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Methodische Grundlagen und Erklärungs- Erklärungs-anspruch ökonomischer Bewertungen

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Methodisch bauen ökonomischer Bewertungen auf der Monetarisierung individueller Präferenzen auf. Für die Poli-tik, aber auch für die betroffenen Bürger besteht der Kunst-griff ökonomischer Bewertungsverfahren darin, die von den Bürgern gewünschten und von der Politik umgesetzten Handlungsalternativen in Geldgrößen auszudrücken. Auf diese Weise werden quantitative Grundlagen für politische Entscheidungen geschaffen. Auch wenn die Monetarisierung nicht immer gelingt, bleibt sie doch das erstrebenswerte Ziel.

Ökonomische Bewertungen sehen sich aufgrund der Ermitt-lung monetärer Werte für die natürliche Umwelt häufig scharfer Kritik ausgesetzt. Eine ökonomische Bewertung kann allerdings weit mehr sein als der Vorgang einer reinen Monetarisierung, und die Kritik an diesem Ansatz sollte immer den Rahmen des Erklärungsanspruchs der Bewer-tungsmethode berücksichtigen.

Die Monetarisierung schafft erst die Voraussetzung, öko-nomische Bewertungsverfahren auf die Umwelt – hier auf die Bewertung biosphärischer Leistungen – anzuwenden. Auf-bauend auf dem Anthropozentrismus sieht die Ökonomie im Menschen die zentrale Instanz zur Ableitung monetärer Werte. Demgegenüber spricht die biozentrische Sichtweise

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der Natur einen intrinsischen Wert zu, der unabhängig von individuellen Präferenzen existiert, und lehnt demzufolge die Übertragung des ökonomischen Kalküls auf die Umwelt ab.

Um diesen Konflikt zwischen Anthropozentrikern und Bio-zentrikern ein wenig abzuschwächen, sind zunächst die methodischen Grundlagen der ökonomischen Bewertung darzustellen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang außerdem, den Erklärungsanspruch näher zu erläutern, der einer ökonomischen Bewertung zugrunde liegt.

Ausgangspunkt ökonomischer Bewertungen sind die Prä-ferenzen der Individuen. Sie bilden den Bezugspunkt für den auf der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie beruhenden Bewertungsansatz. Neben dem Augenmerk auf das Indivi-duum ist der Wunsch nach individueller Nutzenmaximie-rung die zweite Annahme des ökonomischen Bewertungsan-satzes, d.h. die Individuen streben die Verwirklichung derje-nigen Handlungsalternative an, die ihnen den höchsten Nut-zen stiftet.

Basierend auf diesen grundlegenden Annahmen wird die Aufgabe ökonomischer Bewertungen auch darin gesehen, die Nutzenstiftungen verschiedener politischer Handlungsal-ternativen zu erfassen, zu bewerten und in einem verglei-chenden Nutzenäquivalent – in der Regel handelt es sich um monetäre Größen – wiederzugeben. In ausgebauter Form fin-det sich dies in formalisierten Kosten-Nutzen-Analysen. Sie werden im politischen Bereich durchgeführt, um die Ratio-nalität politischer Entscheidungen zu erhöhen und zur Objektivierung beizutragen (Cansier, 1996).

Bei der Beurteilung ökonomischer Bewertungen ist es von entscheidender Bedeutung, sich nicht nur kritisch mit den methodischen Grundlagen auseinanderzusetzen, sondern sich ebenso mit dem Erklärungsanspruch des ökonomi-schen Bewertungsansatzes zu beschäftigen. So stellt sich die Ökonomie keineswegs die Aufgabe, allen Dingen einen Wert zuzumessen. Vielmehr wird versucht, die in einer Gesell-schaft meist implizit vorhandenen Bewertungen transparent und entscheidungsrelevant zu machen (Burtraw und Port-ney, 1991; Kosz, 1997).

Dieser Erklärungsanspruch ökonomischer Bewertungen, über eine Monetarisierung Entscheidungen transparent zu machen, wird insbesondere bei der Anwendung des ökono-mischen Kalküls auf die Bewertung der Biosphäre deutlich.

Entscheidungen über den Schutz der Biosphäre sind unver-meidlich. Es kann beispielsweise nicht die gesamte biologi-sche Vielfalt in ihrem derzeitigen Bestand erhalten werden.

In jedem Fall sind Abwägungsentscheidungen darüber zu treffen, in welchem Umfang der Mensch biologische Vielfalt erhalten will. Solche Entscheidungen treten zum einen expli-zit auf, wenn es beispielsweise darum geht, welche Flächen mit ihrem jeweiligen Arteninventar als Schutzgebiete ausge-wiesen werden sollen. Zum anderen werden auch implizite Abwägungsentscheidungen in dem Sinn getroffen, daß bei-spielsweise der Bau einer Straße durch ein naturnahes Öko-system zwecks wirtschaftlicher Erschließung einer Region beschlossen wird. Wenn entsprechende ökologische Überle-gungen bei der Planung des Straßenbaus nicht eingeflossen sind, ist in der Entscheidung für den Bau eine implizite Wer-tung und Prioritätensetzung in dem Sinn enthalten, daß der wirtschaftliche Nutzen höher eingestuft worden ist als der Verlust biologischer Vielfalt, der unter Umständen mit dem Straßenbau verbunden ist.

Dem Zwang zu handeln und zu entscheiden kann sich nie-mand entziehen. Implizit oder explizit werden ständig Bewer-tungen durchgeführt (Perrings et al., 1995; Goulder und Kennedy, 1997; Weikard, 1998). Wegen dieser Unvermeid-barkeit von Entscheidungen insbesondere beim Schutz der Biosphäre sollte die Bewertungsfrage pragmatisch gesehen werden. Der Hinweis, daß die Natur intrinsische Werte auf-weist, hilft bei den meisten Entscheidungsproblemen, die in der politischen Realität zu treffen sind, nicht weiter (Pearce und Moran, 1998). Der anthropozentrische Ansatz besitzt insoweit eine höhere Operationalität, als daß intrinsische Werte der Natur nicht absolut gesetzt werden. Vielmehr zielt der anthropozentrische Ansatz auf ein Abwägen zwischen unterschiedlichen Werten menschlicher Gesellschaften ab (Heister, 1997). Eine weitere Stärke anthropozentrischer Begründungen für den Erhalt biologischer Vielfalt liegt

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darin, daß sich anthropozentrische Ansätze direkt aus zen-tralen (freiheitlich-demokratischen) Grundsätzen ableiten lassen.

Mit der vom Beirat vertretenen Haltung des moderaten Anthropozentrismus ist es zugleich möglich und auch gewollt, ökologische Aspekte mit dem individuellen Kosten-Nutzen-Kalkül zu verbinden. Aufgrund ihrer integrierenden Funktion scheint die moderat anthropozentrische Natur-ethik die einzige zu sein, die gesellschaftliche und somit auch gesetzliche Verbindlichkeit erlangen kann. Denn nur sie baut ganz überwiegend auf den Regeln auf, die in einer zivilisierten Gesellschaft ohnehin bestehen und sie begrün-den (Geisendorf et al., 1998).

In diesem Sinn sollte der Versuch der Ökonomie, solche Entscheidungslagen durch eine Monetarisierung transpa-renter zu machen, als ein Ansatz gesehen werden, der dazu beiträgt, die ökonomische Relevanz biosphärischer Leistun-gen aufzuzeiLeistun-gen. Hierbei kommt es weniger auf eine exakte Berechnung der Nutzenstiftungen durch die Biosphäre an.

Entscheidend ist vielmehr die Demonstrationsfunktion öko-nomischer Bewertungen (Fromm, 1997). So weisen Bewer-tungsstudien auf die ökonomische Relevanz von Umweltpro-blemen hin (Repetto, 1993; Costanza et al., 1997) und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Umweltfragen (Hampicke, 1991). Die Umrechnung, bzw. bescheidener der Versuch einer Umrech-nung, von biosphärischen Leistungen in monetäre Werte ist auch deshalb sinnvoll, weil der Wert in einer „Währung“ aus-gedrückt wird, die im politischen Entscheidungsprozeß ver-standen und weiterverarbeitet werden kann (Daily, 1997).

Die Ergebnisse ökonomischer Bewertungen können somit nicht nur als Argumente für einen anthropozentrisch ausge-richteten Naturschutz dienen. Vielmehr können sie auch für biozentrische Standpunkte hilfreich sein, zumal monetäre Werte über eine höhere Überzeugungskraft verfügen als dif-fus wahrgenommene intrinsische Werte (Hampicke, 1991).

4.3 Überblick über die Vorgehensweise bei einer

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