfacher Zusammenhang [10]:

2∆0(T = 0) = 3,8kbTc. (2.4) Dabei bezeichnet kb ≈1,38×10−23J/K die Boltzmann-Konstante.

Die eben dargestellte Theorie ist unter dem Namen BCS-Theorie bekannt und g¨ultig f¨ur homogene Supraleiter, d. h. das Paarpotential ist nicht ortsabh¨angig. Hat man es mit inhomogenen Systemen zu tun, bei denen das Paarpotential vom Ort abh¨angt, wie es insbesondere bei Supraleiter/Normalleitersystemen (SN-System) der Fall ist, muß man die sogenannten Bogoliubov-de Gennes Gleichungen verwenden [11]:

Eu(~r) =Heu(~r) + ∆(~r)v(~r) (2.5a) Ev(~r) = ∆(~r)u(~r)−Hev(~r) (2.5b) Diese Gleichungen werden oft in Matrixform geschrieben und die Zust¨ande als Spal-tenvektoren im Partikel-Lochraum, der auch als Nambu-Raum bezeichnet wird.

Die Komponenten des Spaltenvektors sind ortsabh¨angige Funktionen, welche die Elektron-/Loch¨uberlagerung des Zustandes beschreiben. Der Hamiltonian He =

1 2m

~

i∇ −e ~A

+U(~r)−µ enth¨alt ein Potential U(~r), welches das Gitterpotential und das Coulomb-Wechselwirkungspotential beschreibt. µ ist das chemische Poten-tial. Das Paarpotential ∆ wird selbstkonsistent bestimmt aus den Eigenl¨osungen des Gleichungssystems 2.5a und 2.5b:

∆(~r) =V hψ(~r)ψ(~r)i=V X

j

vj(~r)uj(~r)(1−2f(Ej)). (2.6)

Hier istψσ(~r) der Vernichtungsoperator eines Elektrons am Ort~r. Die Vermischung eines Zustandes im Nambu-Raum aus Elektron- und Lochcharakter wird vom Paar-potential ∆(~r) hervorgerufen. Im Falle eines Normalleiters, wo ∆(~r) = 0 gilt, ent-koppelt das Gleichungssystem und es liegen reine Elektron- und Lochzust¨ande vor.

Ist das Paarpotential konstant, erh¨alt man die Anregungsenergien und Quasiteilchen eines homogenen Supraleiters wie durch die BCS-Theorie beschrieben. SN-Kontakte