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4.1 Aufbau einer HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank

4.1.4 Die ESI-MS/MS-Methode

Die bisher vorhandenen MS/MS-Techniken basieren auf einer durch Zusammenstöße mit Argon- bzw. Heliumatomen induzierten Fragmentierung (Collision-induced Dissociation, CID). Diese wird bei Triple-Quadrupol- und Ion-trap-Massenspektrometern in einem separaten Prozess vollzogen.28 Bei Einsatz der beiden letztgenannten Instrumente findet somit eine Vorauswahl der zu fragmentierenden Massenionen statt, was zu geringeren Störsignalen und demgemäß zu einer deutlich höheren Qualität der CID-Spektren führt. Im

Zuge dieser Arbeit wurde auf die Verwendung eines Ion-Trap-Massenspektrometers zurückgegriffen.

s tand11dp4 #386RT:10.11AV:1NL:3.49E7 T:+ c sid=10.00 d Full ms 2 360.35@35.00 [ 85.00-735.00]

100 150 200 250 300 350 400 450 500

m/z

216.1 267.8 295.2 318.3 362.1

168.1

s tand11dp1 #390RT:10.46AV:1NL:8.82E6 T:+ c s id=10.00 d Full m s2 360.37@40.00 [ 85.00-735.00]

100 150 200 250 300 350 400 450 500

m/z

118.3 167.1 233.4 370.0

s tand11dp2 #386RT:10.31AV:1NL:8.28E6 T:+ c s id=10.00 d Full m s2 360.35@50.00 [ 85.00-735.00]

100 150 200 250 300 350 400 450 500

m/z

216.2230.2 266.0 295.2306.4319.4 360.2

199.8

Abbildung 5 Mit unterschiedlichen Kollisionsenergien erhaltene MS/MS-Spektren.

Die zur Induktion der Fragmentierung erforderliche Kollisionsenergie nimmt mit steigenden m/z-Werten zu.29 Um eine bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen, werden in der Regel normierte Kollisionsenergien angegeben, welche um den masseabhängigen sowie um einen gerätespezifischen Teil korrigiert sind. Wählt man für das Experiment zu

[M+Na]+

HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank 20

niedrige Kollisionsenergien, so kommt es zu keiner ausreichenden Fragmentierung, während zu hohe Energien niedrigere Fragmentintensitäten zur Folge haben (Abbildung 5).

Um den für die Erstellung einer Naturstoff-Datenbank geeigneten Energiewert zu ermitteln, wurden im Vorfeld systematische Untersuchungen durchgeführt. Diese führten zu dem Ergebnis, dass eine mittlere Kollisionsenergie von 35 % zur Fragmentierung der vorliegenden, strukturell hoch variablen Verbindungsklassen am zweckmäßigsten erschien.

Fragmentierungen erfolgen im Regelfall an der Stelle des Moleküls, an der die positive bzw. negative Ladung lokalisiert ist. Seltener kommt es zur sogenannten „charge-remote“-Fragmentierung, welche unabhängig von der Position der Ladung ist. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass protoniert vorliegende Molekülionen im Vergleich zu entsprechenden Natriumaddukten über deutlich unterschiedliche Fragmentierungsmuster verfügen. Dies kann dadurch erklärt werden, dass H+- und Na+-Ionen an unterschiedlichen Stellen des zu fragmentierenden Moleküls binden und damit auch die Ladung an verschie-denen Positionen eingeführt wird. Zusätzlich findet eine Wanderung der H+-Ionen inner-halb eines Moleküls während des Fragmentierungsprozesses statt.

Die Selektion der Massenionen, welche fragmentiert werden sollten, erfolgte im dependent scan Modus. Bei der vorliegenden Arbeit wurden die zugrunde liegenden Parameter so gewählt, dass es zur sukzessiven Fragmentierung der beiden intensivsten Ionen im Full-scan-Spektrum* kam.

Die Fragmentierung des zweit-intensivsten Ions im dependent scan Modus wurde aus folgenden Gründen durchgeführt:

1. [M+H]+- und [M+Na]+-Ionen einer Substanz weisen unterschiedliche Fragment-ierungsmuster und Intensitäten auf. Im Fall des cyclischen Peptides F-36 (13) konnten die Peaks der beiden Addukt-Ionen mit deutlich unterschiedlichen Intensitäten detektiert werden (Abbildung 6). Das [M+Na]+-Ion wies hier eine höhere Intensität im MS-Spektrum auf als das [M+H]+-Ion. Die regelmäßige cyclische Anordnung der Carbonylsauerstoffatome begünstigt die Bildung des Natriumadduktes. Die anschließende Fragmentierung dieses Ions wiederum lieferte ein MS/MS-Spektrum mit geringeren Fragmenten (Abbildung 7).

* Das direkt nach ES-Ionisierung aufgenommene Massenspektrum.

N

660 680 700 720 740 760 780 800 820 840

m/z

718,0 743,7 748,6 770,5

696,9703,5 780,0 790,5 805,3 814,5 834,5

683,6

Abbildung 6 ESI-Massenspektrum von F-36 (13) (mit unterschiedlichen Inten-sitäten des [M+H]+- und [M+Na]+-Ions).

200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800

m/z

272,0 305,1322,1344,2 396,9423,7436,1 501,3 563,2 600,2617,3646,0 699,4

225,0245,1

362,2372,6421,5 465,2 521,4 541,4 608,7 648,5

250,2 769,1

HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank 22

2. In manchen Fällen ist die Intensität des Dimer-Peaks höher als die des Monomer-Ions. Da ersterer meist kein interpretierbares Fragmentierungsmuster liefert, ist man zur Erstellung eines aussagekräftigen MS/MS-Spektrums hier auf das zweit-intensivste Ion angewiesen. In Abbildung 8 ist das Massenspektrum von Carquinostatin A (14) als Beispiel angeführt. Im Falle dieser Verbindung weist das [2M+Na]+-Ion etwa doppelte Intensität im Vergleich mit dem [M+H]+-Ion auf.

Abbildung 8 ESI-Massenspektrum von Carquinostatin A (14) mit unterschied-lichen Intensitäten der [M+H]+- ,[M+Na]+- und [2M+Na]+-Ionen.

3. Die Intensität der Peaks von Hintergrund- und überlappenden Ionen ist in einigen Fällen größer als die der untersuchten Ionen. Dies ist teilweise auf Verunreini-gungen aus dem System zurückzuführen. Die Trennung konnte durch Zusatz von Ameisensäure in den Lösungsmitteln verbessert werden.* In Abbildung 9 ist das Massenspektrum eines Gemisches von Phthalsäureester und einer zu

* Keine Verwendung von TFA, da diese Säure sehr gut ionisierbar ist und im negativen Modus zu einer hohen Zahl an Untergrundsignalen führt.

STAND32P #858RT:18,22AV:1NL:1,92E7 T:+ c ESI sid=10,00 Full ms [ 100,00-1500,00]

100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000

m/z

360,5 526,1 675,2 862,2

214,2 268,5294,4 397,0 439,4 463,9 586,6 638,2 727,0 759,0 828,4 934,2

198,4 881,6 963,9

152,8

[M+H]+

[M+Na]+

[2M+Na]+

suchenden Substanz wiedergegeben. Phthalsäureester sind als Weichmacher in Schläuchen weit verbreitet und wurden aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit bei jeder Messung detektiert. [M+H]+- und [2M+Na]+-Ionen zeigen hohe Peak-Intensitäten bei einer Retentionszeit zwischen 23 und 24 Minuten. Besitzt die interessierende Substanz eine vergleichbare Retentionszeit, musste in zahlreichen Fällen von einer Überlagerung der Massenionen ausgegangen werden. In Abbildung 9 ist zur Verdeutlichung ein MS-Spektrum dargestellt, in welchem das Ion der untersuchten Verbindung (m/z 815, [M2+Na]+) eine geringere Intensität als das Dimer-Ion von Phthalsäureester (m/z 803, [2M1+Na]+) aufweist.

Abbildung 9 ESI-Massenspektrum eines Gemisches von Phthalester (M1) und einer zu untersuchenden Substanz (M2).

Als problematisch erwies sich jedoch nach wie vor die Trennung homologer Ver-bindungen. Eine Überlappung der Quasimolekülionen mit unterschiedlichen Intensitäten war auch bei den schwer zu trennenden Actinomycinen häufig anzu-treffen. Abbildung 10 zeigt das Massenspektrum eines Gemisches von zwei Actinomycinen, welche über eine Massendifferenz von zwei Einheiten verfügen.

Actinomycin C2 weist ein [M+H]+-Ion bei m/z 1270 und ein [M+Na]+-Ion bei m/z 1292 auf, während Actinomycin X ein [M+H]+-Ion bei m/z 1272 sowie ein [M+Na]+-Ion bei m/z 1294 zeigt. Da die [M+Na]+-Ionen der Actinomycine ein spezifischeres und intensiveres Fragmentierungsmuster ergaben, wurde deren Fragmentierung bei der Erstellung der Datenbank bevorzugt. Eine Fragmentie-rung beider Substanzen im dependent scan Modus setzte die automatische

Selek-604p #1098RT:23,46AV:1NL:2,07E8 T:+ c ESI Full ms [ 100,00-1500,00]

100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200

m/z

167,0 261,1279,1 371,2 414,4 492,1 576,6598,9633,2 711,4765,4 818,5886,4 964,9986,21058,71089,7 1190,7

128,4 295,7

[M1+H]+ [M2+Na]+

[2M1+Na]+

HPLC-UV-ESI-MS/MS-Datenbank 24

tion des zweitintensivsten Ions voraus. Diese war ebenso unumgänglich, wenn lediglich die Fragmentierung der Substanz mit der geringeren Quasimolekülionen-intensität das Ziel war.

Abbildung 10 ESI-Massenpektrum eines Gemisches von Actinomycin C2 (M1) und Actinomycin X (M2).