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Messungen zur Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes

5 Diskussion

5.5 Messungen zur Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes

Gewebe bei unterschiedlichen Temperaturen ändert, wurden Muskelproben aus verschiedenen Fischen entnommen.

Um den Verlauf des elektrischen Widerstandes während der langsamen Erwärmung der Probe zu messen, wurde vor allem die Messmethode II (s. Kap. 4.4) angewendet.

Hier ist jeder Wert des elektrischen Widerstands bei einer bestimmten Temperatur ein einzelner Messwert und nicht wie bei Methode I der Mittelwert von 100 Einzelmesswerten. Der Vorteil ist jedoch die kurze Messzeit, so dass der mögliche Einfluss der Alterung des Gewebes während der Messung minimiert wird.

5.5.1 Karpfen

Die elektrischen Widerstandswerte der Muskelproben, die nach Methode I gemessen wurden, zeigen keinen eindeutigen Trend. Während die Messwerte von Probe T1 aus Karpfen Nr. 6 mit steigender Temperatur relativ stark sinken, steigen die Messwerte bei der Probe T2 aus Karpfen Nr. 6 an (s. Kap. 4.4.1 Abb. 30). Die nach Methode II gemessenen elektrischen Widerstände der Muskelproben sanken mit steigender Probentemperatur. Ein Grund für den Unterschied könnten die unterschiedlichen Messzeiträume sein. Die Methode I erfordert deutlich mehr Zeit, da sich die Proben in dem Wasserbad langsamer erwärmen. Bei Methode II waren die Proben bereits nach 20 min auf Zimmertemperatur erwärmt. Der elektrische Widerstand könnte bei Methode I durch die zeitliche Veränderung der Gewebeproben beeinflusst worden sein.

Die gemessenen elektrischen Widerstände der Muskelproben aus vier Karpfen sinken im Durchschnitt um 32 Ω/°C. Das entspricht 2 % des Wertes, der bei der niedrigsten Temperatur der Messreihe gemessen wurde. Innerhalb der Messzeit von 20 min sind die Veränderungen, die durch das Altern des Gewebes auftreten und Einfluss auf den elektrischen Widerstand haben, tolerierbar. Das Abnehmen der Messwerte ist daher mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Einfluss der Probentemperatur zurückzuführen.

Diese Arbeit zeigt, dass biologisches Gewebe bei höheren Temperaturen den elektrischen Strom besser leitet als bei niedrigen Temperaturen. Der gemessene elektrische Widerstand sinkt bei steigender Probentemperatur jedoch relativ langsam.

Damit zeigt sich, dass die Variation der Widerstandswerte, die zum einen individuell und zum anderen durch die Gewebelokalisation bedingt werden, größer sind als die

durch die Temperatur verursachten Veränderungen. Das heißt, dass in zukünftigen Computersimulationen, in denen die Werte dieser Arbeit eingesetzt werden sollen, der Temperatureinfluss vernachlässigt werden kann, wenn die Körpertemperatur des Fisches in dem hier untersuchten Temperaturintervall liegt.

5.5.2 Forelle

Die Messergebnisse der Muskelproben aus Forellen bestätigen, dass der elektrische Widerstand von biologischem Gewebe mit steigender Temperatur sinkt (s. Kap 5.5.1).

Im Durchschnitt sinkt der gemessene elektrische Widerstand von den faszienfreien Muskelproben der Forellen um 7 Ω/°C (entsprechend 1,5 % des Startwertes). Der gemessene elektrische Widerstand der faszienbedeckten Muskelproben sinkt um 42 Ω/°C (entsprechend 2,2 % des Startwertes).

5.5.3 Afrikanischer Wels

Die Messergebnisse der Muskelproben aus afrikanischen Welsen bestätigen, dass der elektrische Widerstand von biologischem Gewebe mit steigender Temperatur sinkt.

Der gemessene elektrische Widerstand des faszienfreien Muskels sinkt um 45 Ω/°C (entsprechend 1,6 % des Startwertes). Der gemessene elektrische Widerstand des faszienbedeckten Muskels sinkt um 83 Ω/°C (entsprechend 2,0 % des Startwertes).

Bei einem Vergleich der Werte von Forellen und afrikanischen Welsen ist zu beobachten, dass der elektrische Widerstand der faszienbedeckten Muskulatur bei steigender Temperatur stärker sinkt als der von faszienfreier Muskulatur. Beim Karpfen wurde keine faszienbedeckte Muskulatur auf Temperaturabhängigkeit geprüft. Mit zukünftigen Messungen könnte festgestellt werden, ob der elektrische Widerstand der faszienbedeckten Muskulatur des Karpfens ebenfalls stärker bei steigender

Temperatur sinkt als der der faszienfreien Muskulatur. Auch andere Gewebe könnten auf Temperaturabhängigkeit geprüft werden. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Bestimmung des elektrischen Widerstands der Gewebe bei einer einheitlichen Temperatur (s. Kap. 5.4).

5.6 Messungen zur Zeitabhängigkeit des elektrischen Widerstands 5.6.1 Karpfen

Der elektrische Widerstand von Karpfen Nr. 1 wurde an sechs Proben zu vier verschiedenen Zeitpunkten gemessen. Bei einem Startwert von im Mittel 1,4 kΩ sinkt der elektrische Widerstand in den ersten 5,5 h, also zwischen dem 1. und 3. Wert, um 9 % pro Stunde. Der 4. Wert wurde erst 30 h nach dem Tod des Fisches gemessen.

Zwischen dem 3. und 4. Wert sinkt der elektrische Widerstand der Muskulatur nur noch um 1,4 % pro Stunde. Auch bei den restlichen Muskelproben aus Karpfen sank der elektrische Widerstand mit der Zeit.

Die Verringerung des elektrischen Widerstands lässt sich durch Veränderungen im Gewebe infolge des Todes erklären. Nach dem Tod ist die Muskulatur erschlafft. Durch passiven Einstrom von Kalzium (Ca2+) aus dem sarkoplasmatischen Retikulum in das Sarkoplasma kontrahiert der Muskel. Diese Totenstarre setzt bei jedem Individuum unterschiedlich schnell ein. Als Orientierung kann angenommen werden, dass nach sechs bis acht Stunden der Höhepunkt der Starre erreicht ist (Baumgärtner and Gruber 2015). Bei den Messungen ist keine Starre der Proben makroskopisch beobachtet worden. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass der Prozess in den Zellen ablief. Die Änderung der Kalziumkonzentration im Zellinneren und damit eine Änderung der Ladungsträgerzahl könnte als ein Grund für die Änderung des

gemessenen elektrischen Widerstandes der Muskulatur sein. Je höher die Konzentration an Ionen, desto niedriger ist der elektrische Widerstand.

Fischfleisch hat unmittelbar nach dem Tod einen neutralen pH-Wert, bevor er aufgrund des anaeroben Glykogenabbaus zu Milchsäure auf bis zu 6,2 absinkt. Bei einer Änderung des pH-Wertes kommt es zu Änderungen der Ionisation der Proteinmoleküle (Dunajski 1980). Auch diese Veränderung der Ladungsträgerverteilung kann eine Ursache für das Absinken des elektrischen Widerstands der Muskelproben der Karpfen mit der Zeit nach dem Tod sein.

5.6.2 Forelle

Die Zeitabhängigkeit des elektrischen Widerstands von Gewebe wurde bei der Forelle an faszienfreien und faszienbedeckten Muskelproben untersucht. Wie beim Karpfen zeigten mindestens 75 % der Proben ein Absinken des gemessenen elektrischen Widerstandes mit der Zeit.

Die Hautproben der Forellen konnten vier Stunden nach der ersten Messung ebenfalls noch einmal gemessen werden. Hier zeigten weniger als 70 % ein Absinken des elektrischen Widerstands mit der Zeit. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Prozess der Totenstarre, welcher nur in der Muskulatur und nicht in der Haut abläuft, ein maßgeblicher Faktor für das Sinken des elektrischen Widerstandes mit der Zeit nach dem Tod ist. Die Zersetzungsvorgänge innerhalb des Gewebes haben wahrscheinlich ebenfalls einen Einfluss auf die Konzentration der Ladungsträger im Gewebe.

5.6.3 Afrikanischer Wels

Die Änderung des elektrischen Widerstands in Abhängigkeit von der Zeit nach dem Tod wurde bei den afrikanischen Welsen Nr. 3 bis 5 an faszienfreien und faszienbedeckten Muskelproben untersucht. Bei den faszienfreien Muskelproben zeigten nur 72 % der Proben ein Absinken des gemessenen elektrischen Widerstands.

Bei der faszienbedeckten Muskulatur nahm der elektrische Widerstand bei 72 % der Proben sogar zu. Dies zeigt, dass die Prozesse nach dem Tod im biologischen Gewebe sehr unterschiedlich sein können. Da in den Zellen der Faszie der Prozess der Totenstarre nicht abläuft (s. Kap. 5.6.2), würden die Ergebnisse für die Theorie sprechen, dass dieser Prozess großen Einfluss auf das Sinken des elektrischen Widerstands nach dem Tod hat. Der Abbau von Kohlenhydraten und Nukleotiden in der Zelle und später auch die Proteinhydrolyse spielen sich zwar in jeder Zelle nach dem Tod ab, jedoch sind diese Prozesse individuell so unterschiedlich, dass zumindest der Einfluss auf den elektrischen Widerstand nicht einheitlich bestimmt werden kann.

Bei den afrikanischen Welsen Nr. 3 bis 5 wurde die Zeitabhängigkeit des elektrischen Widerstands nach dem Tod des Weiteren bei Kiemenproben gemessen. Bei allen drei Proben ist eine Zunahme des elektrischen Widerstands mit der Zeit von bis zu 50 % innerhalb von drei Stunden zu beobachten. Zu beachten ist jedoch, dass die Kiemen sehr schwer mit den Elektroden zu kontaktieren sind, da diese aus dünnen Lamellen bestehen. Eine Kontrolle der Andruckkraft der Elektroden auf diese Proben war nicht möglich. Die Elektroden glitten zwischen die Lamellen, sodass der Kontakt aufgebaut und der elektrische Widerstand gemessen werden konnte. Diese Problematiken erkennt man daran, dass die Werte der ersten Messung der Probe des jeweiligen

Welses stark schwanken. Die Zunahme des elektrischen Widerstands mit der Zeit kann dadurch erklärt werden, dass das Gewebe an Feuchtigkeit verliert und durch Abbauprozesse des biologischen Gewebes das Gewebe auch an Stabilität verliert.

Eine Messreihe mit mehr Proben und kürzeren Zeitabständen müsste angefertigt werden, um die Zeitabhängigkeit des elektrischen Widerstands genauer bestimmen zu können.

Biologisches Gewebe verändert sich nach dem Tod des Lebewesens. Wie diese Arbeit gezeigt hat, führt dies auch zu einer Veränderung des elektrischen Widerstands der Gewebe mit der Zeit. Damit die Widerstandswerte von totem Gewebe als Ersatz für die Widerstandswerte von lebendigem Gewebe verwendet werden können, muss die Zeit zwischen dem Tod des Fisches und den Messungen so weit wie möglich reduziert werden.

5.7 Elektrische Leitfähigkeit der einzelnen Gewebe von Fischen

Nach der Berechnung der elektrischen Leitfähigkeit aus dem gemessenen elektrischen Widerstand können die 95 % Konfidenzintervalle der elektrischen Leitfähigkeit der verschiedenen Gewebe aus den einzelnen Fischarten miteinander verglichen werden.

Dies ist wichtig, um festzustellen, ob es nötig ist, in den Computersimulationen für jede Fischart unterschiedliche Leitfähigkeitswerte zu verwenden. Die bisher in Computersimulationen verwendeten Daten für die elektrische Leitfähigkeit wurden aus der Studie von Gabriel et al. (1996) entnommen. Diese Messungen wurden an menschlichen Geweben und teilweise an Geweben von anderen Säugetieren durchgeführt. Die elektrische Leitfähigkeit von einzelnen Geweben aus Fischen wurde bisher nicht gemessen. Die vorliegende Arbeit zeigt jetzt mögliche Unterschiede

zwischen der elektrischen Leitfähigkeit von Säugetier- und Fischgewebe auf. Zu beachten ist jedoch, dass die Messungen von Gabriel et al. mit einer anderen Messtechnik durchgeführt wurden.

Die elektrische Leitfähigkeit der Augen, genauer der Kornea, wird in der Literatur mit 0,4214 S/m angegeben (Gabriel, Lau et al. 1996). Die Mittelwerte des elektrischen Widerstands der Kornea der gemessenen Fischarten lagen deutlich unter diesem Wert. Dies könnte an den in Kap 5.4 beschriebenen Schwierigkeiten bei der Messung liegen. Das 95 % Konfidenzintervall der elektrischen Leitfähigkeit der Forellenaugen ist durch die starken Schwankungen deutlich größer als das der elektrischen Leitfähigkeit der Karpfen- oder Welsaugen.

Die in der Arbeit von (Gabriel, Lau et al. 1996) angegebene elektrische Leitfähigkeit von Fett liegt mit 0,02 S/m weit unter den Mittelwerten der elektrischen Leitfähigkeit von Fischfettgewebe. Außerdem fällt auf, dass die berechnete elektrische Leitfähigkeit von Fettgewebe beim afrikanischen Wels größer ist als bei den anderen beiden Fischarten. Der Mittelwert der elektrischen Leitfähigkeit des Fettgewebes beim afrikanischen Wels ist sogar höher als jeder Wert der anderen gemessenen Fischgewebe. Dies würde im Widerspruch dazu stehen, dass Fett ein schlechter elektrischer Leiter ist. Wie in Kap. 5.4.3 beschrieben, führte vermutlich die Feuchtigkeit, die sich auf und in den Proben angesammelt hatte, zu einer Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit. Bei den anderen Fischarten war dieses Problem nicht so ausgeprägt wie beim afrikanischen Wels, jedoch trotzdem vorhanden und führt somit dazu, dass der Wert nach (Gabriel, Lau et al. 1996) niedriger ist.

Die elektrische Leitfähigkeit der Muskulatur liegt nach (Gabriel, Lau et al. 1996) bei 0,2 S/m. Während die Muskulatur der afrikanischen Welse und Karpfen eine niedrigere elektrische Leitfähigkeit hat, leitet die Muskulatur von Forellen den elektrischen Strom besser. Säugetierfleisch und Fischfleisch unterscheiden sich in der Zusammensetzung deutlich voneinander (s. Kap. 5.4), sodass zu erwarten war, dass die elektrischen Leitfähigkeiten unterschiedlich sind. Bei der Betäubung von Forellen vor der Schlachtung mit elektrischem Strom gibt es kaum Schwierigkeiten. Die Fische sind schnell und nachhaltig bis zur Schlachtung betäubt. Bei Karpfen ist der Erfolg der Betäubung schon etwas geringer, und bei afrikanischen Welsen ist die elektrische Betäubung ohne vorheriges Eisbad nicht zu empfehlen (Lambooij, Kloosterboer et al.

2004, Lambooij, Kloosterboer et al. 2006), da viele Fische nicht bis zur Schlachtung betäubt bleiben. Die Differenz der elektrischen Leitfähigkeiten von Muskelproben aus Forellen und Muskelproben der anderen Fischarten ist wahrscheinlich eine Ursache für diesen Sachverhalt.

Die Mittelwerte der elektrischen Leitfähigkeit der Gehirnproben (0,07 bis 0,1 S/m) der Fische liegen wie erwartet alle sehr nah an dem Wert von (Gabriel, Lau et al. 1996) (0,08 S/m). Es sind weitere Messungen mit einer höheren Probenanzahl nötig, um das Ergebnis zu bestätigen.

Die Säugetier- und die Fischhaut sind bezüglich des Aufbaus sehr unterschiedlich (s. Kap. 5.4). Die berechneten elektrischen Leitfähigkeiten der Haut von Fischen sind wie erwartet viel höher als die Werte von (Gabriel, Lau et al. 1996) für Säugetiere. Ein Grund dafür sind vermutlich die zahlreichen Becherzellen in der Haut, die für die Produktion der elektrolytreichen Muzinschicht verantwortlich sind. Vergleicht man die

elektrischen Leitfähigkeiten der Haut der verschiedenen Fischarten miteinander, so sind diese sehr ähnlich. Eine Ausnahme stellen die Werte der elektrischen Leitfähigkeit der Hautinnenseite der afrikanischen Welse dar. Afrikanische Welse besitzen im Gegensatz zu den anderen beiden Fischarten ein Stratum adiposum und ein Stratum compactum (Guerra, Santos et al. 2006). Bei den Messungen der Hautinnenseite wurde das stratum compactum, welches aus Kollagenfasern besteht und sehr fettarm ist, gemessen. Dies erklärt die höhere elektrische Leitfähigkeit im Gegensatz zu der fettreichen Hautinnenseite der Karpfen- oder Forellenhaut. Außerdem sind die Häute der Karpfen und Forellen dünner als die der afrikanischen Welse, sodass beim Eindringen der Elektroden außen und innen vermutlich dieselbe Hautschicht gemessen wurde.

Viele Gewebe von Säugetieren und Fischen sind in ihrer Zusammensetzung und im Aufbau so unterschiedlich, dass sich auch die elektrischen Leitfähigkeiten deutlich voneinander unterscheiden. Diese Arbeit zeigt die Notwendigkeit, bei Computersimulationen für die Optimierung der elektrischen Betäubung vor der Schlachtung fischspezifische Werte für die elektrische Leitfähigkeit zu verwenden. Die hier gemessenen Werte können zunächst bei künftigen Computersimulationen angewendet werden. Weitere Messungen unter Beachtung der Diskussion in dieser Arbeit sollten jedoch dazu dienen, Messfehler zu vermeiden bzw. zu reduzieren, um die Werte für die elektrische Leitfähigkeit von Fischgewebe noch sicherer zu machen.

6 Zusammenfassung

Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit von verschiedenen Geweben von Fischen Maja Walz

Der Tierschutz spielt bei der Schlachtung von Tieren eine zunehmende Rolle. So werden viele Tiere vor der Schlachtung elektrisch betäubt. Zur Verbesserung der Verfahren und der Vermeidung von Tierleid können Computersimulationen mit Hilfe der Finite-Elemente-Analyse beitragen. Um den Stromfluss und die Stromdichte im Kopf eines Tieres bei der elektrischen Betäubung zu simulieren, werden die elektrischen Leitfähigkeiten der vorhandenen Gewebe benötigt. Diese Daten liegen jedoch bisher nur für Säugetiere (einschließlich des Menschen) und nicht für Fische vor. Deshalb wurden bei bisherigen Computersimulationen der elektrischen Betäubung die elektrischen Leitfähigkeiten von menschlichen Geweben und den Geweben anderer Säugetiere verwendet. Fisch- und Säugetiergewebe sind in ihrer Zusammensetzung jedoch unterschiedlich, sodass mit Hilfe der elektrischen Leitfähigkeiten von Fischgeweben die Genauigkeit der Computersimulationen wesentlich verbessert werden kann.

Um die elektrische Leitfähigkeit von Fischgeweben messen zu können, wurde in dieser Arbeit ein Messaufbau auf Basis der 4-Punkt-Methode entwickelt. Als Stromquelle wurde ein Vielkanal-EKG genutzt, welches im Rahmen einer Masterarbeit an der TU Braunschweig entwickelt wurde (Gehring 2015). Zur zuverlässigen und reproduzierbaren Kontaktierung des Gewebes wurde eine spezielle Elektrodensonde mit Platin-Iridium-Elektroden entwickelt. Die Elektroden wurden mit gleichem Abstand

in ein Kunststoffplättchen eingebettet, welches sie jeweils um 1 mm überragen. Beim Eindringen der Elektroden in das biologische Gewebe verteilt sich die Andruckkraft auf die Fläche des Kunststoffplättchens statt auf die Elektrodenspitzen, so dass sie keinen Einfluss auf die Messung des elektrischen Widerstandes hat. Die Validierung dieses Messaufbaus zeigte, dass der elektrische Widerstand von biologischem Gewebe zuverlässig und reproduzierbar gemessen werden konnte.

Es wurden Gewebeproben der Speisefische Karpfen, Forelle und afrikanischer Welse untersucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Gewebetypen, die am Kopf eines Fisches vorkommen (Muskel, Haut, Knochen, Augen, Fett, Gehirn).

Insgesamt erfolgte die Auswertung von ca. 2000 Messwerten, indem aus den gemessenen elektrischen Widerständen die zugehörigen elektrischen Leitfähigkeiten berechnet wurden. Für jedes der o. g. biologischen Gewebe wurde der Mittelwert für die elektrische Leitfähigkeit einschließlich des 95 % Konfidenzintervalles bestimmt. Bei künftigen Computersimulationen sollen diese Leitfähigkeitswerte zur Optimierung der Parameter bei der elektrischen Betäubung vor der Schlachtung verwendet werden.

Die elektrischen Leitfähigkeitswerte der Fischgewebe zeigen unterschiedlich starke Abweichungen von den entsprechenden Werten für menschliche Gewebe. Einerseits ist z. B. die elektrische Leitfähigkeit der Fischhaut im Vergleich zur menschlichen Haut um bis zu 20-mal größer. Andererseits beträgt z.B. die elektrische Leitfähigkeit von Gehirngewebe beim Fisch 0,07 bis 0,10 S/m und beim Menschen 0,08 S/m. Zusätzlich wurden auch zwischen den untersuchten Fischarten Unterschiede festgestellt, sodass für jede Fischart eigene Computersimulationen durchgeführt werden müssen. Z.B.

beträgt die elektrische Leitfähigkeit der Muskulatur von Forellen ca. 0,3 S/m, während

die Muskulatur der anderen beiden untersuchten Fischarten eine elektrische Leitfähigkeit von nur ca. 0,1 S/m aufweist.

Zur Verfeinerung und Validierung der Messprotokolle wurde der Einfluss der Parameter Temperatur und Zeit auf die Messergebnisse untersucht. Dies diente auch der Abschätzung, inwieweit die ex vivo gemessenen Werte von den nicht zugänglichen in vivo Werten abweichen und welche Parameter bei der elektrischen Betäubung beachtet werden müssen. Dabei wurde z. B. für Muskelgewebe festgestellt, dass die Schwankungen infolge der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands im Vergleich zu den individuellen Unterschieden des elektrischen Widerstands der verschiedenen Gewebeproben vernachlässigbar gering sind. Weiterhin konnte im Rahmen dieser Dissertation gezeigt werden, dass der elektrische Widerstand sich während des Alterungsprozesses der Gewebeproben unterschiedlich stark verändert.

Während der elektrische Widerstand von Muskelgewebe mit der Zeit abnimmt, zeigte der elektrische Widerstand von Haut- und Fasziengewebe keine einheitliche Abhängigkeit von der Zeit. Deshalb ist es empfehlenswert, die Messungen des elektrischen Widerstandes möglichst sofort nach dem Tod des Fisches durchzuführen.

Die elektrische Leitfähigkeit von verschiedenen Fischgeweben wurde in dieser Arbeit erstmalig bestimmt. Diese Ergebnisse dienen zur Optimierung der Computersimulationen. Außerdem kann der entwickelte Messaufbau für weitere Messungen des elektrischen Widerstandes an tierischen Geweben verwendet werden.