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Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizien- Koeffizien-ten

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Elementar integrierbare Differentialgleichungen

2.4 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizien- Koeffizien-ten

Skalare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten

Eine homogene skalare lineare DG n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten hat die Form

any(n) + an−1y(n−1) + · · · + a1y0 + a0y = 0 (2.7) mit ak R oder ak C, k = 0, . . . , n. Der Exponentialansatz

y(t) = eλt (2.8)

mit λ C f¨uhrt auf

(anλn + an−1λn−1 + · · · + a1λ + a0)eλt = 0.

Dies motiviert die folgende Definition.

Definition 2.4 Das Polynom

p(λ) := anλn + an−1λ(n−1) + · · · + a1λ + a0 ist das charakteristische Polynom der DG (2.7).

Somit gilt

Satz 2.5 Die Funktion y(t) = eλt ist genau dann eine L¨osung der DG (2.7), wenn λ eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms der DG ist.

Falls das charakteristische Polynom n verschiedene Nullstellen λk C, k = 1, . . . , n besitzt, erh¨alt man n verschiedene - sp¨ater werden wir sagen n linear unabh¨angige -L¨osungen

y1(t) = eλ1t, y2(t) = eλ2t, . . . , yn(t) = eλnt der DG. Dabei kann man t R aber auch t C zulassen.

Im Fall mehrfacher Nullstellen werden weitere L¨osungen ben¨otigt.

Satz 2.6 Falls eine Nullstelle λ des charakteristischen Polynoms die Vielfachheit m > 1 hat, sind die Funktionen

y1(t) = eλt, y2(t) = teλt, . . . , ym(t) = t(m−1)eλt m verschiedene L¨osungen der DG (2.7).

Beweis: Das charakteristische Polynom habe k verschieden Nullstellen λ1, . . . , λk mit Vielfachheiten m1, . . . , mk. Dann gilt

p(λ) = an−λ1)m1 λ2)m2· · ·−λk)mk. Daher kann die DG als

an( d

dt −λ1)m1(d

dt λ2)m2( d

dt λk)mky = 0

geschrieben werden, wobei es auf die Reihenfolge der Faktoren nicht ankommt. Somit gen¨ugt es zu zeigen, dass f¨ur eine m-fache Nullstelle λ gilt

( d

dt −λ)m(tjeλt) = 0, 0 j m 1.

Es gilt

(d

dt λ)(eλt) = λeλt λeλt = 0 und

( d

dt −λ)(tjeλt) = d

dt(tjeλt) λtjeλt = jtj−1eλt. Daher gilt f¨ur 0 j m 1

( d

dt −λ)m(tjeλt) = ( d

dt λ)m−1(d

dt λ)(tjeλt) = j( d

dt λ)m−1(tj−1eλt) = · · · = j!(d

dt −λ)m−j(eλt) = 0.

¤ Falls das charakteristische Polynom eine komplexe Nullstelle λ = α + besitzt, ist

eλt = eαt+iβt = eαteiβt = eαt( cosβt+ isinβt)

eine komplexwertige L¨osung. Falls die Koeffizienten der DG reell sind, ist man an re-ellen L¨osungen interessiert. Aufspalten der DG in ihren Real- und Imagin¨arteil unter Verwendung der Linearit¨at zeigt, dass in diesem Fall

<(eλt) = eαtcosβt und =(eλt) = eαtsinβt

zwei verschiedene reelle L¨osungen der DG sind, die dem Paarα±iβ konjugiert komplexer Nullstellen entsprechen. Falls die komplexe Nullstelle die Vielfachheit m hat, sind die Funktionen

tjeαtcosβt und tjeαtsinβt, j = 0,1, . . . , m 1 2m verschiedene reelle L¨osungen der DG.

Da das Polynom p(λ) - nach Vielfachheiten gez¨ahlt - genau nNullstellen hat, erh¨alt man auch im Fall mehrfacher Nullstellen n verschiedene L¨osungen y1, . . . , yn der DG. Sp¨ater wird gezeigt, dass die allgemeine L¨osung der DG die Form

y(t) = c1y1(t) + · · · + cnyn(t) mit ck R bzw. ck C, k = 1, . . . , n hat.

Anmerkung: Das Verhalten einer L¨osungen y(t) = tjeλt f¨ur t → ∞ wird vor allem durch den Realteil von λ bestimmt. Im Fall <λ < 0 gilt limt→∞y(t) = 0, f¨ur <λ > 0 gilt limt→∞|y(t)| = ∞. F¨ur 6= 0 oszilliert die L¨osung, im Fall = 0 ist die L¨osung monoton. Im Fall λ = 0 ist die L¨osung konstant bzw. polynomial in t.

Systeme mit konstanten Koeffizienten

Ein lineares System von DG 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten hat die Form

x0 = Ax (2.9)

mit x Rn oder x Cn und einer reellen oder komplexen n × n Matrix A. Einsetzen des Exponentialansatzes x(t) = eλtv mit λ C und einem Vektor v Rn oder v Cn in die DG ergibt

λeλtv = A(eλtv) = eλtAv.

Daher gilt

Satz 2.7 Die Funktion x(t) = eλtv ist genau dann eine L¨osung der DG (2.9), wenn gilt

Av = λv,

d.h. λ ist Eigenwert der Matrix A mit Eigenvektor v.

Anmerkung: Aufgrund dieses Resultats ist das Eigenwertproblem der linearen Algebra von großer Bedeutung f¨ur DG.

Aus der linearen Algebra ist folgendes bekannt.

Satz 2.8 F¨ur eine n Matrix A gilt:

1. Die Eigenwerte von A sind genau die Nullstellen des charakteristischen Po-lynoms der Matrix

p(λ) := det(A λI).

2. Zu jedem Eigenwert existiert mindestens ein Eigenvektor.

3. Falls die Matrixnverschiedene Eigenwerteλ1, . . . , λn besitzt, bilden die dazu-geh¨origen Eigenvektoren v1, . . . , vn eine Basis des Rn bzw. Cn und die Matrix ist diagonalisierbar.

4. Die Matrix ist genau dann diagonalisierbar, wenn f¨ur jeden Eigenwert die algebraische Vielfachheit gleich der geometrischen Vielfachheit ist.

5. Falls Eigenwerte mit unterschiedlicher algebraischer und geometrischer Viel-fachheit auftreten, kann die Matrix auf Jordansche Normalform transfor-miert werden.

Anmerkung: Im Fall komplexer Eigenwerte liegen die entsprechenden Eigenvektoren in Cn. Im Fall einer reellen Matrix mit reellen Eigenwerten sind auch alle Eigenvektoren reell und man kann in Rn arbeiten.

Eine typische n × n Matrix A hat n verschiedene Eigenwerte und ist daher diagonali-sierbar. Daher beschr¨anken wir uns vorerst auf den Fall diagonalisierbarer Matrizen A mit n - nicht notwendig verschiedenen - Eigenwerten λ1, . . . , λn und dazugeh¨origen Ei-genvektoren v1, . . . , vn. Aufgrund der obigen ¨Uberlegungen hat die DG (2.9) in diesem Fall n verschiedene - genauer gesagt linear unabh¨angige - L¨osungen

x1(t) = eλ1tv1, x2(t) = eλ2tv2, . . . , xn(t) = eλntvn.

Wegen der Linearit¨at der DG (2.9) ist jede Linearkombination dieser L¨osungen ebenfalls eine L¨osung. Daher kann man versuchen die L¨osung eines Anfangswertproblems x(0) = a als Linearkombination dieser L¨osungen darzustellen. Um Eindeutigkeitsaussagen zu erhalten ben¨utzen wir im folgenden die Diagonalisierbarkeit der Matrix A.

Sei V die regul¨are n × n Matrix mit Spalten v1, . . . , vn und D die Diagonalmatrix mit dkk = λk, k = 1, . . . , n. Dann gilt

AV = V D bzw.

V−1AV = D.

Die Koordinatentransformation

x = V y ergibt

V y0 = x0 = Ax = AV y.

Daher gilt

y0 = V−1AV y = Dy.

In den y Koordinaten lautet die DG

y10 = λ1y1 y20 = λ2y2

... ... ...

yn0 = λnyn

Die allgemeine L¨osung dieser n entkoppelten skalaren Differentialgleichungen ist yk(t) = ckeλkt, ck C, k = 1, . . . , n.

Durch R¨ucktransformation x(t) = V y(t) folgt

Satz 2.9 Die n × n Matrix A sei diagonalisierbar mit Eigenwerten λ1, . . . , λn mit dazugeh¨origen Eigenvektoren v1, . . . , vn. Dann sind die Funktionen

x1(t) = eλ1tv1, x2(t) = eλ2tv2, . . . , xn(t) = eλntvn n linear unabh¨angige L¨osungen der DG

x0 = Ax.

Die allgemeine L¨osung der DG ist

x(t) = c1eλ1tv1 + c2eλ2tv2· · · + cneλntvn, ck C, k = 1, . . . , n.

Das AWP x(0) = a hat die eindeutige L¨osung

x(t) = α1x1(t) + α2x2(t) + · · · + αnxn(t),

wobei α1, . . . , αn die Koordinaten des Anfangswertes a bez¨uglich der Basis v1, . . . , vn sind, die durch L¨osen des (eindeutig l¨osbaren) linearen Gleichungssy-stems

α1v1 + α2v2 + · · · + αnvn = a berechnet werden k¨onnen.

Beispiel 2.12 Das AWP

x01 = x2

x02 = −3x1 4x2

x(0) = (2,2)T ist zu l¨osen. Die Eigenwerte und Eigenvektoren der Matrix µ 0 1 mit c1, c2 C. Das AWP f¨uhrt auf das lineare Gleichungssytem

µ 1 1

Die Integralkurven dieser DG sind in Abbildung 2.1 dargestellt. Alle L¨osungen konver-gieren f¨ur t → ∞ gegen die Ruhelage im Ursprung. Man spricht von einem stabilen Knoten.

Abbildung 2.1: Stabiler Knoten

3

Im folgenden sei A eine reelle n × n Matrix. Ein reeller Eigenwert λ hat in diesem in Cn. Zwei reelle L¨osungen erh¨alt man durch Zerlegen von z in Real- und Imagin¨arteil.

Lemma 2.1 Sei A eine reelle n × n Matrix und z(t) = x(t) + iy(t) Cn eine L¨osung der DG z0 = Az. Dann sind x(t) und y(t) reelle L¨osungen der DG x0 = Ax. entsprechen daher die beiden reellen L¨osungen

x(t) = eαt(cosβt a sinβt b) und y(t) = eαt(sinβt a + cosβt b).

Im Fall α = 0 sind die Integralkurven Kreise, die f¨ur β > 0 im Uhrzeigersinn und f¨ur β < 0 gegen den Uhrzeigersinn durchlaufen werden. Begr¨unden Sie diese Aussagen! F¨ur α 6= 0 sind die Integralkurven logarithmische Spiralen, die f¨ur t → ∞ im Fallα < 0 zum Ursprung und im Fall α > 0 weg vom Ursprung spiralen. Im Fall α < 0 spricht man von

Abbildung 2.2: Stabile Spirale

einer stabilen Spirale und im Fall α > 0 von einer instabilen Spirale. In Abbildung 2.2 sind die Integralkurven einer stabilen Spirale f¨ur α < 0 und β > 0 dargestellt. 3 Sei A eine reelle 2 × 2 Matrix mit konjugiert komplexen Eigenwerten λ = α ± und Eigenvektoren a ±ib, a, b R2. Aus

Aa + iAb = A(a + ib) = (α + iβ)(a + ib) = αa− βb + i(βa + αb) folgt

Aa = αa βb und Ab = βa + αb.

Daher gilt f¨ur die 2 × 2 Matrix T = (a, b) AT = T

µ α β

−β α

bzw.

T−1AT =

µ α β

−β α

Anwenden der Koordinatentransformation

x = T y (2.10)

auf die DG x0 = Ax ergibt

T y0 = x0 = Ax = AT y.

Daher gilt

y0 = T−1AT y

In den y Koordinaten hat die DG daher die Form von Beispiel 2.4 y0 =

µ α β

−β α

y.

Die Integralkurven des Systems in y-Koordinaten werden durch die Koordinatentrans-formation (2.10) in die Integralkurven der DG x0 = Ax abgebildet. Aus den Kreisen des y-Systems, die im Fall α = 0 auftreten, werden daher Ellipsen des x-Systems. Be-gr¨unden Sie diesen Sachverhalt! Die f¨ur α 6= 0 auftretenden logarithmischen Spiralen des y-Systems werden zu verzerrten Spiralen des x-Systems.

Anmerkung: Im Fall einer reellenn×nMatrixAmit komplexen Eigenwertenλ = α±iβ und Eigenvektoren a±ib, a, b Rn hat man genau die oben beschriebene Situation auf dem durch die Vektoren a, b aufgespannten zweidimensionalen Unterraum des Rn.

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