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Die erstellte HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank basiert auf in unserer Arbeitsgruppe isolierten bakteriellen Naturstoffen und beinhaltet bisher etwa 250 Verbindungen. Durch die Kopplung von HPLC, UV/VIS-DAD und Massenspektrometer sowie die induzierte Fragmentierung konnten die zu untersuchenden Substanzen getrennt und gleichzeitig deren Retentionszeiten, UV-Spektren, Massenzahlen sowie Fragmentierungsmuster ermittelt werden. Die in Abhängigkeit von den jeweiligen Moleküleigenschaften entstandenen [M+H]+- und [M+Na]+-Ionen führten ebenso zu unterschiedlichen, spezifischen

Fragment-ierungsmustern. Sofern es die Peakintensitäten erlaubten, wurden beide MS/MS-Spektren in die Datenbank eingetragen.

Die Erstellung der Datenbank war mit einem hohen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, da zunächst mehrere Experimente durchgeführt werden mussten, um optimale Messpara-meter und -bedingungen für die zu untersuchenden Substanzen zu ermitteln. Anschließend wurden die einzelnen Verbindungen untersucht und die erhaltenen UV- und Fragmentie-rungsspektren sowie weitere erforderliche Daten in die Datenbank eingetragen. Der vergleichsweise hohe Aufwand ist jedoch insofern gerechtfertigt, als es sich hier um eine Datenbank mit sehr hohem Informationsgehalt handelt, welche die effiziente und zwei-felsfreie Identifikation von Verbindungen gewährleistet.

RT:0,00 - 30,00

6,436,66 11,5912,67 15,33 17,49

5,57 3,80

2,88 7,16 8,02

1,75 25,68 27,49 29,19

11,30 9,71

1,40

7,56 2,14 8,84

5,786,58 12,63 14,93 16,3717,64 18,69 20,68

4,48 21,39 24,36

4,25 25,22 26,31 28,29

NL:

Abbildung 13 Ein Vergleich des Base-Peak- (oben) und UV/VIS-Chromatogramms (unten) eines Rohextraktes.

Sowohl Rohextrakte als auch durch chromatographische Trennung erhaltene Fraktionen wurden unter Verwendung identischer Bedingungen gemessen. Die Kombination der erhaltenen Daten führte in den meisten Fällen zu einer raschen Identifizierung der einzel-nen Substanzen mit Hilfe der HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank. Darin gespeicherte Verbindungen wurden mit einer 100proz. Trefferausbeute wiedererkannt. Soll die Anzahl der in einer Probe enthaltenen Verbindungen abgeschätzt werden, muss darauf geachtet werden, dass nicht oder nur schwer ionisierbare Moleküle nicht unmittelbar im Base-Peak-Chromatogramm detektierbar sind. In derartigen Fällen ist jedoch die zusätzliche Verfüg-barkeit des UV-Chromatogramms als ergänzende Informationsquelle häufig hilfreich

HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank 28

(Abbildung 13). Umgekehrt können UV-inaktive Verbindungen vielfach im Ionenstrom-chromatogramm nachgewiesen werden. Liegt eine Substanz vor, welche nicht in der Datenbank enthalten ist, wurden Molekulargewicht und UV/VIS-Daten als Ausgangspunkt für eine weitere Suche in AntiBase30 bzw. Chapmann & Hall31 mit dem Ziel der Struktur-zuordnung durchgeführt.

Kann eine Substanz nicht identifiziert werden, bestehen folgende Möglichkeiten:

ƒ Es handelt sich um eine bislang unbekannte Verbindung.

ƒ Die Substanz ist zwar bekannt, aber nicht in der Datenbank enthalten.

ƒ Die Substanz kann mittels ESI nicht oder nur schwer ionisiert werden, so dass kein Massenspektrum zugänglich ist.

ƒ Die Peak-Intensität des Dimers bzw. deren Isotope sind trotz der verwendeten Kollisionsenergie (ISCID) wesentlich höher als die des Monomers.

ƒ Es erfolgt keine vollständige Trennung per HPLC, so dass mehrere überlappende Ionen mit unterschiedlichen Intensitäten im Massenspektrum zu erkennen sind.

ƒ Die in der Probe enthaltene Substanzmenge ist zu gering, so dass die Intensität des Quasimolekülions im Vergleich mit dem Hintergrund nur sehr niedrig ist.

Abbildung 14 zeigt das Beispiel einer Strukturidentifizierung im Rohextrakt des Stammes Alteromonas sp. T268. Die von den einzelnen Substanzen ermittelten MS/MS-Spektren wurden zur Suche in der HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank herangezogen, was zu den häufig von Bakterien produzierten Diketopiperazinen führte. Ein zusätzlicher Vergleich der Retentionszeiten und UV-Spektren bestätigte die Zuordnung. In diesem Zusammen-hang wurde festgestellt, dass die vorhandenen Diastereomeren anhand des Fragmentie-rungsmusters nicht unterschieden werden können. Dies gelingt in vielen Fällen jedoch über einen Vergleich der Retentionszeiten.

ESI-MS/MS-Spektrum von Cyclo(Val-Pro) ESI-MS/MS-Spektrum von Cyclo(Leu-Pro)

LC-ESI-MS-Chromatogramm des Rohextraktes vom Stamm T268 im positiven Modus

ESI-MS/MS-Spektrum von Cyclo(Tyr-Pro) ESI-MS/MS-Spektrum von Cyclo(Phe-Pro)

Abbildung 14 Identifizierung der im Rohextrakt von Stamm T268 enthaltenen Subs-tanzen mit Hilfe der HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank.

t391fl8dp #434RT:9,08AV:1NL:1,99E7 T:+ c d Full ms2 211,25@35,00 [ 45,00-435,00]

60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300

110,1 122,9127,9139,0 155,8 183,8195,0

70,9 167,8

t391fl8dp #290RT:6,25AV:1NL:3,86E6 T:+ c d Full ms2 261,24@35,00 [ 60,00-535,00]

60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300

91,0 113,0 137,2 155,8 188,3 232,1 244,2

t391fl8dp #490RT:10,16AV:1NL:7,50E6 T:+ c d Full ms2 245,26@35,00 [ 55,00-505,00]

60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 t391fl8dp #322RT:6,90AV:1NL:1,64E7

T:+ c d Full ms2 197,23@35,00 [ 40,00-405,00]

60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300

Fragmentierungen ausgewählter Substanzen 30

5 Fragmentierungen ausgewählter Substanzen

Die moderne Massenspektrometrie hat sich im Bereich der Naturstoffchemie zu einem mächtigen Werkzeug entwickelt. Außer dem reinen Molekulargewicht liefert sie eine Viel-zahl weiterer, wertvoller Informationen über eine Verbindung. Durch deren Kombination können bekannte Substanzen unter Nutzung von Datenbanken rasch identifiziert werden.

Liegt eine noch unbekannte Verbindung vor, kann die Massenspektrometrie die Moleku-largewichtsbestimmung sowie den Nachweis funktioneller Gruppen erbringen und in einigen Fällen eine komplette Strukturzuordnung ermöglichen. Letztere ist insbesondere dann möglich, wenn die Fragmentierungswege strukturanaloger Substanzen bereits im Vorfeld aufgeklärt werden konnten.

Die Sequenzanalyse von Proteinen stellt heute bereits eines der wichtigsten Anwendungs-gebiete der modernen, schonenden MS-Ionisierungsverfahren in Kombination mit geeig-neten MS/MS-Techniken dar. Bei der Aufklärung der Primärstruktur dieser Biopolymere handelt es sich um einen Kernbereich des als Proteomics bezeichneten Forschungsfeldes, welches die Analyse der gesamten in genomischer DNA codierten Proteine zum Ziel hat.32 Das große Interesse am Einsatz der MS-Analyse für die Peptidsequenzierung gründet sich auf der Hoffnung, durch deren Anwendung einige Nachteile des klassisch eingesetzten Edman-Abbaus33 wie den großen Arbeits- und Zeitaufwand sowie den hohen Substanz-bedarf überwinden zu können.

Abbildung 15 Schematische Darstellung der Fragmentierungswege eines linearen Peptides nach ROEPSTORFF.34

Bei der MS/MS-Analyse von Peptiden kommt es zur Bildung unterschiedlicher Fragment-Ionen (Abbildung 15), welche zum großen Teil aus der Spaltung der amidischen Bindung-en resultierBindung-en. Befindet sich die Ladung am N-terminalBindung-en FragmBindung-ent, spricht man von IonBindung-en der a-, b- bzw. c-Reihe, ist sie am C-terminalen Fragment lokalisiert, bezeichnet man dieses als x-, y- bzw. z-Ion.

Als besonders schwierig erwies sich die Aufklärung der Fragmentierungsmechanismen von Cyclopeptiden. Die hier beobachteten Fragmentierungsmuster sind durch kon-kurrierende Primärspaltungen verschiedener Peptidbindungen sehr komplex. Bei dieser Verbindungsklasse musste darüber hinaus auch das Problem Sequenz/Retrosequenz gelöst werden.

Das Fragmentierungsmuster eines Moleküls hängt von der verwendeten Ionisierungs-methode, der Art der Kollisionsaktivierung sowie vom eingesetzten Massenanalysator ab.35 Im Vergleich zur EI-Massenspektrometrie sind die bei der ESI-MS/MS-Massenspektro-metrie erhaltenen Fragmentierungswege bisher nur in wenigen Fällen untersucht worden.36 Um deren Verständnis zu fördern, wurden einige der im Rahmen der Erstellung der HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank gemessenen MS/MS-Spektren von ausgewählten Verbin-dungsklassen analysiert.

Die Anlagerung von Na+- bzw. H+-Ionen, welche zur Ionisierung der untersuchten Mole-küle führt, erfolgt an freien Eletronenpaaren von Heteroatomen. Die geladenen MoleMole-küle spalten nach Stoßaktivierung mit Edelgasatomen neutrale Fragmente ab. Es wird vermutet, dass die Fragmentierung in der Nähe des protonierten bzw. mit einem Na+-Ion assoziierten Atoms erfolgt. Die MSn-Fragmentierung einer Verbindung mit einem Ion-Trap-Massen-spektrometer kann dabei zu anderen Ionen führen als die MS/MS-Fragmentierung mit einem Triple-Quadrupol-Instrument. Bei ESI-Ion-Trap-Experimenten, welche auch zur Erstellung der Datenbank herangezogen wurden, kommt es ferner in manchen Fällen aufgrund von Protonwanderung zur Bildung protonierter Fragmente in der Ionenfalle.

Das zu beobachtende Fragmentierungsmuster ist auch von der Art des gebildeten Molekül-Addukts abhängig. Einige Beispiele hiervon sind in der Literatur beschrieben, wie verschiedene Digitoxin-Fragmente von [M+H]+- und [M+Na]+-Ionen37 sowie Unterschiede in den MS/MS-Spektren von [M+Na]+- und [M+NH4]+-Ionen bei Oligosacchariden.38