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2 Freie Software

2.3 Lizenzmodelle im Überblick

Eine oberflächliche Betrachtung des Phänomens kann durchaus zu der Annahme verleiten, Freie Software erlaube seinen Nutzern grundsätzlich alles Tun und Lassen.

Jedoch machen Softwareautoren auch hier Gebrauch vom Urheberrecht, denn Software ist in Deutschland und einigen anderen Ländern rechtlich geschützt. Die Nutzungsfreiheiten werden also in Lizenzen festgeschrieben, welche als Verträge zwischen den Autoren und Nutzern fungieren. „Die Lizenzmodelle der freien Software umgehen das Urheberrecht nicht etwa oder verzichten auf seine Inanspruchnahme, sondern setzen darauf auf, um den offenen, kooperativen Prozess der Erstellung und Weiterentwicklung abzusichern.“12 Da es nämlich jedem Nutzer frei obliegt, Änderungen am Programm vorzunehmen und diese modifizierte Version an Dritte weiterzugeben, muss sichergestellt werden, dass diese Versionen nicht in proprietäre Software umgewandelt werden. So würde die ursprünglich festgeschriebene Freiheit auf dem Weg verloren gehen, was zur Folge hätte, dass einigen Endnutzern der Zugang zum Quelltext verwehrt werden würde. Die meisten Lizenzen von Freier Software folgen daher dem Konzept des Copyleft, welches besagt, dass alle erweiterten und modifizierten Versionen eines Programms ebenfalls als Freie Software weitergegeben werden müssen:

Im Projekt ist unser Ziel, allen Nutzern die Freiheit zu gewähren, GNU-Software weiterverbreiten und ändern zu können. Wenn Mittelsmänner die Freiheit nehmen könnten[,] könnte unser Quellcode zwar ‚viele Nutzer haben‘, aber er würde ihnen keine Freiheit geben. […] Copyleft besagt, dass jeder, der Software - mit oder ohne Änderungen - weiterverbreitet, diese

11 Vgl. hierzu: Grassmuck, Volker: Freie Software. Zwischen Privat- und Gemeineigentum. Bonn: Bundes-zentrale für politische Bildung 2004, S. 278f. Sowie: Free Software Foundation: „Kategorien freier und unfreier Software“.

12 Grassmuck: Freie Software, S. 275.

zusammen mit der Freiheit weitere Kopien und Änderungen machen zu dürfen übergeben muss. Copyleft garantiert, dass jeder Nutzer Freiheit hat.13 Entgegen dem Copyright,14 durch welches proprietäre Software vor seinen Nutzern geschützt wird, garantiert das Copyleft für deren Freiheit und hat den Namen des klassischen Urheberrechts zu diesem Zweck in seiner Richtung schlichtweg umgekehrt.15 Das Copyleft wird daher verwendet, um Quellcode und Freiheiten rechtlich untrennbar miteinander zu verknüpfen.16

Im Folgenden soll eine Auswahl der wichtigsten Lizenzen von Freier Software knapp dargestellt werden. Die älteste freie Quellcode-Lizenz ist die BSD-Lizenz. Sie wurde 1979 eigens für die Unix-Versionen erarbeitet, die von der Berkeley Universität verbreitet wurden und sowohl eigenen als auch vom mitwirkenden Telefonhersteller AT&T geschriebenen Code enthielten. Im Laufe der Zeit wurde eine ganze Reihe von artigen Lizenzen hervorgebracht, wie zum Beispiel OpenBSD oder FreeBSD. „Die BSD-Lizenz […] erlaubt die Verwendung und Weiterverbreitung der Software in Quell- und Binärform, mit oder ohne Veränderungen, solange der Copyright-Vermerk und der Lizenztext mitverbreitet werden […].“17 Sie kommt ohne Copyleft aus; das Problem liegt also darin, dass es modifizierten Versionen nicht explizit vorgeschrieben wird, im Quellcode weiterverbreitet zu werden. Demnach ist es möglich, BSD-Code in proprietäre Software zu integrieren. Anders verhält es sich bei der GNU General Public License (GPL). Sie wurde von Richard Stallman in Zusammenarbeit mit juristischen Beratern der FSF verfasst und ist die klassische Copyleft-Lizenz, die die vier grundlegenden Freiheiten für den Nutzer umfasst. Dafür, dass das Programm auch in Zukunft bei Weitergabe frei bleibt, sorgen Bedingungen, die es verbieten, einem Nutzer diese Freiheiten vorzuenthalten sowie weitere eigene Restriktionen hinzuzufügen. Mehr als die Hälfte aller freien Softwarepakete verwendet heute die GPL.18 Von ihr abzugrenzen ist die GNU Lesser General Public License (LGPL), die ebenfalls von der Free Software Foundation

13 Free Software Foundation: „Copyleft. Was ist das?“, in: https://www.gnu.org/licenses/copyleft.de.html (Abrufdatum: 01.11.2017).

14 Das Copyright bezeichnet das Urheberrecht im britischen und amerikanischen Recht. Davon leitet sich auch das in Deutschland herrschende Urheberrecht ab. Grundlegend wird damit geistigem Eigentum sowohl in materieller als auch ideeller Hinsicht Schutz geboten.

15 Stallman entnahm die Idee für den Namen von einem Briefumschlag, auf dem folgender Satz geschrieben stand: „Copyleft: all rights reversed“. Vgl. hierzu: Himanen, Pekka: Die Hacker-Ethik und der Geist des Informations-Zeitalters. München: Riemann 2001, S. 60.

16 Vgl.: Free Software Foundation: „Copyleft“.

17 Grassmuck: Freie Software, S. 279f.

18 Vgl.: Free Software Foundation: „Lizenzen“, in: https://www.gnu.org/licenses/ (Abrufdatum:

01.11.2017).

1991 entwickelt wurde. Sie lässt sich als Spezialfall einer GPL-Lizenz für Programmbibliotheken beschreiben, die als Kompromiss zwischen der GPL mit ihrem starken Copyleft und beispielsweise der BSD-Lizenz mit ihrer größeren Freizügigkeit fungiert. Im Grundlegenden werden die Freiheiten der GPL auch in der LGPL festgeschrieben; das bedeutet, dass die Bibliothek frei kopier-, modifizier- und verbreitbar sein muss, sowie dass auch Kopien und Modifikationen in ihrem Quellcode verfügbar sein müssen. Aber: „Der Hauptunterschied zur GPL besteht darin, dass Programme, die die freie Bibliothek unter dieser Lizenz einlinken und damit ein ausführliches Ganzes bilden, nicht selbst diesen Freiheiten unterstehen müssen.“19 Entwicklern wird es also erlaubt, LGPL-Programme in eigene Software zu integrieren, selbst wenn diese proprietär ist, ohne die Verpflichtung, den Quelltext der eigenen Programmteile zu veröffentlichen. Endnutzern der LGPL-Programmteile muss es allerdings möglich sein, auf diesen Zugriff zu haben und sie verändern zu können. Der Kompromiss für diese schwächere Lizenz ging mit der Strategie einher, Entwickler von proprietärer Software anlocken und ihnen Anreize für die Nutzung von Freier Software bieten zu wollen:

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass schwächere Auflagen die gemeinsame Nutzung besser fördern könnten. [...] Die Library General Public License dient dazu, es Entwicklern unfreier Programme zu erlauben, freie Bibliotheken zu verwenden, und gleichzeitig deine Freiheit als Nutzer solcher Programme zu bewahren, die darin enthaltenen freien Bibliotheken zu verändern. [...] Es ist unsere Hoffnung, dass das zu einer schnelleren Entwicklung von freien Bibliotheken führen wird.20

Ein strategischer Kompromiss also, der nicht unbedingt zu großem Erfolg geführt hat; die LGPL wird heute von einzelnen, aber bei weitem nicht von allen GNU-Bibiotheken genutzt.21

19 Grassmuck: Freie Software, S. 290.

20 Hierbei handelt es sich um die Präambel zur LGPL. Zitiert nach: Ebd., S. 291.

21 Vgl.: Free Software Foundation: „Lizenzen“.