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Die Methoden und Prinzipien in der Leitung von Trainings

Zur Erreichung der Ziele und hier auch der Berücksichtigung der vielfäl-tigen Prägungen von Menschen hat der BDB eigene Standards zur Durchfüh-rung seiner Trainings entwickelt und für sich defi niert:

prozessorientiert arbeiten

Interkulturelles Lernen ist ein Pro-zess, der in Stufen abläuft. Daher ist es wichtig, im Laufe des Trainings mit der Gruppe langsam und vorsichtig vorzu-gehen. Hier gilt das Prinzip „weniger ist mehr“: Es ist empfehlenswert, nur dann zu einer neuen thematischen Se-quenz überzugehen, wenn das Trainer-team festgestellt hat, dass die Gruppe die Ziele der durchgeführten Einhei-ten erreicht hat. Mit anderen WorEinhei-ten:

Es gilt nicht nur, „die TeilnehmerIn-nen da abzuholen, wo sie sind“, son-dern sich vielmehr im Laufe des gan-zen Prozesses immer im Klaren darü-ber zu sein, „wo die Gruppe gerade ist“, und dementsprechend weitere Schrit-te zu planen. Es ist z. B. wichtig, erst dann mit dem Themenblock „Mitein-ander: Empathie und Diskriminierung“

anzufangen, wenn solche Phänomene wie „Wahrnehmungen und Bilder“,

„kulturelle Prägung“ von der Gruppe verstanden und durch Simulationsü-bungen Fremdheitsgefühle erlebt ha-ben. Durch diesen Prozess können sie zunächst ihre eigene Prägung und die Wahrnehmung durch die „kulturelle Brille“ refl ektieren und sich dann mit der Reichweite der Wirkung von Aus-grenzungen auseinander setzen.

erfahrungsorientiert arbeiten

Im interkulturellen Lernprozess geht es nicht darum, Wissen über fremde

„Sitten und Bräuche“ zu liefern. Letz-ten Endes ließe sich kein Handbuch über diese oder jene Kultur erstellen, das alle Aspekte und Facetten erfassen könnte: Wie ließe sich beispielsweise einem Fremden anhand eines Lehr-buchs nahe bringen, wie man sich in Deutschland begrüßt? Es hängt von vielen Faktoren ab – den eigenen und (sub-)kulturellen Vorlieben und Ge-wohnheiten, der Beziehung zueinan-der, den Gefühlen füreinanzueinan-der, der Umgebung, der Tageszeit, den ande-ren Anwesenden, der Dauer des Ein-ander-Nicht-Gesehen-Habens, dem Wissen über bestimmte Sachverhalte und vielen anderen Dingen, die sich alle in einem komplexen Gefl echt zu-einander positionieren. Deswegen le-gen wir den Schwerpunkt auf das

ken-Der Mensch Seine Religion

Seine Familie

Sein Hobby Sein Beruf

Seine Freunde Seine Auslandsaufenthalte Seine Schule

. . . Sein Land

nen lernen der eigenen „Kultur“, dem Hinterfragen des „Normalen“ und der Akzeptanz von Unterschiedlichkeit.

Durch Rollenspiele, Filme und Übun-gen möchten wir den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, Unterschied-lichkeit zu erfahren, sich in einer frem-den Situation zu erleben, und sich so-mit der eigenen Gefühle und Verhal-tensweisen bewusst zu werden, um in der Praxis situationsgerecht und fl exi-bel reagieren zu können.

immer kreisend fortsetzen

Um die Transferleistung zu sichern, ist es erforderlich, bei jeder Übung/

Sequenz mit der Gruppe folgende zir-kulären Schritte des erfahrungsorien-tierten Lernens zu unternehmen: „Er-leben“ – „Nachdenken über das Erlebte/

refl ektieren“ – „in Worte fassen“ – „mit der Gruppe austauschen“ – „Parallelen zum Alltag ziehen“ – „Erleben“... Der Zeitfaktor spielt in solchen Prozessen eine Rolle, die nicht unterschätzt wer-den darf. Die Teilnehmenwer-den brau-chen Zeit zur Refl exion. Oft ist es wichtig „eine Nacht darüber zu schla-fen“, um zu Ergebnissen kommen zu können. Daher ist morgens eine „Was-ist-Runde“ sehr zu empfehlen, um zu erfahren, was die TeilnehmerInnen ge-rade beschäftigt, und was sie von ges-tern „mitgenommen“ haben. Das Trai-ning ist dann besonderes wirkungs-voll, wenn es den TrainerInnen gelingt, ständig inhaltliche und thematische Verknüpfungen zwischen den ver-schiedenen Übungen, Phasen und Mo-dellen herzustellen, sowohl vorgreifend als auch zurückgreifend. Es ist wichtig, dass das Leitungsteam immer wieder den „Roten Faden“ zieht, der den Teil-nehmenden beim Transfer hilft.

geschützten Raum schaffen

In erster Linie richtet sich das Training an die Menschen, und dann an die Po-lizistInnen in ihnen. Das heißt: die TeilnehmerInnen sind gefordert, sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit ein-zubringen. Das erfordert viel Mut und Vertrauen von den Teilnehmenden und eine besondere Berücksichtigung der emotionalen Aspekte interkultu-reller Auseinandersetzungen seitens der TrainerInnen. Solche

Auseinan-dersetzungen sind nur dann möglich, wenn die Atmosphäre des Vertrauens im Training hergestellt wurde. Daher ist es wichtig, allgemein gültige Ver-haltensregeln mit den TeilnehmerIn-nen zu vereinbaren.

gleichberechtigt arbeiten, kein „richtig“

und „falsch“

Innerliche Veränderungsprozesse, die einen wichtigen Teil des interkultu-rellen Lernens darstellen, lassen sich schlecht unter Druck entwickeln.

Druck von der Seite des Leitungsteams würde in solchen Fällen kontraproduk-tiv wirken. Produkkontraproduk-tiv dagegen läuft der Prozess dann ab, wenn die TeamerIn-nen bereit sind, sich zu öffTeamerIn-nen, ihre ei-genen Erfahrungen preiszugeben und durch nachahmenswertes Handeln zukunftsweisende Akzente zu setzen, um damit andere TeilnehmerInnen zu motivieren, sich auf diese gemeinsame

„Erlebnisreise“ einzulassen.

In der Regel wird sogar das so genann-te „Seminar-Du“ angebogenann-ten. Das hilft die LehrerIn-SchülerIn-Hierarchie ab-zuschaffen und trägt wesentlich zu ei-nem gleichberechtigten Umgang bei.

eigene Position als PolizeibeamtIn be-rücksichtigen

Besonders im Sinne der Gleichberechti-gung im Training tritt dieser Punkt an erste Stelle. Es können in der Gruppe bestimmte Ängste entwickelt werden, sich in Anwesenheit von „Vorgesetz-ten“ offen zu äußern. Damit kann die Diskussionsfähigkeit der Gruppe ge-dämpft und die Ergebnisse des Lern-prozesses negativ beeinfl usst werden.

Es ist daher erforderlich offene Räume durch vertrauensvollen Umgang mit-einander im Training herzustellen.

• auf die eigene innerliche Vorurteils- und Bilderwelt achten

Interkulturelle TrainerInnen haben, wie alle Menschen, eigene Vorurteile und Bilder. Das Bewusstsein darüber und ein refl ektierter Umgang damit wird wesentlich dazu beitragen, den Perspektivwechsel für die Gruppe zu ermöglichen, und im Prozess allpartei-lich sein zu können. Dabei ist es

wich-tig, „über den eigenen Schatten sprin-gen“ zu können.

Angehörige der Minderheiten im Team haben

Begründung: siehe das Trainings-Selbst-Verständnis des BDB e. V.

• Angehörige der Minderheiten im Kreis der TeilnehmerInnen berücksichtigen Befi nden sich im Kreis der Teilneh-menden Angehörige von Minderhei-ten, erfordert es von den TeamerInnen einen besonders sensiblen Umgang mit dem Prozess. Einerseits dürfen keine ausgrenzenden/beleidigenden Äußerungen im Raum zugelassen werden, andererseits ist zu vermeiden, solche TeilnehmerInnen zu „Experten“

zu machen, die z. B. für alle Türken oder alle Homosexuellen sprechen.

In der Regel führen solche Aussagen zur Verstärkung von Vorurteilen. Der Minderheitenstatus innerhalb der In-stitution Polizei als „Kulturvermittler“

bewirkt in manchen Fällen einen un-bewussten Anpassungsdruck inner-halb der KollegInnen. Dieser kann zu unrefl ektierter und starker Ableh-nung der eigenen „Minderheitengrup-pe“ führen. Diese Ablehnung entsteht zwar als Analogie zur Anerkennung innerhalb der eigene Gruppe nun in-nerhalb der Institution Polizei, führt jedoch zur Verfestigung der vorhan-den Klischees im Allgemeinen. Ähn-lich Klischees verfestigend können auch unbegleitete und unvorbereitete Begegnungsveranstaltungen führen.

Die Zugehörigkeit zu einer Minderhei-tengruppe bedeutet nicht automatisch den Besitz von interkultureller Kompe-tenz. Hier und in solchen Fällen ist es mehr als notwendig, eine sensible und differenzierte Auseinandersetzung zu führen.

• mindestens zu zweit arbeiten

Dies ist wichtig, um den Überblick zu behalten, um sich im Falle einer Kon-frontation mit der Gruppe gegensei-tig unterstützen zu können und um Schutz zu gewährleisten. Letzteres be-sonders dann, wenn die TrainerInnen selbst zu einer Minderheit innerhalb der Gesellschaft gehören.

• Polizeirelevant bzw. praxisrelevant ar-beiten

Idealerweise spiegelt die Trainingssitu-ation eine gelungene KommunikTrainingssitu-ation wider und/oder gibt Anregungen zu ihrer Optimierung. Im Training haben die PolizistInnen als Teilnehmende die Möglichkeit zu erleben, wie es sich an-fühlt, mit den eigenen Bedürfnissen wahrgenommen zu werden, und wie daraus ein konstruktives Miteinander entwickelt werden kann. Dies kann ei-nen Transfer seitens der Teilnehmen-den über ihre eigene Herangehenswei-se an ihren zukünftigen Arbeitsalltag zur Folge haben. Wenn dies gelingt, so ist das Training ein voller Erfolg. Dabei ist nicht zu vergessen, dass die

prak-tische und polizeiliche Relevanz von den Beteiligten unterschiedlich gese-hen werden. Es ist erforderlich, diese Frage aus unterschiedlichen Blickwin-keln zu betrachten: sowohl aus dem Blickwinkel der Zivilgesellschaft, als auch aus dem Blickwinkel der staatli-chen Institution.

• abwechslungsreich arbeiten

Austausch und Diskussion im Plenum wechseln sich mit Kleingruppenarbeit, Simulationsübungen, Einzelarbeit, In-put und der Vorführung von Kurzfi l-men ab. Es wird darauf geachtet, dass Übungen mit ähnlichem Ablauf nicht aufeinander folgen.

Letztendlich muss aber festgestellt

werden, dass – bei allem, was mit Trai-nings erreicht werden kann – Training kein Allheilmittel ist, und der Verände-rungsprozess auch und vor allem Füh-rungsaufgabe ist. Das Erwerben von so-zialer und interkultureller Kompetenz ist ein Lernprozess, der immer wieder trainiert werden muss, um für den Be-rufs- aber auch privaten Alltag geeig-nete Instrumente zu bekommen. Die-ser Prozess wird vor allem dann zum Erfolg führen, wenn er als Aufgabe der Führungskräfte jeder Institution ver-standen und Teil der Organisationskul-tur wird. Umso wichtiger sind daher die institutionellen Rahmenbedingun-gen, die sich an die Herausforderungen der Gleichstellungspolitik einer plura-listischen Gesellschaft anpassen.

© Martin Siegert

Die Polizei hat im Rahmen der Gefah-renabwehr von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuweh-ren, durch die die öffentliche Sicher-heit oder Ordnung bedroht wird. Es handelt sich um die Verteidigung der Rechtsordnung als Ganzes und von In-dividualrechtsgütern durch Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols auf ge-setzlicher Grundlage. Der Polizeibeam-te wahrt das Recht und setzt es durch, indem er das Recht gegen andere, die es zu brechen drohen oder bereits ge-brochen haben, einsetzt. Das Recht ist ihm gleichermaßen Mittel und Maß-stab seines Handelns.

Polizeiarbeit ist oftmals eine sehr kon-fl iktbeladene und gefühlsbelastende Tätigkeit mit überdies hoher Wahr-scheinlichkeit, körperliche Gewalt zu erfahren. Letzteres ist nicht nur in der Begegnung mit Gewaltverbrechern oder zu allem entschlossenen Terro-risten, sondern häufi g bereits schon dann möglich, wenn Polizisten etwa auf Gruppen junger Männer treffen, die sich im öffentlichen Raum aufhal-ten. Der Grat zwischen gesetzeskonfor-mem und exzessivem Gewalteinsatz durch die Polizei kann, gerade in eska-lierenden und schwer beherrschbaren Situationen, schmal sein.

Während der Bürger zu Recht eine handlungsbereite und effektiv arbei-tende Polizei erwartet, darf sie selbst in Ausübung ihrer Tätigkeit indessen keine Bedrohung für den Bürger dar-stellen. Die Polizeiarbeit muss überdies diskriminierungsfrei erfolgen. Um dies sicherzustellen, reicht es nicht, auf

Ge-setzmäßigkeit polizeilichen Handelns und Professionalität im Einsatz techni-scher Mittel zu vertrauen. Da Polizei-arbeit oftmals im unmittelbaren Kon-takt mit dem Bürger von statten geht, sind entsprechende Kompetenzen un-abdingbar.

Es hätte also gar nicht weiterer Ein-fl ussfaktoren bedurft, um entspre-chende Schulungen in den verschiede-nen Feldern – etwa Stressbewältigung, Deeskalation, Umgang mit diversen Zielgruppen (Jugendliche, Ältere, Mi-granten) – zu initiieren. Die gerade in den 90er Jahren aufgetretenen Über-griffe gegen Ausländer, die entweder der Polizei selbst vorgeworfen wurden oder in denen die Polizei möglicherwei-se zu zögerlich reagiert hatte, sorgten jedoch für eine kritische Beobachtung durch internationale Gremien. Diese gaben entsprechende Empfehlungen ab, dass für Polizisten, aber auch an-dere Hoheitsträger, Maßnahmen der Menschenrechtserziehung und Tole-ranzschulung durchzuführen seien.

Der Menschenrechtsausschuss der Ver-einten Nationen legte im Jahre 1996

„[…] der Bundesregierung und den Länderregierungen dringend nahe, Menschenrechtsunterricht in Schulen, Hochschulen und Universitäten und auch in Polizei- und Wehrakademi-en einzuführWehrakademi-en, im Hinblick auf die Stärkung einer Kultur der Menschen-rechte.“

Diese Kritik führte nicht nur dazu, dass sich die im Jahre 1998 neuge-wählte Bundesregierung an die Spitze der sich formierenden

zivilgesellschaft-lichen Bewegung „gegen Rechts“ setz-te, sondern bewirkte auch die Zunah-me von Bemühungen aller staatlichen Ebenen, gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung vor-zugehen. Gerade im sensiblen Bereich von Polizei und Justizvollzug wurden Programme initiiert, die diesem Zweck dienen sollten.

Hierzu gehört die Maßnahme der brandenburgischen Polizei unter dem Namen „Polizei für interkulturelle Verständigung in Brandenburg“ (Pi-ViB). Damit wurde an ein bereits in Berlin laufendes Projekt angeknüpft.

Die Maßnahme erfolgt im Rahmen der Ausbildung für die Anwärter des mitt-leren und gehobenen Dienstes an der Fachhochschule der Polizei in Basdorf (FHPol).

Seit 1999 – damals noch in etwas an-derer Form und unter der Bezeich-nung „NGOs and Police Against Pre-judice“ (NAPAP) – werden Schulungs-maßnahmen durchgeführt, um die Kompetenz der Beamten im Umgang mit Ausländern und Angehörigen eth-nischer Minderheiten zu erhöhen. Das Projekt wird von der FHPol und dem Bund gegen ethnische Diskriminie-rung in der Bundesrepublik Deutsch-land e. V. (BDB) als gleichberechtig-ten Partnern durchgeführt. Das Büro der Ausländerbeauftragten des Lan-des Brandenburg hat die Maßnahme von Anfang an unterstützend beglei-tet und ist heute ebenfalls Projektpart-ner. Das MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam (MRZ) ist mit der wissenschaftlichen Begleitung betraut.

Interkulturelle Kompetenz in der Polizeiausbildung