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6. Inneres

6.3. Meldewesen

6.3.1. Änderung des Landesmeldegesetzes - noch keine Fortschritte

Die obsuleten Änderungen des Landesmeldegesetzes (vgl. auch 20. JB, Ziff. 12.8 und 21. JB, Ziff.

9.6) erfolgten bisher nicht. Obwohl dem Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft bereits in der letzten Legislaturperiode Zusagen seitens des Innensenators gemacht worden sind, ist es auch im Berichtsjahr nicht zur Vorlage eines Gesetzentwurfes gekommen. Es lag bis zum Redaktionsschluß dieses Berichtes noch nicht einmal ein Referentenentwurf vor.

Im Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft wurde im Zusammenhang mit der Diskussion meines letzten Jahresberichts ausführlich auch über die Stagnation im Melderecht diskutiert. Im Datenschutzausschuß wurde der Vorgang als Mißachtung eines eindeutig geäußerten parlamentarischen Willens gerügt. Der Datenschutzausschuß erwartet, daß ein Entwurf unverzüglich erstellt wird und der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) so rechtzeitig vorgelegt wird, daß das Gesetz noch im Laufe des Jahres 2000 in Kraft treten kann (vgl. Ziff. 4.1.).

6.3.2. Mängel bei der Übermittlung von Meldedaten an die Parteien vor der Bürgerschaftswahl

Auch der folgende Sachverhalt war bereits Gegenstand der Beratungen des Datenschutzausschusses (vgl. Ziff. 4.1.). Zahlreiche Bürger haben sich im Vorfeld der Bürgerschaftswahlen an mich gewendet und sich über unverlangt zugesandte Wahlwerbung beschwert. Ich habe deshalb bei den Meldebehörden in Bremen und Bremerhaven überprüft, welche Datenübermittlungen es 1999 an politische Parteien gegeben hat und welche rechtlichen Prüfungen dem vorgeschaltet waren. Bei dieser Überprüfung ergaben sich folgende Mängel.

8 Von der Bremer Meldebehörde waren an mehrere politische Parteien, SPD, F.D.P., DVU, Bündnis 90/Die Grünen, Meldedaten (Adreßdaten wahlberechtigter Bürger, die der Weitergabe ihrer Daten an politische Parteien nicht widersprochen hatten) auf auswertbaren Disketten, z. T. sortiert nach bestimmten städtischen Regionen bzw. Postleitzahl-Bereichen übermittelt worden. Auch die Anrede war enthalten. In Einzelfällen sind diese Daten an Empfänger außerhalb Bremens weitergegeben worden.

Besondere Bedenken wurden von den Bürgern der Datenübermittlung an die DVU entgegengebracht. Tatsächlich betraf der Umfang alle wahlberechtigten Bürger im Alter von 18 bis 35 Jahren sowie ab dem 60. Lebensjahr aufwärts, die der Datenweitergabe an politische Parteien nicht widersprochen hatten. Befürchtungen wurden auch geäußert wegen der Art des verwendeten Datenträgers (Diskette) und der Weitergabe der Daten durch die Landesgliederung der DVU an die Münchener Parteizentrale, die möglicherweise die Rechnerleistungen der Frey-Firmen in Anspruch nahm.

Das Bremische Meldegesetz läßt eine regionale Sortierung der Angaben aus dem Melderegister ebenso wenig zu wie die Mitteilung der Anrede. Dies mag bedauern, wer die Verteilung durch ehrenamtliche Helfer oder Parteimitglieder organisiert. Auch liegt mit dem Vornamen in aller Regel auch die Anredeform offen. Gleichwohl sind diese Kriterien von den geltenden Bestimmungen nicht zugelassen. Eine bestimmte Art von Datenträgern für die Meldedatenübermittlung wird vom Meldegesetz nicht vorgeschrieben mit der Folge, daß heute meist elektronisch verwertbare Datenträger wie z.B. Disketten verwendet werden.

8 Von der Bremerhavener Meldebehörde wurden insgesamt zweimal Meldedaten an die DVU übermittelt. Bei der ersten Datenübermittlung, die per Liste erfolgte, waren mehr Daten von Wahlberechtigten weitergegeben worden als von der Partei angefordert. Beim zweiten Übermittlungsvorgang waren unterteilt in zwei Gruppierungen (18 bis 30-jährige sowie 31-jährige aufwärts bis unendlich) sogar die Daten aller Bremerhavener Wahlberechtigten, die der Weitergabe nicht widersprochen hatten, an die DVU übermittelt worden. Die Datenübermittlung erfolgte auf Diskette. Außerdem wurden in beiden Fällen mehr Daten als im Katalog des Meldegesetzes vorgesehen weitergegeben (z.B. Namensbestandteile). Auch die Bremerhavener Meldedaten wurden von der örtlichen Gliederung der DVU an die Münchener Parteizentrale weitergereicht.

Das Bremische Meldegesetz (§ 33 Abs. 1) läßt die Übermittlung der Daten aller Wahlberechtigten, die der Weitergabe ihrer Daten nicht widersprochen haben, wegen der ausdrücklichen Festlegung des Auswahlkriteriums „Lebensalter der Betroffenen“ nicht zu. Es dürfen nur die Daten bestimmter Altersgruppen (z.B. Jungwähler, Senioren) übermittelt werden. Eine Aufteilung der Wahlberechtigten in mehrere Auswertungsgruppen mit der Möglichkeit, diese Gruppen wieder zu einem Ganzen zusammenzufügen, bedeutet im Ergebnis, daß der gesamte Datenbestand, d.h. alle Wahlberechtigten ohne Widerspruchsmerkmal übermittelt wird. Dies verstößt gegen das Bremische Meldegesetz.

Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang, daß die Meldebehörde in Bremen sich geweigert hatte, die Adressen aller Wahlberechtigten ohne Widerspruchsvermerk an die DVU zu übermitteln.

Erst nachdem die Bremer Meldebehörde sich mehrfach an den Senator für Inneres gewandt hatte und

die DVU beim Verwaltungsgericht Bremen schon eine einstweilige Anordnung zur Herausgabe der von ihr gewünschten Adreßdaten aus dem Melderegister beantragt hatte, haben sich beide Seiten auf den oben geschilderten Kompromiß geeinigt. Die Bremerhavener Meldebehörde indes hatte den bei ihr von der DVU angeforderten Gesamtdatenbestand ohne zu Zögern übermittelt. Eine Abstimmung zwischen den Behörden in Bremen und Bremerhaven hatte es nicht gegeben. Dieses Beispiel zeigt sehr eindringlich, wie notwendig landeseinheitliche Ausführungsbestimmungen bzw.

Verwaltungsvorschriften sind.

Über die festgestellten Mängel habe ich den Senator für Inneres, Kultur und Sport sowie den Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft unterrichtet. Zugleich habe ich meine Vorschläge zur Änderung der Gesetzesbestimmung formuliert: Der Katalog der an die Parteien übermittelbaren Daten müßte präziser definiert werden. Es sollte sichergestellt werden, daß nur bremische Parteiorganisationen Wählerdaten für Zwecke der Wahlwerbung erhalten und weiterverarbeiten dürfen. Auch sollte der für die Übermittlung zu verwendende Datenträger bereits im Gesetz vorgeschrieben werden, Papierlisten und Adreßaufkleber sollten den Vorzug erhalten. Bei elektronischen oder optischen Datenträgern ist eine beliebige Umsortierbarkeit der Daten und ihre Verknüpfung mit weiteren Daten möglich. Eine Bindung an den Übermittlungszweck „Wahlwerbung“

kann hier nicht sichergestellt werden.

Dem Datenschutzausschuß habe ich darüber informiert, daß die Konferenz der Datenschutzbeauftragten einen Beschluß gefaßt hat, in dem sie darauf hinweist, daß das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen sich besser wahren läßt, wenn die in vielen Meldegesetzen enthaltene Widerspruchslösung durch eine Einwilligungslösung ersetzt würde. Viele Bürgerbeschwerden wären dann gegenstandslos.

6.3.3. Neues DV-Verfahren für das Einwohnermeldewesen in Bremerhaven

Die rasante Entwicklung der Informationstechnologie in den letzten Jahren und die Notwendigkeit für die Bremerhavener Stadtverwaltung, ihre Datenverarbeitungs- und Kommunikationstechnik den neuen technischen Möglichkeiten anzupassen, haben zu der Entscheidung geführt, die automatisierten Großverfahren der Verwaltungspolizei (Einwohnermeldewesen, Kfz-Zulassung, Führerscheinwesen, Ausländerwesen, Ordnungswidrigkeiten) abzulösen und durch neue, rechtlich, organisatorisch und technisch aktuellere DV-Verfahren zu ersetzen.

Das abzulösende DV-Verfahren Einwohnermeldewesen war eine Eigenentwicklung der Stadt. Die auf dem Rechner installierten Verfahren hinkten seit langem der rechtlichen, organisatorischen und technischen Entwicklung hinterher. Sie hätten nur mit hohem Aufwand auf einen aktuellen Stand gebracht werden können.

Geplant ist, im März 2000 für die Meldebehörde Bremerhavens ein neues Client–Server–Verfahren auf Windows–Basis mit mindestens gleicher Funktionalität wie bisher von einem privaten Softwareanbieter einzuführen (Meso 96 – Meldebehördensoftware) und das alte Großrechnerverfahren "Einwohnermeldewesen" dann einzustellen.

Ich werde über den Übernahmeprozeß regelmäßig informiert. Zur Testinstallation Anfang 2000 soll ich eingeladen werden, um dann aus datenschutzrechtlicher Sicht zu einzelnen Punkten des Meso

96-Verfahrens Stellung nehmen zu können. Hinsichtlich der Sicherheit des Client-Server-96-Verfahrens habe ich wegen der Vielzahl ähnlicher Verfahren ein Einsatz- und Administrationskonzept für den zentralen Server (Rechner) sowie besondere anwendungsorientierte Sicherheitsmaßnahmen für die einzelnen Clients (Arbeitsplätze) der Meldebehörde verlangt. Ferner wurden von mir ein Sicherheitskonzept für die geplante Fernwartung und die Einbindung des Meso 96-Verfahrens in das Verwaltungsnetz des Magistrats samt evtl. Internet- und E-Mail-Anschluß verlangt.