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3 EIGENE UNTERSUCHUNGEN

4. ERGEBNISSE 1 Futteraufnahme

4.25 Lineare Regression zwischen Chlorid und Bicarbonat

0 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 115

HCO3

- (mmol/L)

0 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75

Cl (mmol/l)

y = 121,7 - 0,9x; r ² = 0,68; p< 0,001 Confidence interval 99%

Abb. 4.25: Lineare Regression mit 99% Confidence Interval zwischen Serum-Chlorid- und Bicarbonatgehalt bei Kühen mit linkseitiger

Labmagenverlagerung (N = 42; Tag 2)

Die lineare Beziehung zwischen Serum-Chloridgehalt und Blut-Bicarbonatkonzentration bei den Kühen mit LMV am Tag 2 war statistisch sicher (Abb. 4.24).

5. DISKUSSION

Für die Durchführung des Versuches standen 42 Rinder weiblichen Geschlechts zur Verfügung. Alle litten unter linksseitiger Labmagenverlagerung in den ersten sechs Wochen post partum.

Die Patientinnen wurden zwei Therapien für die Korrektur der Labmagenverlagerung (LMV) unterworfen. Die beiden verschiedenen Fixationstechniken des verlagerten Labmagens wurden durch die rechtsseitige kaudoventrale Omentopexie (DIRKSEN, 1962, 1967) oder durch die Abomasopexie unter endoskopischer Kontrolle (JANOWITZ, 1998) vertreten.

Kühe mit Labmagenverlagerung weisen häufig eine Störung der Ingestapassage im Labmagen, mechanisch bedingt durch die Verlagerung des Organs zwischen Rumen und Bauchwand, mit abomasalem Reflux auf, welcher konsekutiv zur metabolischen hypochlorämischen, hypokaliämischen Alkalose führt (ELIONDO VASQUEZ, 1975;

DECRAEMERE et al., 1976; KUIPER, 1980; DIRKSEN, 1984; KUIPER & BREUKINK, 1996). Bei der Operationsmethode der Abomasopexie wird der Labmagen durch Wälzen des Tieres reponiert und anschließend durch Einbringen eines Dübels in den Labmagen transkutan fixiert (s. Kap. 3.1.4.2). Verbunden hiermit ist stets eine circumscripte Peritonitis im Bereich der Fixationsstelle (JANOWITZ, 1998). Fremdmaterial im Labmagen oder Peritonitiden selbst wiederum können nach KUIPER (1991) Labmagenausflußstörungen nach sich ziehen. Fragestellung der vorliegenden Studie war deshalb, ob das Einbringen von Fremdmaterial in den Labmagen oder die lokale Peritonitis im Bereich der Fixationsstelle die Normalisierung der Ingestapassage durch den Labmagen post operativ verzögert.

Da die Studie an Klinikpatienten erfolgte und dies keine unter vertretbarem Aufwand mögliche und den Patientenbesitzern zumutbare Methode zur direkten Bestimmung der Labmagenentleerung zuließ, wurde ein indirekter Parameter hierfür gewählt. Im Falle der gestörten Labmagenpassage wird im Labmagen sezernierte Salzsäure in diesem Organ sequestriert, oder - in der Regel im Falle der linksseitigen Labmagenverlagerung - fließt sie zurück in den Pansen (abomasaler Reflux; ELIONDO VASQUEZ, 1975; KUIPER 1980;

AKSOY 1981). Die Salzsäure steht damit der intestinalen Resorption nicht mehr zur

Verfügung, so daß in der Folge die bereits oben erwähnte Hypochlorämie und konsekutiv eine metabolische Alkalose resultiert (KUIPER 1980; AKSOY 1981). Es wurde deshalb die Normalisierung der Serum-Elektrolytkonzentrationen sowie des Säure-Basenhaushalts im postoperativen Zeitraum als indirekter Parameter zur Beurteilung der postoperativen Labmagenentleerung bei Kühen mit LMV gewählt. Als Vergleichstiere zu den abomasopexierten Kühen wurden Kühe mit LMV mittels Omentopexie behandelt. Die Operation verlief bei allen abomasopexierten oder omentopexierten Tieren regelrecht und komplikationslos, somit hieraus kein negativer Effekt auf die untersuchten Blutparameter zu erwarten war.

Vor der Fixation des verlagerten Labmagens, Tag 1 und 2 des Versuchszeitraums, war im Mittel die Serum-Chloridkonzentration der Patienten beider Versuchsgruppen vergleichbar (Abb. 4.4) und lag im unteren Referenzbereich (90 – 110 mmol/L; STÖBER & GRÜNDER 1990). Etwa 10% der Patienten wiesen jedoch Serum-Chloridspiegel auf, die deutlich unter 90 mmol/L lagen. Dies entspricht bisherigen Beobachtungen anderer Autoren (GARRELTS, 1989; BUSCHER, 1992) und ist als zuverlässiges Indiz für das Vorliegen moderater Störungen der Ingestapassage im Labmagenbereich zu interpretieren (KUIPER, 1980;

LATTMANN, 1982; VÖRÖS & KARSAI, 1986; BRAUN et al., 1988; LUNN et al., 1990;

KUIPER & BREUKINK, 1996). Unabhängig von der gewählten Operationsmethode war in beiden Versuchsgruppen ein signifikanter postoperativer Anstieg der mittleren Serum-Chloridkonzentration zu verzeichnen. Zum Ende des Versuchs lagen die Serumspiegel bei keiner abomasopexierten wie auch bei keiner omentopexierten Kuh der Studie außerhalb des Referenzbereichs. Somit ergibt sich aus den Resultaten der Serum-Chloridkonzentration der untersuchten Kühe kein Anhaltspunkt, der auf eine verzögerte Normalisierung der Ingestapassage bei abomasopexierten im Vergleich zu den omentopexierten Tieren schließen läßt.

Betrachtet man ferner die durchschnittliche Futteraufnahme der Versuchstiere (Abb. 4.1.), erfährt obige Schlußfolgerung weitere Unterstützung. In beiden Versuchsgruppen war postoperativ eine vergleichbare rasche Steigerung der mittleren Futteraufnahme zu verzeichnen (p < 0,001). Kühe mit Störungen der abomasalen Ingestapassage reagieren

hingegen deutlich mit Appetitverlust (KUIPER 1980; BRAUN et al., 1988). Da die Patienten nach Abomasopexie eine zu den omentopexierten Tieren nahezu identische Steigerung des Appetits postoperativ zeigten, läßt auch dieser Parameter keinen Schluß auf eine postoperative Behinderung der Labmagenentleerung der abomasopexierten Tiere zu.

Chlorid macht ungefähr zwei Drittel der im Serum und der extrazellulären Flüssigkeit gelösten Anionen aus. Es ist nicht nur für die Erhaltung der Serumosmolarität von Bedeutung, sondern auch in der Säure-Basen-Regulation (DE MORAIS, 2001). So ist über eine chloridarme Ernährung eine metabolische Alkalose (FETTMAN et al., 1984), über eine chloridreiche Ernährung eine metabolische Azidose (GOFF & HORST, 1998) zu provozieren.

Wie bereits oben ausgeführt, vermindert sich auch bei Kühen mit LMV in Folge der reduzierten Labmagenpassage das intestinal zur Resorption stehende Chlorid, so daß eine Hypochlorämie und eine metabolische Alkalose bei diesen Tieren zu beobachten ist (Abb. 4.4 u. Abb. 4.10; KUIPER 1980, BRAUN et al. 1988).

Die metabolische Alkalose im Rahmen der Hypochlorämie wird durch die korrespondierenden Veränderungen in der Strong Ion Difference (SID) beschrieben (STEWART, 1978, 1981, 1983; s. auch Kap. 2.5). So wurde auch in der eigenen Untersuchung ein signifikanter Zusammenhang zwischen Serum-Chloridgehalt und der SID bei den Kühen mit Labmagenverlagerung gefunden (Abb. 4.21; r² = 0,81; p < 0,001): Fällt der Serum-Chloridspiegel steigt die SID, steigt Serum-Chlorid fällt die SID. Diese Korrelation ist auch von anderen Spezies bekannt (FENCL & ROSSING, 1989; DEMORAIS, 1992, FENCL

& LEITH, 1993; CONSTABLE, 1997; CONSTABLE, 1999b; CONSTABLE, 2001). Der Anstieg der SID bei den Kühen mit LMV zieht Veränderungen in abhängigen Variablen, wie der Serum-Bicarbonatkonzentration, nach sich (STEWART, 1983; CONSTABLE, 1997). In dieser Untersuchung wurde als Bestimmtheitsmaß für den linearen positiven Zusammenhang zwischen SID und Bicarbonat immerhin ein Wert von r² = 0,66 (p < 0,001) ermittelt (Abb.

4.20). Mit steigenden Serum-Bicarbonatkonzentrationen steigt schließlich auch der pH des Blutes (Tab. 4.17; r² = 0,66; p < 0,001).

Die Ursache der metabolischen Alkalose ist somit in der Chloridverarmung des Organismus zu sehen (FENCL & LEITH, 1993). Sie kann nicht durch Gabe von Protonen, sondern nur durch Chloridionen korrigiert werden, was sich in einer abnehmenden SID und folglich einer Rückkehr der abhängigen Variablen, Bicarbonat- und Wasserstoffionen, in den normalen Bereich äußert (CARLSON, 1997; CONSTABLE, 1999a). In dieser Studie wurde den Patienten kein Natrium- oder Kaliumchlorid verabreicht. Dennoch steigt, wie bereits oben ausgeführt, die Serum-Chloridkonzentration signifikant (p < 0,001; Abb. 4.4) in beiden Versuchsgruppen in gleicher Weise postoperativ an. Dies ist durch die Normalisierung der Ingestapassage durch den Labmagen erklärbar (KUIPER, 1980). Parallel zum Anstieg der Serum-Chloridkonzentration sinkt folglich (STEWART 1983; CARLSON, 1997) die Bicarbonatkonzentration (p < 0,001; Abb. 4.11) und der Blut-pH (p < 0,001; Abb. 4.10).

Bei Kühen mit LMV und hypochlorämischer Alkalose wurden in dieser Studie (Abb. 4.6), wie auch zuvor von ELIZONDO-VAZQUEZ (1975), GINGERISCH und MURDICK, (1975a, 1975b), DECRAEMERE et al. (1976), WITHLOCK, et al. (1976), KUIPER (1980), BREUKINK und KUIPER (1980), DIRKSEN (1984), LATTMANN (1984), ÖZKAN &

POULSEN (1986), GARRELTS (1989) und BRAUN et al. (1988), erniedrigte Serum-Kaliumwerte gefunden. Der Referenzbereich für Kalium im Serum liegt bei 3,5 – 5,0 mmol/L (STÖBER & GRÜNDER 1990). Etwa ein Drittel der Patienten wiesen jedoch ante operationem Kaliumspiegel im Serum von unter 3,5 mmol/L auf. Die Hypokaliämie der Patienten ist zum kleineren Teil Folge verminderter Kaliumaufnahme der appetitlosen Kühe mit LMV und der verminderten Ingestapassage durch den Labmagen (KUIPER, 1980), wodurch weniger Kalium intestinal zur Resorption zur Verfügung steht. Einen größeren Anteil an der Hypokaliämie hat jedoch die durch die Alkalose gesteigerte Kaliumsekretion im distalen Nierentubulus (THÄTER, 1988; MUTO, 2001) und ferner die Verschiebungen von Kaliumionen von intra- nach extrazellulär bei Alkalosen (LUNN et al., 1990). Der unmittelbare Effekt einer Alkalose auf die Serum-Kaliumspiegel bei den Tieren der eigenen Untersuchung spiegelt sich in der engen negativen Korrelation (r = -0,74; p < 0,001) zwischen Blut-pH und Serum-Kaliumkonzentration wieder (Tab. 4.17; Abb. 4.24).

Kühe mit verminderte Ingestapassage durch den Labmagen und abomasalen Reflux dehydrieren bei Fortbestehen der Erkrankung isoton oder leicht hypoton (LATTMANN, 1982; MEERMANN &. AKSOY, 1983; GARRELTS, 1989; BUSCHER, 1992; DIRKSEN 1984). Auch bei den Patienten der vorliegenden Studie wurde eine Tendenz zur Exsikkose festgestellt, zumindest fiel der Hämatokrit (Abb. 4.3), normal zwischen 0,3 – 0,4 l/l (STÖBER & GRÜNDER, 1990), von durchschnittlichen 0,34 l/l ante operationem auf Werte um 0,31 l/l (p < 0,001). Die Serum-Natriumkonzentrationen schwankten derweil im Mittel innerhalb des Referenzbereichs von 135 – 155 mmol/L (STÖBER & GRÜNDER, 1990).

Einige Patienten wiesen allerdings auch einen Hämatokrit von weniger als 0,3 l/l auf, sowohl vor als auch nach der Operation (Abb. 4.3). Dies deutet daraufhin, daß einige Tiere einen verminderten Anteil zellulärer Bestandteile im Vollblut besaßen. FRERKING & WOLFERS (1980) sowie GEISHAUSER (1995a) berichten von blutenden Labmagenentzündungen bei Kühen mit LMV, so daß hierin eine Erklärung für eine mögliche geringgradige Anämie und die erniedrigten Hämatokritwerte der Patienten liegen könnte. Die Erythrozytenzahl im Blut der Patienten dieser Studie wurde nicht dokumentiert. Weitere Erklärungen können hierzu somit nicht gegeben werden.

Ähnliche Ergebnisse wie für den Hämatokrit wurden auch für den Serum-Gesamteiweißgehalt (Abb. 4.17) erzielt: geringradiger, wenn auch signifikanter Abfall (p < 0,01) des Gesamteiweiß im Mittel aller Patienten nach der Operation. Auch hier weisen einige Kühe Gesamteiweißspiegel im Serum von weniger als 0,6 g/dL (normal: 0,6 – 0,8 g/dL; STÖBER

& GRÜNDER, 1990) auf. Wie schon für den Hämatokrit liegt die anzunehmende Erklärung für das Verhalten der mittleren Gesamteiweißspiegel wahrscheinlich in einer geringfügigen Dehydrierung der Patienten ante operationem mit anschließender Rehydrierung durch die Normalisierung der Ingestapassage durch den Labmagen. Eine hämorrhagische Labmagenentzündung wiederum würde die erniedrigten Eiweißgehalte erklären. Ergänzend sei hierzu erwähnt, daß im Untersuchungszeitraum bei keinem der untersuchten Patienten dieser Studie klinisch erkennbar - in Form von Meläna - Blutbeimengungen im Kot auffielen.

Insofern ist von schwerwiegenden abomasalen Blutungen bei den Patienten nicht auszugehen (DIRKSEN 1990). Auch unterschieden sich die abomasopexierten und omentopexierten Tiere

im Mittel zu keinem Zeitpunkt in Hämatokrit und Gesamteiweiß. Es ergeben sich damit keine Anhaltspunkte, dass das Einbringen eines Dübels in den Labmagen sowie die circumscripte Peritonitis im Rahmen der Abomasopexie, ein gegenüber der Omentopexie erhöhtes Risiko für blutende Labmagenentzündungen birgt.

Die Serumeiweiße verkörpern circa 95% der gesamten Konzentration der „nonvolatile weak acids“ [Atot] (DE MORAIS, 1992). Nach CONSTABLE (1999a) wurden akkurate Werte für [Atot] zwar für Pferde, nicht aber für Rinder bestimmt. Der Autor schlug vor, dass die am Pferd ermittelten Daten für [Atot] und Ka auch für Rinder Verwendung finden, zumindest solange bis hierzu detaillierte Untersuchungen vorliegen. Die von CONSTABLE (1999b;

2001) für Pferde bestimmten Resultate lauten für [Atot mEq/L] = 2,2 x [Gesamteiweiß, g/dL]

und Ka = 2,2 x 10-7 mEq/L. Nach STAEMPLI et al. (1999) beträgt ähnlich [Atot mEq/L] = 2,1 x [Gesamteiweiß, g/dL] und Ka = 2,1 x 10-7 mEq/L.

Nach der Theorie des SID, verursacht eine Verminderung der Anteile des Eiweißes, und demzufolge des [Atot], eine Alkalose mit Erhöhung des Bikarbonats, umgekehrtes gilt für die Hyperproteinämie (McAULIFFE et al., 1986; FENCL et al., 1989; CARLSON, 1997;

CONSTABLE, 1999b). Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung konnte kein statistisch absicherbarer Zusammenhang zwischen Eiweißgehalt im Serum und pH, Bicarbonatgehalt, Base Excess sowie SID bei Kühen mit Labmagenverlagerung festgestellt werden.

Serumproteine wirken als schwache Säuren und sind folglich Teil des Basen-Gleichgewichts im Serum (FIGGE et al., 1991). Besonders Albumine beeinflussen das Säure-Basen-Gleichgewicht, indem sie als schwache Säuren wirken (RUSSEL et al., 1996), während die Serumglobuline diesbezüglich eine vernachlässigbare Rolle spielen (FIGGE et al., 1991). Um den Effekt der Serumproteine auf den Säure-Basen-Haushalt bei Kühen zukünftig besser beurteilen zu können, erscheint eine über die Bestimmung der Gesamteiweiße hinausgehende Differenzierung der Proteine in ihre Fraktionen zweckmäßig.

Kühe mit LMV weisen häufig eine Hypocalcämie auf (DIRKSEN, 1962; ROBERTSON, 1966; KUIPER, 1980; LATTMANN, 1982; MEERMANN & AKSOY, 1983), so auch in dieser Studie etwa 21% der Patienten (Abb. 4.7). Als Erklärung für die erniedrigten

Serum-Calciumkonzentrationen ist einerseits die geringe intestinale Calciumresorption zu sehen, zurückzuführen auf den Appetitverlust bei Labmagenverlagerung, die verminderte Ingestapassage durch den Labmagen sowie die verminderte Calciumresorption bei alkalotischer Stoffwechsellage (ROBERTSON, 1966; GEISHAUSER 1995; GOFF &

HORST, 1997; CONSTABLE, 1999a). Auch die zunehmende Proteinbindung von Calcium bei Alkalosen wird als mögliche Erklärung herangezogen (BAJCSY et al. 1997; ROSOL &

CAPEN, 1997). Postoperativ normalisierte sich der Serum-Calciumspiegel rasch (p < 0,001), wiederum unabhängig davon, welcher Operationsmethode die Patienten unterzogen wurden.

Auch wenn der Referenzbereich von 2,1 – 3,0 mmol/L (STÖBER & GRÜNDER, 1990) von einigen Tieren deutlich unterschritten wurde, wurde das klinische Bild der Hypocalcämie mit Festliegen der Tiere nicht beobachtet. Es erscheint dennoch zweckmäßig, alle Patienten mit Labmagenverlagerung auf Hypocalcämie zu untersuchen und ggf. auch zu behandeln. Von einigen Autoren wird eine Hypocalcämie als Ursache der Labmagenverlagerung angesehen (DIRKSEN, 1961b; HULL & WASS, 1973; DANIEL, 1983). Die rasche postoperative Normalisierung der Serum-Calciumspiegel der Patienten dieser Studie auch ohne weitere Calciumbehandlung läßt jedoch eher vermuten, daß die Hypocalcämie bei LMV Folge und nicht Ursache der Labmagenverlagerung ist.

Nach CONSTABLE (1999a) kann beim Wiederkäuer mit hinreichender Sicherheit die SID nach einer vereinfachten Formel unter Verwendung der drei wichtigsten „strong ions“ des Serums berechnet werden ([SID] (1) = [Na+] + [K+] - [Cl-]). FENCL &. LEITH (1993) arbeiten mit der Benutzung von zwei weiteren Kationen ([SID] (2) = [Na+] + [K+] + [Ca2+] + [Mg2+] – [Cl-]) für die Berechnung des [SID] (siehe auch Kap. 2.5). In dieser Studie wurde die SID nach beiden Gleichungen ermittelt und die Ergebnisse verglichen (Abb. 4.13, Abb.

4.18.1, Abb. 4.18.2, Abb. 4.18.3). Es liegt in der Natur der Gleichungen, daß bei der zusätzlichen Verwendung von Magnesium- und Calciumequivalenten in der Formel nach FENCL &. LEITH (1993) höhere Ergebnisse (Abb. 4.13) erzielt werden, als bei Verwendung der Formel nach CONSTABLE (1999a). Nach CONSTABLE (1999a) ist es unerheblich, wie viele „strong cations and anions“ in der Einschätzung des [SID] eingeschlossen werden, da diese Berechnungen ohnehin nur einen geschätzten Wert für den [SID] ermöglichen und nicht einen exakten Wert. Tatsächlich hat der Vergleich der Ergebnisse der SID nach den beiden

Formeln eine hochsignifikante lineare Korrelation ergeben (r² = 0,998; Abb. 4.18.1). Die nach FENCL & LEITH (1993) errechneten Werte liegen etwa um 4 – 7 mEq/L höher, als die nach CONSTABLE (1999a) ermittelten Daten (Abb. 4.18.2). Für eine [SID] zwischen 35 – 50 mEq/L nach der Formel von CONSTABLE (1999a) sind die Resultate nach FENCL &

LEITH (1993) etwa 12 – 16% höher, für [SID] größer als 55 mEq/L beträgt der Unterschied nur noch etwa 8 – 10% (Abb. 4.18.3). Serum-Chlorid kommt normal in einer Konzentration von 90 – 110 mEq/L vor, Calcium in Konzentrationen von 4,2 – 6,0 mEq/L, Magnesium von 1,6 – 2,2 mEq/L (STÖBER & GRÜNDER 1990). Die wesentliche Veränderung im Ionogramm des Serums von Kühen mit LMV lag in der Hypochlorämie. Die Serumspiegel des Calciums (Abb. 4.7) und Magnesiums (Abb. 4.8) sind ohnehin gering, die Auswirkungen der LMV hierauf im Vergleich zum Chlorid waren marginal. Somit erklärt sich, daß mit zunehmend sinkenden Serumchloridspiegeln der relative Effekt des Chlorids auf das Ergebnis der SID-Berechnung größeren Anteil erlangt und damit die Differenz zwischen den Resultaten der verschiedenen SID-Berechnungen geringer wird.

Die Ergebnisse dieser Studie legen damit nahe, die unter praktischen Gesichtspunkten einfachere Formel nach CONSTABLE (1999a) zur Beurteilung von Säure-Basen-Imbalanzen bei Rindern zu verwenden, da sie hinreichend genaue Resultate liefert. Bei der Nutzung von Referenzwerten für die SID muß jedoch die Bezugsfomel der Berechnung bekannt sein, da in Abhängigkeit von der verwendeten Formel, die Ergebnisse absolut unterschiedlich ausfallen, auch wenn sie relativ in enger Beziehung stehen.

Abschließend läßt sich feststellen, daß aus keinem in dieser Studie gemessenem Parameter (Serum-Elektrolyte, Variablen des Säure-Basen-Haushalts) ein nachteiliger Effekt der Abomasopexie gegenüber der Omentopexie des nach linksverlagerten und reponierten Labmagens bei Kühen erkennbar wurde. Diesbezüglich steht somit der Abomasopexie zur Behandlung der Labmagenverlagerung bei Kühen nichts entgegen.

6. ZUSAMMENFASSUNG

In einer klinischen Vergleichsstudie an 42 Rindern mit linksseitiger Labmagenverlagerung wurde überprüft, ob die direkte Abomasopexie (durchgeführt als endoskopische Labmagenfixation nach JANOWITZ (1997) an 19 Tieren) durch die Einbeziehung der Labmagenwand in die Fixation einen im Vergleich zur Omentopexie (N = 23) nach DIRKSEN (1967) negativen Einfluß auf die Labmagenentleerung hat.

Die Patienten wurden über 6 Tage unter kontrollierten klinischen Bedingungen gehalten. Die jeweilige Labmagenfixation erfolgte am Tag 2, am Tag 6 wurden letztmalig klinische und laborklinische Parameter erfasst. Als Parameter der möglichen postoperativen Passagebehinderung dienten die am abomasalen Refluxgeschehen beteiligten Ionen im Serum (Chlorid, Natrium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Calcium) sowie die gemessenen Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt (pH, Bicarbonat, Base excess, Strong Ion Difference (SID)).

Für die Gesamtheit der Patienten konnte präoperativ ein abomasaler Reflux festgestellt werden (hypochlorämische metabolische Alkalose im Serum). Die hypochlorämische Alkalose der Patienten normalisierte sich bereits innerhalb von 24 h postoperativ weitgehend (p< 0,001).

Zwischen beiden Gruppen gab es im Mittel keine signifikanten Unterschiede in der Normalisierung der Serumelektrolyte (Chlorid, Natrium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Calcium) wie auch in der Normalisierung des Säure-Basen-Haushaltes (pH, Basenexcess, Strong Ion Difference). Dies lässt den Schluß zu, dass die direkte Einbeziehung der Labmagenwand in die Fixation im Bereich der Curvatura major im Rahmen den Abomasopexie die Labmagenentleerung nicht oder zumindest klinisch irrelevant behindert.

Die Strong Ion Difference wurde nach den Formeln von CONSTABLE (1999a) sowie von FENCL und LEITH (1993) für die Kühe mit linksseitiger Labmagenverlagerung berechnet.

Die Resultate aus den Berechnungen nach den beiden Formeln korrelierten hochsignifikant

(r2= 0,99). Dies zeigt, dass auch mit der vereinfachten Formel von CONSTABLE (1999a) bereits eine zufriedenstellende Abschätzung des SID möglich ist.

Barros Filho, Ivan Roque (2002):

Perioperative changings in acid-base-status of cows with LDA treated by omentopexy or abomasopexy

7. SUMMARY

In a clinical comparative study of 42 cattle with left-sided abomasal displacement (LDA) we determined whether direct abomasopexy had a negative effect on the evacuation of the abomasum due to the inclusion of the abomasum wall in the fixation as compared to

omentopexy (N= 23) made aaccording to DIRKSEN (1967). Abomasopexy was conducted on 19 animals as an endoscopic abomasum fixation according to JANOWITZ (1997).

The cows were kept for six days under controlled clinical conditions. Each abomasum fixation was conducted on day 2; clinical and laboratory parameters were registered for the last time on day 6. The parameters for possible postoperative blockage were: the ions in blood serum involved in abomasal reflux (chloride, sodium, potassium, magnesium, phorphorus, calcium) and the measured alterations in the acid-base status (pH, bicarbonate, base excess, Strong Ion Difference (SID)).

Preoperatively in average cows with LDA were found to suffer from abomasal reflux

(hypochloraemic metabolic alkalosis). Within 24 h post surgery the hypochloraemic alkalosis had largely become normalized (p<0.001).

There were on average no significant differences between the two groups either in the normalization of the serum electrolytes (chloride, sodium, potassium, magnesium,

phosphorus, calcium) or in the normalization of the acid-base status (pH, base excess, Strong Ion Difference). This permits the conclusion that the direct involvement of the abomasal wall in the fixation in the vicinity of the Curvatura major during abomasopexy has no or no

clinically relevant negative effect on the evacuation of the abomasum post surgery.

Strong Ion Difference was calculated for the cows with left-sided abomasal displacement according to CONSTABLE (1999a) and to FENCL and LEITH (1993). The correlation of the results of the calculations by both methods was highly significant (r2 = 0.99). This shows that it is possible to make a satisfactory estimation of the SID using the simplified formula of CONSTABLE (1999a).

8. LITERATURVERZEICHNIS

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