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5. DISKUSSION

5.1. Möglichkeiten und Grenzen des IPC-Systems in deutschen Betrieben

5. DISKUSSION

5.1. Möglichkeiten und Grenzen des IPC-Systems in deutschen Betrieben

Vor dem Hintergrund der geänderten gesetzlichen Grundlagen hat ein Programm, das den Landwirt in seinen zunehmenden Dokumentationspflichten unterstützt, einen hohen Stellenwert.

In vielen deutschen Betrieben obliegt die Betreuung der Tiere immer noch dem Betriebsleiter selbst und somit hat das System IPC in der Form, in welcher es in diesem Projekt getestet worden ist, durch den relativ hohen Aufwand für diese Betriebe keinen hohen Mehrwert. In der Regel hat der Betriebsleiter keine Mitarbeiter, welche sich für ihn um seine Tiere kümmern. Dies ist eher in Großbetrieben oder in Lohnaufzucht- oder Lohnmastbetrieben der Fall. In der Regel weiß der Landwirt somit über den Gesundheitsstatus seiner Tiere Bescheid, wenn auch dieses Wissen eher subjektiv ist.

Dennoch wird ein Landwirt, welcher täglich seine Tiere kontrolliert, nicht die Motivation aufbringen, diesen durch ein verhältnismäßig kompliziertes System zu dokumentieren, da dies für ihn nicht notwendig erscheint. Zudem haben sich im Zuge der Zugehörigkeit zu QS und dem staatlichen Antibiotikamonitoring die Dokumentationsansprüche an die Landwirte in den letzten Jahren deutlich erhöht und ein großer Teil der Landwirte ist dadurch nicht bereit, weitere Dokumentationspflichten im Betrieb einzuführen. Der Zeitaufwand erscheint für den Nutzen, der daraus zu ziehen ist, zu groß.

Die Dokumentationspflichten des Landwirts umfasst nicht nur das staatliche Antibiotikamonitoring, sondern auch weitere staatliche Verpflichtungen sowie Verpflichtungen gegenüber QS. Dazu zählen die Eigenkontrollen im Rahmen der QS-Zugehörigkeit, welche vorwiegend die Vorgaben nach SchwHaltHyg-Verordnung umfassen. Des Weiteren muss im Rahmen des staatlichen Antibiotikamonitorings ebenso jedes Halbjahr eine Stichtagsmeldung zum Bestand in der TAM sowie jede Bestandsveränderung inklusive der Verluste gemeldet werden. Außerdem ist der Landwirt verpflichtet, eine Eigendokumentation, ein sogenanntes Stallbuch, zu führen, in dem er Verluste, Behandlungen sowie Zu- und Verkäufe festhält. All diese Dokumentationspflichten führen zu einer doppelten Buchführung für den Landwirt.

Kann mit einer Software eine Bündelung dieser vielfältigen Pflichten erreicht werden, könnte es zu einer Verringerung der Arbeitsbelastung des Landwirts führen. Auch kann eine Bündelung der erhobenen Informationen die Möglichkeit eröffnen, die Daten zu analysieren und somit dem Landwirt die Möglichkeit geben, die gesammelten Informationen zur Verbesserung seines Betriebsmanagements zu nutzen.

Eine Umwandlung der erhobenen Daten in Statistiken, die einen Überblick über die Situation auf dem Betrieb zulassen, wie es beim IPC gemacht wird, kann den Nutzen eines solchen Systems erhöhen. Ebenso wie die Bereitstellung der Daten auf einer Internetplattform, was die Daten zusätzlich für den bestandsbetreuenden Tierarzt zugänglich macht und diesem einen Einblick in den Betrieb ermöglicht. Außerdem eröffnet diese Bereitstellung der Daten die Möglichkeit eines Benchmarkings der Analysen. Landwirte und Tierärzte können somit über den Tellerrand ihres eigenen Betriebs schauen und die Daten betriebsübergreifend bewerten. Dies ermöglicht eine weitere kritische Beurteilung der Gegebenheiten in einzelnen Betrieben.

Die entstandenen Fehler können auch nicht selbständig durch den Landwirt behoben werden und es gibt keinen alternativen Weg zur Eintragung der Daten. Auch die Übertragung der Daten ist störungsanfällig. Das System ist abhängig vom mobilem Internet oder einem guten Wireless-Lan-Netz, um Daten an die zentralen Server von Pig-Champ zu übertragen. Und es gibt bisher keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob eine vollständige Datenübertragung erfolgt ist. Außerdem werden die erhobenen Daten bisher meist erst innerhalb von ein bis zwei Tagen in Statistiken umgewertet und für den Anwender im sogenannten Dashboard, der Internetplattform des IPC-Systems, zugänglich gemacht. Dies kann ebenfalls als Problem angesehen werden, da somit die Daten z.T. eher weit rückwirkend ausgewertet werden können. Die Auswertung muss möglichst zeitnah geschehen, um den Anspruch eines Management-Tools leisten zu können.

Außerdem ist es problematisch, dass teilweise das Geschriebene nicht einwandfrei übertragen wird. Zum einen sind die Daten manchmal nicht per Bluetooth an das Mobiltelefon übertragen worden, was scheinbar an einer Fehlerhaftigkeit des Papiers zu liegen scheint und zum anderen tauchen zum Teil Daten im Dashboard auf, die so nicht eingetragen worden sind. Zum Beispiel sind die Tiere mit A Kategorisiert, obwohl keine Krankheitskategorie eingetragen worden ist und die Tiere ansonsten während der gesamten Datensammlung unter der Kategorie D geführt worden sind. Ebenso sind die Mengenangaben der Medikamente in einigen Fällen nicht übertragen worden, was zu einer Verschiebung des UDD/ADD-Verhältnisses führt, welches somit nicht mehr der Realität entspricht. Allerdings kann die Berechnung dieses Verhältnisses in den meisten Fällen nicht korrekt erfolgen, da das Gewicht der Tiere nur anhand ihres Alters durch das System geschätzt wird und es keine Möglichkeit gibt, das Gewicht in das System einzufügen. Sinnvoll wäre es demnach, das Einstallungsgewicht beim Anlegen eines neuen Durchgangs mit aufzunehmen und dann das Gewicht anhand einer zugrundeliegenden Kurze zu schätzen. Diese Kurve kann z.B. entsprechend der täglichen Futteraufnahme der Tiere sowie der errechneten Tageszunahmen ermittelt werden.

Durch eine Überarbeitung des Systems in diesen Punkten kann es die Bündelung der Daten übernehmen und die Anforderungen des neuen Arzneimittelgesetzes erfüllen.

Wenn Daten zur Tierbewegung und Behandlungen zentral in der HHC-APP gesammelt werden, kann dem Landwirt so ein Arbeitsschritt abgenommen werden, wenn das Stallbuch elektronisch geführt wird und die Daten weiterverwendet werden können, in dem diese unter anderem direkt an die TAM übertragen werden können.

Außerdem kann durch eine zentrale Speicherung auf einem externen Server und einer Koppelung einer Landwirt- und Tierarzt-Anwendung der Tierarzt einen Einblick in den Betrieb von der Praxis aus vornehmen und die Daten weiter analysieren. Somit haben Landwirt und Tierarzt einen Überblick über die Vorgänge im Betrieb und können vor Veröffentlichung der Daten aus der staatlichen Datenbank einschätzen, wo sie im Vergleich stehen. Außerdem hat der Tierarzt auf diese Art einen weiteren Einblick in den Stall neben den regelmäßigen Besuchen nach SchwHaltHyg-Verordnung, welche in Mastbetrieben dreimal im Jahr stattfinden müssen. Sollte die Möglichkeit, die mittels des Systems erhobenen Daten an die staatliche Datenbank Hi-Tier oder die Antibiotika-Datenbank von QS weiterzuleiten, bestehen, um so den neuen Meldepflichten nach zu kommen, würde dies einen zeitaufwendigen Arbeitsschritt ersetzen. Des Weiteren können die erhobenen Daten auf unterschiedlichen Ebenen analysiert werden. Auf diese Weise kann die Tiergesundheit anhand der Mortalität

5.1.Möglichkeiten und Grenzen des IPC-Systems in deutschen Betrieben

Bezüglich der Daten, die Behandlungen betreffend, kann der TBI auf einen Durchgang bezogen erhoben werden, um z.B. bei eine Einordung in der staatlichen Datenbank über der Kennzahl 2 herauszufinden, welche Tiere zu einem hohen Therapieindex geführt haben und weiter kann anhand der Daten, die im Zusammenhang mit diesem Durchgang erhoben worden sind, wie z.B. Tiergesundheitsdaten und Laborbefunde sowie tierärztliche Diagnosen, ausgewertet werden, wie dieser hohe Therapieindex zustande gekommen sein kann. Ein weiterer Aspekt ist, dass durch diese zusätzlich erhobenen Daten nachgewiesen werden kann, dass der Landwirt die Tiere behandeln musste, um seinen Pflichten bezüglich des Wohlbefindens der Tiere nachzukommen.

Denn die Tiergesundheit kann nach bisherigen Erkenntnissen als Indikator für das tierische Wohlbefinden herangezogen werden. (BROOM, 2006)

Somit können diese Daten auch in dem Maßnahmenkatalog, der bei dem Überschreiten der Kennzahl 2 beim staatlichen Antibiotikamonitoring erstellt werden muss, als Belege genutzt werden, beziehungsweise als Beleg für die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes im Betrieb. In diesem Maßnahmenkatalog werden neben allgemeinen Informationen zum Betrieb auch Informationen zur Tiergesundheit in dem Halbjahr abgefragt, in dem der Therapieindex die Kennzahl 2 überschritten worden ist. In diesem Zusammenhang sind auch Informationen und Ergebnisse der durchgeführten Diagnostik anzuführen. All diese Informationen können im optimalen Fall aus der HHC-APP hervorgehen.

Durch die tagesgenaue Erfassung der Tierbewegungen im Betrieb und der Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten durch den Tierarzt kann der Tierarzt die Anwendungs-und Abgabebelege genauer ausfüllen, da bekannt ist, wie viele Tiere in welchen Altersklassen zum Zeitpunkt der Behandlung im Bestand sind. Es können zudem zeitgenau Behandlungspläne an die Größe der Tiergruppe angepasst werden. Durch die Bezeichnung der einzelnen Abteile innerhalb des Betriebs ist somit zudem immer genau zu erkennen und nachzuvollziehen, welche Tiere im Verlauf der Aufzucht oder Mast behandelt worden sind und wie lange diese Behandlung zurückliegt. Um dies bis auf Einzeltierniveau zu gewährleisten, ist der Landwirt in der Verantwortung, die Tiere nachvollziehbar zu markieren oder individuelle Ohrmarken zu verwenden. Dies kann helfen, Wartezeiten genau einzuhalten und Verwechslungen dahingehend zu vermeiden.

Mit der Erhebung von Daten, welche die Tiergesundheit wiederspiegeln, können außerdem die Anforderungen durch die Änderung im Tierschutzgesetz erfüllt werden.

Der Landwirt ist nun verpflichtet, Eigenkontrollen durchzuführen, die das Wohlbefinden und die artgerechte Haltung der Tiere aufzeichnen. Da die Tiergesundheit einen wichtigen Teil des Wohlbefindens von Tieren ausmacht, ist dies ein interessanter Punkt für die Eigenkontrolle (DAWKINS, 2006). Wird mit dem System zusätzlich die Buchtengröße, die Ausstattung der Buchten (Tränken, Fressplatzverhältnis, Beschäftigungsmaterial) sowie die Belegung der einzelnen Buchten und Abteile erfasst, können auch diese Punkte für die Eigenkontrolle genutzt werden, da das Platzangebot sowie der Zugang zu Wasser und Futter Teil einer artgerechten Haltung sind. (BARTUSSEK, 1999)

Ein weiterer Faktor ist die Möglichkeit zur Nutzung der Daten für ein Benchmarking.

Dadurch können Landwirt und Tierarzt nicht nur betriebsinterne Vergleiche durchführen, sondern auch den Betriebsstatus im Vergleich mit anderen Betrieben einordnen und gegebenenfalls Spielräume für Verbesserungen ermitteln. Dies kann auch in Hinblick auf die Einführung neuer Management-Maßnahmen im Betrieb interessant sein. Durch die Möglichkeit der durchgangsbezogenen Erhebung und

Hinweis auf die Wirksamkeit im Betrieb geben.

Die Nutzbarkeit der Daten hängt im Wesentlichen von den regelmäßigen Eintragungen der Landwirte ab. Ohne eine tagesgenaue Erfassung von Tierbewegungen, Gesundheitsparametern und Behandlungen sind auch die Aussagen in Bezug auf Erkrankungsraten, Therapieindex und Gesundheitsstatus ungenau. Ebenso ist die Vergleichbarkeit mit anderen Betrieben nicht gegeben.

Während der Datensammlung bestand das größte Problem an dem IPC-System darin, dass es eine erhöhte Arbeitsbelastung für den Landwirt und den Tierarzt darstellt. Dies führte dazu, dass die Eintragungen vom Landwirt nicht regelmäßig gemacht werden.

Die Daten werden zunächst vom Landwirt in den Abteilkarten erfasst und müssen dann vom Landwirt oder Tierarzt in das System eingespeist werden. Dies geschieht durch einen digitalen Stift der das geschriebenen auf einem speziellen Papier „einscannt“

und per Bluetooth und mobilem Internet zum Dashboard sendet.

5.2. Erkenntnisse für die Erarbeitung des HerdHealthCare-Systems