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Menge xpWelt

Im Dokument Kapitel 1: GRUNDLAGEN (Seite 40-44)

Marktangebot inländischer Produzenten

Marktnachfrage inländischer Konsumenten

p*

Import von Gut X

x

1A

x* x

1N

p

Welt

+ z

Inlandsmarkt für Gut X

x

2A

x

2N

Import bei Zoll

Abb. 4.3: Importzoll. Punkt A ist der Inlandsgleichgewichtspreis für das Gut X im Fall der Autarkie. Bei der Aufnahme von Handel gelten im Inland die Weltmarktpreise. Der Weltmarktpreis (pWelt) für das Gut X sei geringer als der Inlandsgleichgewichtspreis.

Es kommt daher zu Importen: der Nachfrageüberhang im Inland beim tieferen Preis pWelt wird durch den Import von Gut X (Angebot des Auslandes) kompensiert. Die inländischen Produzenten produzieren hierbei die Menge x1

A und die inländische Konsumenten fragen die Menge x1

N nach. Durch die Einführung von Zöllen erhöht sich der Inlandspreis auf pWelt + z (z = Zoll) und die im Inland hergestellte Menge des Gutes X auf x2A

, die nachgefragte Menge geht jedoch zurück auf x2N

.

Da die Wohlfahrtsvorteile des freien Handels nicht (voll) zum Tragen kommen, haben Zölle Wohlfahrtsverluste zur Folge. Ein Zoll geht zu Lasten der Konsumenten, bereichert den Staat und schützt die einheimischen Produzenten. Letzteres bedeutet höhere Gewinne für die Unternehmer und mehr Arbeitsplätze in der Importindustrie. Zu Lasten aller geht die Zusatzlast, die aus der ineffizienten Verzerrung von Produktion und Konsum durch die Einführung eines Zolls folgt.

Entwicklungsländer sind auf eine zunehmende Ausfuhr industrieller Produkte angewiesen. Ihr Export wird jedoch dadurch erschwert, dass viele Länder die Einfuhr industrieller Erzeugnisse mit relativ hohen Importzöllen belasten.

Gehören die Käuferländer selbst zu den Entwicklungsländern, liegt ein Grund für die übermässige Zollbelastung darin, dass sich diese Länder selbst in einem vergleichbaren Stadium der Industrialisierung befinden und versuchen die nationalen Produzenten vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen.

Die alten Industrienationen hingegen belasten jene industriell erzeugten Waren, die für den Export der Entwicklungsländer in Frage kommen, aus einem anderen Grund: Sie sind häufig nicht in der Lage, Produktionsfaktoren aus Branchen, denen im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Länder plötzlich komparative Nachteile erwachsen, in andere Bereiche zu überführen. Zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit oder

Einkommensrückgängen in den betroffenen Branchen werden dann unter politischem Druck relativ hohe Zölle auf die Einfuhr konkurrierender Ware

Abb. 4.3:

Importzoll

41 gelegt: Das Land erhebt somit einen Schutzzoll auf seine „altersschwachen“

Industrien.

Es zeigt sich also, dass Handelshemmnisse in der Tat

entwicklungsbehindernd sind und daher für alle Länder, speziell aber für Entwicklungsländer nachteilig sind.

Bemühungen zum Abbau von Handelshemmnissen werden seit dem Ende des zweiten Weltkriegs durch das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade, seit 1947), bzw. die WTO (World Trade Organization, seit 1995) unternommen. Die WTO umfasst neben dem GATT, welches den Handel mit Gütern regelt, auch noch das GATS (General Agreement on Trade in

Services), welches den Bereich der Dienstleistungen regelt, das TRIPS (Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights), welches den Bereich des geistigen Eigentums regelt und das TRIMS (Trade-Related Investment Measures).

Die wichtigsten Grundregeln zum Abbau von Handelshemmnissen finden sich im GATT-Vertrag. Es sind die folgenden:

1. Nichtdiskriminierung und Meistbegünstigung (Art. I):

Die Meistbegünstigung bedeutet, dass die Mitglieder der WTO den anderen WTO-Mitgliedern die selben Vergünstigungen einräumen müssen, welche sie ihrem meistbegünstigten Handelspartner gewähren.

2. Gleichstellung inländischer und ausländischer Güter

in Bezug auf inländische Besteuerung und Anwendung von Rechtsvorschriften (Art. III)

3. Liberalisierung:

Verbot von Mengenbeschränkungen (Art. XI), Dumping (Verkauf von Gütern zu einem Preis der unter den Durchschnittskosten liegt) (Art. VI) und Subventionen die andere Länder schädigen (Art. XVI), sowie Abbau von Zöllen (Art. XXVIII).

4. Gegenseitigkeit/Reziprozität beim Abbau von Handelshemmnissen:

Vergünstigungen, die einzelne Länder anderen Ländern einräumen sind von diesen in gleicher Weise an die Länder zurückzugeben, die den entsprechenden Vorstoss initiierten.

Obwohl beim Abbau von Handelshemmnissen und insbesondere beim Abbau von Zöllen in den letzten Jahrzehnten grosse Erfolge erzielt wurden, sind Handelshemmnisse immer noch als Entwicklungshemmnisse anzusehen.

Nicht zuletzt wegen der effektiven Protektion aber auch wegen entsprechender Subventionen ist insbesondere der Bereich

landwirtschaftlicher Produktion in Entwicklungsländern immer noch deutlich benachteiligt.

Für wirklichen Zollschutz muss die Zollbelastung potentieller Importgüter so festgelegt werden, dass die Kostennachteile der inländischen Produzenten gegenüber dem Weltmarktpreis dadurch kompensiert werden.

Dabei fällt bei gegebenem Nominalzollsatz der effektive Zollschutz um so höher aus, je grösser das Verhältnis zwischen importierter Vorleistungen und nationaler Wertschöpfung ist. Da im Allgemeinen dieses Verhältnis bei Gütern auf niedriger Fabrikationsstufe relativ grösser ist, heisst das, dass der effektive Zollschutz für Güter einer niedrigeren Fabrikationsstufe vergleichsweise höher als für qualitativ hochwertige Erzeugnisse ist.

Wird beispielsweise ein Produkt, dessen Preis sich aus 60 SFr.

Rohstoffkosten und 40 SFr. Wertschöpfung (Löhne, Gewinne etc.)

zusammensetzt am Weltmarkt zu einem Preis von 100 SFr. gehandelt und

ENTWICKLUNGUNTERSCHIEDE UND INTERNATIONALER HANDEL wird nun auf dieses Produkt ein Zoll von 15% erhoben, so können inländische Hersteller derselben Produkte ihre Preise auf 115 SFr. erhöhen, ohne von ausländischen Anbietern unterboten zu werden.

Die „effektive“ Schutzrate der inländischen Produktion ist nun der Prozentsatz, um den unter diesen Umständen die Kosten der inländischen Wertschöpfung höher sein können als die Kosten der ausländischen Wertschöpfung betragen.

Im obigen Beispiel beträgt dieser „Effektivschutz“ (55-40):40 = 37.5% und ist damit um 150% höher als der nominelle Zollsatz.

Bis zur Uruguay-Runde spielten die Entwicklungsländer im GATT eine Sonderrolle. Zum einen wurden zu ihren Gunsten Waren- und

Rohstoffabkommen gefordert, zum anderen wurde mit Verweis auf ihre Wettbewerbsnachsteile ihr Zugang zu den Industrieländermärkten ohne Gegenleistung postuliert. Beides wurde ihnen in begrenztem Umfang gewährt, zumal die GATT-Regelungen eine solche Sonderbehandlung der

Entwicklungsländer gestatteten. Eine grundlegende Veränderung gab es mit dem Abschluss der Uruguay-Runde. Diese Runde wurde am 15. Dezember 1993 abgeschlossen und am 15. April 1994 von 117 Staaten unterzeichnet.

Durch die Verabredung weitgehender Zollsenkungen wurde der weltweite Globalisierungsprozess beschleunigt. Die Liberalisierung des Güterhandels ist in vielen Bereichen fortgeschritten, aber gerade in den Gütergruppen, die sich durch komparative Kostenvorteile für die Entwicklungsländer auszeichnen (Agrargüter, Textilien), werden von den Industrienationen noch immer erhebliche Handelshemnisse aufrechterhalten. Zudem werden den

Entwicklungsländern Sozial- und Umweltstandards aufgedrängt, die sie nicht zu leisten in der Lage sind. Dies führt zu einer Veschlechterung der

Entwicklungschancen und letztlich der sozialen Lage der Arbeitnehmer.

Die auf der Uruguay-Runde verabredete Neue Welthandelsordnung verbessert durch verlässliche Regeln (keine Beliebigkeit mehr von Zollpräferenzen) einerseits die Chancen der Entwicklungsländer von der wirtschaftlichen Globalisierung zu profitieren und erhöht deren Gewicht als Verhandlungspartner. Andererseits werden von den Ergebnissen vor allem jene Entwicklungsländer profitieren, die bereits den Status von

Schwellenländern erreicht haben. Damit nicht insbesondere die ärmeren Länder zu den dauerhaften Verlierern gehören hängt vor allem davon ab, ob sich die Industrieländer an die neuen Spielregeln halten.

Seit Ende 2001 läuft die Dauha-Runde, die inzwischen neunte Welthandelsrunde für Zollsenkungen. Im Herbst 2003 trafen sich die

Handelsminister der 146 Mitgliedsstaaten der WTO zur Halbzeitkonferenz in Cancún. Ein Abschluss der Runde wird derzeit für Ende 2005 erwartet. Die Konferenz von Cancún endete mit einen Eklat, weil die Entwicklungsländer vorrangig auf einen Abbau der Agrarsubventionen der Industrieländer setzten, die Industrieländer Verhandlungen hierzu aber nicht mit zentraler Priorität zulassen wollten. Die Industrieländer hingegen wollten unbedingt über Investitionsschutz, Wettbewerbspolitik, Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen sowie den Abbau der Zollbürokratie verhandeln

(sogenannte „Singapur“-Themen), worauf sich jedoch die Entwicklungsländer nicht einlassen wollten. Mittlerweile scheint sich bei den Industrieländern die Einsicht weitgehend durchgesetzt zu haben, dass ohne gewisse

Zugeständnisse im Agrarbereich auch in anderen für den Welthandel relevanten Bereichen, wie etwa Industrie und vor allem Dienstleistungen, keine Fortschritte möglich sind. Es bleibt zu hoffen, dass die Blockade der Liberalisierungsverhandlungen möglichst rasch und nachhaltig aufgehoben werden kann.

43 4.3 Exportförderung und Importsubstitution als Entwicklungsstrategien Durch eine stärkere Beteiligung am Welthandel könnten die

Entwicklungsländer profitieren. Sie könnten vor allem dann profitieren, wenn sie Güter mit höherer Wertschöpfung produzieren und exportieren würden.

Dadurch würde auch die Abhängigkeit nicht verarbeiteter Rohstoffe und deren Preisschwankungen am Weltmarkt verringert. Wie bereits erwähnt kommt einem Abbau von Handelshemmnissen und einer Öffnung der Märkte der Industrieländer hier wichtige Bedeutung zu.

Was können die Entwicklungsländer selbst tun, um ihren Anteil am Welthandel vergrössern? Zwei Strategien sind in diesem Zusammenhang wichtig: die Importsubstitution und die Exportförderung.

Bei der Importsubstitution wird angestrebt, bisherige Einfuhren durch eigene Produktion zu ersetzen. Durch Importrestriktionen sollen Einfuhren bestimmter Güter behindert werden und dadurch die einheimische Produktion dieser Güter gefördert werden. Die Importrestriktionen werden meist durch die Einführung eines Zolls auf bestimmte Güter umgesetzt. Diese Schutzzölle werden auch als ‚Erziehungszölle‘ bezeichnet.

Die Idee der Erziehungszölle ist die, dass der einheimischen Industrie für die geschützten Produkte während einer gewissen Zeit höhere Preise als die Weltmarktpreise zugestanden werden. So können sich Industrien mit Kosten, die über dem Weltmarktniveau liegen, entwickeln. Sie können bzw. sollen Erfahrung sammeln und ihre Effizienz steigern, solange, bis sie

konkurrenzfähig am Weltmarkt sind. Dann würde der Zollschutz wieder aufgehoben.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die geschützten Industrien ihren Schutz nicht dazu nutzen, ihre Konkurrenzfähigkeit zu verbessern, sondern sich auf einen geschützten Markt einstellen. Dies führte oft dazu, dass sich die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Weltmarkt sogar verschlechterte.

Ausserdem war es politisch schwierig, einmal eingeführte Importzölle wieder aufzuheben.

Die Exportförderung soll dazu dienen, die Exportmengen zu vergrössern und auch das Spektrum exportierter Produkte zu erweitern. Auch mit der

Exportförderung soll die Entwicklung der einheimischen Industrie gefördert werden. Ebenso wie die Importsubstitutionspolitik wird die Exportförderung selektiv eingesetzt, es werden also gezielt einzelne Wirtschaftsbranchen gefördert. Es gibt verschiedene Instrumente der Exportförderung. So können etwa für bestimmte Industrien Kredite verbilligt oder Steuern gesenkt werden, es können Hilfestellungen für die Vermarktung von Produkten gegeben werden oder es können gezielt Infrastruktur-Vorleistungen erbracht werden (z.B. Bau von Transportwegen, Sicherung stabilen und ausreichenden Energieangebots usw.).

Wie bei der Importsubstitution, besteht auch bei der Exportförderung die Gefahr, dass sich die geförderten Industrien an die Förderung anpassen und ihre Konkurrenzfähigkeit nicht verbessern können. Ausserdem stellt sich bei beiden Strategien die Frage, woher staatliche Instanzen wissen sollen, welche Industrien eines Landes künftig am Weltmarkt erfolgreich sein könnten.

Es zeigt sich also, dass die Befreiung des Welthandels von Barrieren jeglicher Art die aussichtsreichste Strategie zu sein scheint, um auf Dauer die durch

Importsubstitution

Exportförderung

ENTWICKLUNGUNTERSCHIEDE UND INTERNATIONALER HANDEL Handel möglichen Wohlfahrts- und Entwicklungschancen für

Entwicklungsländer realisieren zu können.

4.4 Internationale Handelspolitik

Zusammenfassend kann man die folgenden Kernelemente einer sinnvollen handelspolitischen Strategie von Entwicklungsländern beschreiben:

• Aussenwirtscahftliche Liberalisierung und Offenheit ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Wachstum und Entwicklung. Alle Länder sollten daher versuchen, den Handel möglichst stark zu

liberalisieren und auf tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse möglichst weitgehend zu verzichten.

• Für erfolgreiche Wachstums- bzw. Entwicklungsbemühungen sind weitergehende wachstumsorientierte Massnahmen erforderlich,

insbesondere der Auf- und Ausbau des Bildungswesens, der materiellen und finanziellen Infrastruktur usw. Derartige Massnahmen können ihre Wirksamkeit beim Fehlen von Handelsbarrieren besonders gut entfalten.

• Spezielle Fördermassnahmen für exportierenden oder importierende Sektoren, wie etwa Kreditvergünstigungen, Steuererleichterungen o.ä.

sind als kritisch zu beurteilen, vor allem deshalb, weil niemand genügend sicher prognostizieren kann, welche Produkte künftig international

besonders gute Absatzchancen haben. Aussenhandelsliberalisierung sowie die Herstellung wachstumsfreundlicher Bedingungen im Inland scheinen sehr viel wirksamere Massnahmen zu sein. Die beste Handelspolitik ist daher die Konzentration auf Liberalisierung, in Verbindung mit der Erzeugung eines wachstumsfreundlichen Klimas.

Literatur und Quellen

– Agénor, P.-R., Montiel, P. J. (1999): Development Macroeconomics;

Princeton, 2. Auflage.

- Gillis, M., Perkins, D. H., Roemer, M., Snodgrass, D. R., Radelet, S.

(2001): Economics of Development, New York - London, 5. Auflage.

- Frenkel, Michael, Hemmer Hans-Rimbert (1999): Grundlagen der Wachstumstheorie, München.

- Hemmer, Hans-Rimbert (2002): Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer, München, 3. Auflage.

- Lachmann, W. (1994): Entwicklungspolitik. Band 1: Grundlagen, München - Wien.

- Meier, Gerald M. (2000): Leading Issues in Economic Development, New York - Oxford, 7. Auflage.

- Sell, Friedrich L. (1993): Ökonomik der Entwicklungsländer, Frankfurt/M. usw.

- Todaro, Michael P., Smith, Stephen C. (2003): Economic Development, Boston, 8. Auflage.

- Wagner, Norbert, Kaiser, Martin (1995): Ökonomie der Entwicklungsländer, Stuttgart, 3. Auflage.

- WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2004): Welt im Wandel: Armutsbekämpfung durch Umweltpolitik, Berlin.

Im Dokument Kapitel 1: GRUNDLAGEN (Seite 40-44)