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5. Benchmarks als Anhaltspunkte für Handlungsfelder der JadeBay Region

5.2. Benchmark 1: Das Ruhrgebiet

5.2.2. Maßnahmen

Um die soziale, kulturelle und ökonomische Erneuerung zum Erfolg zu bringen, benötigte - und benötigt auch noch aktuell - das Ruhrgebiet einen Maßnahmenkatalog zur Be-seitigung der physisch-materiellen und der mentalen Altlasten. Einige dieser Maßnahmen werden im Folgenden erläutert.

Verkehr und Logistik: Ein Standortvorteil des Ruhrgebietes ergibt sich aus der zentralen geografischen Lage innerhalb Europas. Diese gilt es bestmöglich gegenüber potentiellen

89 Vgl. Regionalverband Ruhr, Innovationskultur (2008)

90 Vgl. Hoppe (2010) S. 6 - 7, 25

91 Vgl. Blotevogel (2001) S. 21

92 Vgl. Regionalverband Ruhr , Kommunalegoismus (2008)

Investoren deutlich zu machen. Das Ruhrgebiet weist gut ausgebaute Anbindungen an Autobahnen, an das Schienennetz, an den Flugverkehr und an die Binnenschifffahrt auf.

Es ermöglicht den Unternehmen den schnellen Zugang zu Menschen, Wissen und Märkten. Als besonders leistungsfähig ist das Autobahnnetz innerhalb des Ruhrgebietes hervorzuheben. Durch das Ruhrgebiet führen 12,9 % der Bundesautobahnen. Im bundes-deutschen Durchschnitt sind es nur 5 % und in der JadeBay Region mit der A29 nur 0,77 % an Bundesautobahnen. Das Schienennetz des Ruhrgebietes ist größtenteils schon im 19. Jahrhundert zur Unterstützung der Montanindustrie entstanden. Das Ruhrgebiet ist mit fünf großen Güterrangierbahnhöfen und 70 Bahnhöfen zur Abwicklung des schienengebundenen Personenverkehrs gut vernetzt. Zur Unterstützung des kombinierten Ladungsverkehrs werden in Duisburg, Voerde, Hagen, Herne und in Dortmund Containerterminals betrieben. Mit 19,2 % Anteil des Schienengüterverkehrs am gesamten Güterverkehr des Bundes liegt das Ruhrgebiet vor Hamburg (13,3 %) und Berlin (10 %). Durch die Straßen- und Schienenanbindung an die internationalen Flug-häfen Düsseldorf und Köln/Bonn verfügt das Ruhrgebiet über einen Zugang zum weltweiten Luftverkehrsnetz. Der Regionalflughafen Dortmund bietet eine weitere Anbindung an das Luftverkehrsnetz. Das Ruhrgebiet zeigt mit über 270 km Binnen-schifffahrtswegen und einem dichten System von Hafen und Umschlagsanlagen eine gut ausgebaute Binnenschifffahrtsinfrastruktur. Der Duisburger Binnenhafen gilt als größter Binnenhafen der Welt.93

Vom Ruhrgebiet aus lassen sich in nur drei Stunden Autofahrt 50 Mio. Verbraucher erreichen. Dieser geografische Vorteil der Region macht das Ruhrgebiet zu einem der strategisch wichtigsten Standorte für Logistikunternehmen innerhalb Europas. Damit ist die Logistikbranche ein Motor des Strukturwandels im Ruhrgebiet.94

Bildung und Forschung: Die durch die Bildungsblockade im Ruhrgebiet verursachte Knappheit von Fachkräften bedrohte nach dem Zusammenbruch des Montansektors die dringend notwendige regionalwirtschaftliche Erneuerung. Zur Bekämpfung des 1964 ausgerufenen Bildungsnotstandes wurden im Ruhrgebiet seit 1965 fünf Universitäten und neun Fachhochschulen gegründet. Das Ruhrgebiet weist mittlerweile die höchste Hochschuldichte Europas auf. Daneben haben sich viele Forschungsinstitute im Ruhrgebiet etabliert. Die Institute betreiben zum einen Grundlagenforschung, um die gewonnenen Erkenntnisse in den verschiedenen Technologiebereichen zu erweitern, zum

93 Vgl. Metropole Ruhr (2011)

94 Vgl. Regionalverband Ruhr , Logistik (2008)

anderen liegt der Schwerpunkt in der angewandten Forschung. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Existenzgründern und Wissenschaft wird durch neun Technologie-Transferstellen sowie 30 weitere Gründer- und Technologiestellen gefördert.

Als Beispiele können das Technologiezentrum und der Technologiepark in Dortmund genannt werden. Dort sind Hochschule und Technologiezentrum in räumliche Nähe gebracht, um gemeinsam Ideen zu entwickeln, daraus Produkte zu formen und an-schließend zu erproben. Marktreife Produkte können dann von im Technologiepark ansässigen Unternehmen produziert werden. Seit 1985 haben sich 280 High-Tech Unternehmen im Technologiepark angesiedelt.95

Regionale Wirtschaftsförderung: Durch Maßnahmen zur Bodenmobilisierung, mit denen es gelang, die bis in die 1980er Jahre wirkende Bodensperre zu beseitigen, lockerte sich auch das Problem der Flächenverfügbarkeit. Ein Engpass war nun nicht mehr vorhanden. Das Angebot von Flächen übersteigt nunmehr die Nachfrage.96 In den 1970er Jahren wurde eine Reihe von Einzelhandels-Großeinrichtungen geplant und gebaut, um die Kaufkraft der Bevölkerung optimal ausschöpfen zu können. Diese wurden zunächst auf der grünen Wiese gebaut. Seit der Eröffnung des CentrO 1996 auf dem Gelände einer Industriebrache in Oberhausen wurden bis heute eine Reihe von Nachahmerprojekten durchgeführt.97

Nachdem sich Strategien zur Neuansiedlungen von Unternehmen als Ersatz für den Montansektor im Ruhrgebiet als alleinig nicht ausreichend herausstellten, wandte sich das Ruhrgebiet in den 1980er Jahren einer weiteren Strategie der Potenzialentwicklung zu. Im Vordergrund dieser Strategie stand die Bestandspflege der ansässigen gewerbe-treibenden Unternehmen. Zur Stärkung der Innovationsfähigkeit entstanden die vorgenannten Technologietransferstellen sowie Technologieparks. In dieser Zeit wurde auch die Wichtigkeit des gemeinsamen Standortmarketings erkannt. Es wurden Private- Puplic-Partnerships zur Förderung der Kommunikationskultur gegründet. Ein weiterer Schritt zur regionalen Zusammenarbeit wurde dem Ruhrgebiet von der Landesregierung 1989 durch die Organisation der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA Emscher Park) für einen Zeitraum von zehn Jahren auferlegt.98 Dieses gemeinsame Programm ließ die Städte der Emscher Region ein Stück weit zusammenwachsen. Im

95 Vgl. Hoppe (2010), S. 38-39

96 Als Folge dessen verschärften sich der Wettbewerb und das Kirchturmdenken innerhalb des Ruhrgebietes. Aus der Kommunalkonkurrenz folgten Dumpingpreise und kostenlose oder unterpreisige Zusatzleistungen.

97 Vgl. Regionalverband Ruhr, Kirchtumdenken (2008)

98 Vgl. Internationale Bauausstellung Emscherpark (2012)

Jahr 2000 gründete die Landesregierung das Projekt „Ruhr GmbH“. Dieses sollte regionale Kooperationen innerhalb des Ruhrgebietes fördern, sowie in der Region vorhanden Kompetenzfelder weiter stärken.

Seit 2007 wird diese Standortentwicklung von der Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (wmr) fortgeführt. Als Gesellschaft des Regionalverbandes Ruhr (RVR) bündelt sie kommunale Interessen und entwickelt gemeinsam mit den Städten Profile, die die ökonomischen Potenziale der Region herausstellen. Zu den zentralen Aufgaben der Gesellschaft gehören99:

 Nationale und internationale Bewerbung des Standortes Metropole Ruhr.

 Initiierung und Begleitung regionaler Netzwerke und Kompetenzzentren.

 Akquise und Beratung von Unternehmen in allen Fragen der Standortsuche.

 Bereitstellung wirtschaftsrelevanter Informationen über die Region.

 Vermittlung von Netzwerken, Kontakten und Ansprechpartnern vor Ort.

 Koordinierende und fachliche Unterstützung der Kommunen bei der Beantragung von Fördermitteln.

Eine Errungenschaft der wmr ist u.a., dass sich die Städte der Region nun auf inter-nationalen Messen gemeinsam als Metropole Ruhr und nicht mehr als einzelne Städte oder Kreise aufstellen.

Für das Jahr 2010 bewarb sich das gesamte Ruhrgebiet unter der Bezeichnung

„Ruhr.2010 Metropole Ruhr“ als Kulturhauptstadt Europas. Stellvertretend für die gesamte Region wurde schließlich die Stadt Essen die „Kulturhauptstadt Europas 2010“. Auf Basis der für dieses Projekt entstandenen intraregionalen kommunikativen Vernetzung versucht die Metropole Ruhr, sich auch zukünftig als Kulturmetropole in Europa zu positionieren.100

Aufbau eines regionalen Selbstbewusstseins: Neben dem Großprojekt

„Kulturhauptstadt Europas 2010“ gab es in der Vergangenheit noch weitere gemeinsam getragene Imagekampagnen, wie zum Beispiel: „Das Ruhrgebiet - Ein starkes Stück Deutschland“ oder „Der Pott kocht“. Das Ziel dieser Kampagnen war es, das veränderte Erscheinungsbild des Ruhrgebietes bekannter zu machen und das durch die industrielle Vergangenheit geprägte (Negativ-)Image zu verdrängen. Die Imagekampagne „Ein

99 Vgl. Regionalverband Ruhr , Zentrale Aufgaben (2008)

100 Vgl. Europäische Kommission (2010)

starkes Stück Deutschland“ versuchte z.B. das Bild einer idyllischen, naturbelassenen Landschaft mit dem des Ruhrgebietes zu verbinden. Wollten frühere Imagekampagnen noch die industrielle Vergangenheit verschleiern, hat bei neueren Imagekampagnen eine selbstbewusste Umgangsform mit der industriellen Vergangenheit eingesetzt. So hinterließ die IBA Emscher Park nach ihrem zehnjährigen Bestehen eine Reihe von Industriedenkmälern und inszenierter Kulturlandschaften. Dieser neue selbstbewusste Umgang mit der eigenen Vergangenheit fördert den Aufbau eines regionalen Selbst-bewusstseins und trägt zudem zu einer positiven Fremdwahrnehmung bei.

Im Dokument Standortfaktoren der JadeBay Region (Seite 85-89)