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8 Dosimetrie an Röntgentherapieanlagen

8.2 Messungen im Phantom

Die Messungen müssen in einem Wasserphantom oder in einem wasseräquivalenten Phantom durchgeführt werden. Die Handhabung von Wasserphantomen ist recht aufwendig. Wegen der Transportproblematik wird meist ein relativ kleines Kalibrierphantom benutzt, bei dem die Einstrahlung im horizontalen Strahlengang erfolgt. Obgleich die Wandstärke der für die Einstrahlung vorgesehenen Seite auf 0,5 cm herabgesetzt ist, sind Dosismessungen in der Regel erst ab 2 cm Tiefe möglich. Messungen in einem wasseräquivalenten Festkörperphantom

sind daher vorzuziehen. Wie Tabelle 7.2 zeigt, sind die Platten aus RW-1 (PTW Freiburg) und WT1 ("solid water", RMI) im Röntgenbereich sehr gut wasseräquivalent. Zweckmäßige Plattengröße ist 30 cm x 30 cm; die Plattendicken sollten zwischen 1 mm und 2 cm liegen.

Im folgenden wird ein Phantom beschrieben, das im besonderen Maße den Anforderungen der Dosimetrie im Bereich der Röntgentherapie angepaßt wurde.

Der Plattensatz ist so gewählt, daß alle Meßtiefen einschließlich der Oberfläche eingestellt werden können. Beim Einsetzen der Kammer in die halbierte Platte (I) (siehe Abb. 8.1), fluchtet die Kammerachse mit der Plattenoberfläche. Bei dieser Einstellung (engl.: half sunk) wird die Oberflächendosis gemessen, sofern hier wie auch bei allen anderen Messungen für vollständige Rückstreuung gesorgt wird. Werden zwei halbierte Platten zu einer Doppelplatte vereint (II), so befindet sich die Kammerachse in 1 cm Tiefe. Für jeden benutzten Kammertyp benötigt man ein gesondertes Halbplattenpaar.

I +---+

+---+

+---+

II + - - - ¦ +---+

Abbildung 8.1: Positionierung der beiden halbierten Platten für Messungen an der Phantomoberfläche und in 1 cm Tiefe.

Durch Auflegen normaler Platten können nun Messungen in beliebiger Tiefe durchgeführt werden. Bei der Standardausführung beträgt die kürzeste Schrittweite 1 mm. Wegen des erheblichen Streustrahlungsbeitrags sollte hinter der Kammer stets ein Plattenpaket von 20 cm Dicke vorhanden sein (siehe Abb. 8.2).

Eine Kompression des Patienten mit dem Tubus hat neben einer Fixierung des Patienten auch eine Veringerung der Herdtiefe zur Folge. Falls dies bei der Bestrahlung gewünscht wird, muß für eine reproduzierbare Bestrahlungseinstellung gesorgt werden und die reduzierte Herdtiefe bei der Dosierung berücksichtigt werden.

Wird anstelle des Tubus eine Feldblende benutzt, so wird die Patientenkontur nicht verändert, jedoch muß dann besonders auf Bestrahlungsabstand, Übereinstimmung von Strahlungs- und Lichtfeld sowie stabile Lagerung des Patienten geachtet werden.

0 5 10 15 20 25 30 35 Dicke des Rückstreukörpers in cm

1

Abbildung 8.2: Relative Rückstreuung in Abhängigkeit von der Dicke des Wasser-Rück-streukörpers, bezogen auf den Meßwert ohne Rückstreukörper in Abhängig-keit von der Strahlungsqualität. Die maximale Rückstreuung erhält man bei der Strahlungsqualität mit der Halbwertdicke 1 mm Cu (ca. 200 kV).

8.3 Tiefendosisverlauf

Die bis Ende der 70er Jahre publizierten Tiefendosistabellen sind nur bedingt brauchbar, da nicht immer ausreichende Informationen zu den Meß- und Bestrahlungsbedingungen mitgeteilt wurden. Die in den Supplements des British Journal of Radiology publizierten Daten -sammlungen waren das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit von Physikern und Radiologen, die bereits kurz nach dem Kriegsende einsetzte. Die Tabellen im Röntgenbereich gehen zurück auf Messungen von JOHNS et al. (1952) und auf WOOD et al. (1963), die letzte Revision erfolgte 1996 (BJR Suppl. 25, 1996). Die Tabellen gelten für einen Bestrahlungsabstand von 50 cm und für quadratische Felder. Im gleichen Band finden sich Umrechnungsverfahren für andere Bestrahlungsabstände und für Felder mit anderer Geometrie. Die Tiefendosiskurven sind auf die Oberfläche normiert. Als Maß für die Strahlungsqualität dient die Cu -Halbwert-dicke.

Im geschlossenen Tubus wird die Strahlung stärker absorbiert als in einer Feldblende; auch das Streuverhalten ist unterschiedlich. Als Folge davon unterscheiden sich die Strahlungsprofile je nach Art der Feldbegrenzung geringfügig. Bei bei Verwendung eines Tubus ist die Wasser-Halbwerttiefe etwa 0,5 cm geringer als bei einer Feldblende. Die britischen Tabellen enthalten je nach Art der Feldbegrenzung verschiedene Tabellenwerte.

Grundsätzlich ist der Benutzer der Röntgenanlage für die Erstellung von Tiefendosiskurven und Dosistabellen verantwortlich. Vom Hersteller mitgelieferte Unterlagen zur Dosisverteilung müssen vor der Verwendung verifiziert werden.

8.3.1 Messung des Tiefendosisverlaufs

Messungen der Tiefendosis in einem Plattenphantom können ab 1 cm Tiefe problemlos, jedoch nur in Schritten ab 1 mm durchgeführt werden. Im Bereich der Oberfläche des Phantoms ist je nach Größe des Dosis-Gradienten die Ortsauflösung der Dosismeßwerte durch den Durch-messer der Meßkammer eingeschränkt. Zur Bestimmung der Oberflächendosis (siehe Ab -schnitt 8.2, Abb. 8.1), muß bei Verwendung eines Bestrahlungstubusses, der Fokus-Haut-Abstand für die Messung entsprechend dem halben Kammerdurchmesser vergrößert und an-schließend der Dosiswert nach dem Abstandsquadratgesetz korrigiert werden. Bei Kenntnis zuverlässiger Tiefendosistabellen kann die Oberflächendosis aus der Messung in 1 cm Tiefe mit einem geringen Fehler abgeschätzt werden (siehe Tabelle 8.4).

Tabelle 8.4: Quotient aus Dosismaximum und Dosiswert in 1 cm Tiefe für Feldbegren-zung durch Tubus oder Feldblende bei verschiedenen Feldgrößen nach BJR-Suppl. 25 (1996) zur Ermittlung eines Schätzwertes für das Dosismaximum.

Feldbegrenzung Feldgröße in cm x cm

durch 4 x 4 6 x 6 8 x 8 10 x 10 20 x 20

Tubus 1,10 1,08 1,06 1,05 1,03

Feldblende 1,07 1,04 1,02 1,00 0,99 *) *) Aufbaueffekt siehe Abschnitt 8.3.2

Die Tabellenwerte gelten für Strahlungsqualitäten mit 0,5 bis 3 mm Cu Halb-wertdicke mit einer Unsicherheit von etwa ± 2 %, die deutlich geringer ist als die Abhängigkeit von der Feldgröße.

Im Bereich der Strahlungsqualitäten mit Halbwertdicken von 0,5 bis 4 mm Cu und bei Feld -größen ab 8 cm x 10 cm liegt der Quotient bei 1,05. Die Oberflächendosis ist demnach ca. 5 % größer als in 1 cm Tiefe. Bei Strahlungsqualitäten ohne Zusatzfilterung mit einer Halbwert-dicke < 0,1 mm Cu ist die Oberflächendosis ca. 15 % größer als in 1 cm Tiefe.

Die Tiefendosiskurven von Photonen in dem hier betrachteten Bereich der Strahlungsqualitäten gehen spätestens ab 5 cm Tiefe in einen exponentiellen Kurvenverlauf über, d. h. in halbloga-rithmischer Darstellung ist der Kurvenverlauf in diesem Bereich eine Gerade (siehe Abschnitt 8.3.2). Daraus folgernd wird für die Bestimmung des Tiefendosisverlaufs empfohlen:

→ Messung der Tiefendosis in den Tiefen 1, 2, 3, 5 und 10 cm

→ Abschätzung des Oberflächenwertes aus den Meßwerten in 1 bis 3 cm Tiefe

→ Bestimmung von Tiefendosiswerten für Tiefen größer 5 cm durch lineare Inter- bzw.

Extrapolation aus der halblogarithmischen Darstellung der Meßwerte in 5 und 10 cm Tiefe.

8.3.2 Typische Tiefendosisverläufe

Bei mittleren Erzeugungsspannungen kann ein schwacher "Aufbaueffekt" beobachtet werden, der durch Compton-Photonen verursacht wird (REICH 1990, S. 186). In Abbildung 8.3 sind die relativen Tiefendosiskurven für zwei Strahlungsqualitäten (QR = 0,42 und 0,58) für den Bereich 0 bis 1 cm Tiefe in Wasser dargestellt.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Tiefe in cm 0,90

0,92 0,94 0,96 0,98 1,00

Relative Tiefendosis FHA = 50 cm

FG: 16 cm x 16 cm

s = 2,0 mm Cu1

s = 0,1 mm Cu1

Abbildung 8.3: Relative Tiefendosiskurven in Wasser im Bereich 0 bis 1 cm für die Strah -lungsqualitäten 120 kV, 2 mm Al (QR = 0,42) und 250 kV, 1 mm Cu (QR = 0,58). Die Maximumtiefe kann bei Erzeugungsspannungen bis 400 kV und Fokus-Haut-Abständen bis 50 cm ca. 0,5 cm betragen.

Die Kurven sind bei einem Fokus-Haut-Abstand von 50 cm und einer Feldgröße von 16 cm x 16 cm (Blendensystem) gemessen worden. Die Lage und Höhe des Maximums bei einer Strahlungsqualität hängt vom Fokus-Haut-Abstand, von der Feldgröße und der Verwendung eines Tubusses ab. Die Tiefe des Maximums nimmt mit abnehmendem FHA und abnehmender Feldgröße ab. Der Tiefendosisverlauf bei Verwendung eines Tubus verändert sich deutlich gegenüber dem eines Bestrahlungsfeldes mit fokusnaher Einblendung. Bei gleicher Strahlungs -qualität fällt die Dosis bei Verwendung eines Tubus steiler ab und das Dosismaximum verliert gegebenenfalls an Höhe gegenüber der Tiefendosiskurve bei Verwendung einer Feldblende.

0 5 10 15 Tiefe in cm

0,01 0,1 1

Relative Tiefendosis

Q = 0,42 Tubus: FHA = 40 cm

FG: 8 cm x 10 cm

RF-1

RM-1

R

RW-1 RW-1 / RK-1/40

0 5 10 15

Tiefe in cm 0,1

1

Relative Tiefendosis

Q = 0,58 Tubus: FHA = 40 cm

FG: 8 cm x 10 cm

RF-1

RM-1

R

RW-1 RW-1 / RK-1/40

Abbildung 8.4: Relative Tiefendosis in Phantommaterialien RW-1 (Wasser), RM-1 (Muskel) und RF-1 (Fett) sowie RW-1 mit einer 1,5 cm dicken RK-1/40-Einlage (Knochenmischung) in 1 cm Tiefe, gemessen mit Tubus 8 x 10 / 40 cm bei den Strahlungsqualitäten 120 kV, 2 mm Al (QR = 0,42) und 250 kV, 1 mm Cu (QR = 0,58).

In den beiden Diagrammen unter Abildung 8.4 sind für die Strahlungsqualitäten QR = 0,42 und QR = 0,58 relative Tiefendosiskurven in 4 unterschiedlichen Phantommaterialien dargestellt.

Die Tiefendosiskurve verläuft im fettäquivalenten Material RF-1 am flachsten. Die wasser- und muskeläquivalenten Materialien RW-1 und RM-1 unterscheiden sich in ihren Kurvenverläufen nur geringfügig. Deutliche Änderung des Tiefendosisverlaufes bewirkt das Einbringen eines 1,5 cm dicken, 3 cm breiten und 30 cm langen knochenäquivalenten Streifens in einer Tiefe von 1 cm unter der Oberfläche. Die Streustrahlung bewirkt jedoch in größeren Tiefen eine Reduktion des Abstandes des Kurvenverlaufes im Bezug zur reinen RW-1 Messung.